Parasite Genesis


Als es der Menschheit gelungen war künstliches Blut in unbegrenzter Menge herzustellen und wir nicht mehr auf sie angewiesen waren, konnten wir endlich aus unserem Schattendasein hervor treten.

Wir sind nicht schöner oder schlauer als die meisten Menschen – zumal Schönheit immer im Auge des Betrachters liegt - und das Wissen bringen nun mal die Jahre mit sich, wenn man gewillt ist zu lernen. Unser einziger wirklich nennenswerter Vorzug ist die Zeit. Und weil wir euch eure eigene Vergänglichkeit vor Augen führen, werden wir von euch Menschen gehasst und gefürchtet, auch wenn ihr es nicht zugeben wollt. Wüsstet ihr nur, was wir bitterlich erfahren müssen.

Von meinem Leben als Mensch weiß ich überhaupt nichts mehr. Zum zweiten Mal wurde ich in Mitten von Manhattan geboren und ich bilde mir ein, dass es genau an meinem 18ten Geburtstag passierte. Meinen Vater traf ich an diesem Tag das erste und das letzte Mal. Damals war mir natürlich nicht klar, dass es einen Unterschied machte, von wem man aus der Zeit gerissen wurde. Wie bereits erwähnt, muss man ein gewisses Maß an Interesse aufbringen um sich mit der Geschichte zu befassen, aber in den ersten Jahren meiner neuen Existenz war es das Letzte was mich bekümmerte. Denn obwohl wir nicht mehr auf die Menschen angewiesen waren, war die Jagd immer noch ein Bestandteil unserer Kultur – wenn man unserem Dasein so etwas wie Kultur einzuräumen vermochte.

Leider begreifen die wenigstenMenschen was es mit der Jagd auf sich hat und dichten ihr allerlei Verführung und übermäßige Leidenschaft an. Zwar hat die Jagd ihre Rituale, aber darin liegt nichts Schönes oder Sinnliches – es ist was es ist: im Idealfall die Auslöschung eines anderen Lebewesens. Es ist die Macht über diesen einen Unglückseligen, die die Begierde nährt. Gerade am Anfang, wenn man keine anderen Fähigkeiten zur Selbstdarstellung und Selbstverwirklichung sein eigen nennen kann, ist es die einzige Möglichkeit sich in der Welt zu definieren. Aber nach dem wir offiziell in die rechtsstaatliche Gesellschaft eingetreten waren, mussten auch wir uns an deren Gesetze halten. Und so begnügten wir uns damit einen Auserwähltenzu Jagen - oftmals über Jahrzehnte hinweg - ohne, dass diese jemals zu schaden käme. Zum einen weil der Jäger sein Opfer des Spiels wegen vor allem Unheil bewahrte zum anderen weil das natürlich sonst eine Hetzjagd der Justiz auf uns nach sich gezogen hätte. Diejenigen die nicht verzichten wollten und es sich leisten konnten, nahmen sich Mütter – Menschen unabhängig vom Geschlecht – andenen sie sich nährten. Und das war lange Zeit auch gut so.

Anfangs hatte ich ein Dutzend Menschen gejagt. Es faszinierte mich. Ich umwarb sie, überschüttete sie mit Aufmerksamkeit und dem was sie für Zuneigung halten mochten. Heute weiß ich nicht mal mehr ihre Namen. Sobald ich jemanden durchschaut hatte, war der Reiz für mich dahin. Menschen ändern sich im Kern ihres Wesens nicht, nur die Umstände ihres Lebens, an die sie sich anpassen müssen. Das ließ mir die meisten Individuuen mit der Zeit unerträglich reizlos erscheinen, weshalb ich mich einige Jahrzehnte fast zu Tode gehungert hätte. Anders als man es aus Legenden kennt lässt sich der Durst unterdrücken. Das ist wie mit dem Essen bei euch: Irgendwann muss man trinken, aber die Notwendigkeit ließ sich hinauszögern. Und das war auch nötig, denn die meisten von uns haben gerne ein persönliches Verhältnis zu ihrer Nahrungsquelle.

Ich für meinen Teil nähre mich am liebsten von Frauen im mittleren und hohem Alter – solche, deren eigener Geschmack sich mit dem ihrer vielfältigen Sexualpartner angereichert hat und die kein Kind geboren haben. Mit der Geburt verändertsich nämlich alles. Es ist wie ein Schutzmechanismus der Natur, der den Geruch verändert und ihn für uns Vampire abstoßend macht. Vielleicht greifen deshalb so viele meiner Artgenossen auf Männer zurück, die keiner natürlichen Auslese unterworfen sind.

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