DAY 8 /1

Nach dem Frühstück machen wir uns wieder auf den Weg zum Strand. Wir wollen den Vormittag gemeinsam nutzen, bevor Pepe, Asya, Nino, Vito und ich am Nachmittag an den Ballermann fahren, während Sean und Kayla sich absetzen und einen ruhigen Abend zu zweit verbringen.

Wir entspannen auf den Liegen im warmen Sand. Heute fragt mich niemand mehr, ob ich mit schwimmen gehe. Stattdessen laufe ich mit Nino zur Promenade und wir kaufen endlich ein Beachtennis-Set, mit dem wir uns die Zeit vertreiben.

Es beginnt mit ein paar lockeren Schlägen, doch schon bald sind wir vertieft in unseren Spielfluss. Unsere Schläge werden präziser, die Ballwechsel hitziger, und das Lachen wird lauter, je besser wir uns eingespielt haben. Die Zeit vergeht wie im Flug, und wir genießen jede Minute. Nino ist ein angenehmer Spielpartner, weil er das ganze ernst nimmt, aber nicht zu verbissen ist. Generell lerne ich den entspannten, humorvollen Chatakter des blonden Schönlings immer mehr zu schätzen. Auch wenn ich ihn schon vor dem Urlaub mochte, ist er in den letzten Tagen zu einem richtigen Freund geworden.

Wir beenden unseren Spaß erst, als die anderen uns auffordern, die Schläger beiseite zu legen und uns zum Mittagessen in einem Bistro an der Promenade niederzulassen. Ich esse nur einen großen Salat, die anderen haben Pizza oder Pasta.

Auf dem Rückweg durch den heißen Sand zu unseren Liegen legt Vito plötzlich seinen Arm um meine Schultern und zieht mich ein wenig an sich. "Hast du jetzt genug gespielt, oder muss ich Nino bei irgendeinem Junggesellinnenabschied auf's Handtuch setzen, damit du wieder Zeit mit mir verbringst?", raunt er mir ins Ohr.

Die feinen Härchen in meinem Nacken stellen sich auf und ein wohliges Gefühl strömt durch meinen Bauch.

"Nach so kurzer Zeit hast du schon Sehnsucht nach mir?", frage ich herausfordernd und erwidere seinen tiefen Blick mutig. "Was machst du denn übermorgen, wenn du wieder zurück in deinem Leben bist und ich in meinem?"

Die Tatsache, dass wir wirklich nur noch heute und morgen haben, bevor der Rückreisetag ansteht, stimmt mich traurig. Trotz holprigem Start habe ich den Urlaub in vollen Zügen genossen und will nicht, dass er endet. Eine Welle der Traurigkeit überkommt mich, doch Vito reißt mich aus meinen Gedanken.

"Das nicht zulassen", gibt er zurück und schmunzelt frech.

Ich tue so, als würde ich eine Notiz in mein Handy tippen. "Einstweilige Verfügung beantragen", murmele ich.

Vito piekst mir amüsiert mit seinem Finger in die Seite. Mein Herz geht auf, bei dem Ton, den sein Lachen erzeugt. "Du kleine Schauspielerin. Als würdest du mich nicht vermissen, wenn du wieder alleine bist", entgegnet er, strotzend vor Selbstbewusstsein.

Ich schmiege mich an ihn, drücke meine Wange gegen seine starke Brust und atme seinen süßen Duft ein. "Doch, ich werde dich vermissen", gebe ich zu und klinge emotionaler, als mir lieb ist.

Vito verstärkt seinen Griff um mich und haucht mir einen Kuss auf den Scheitel. Ich bin froh, dass er mich nicht an unsere Abmachung erinnert und das gestrige Thema erneut anspricht, sondern mir den Raum gibt, mir ohne Druck meine Gedanken zu machen.

Die Entscheidung, ihn vielleicht wieder in mein Leben zu lassen, mache ich mir nicht einfach. Auch wenn wir uns in den letzten Tagen blendend verstehen, wir vieles aufgearbeitet und ich ihm verziehen habe, habe ich nicht vergessen, welchen Schmerz unsere Beziehung und unsere Trennung in mir ausgelöst haben.

Und wenn ich eins nicht will, dann das nochmal erleben müssen.

Vito schiebt seine Strandliege dichter an meine, als wir wieder an unserem Platz ankommen. Er legt sich neben mich, und zieht meinen nahezu nackten Körper an sich. Seine warme Haut berührt meine, er hält die Arme schützend um mich, während ich mich entspannt an ihn kuschele. Wir genießen die warme Sonne und das sanfte Rauschen der Wellen. Seine Nähe ist beruhigend und erzeugt ein wohliges Kribbeln.

Nachdem wir uns noch ein wenig am Strand ausgeruht haben, ist es Zeit, uns für den Abend fertigzumachen. Wir packen unsere Sachen zusammen und machen uns auf den Weg zurück zur Villa.

In der Finca angekommen, duschen wir uns ab, um den Sand und das Salzwasser loszuwerden. Nachdem ich die Dusche verlassen habe, ziehe ich eine kurze Jeans-Shorts und ein enges Crop-Top an. Lässig und nicht zu overdressed, trotzdem sexy.

Wir fünf nehmen ein Taxi zum Ballermann, wohlwissend, dass heute keiner von uns nüchtern bleibt. Die Stimmung während der Fahrt ist ausgelassen. Ich kenne die sagenumwobene Partymeile bisher nur aus Film und Fernsehen, der Trip ist mein erster Mallorca-Aufenthalt, deshalb bin ich vorfreudig und gespannt, was mich erwartet.

Als wir aus dem Taxi steigen, wird mir schnell klar, dass die Realität meine Erwartungen bei Weitem übertrifft.

Die Schinkenstraße ist ein pulsierender Ort, das Herzstück des Feierlebens auf Mallorca. Die Straße ist gesäumt von Bars, Clubs und Restaurants, die in neonfarbenem Licht erstrahlen. Überall gibt es laute Musik, die den Rhythmus der Nacht vorgibt, und Menschenmengen, die sich in farbenfrohen, sommerlichen Outfits bewegen.

Viele Gruppen sind unterwegs, Fußballmannschaften mit Vereinsshirts oder Trikots, oder Junggesellenabschiede mit Printshirts, die mehr oder weniger humorvolle Sprüche auf der Brust präsentieren. Von "Einer für alle & alle für Malle", über die FSK18-Versionen der Disneyprinzessinnen wie Ginderella, Rumpunzel oder Trinkerbell oder anzügliche Sprüche wie "Böse Zungen führen zum Streit, gute führen zum Orgasmus" ist alles in zahlreichen Formen und Farben unterwegs. Die Luft riecht nach einer Mischung aus Schweiß, Sonnencreme, Alkohol und Parfüm.

Die Clubs haben riesige Schilder mit auffälligen Namen und Lichtern, die in alle Richtungen blitzen. Alkoholisierte Menschen tanzen auf den Straßen, und die Stimmung ist elektrisierend. Lautstarkes Lachen und fröhliche Gespräche mischen sich mit dem Klirren von Gläsern und dem Bass der Musik, der aus den Läden dröhnt.

Wir schlendern die Straße entlang, Vito hält mich lässig in seinem Arm, als hätte er Angst, mich in dem Trubel zu verlieren. Losgelöst genießen wir die lebhafte Atmosphäre, bis wir schließlich unser Ziel erreichen.

Von außen wirkt der Megapark wie ein imposanter, moderner Riesenkomplex mit breiter Glasfassade und neonleuchtenden Schriftzügen, die im Licht der untergehenden Sonne blinken. Vor dem Eingang, der von hohen Palmen und modernen Metallskulpturen flankiert wird, drängen sich bereits Gruppen von Feiernden. Irgendein Song dringt gedämpft nach draußen, während das Summen der Menge die Vorfreude spürbar macht.

Beim Betreten des Megaparks wird man sofort von der intensiven Lautstärke erfasst. Lauter Schlager wummert durch den Raum, der von rhythmischen Beats und gemischten Stimmen erfüllt ist. Die Menge bewegt sich unaufhörlich, als wären alle Teil einer pulsierenden Welle, die sich synchron im Takt wiegt. Man hört Lachen, Rufe und das Klirren von Gläsern.

Auf der ersten Ebene dominiert die riesige Tanzfläche, die in blinkendes Licht getaucht ist. Oben thront eine Bühne, von der aus der DJ die Menge mit ekstatischen Beats anheizt. Überall sind Bars verteilt, an denen sich dicht gedrängte Menschen um Getränke bemühen, während an den Seiten gemütliche Lounge-Bereiche mit Ledersofas in bunten Farben locken.

Die Stimmung ist ausgelassen, energiegeladen - man spürt förmlich, wie das Adrenalin in der Luft vibriert.

Wir kämpfen uns durch die Massen und finden einen freien Stehtisch in der Mainarea, während auf der Bühne Mickie Krause den Feierwütigen mit seinen altbekannten Ohrwürmern einheizt.

Die Stimmung kocht und ist so überwältigend, dass sie mich mitreißt, obwohl ich gar kein Schlagerfan bin. "Schatzi, schenk mir ein Foto!", grölt es aus jeder Ecke und ich werde nicht satt davon, mich begeistert umzuschauen.

Die Lebensfreude, die in den Gesichtern der Touristen allen Alters und jeder Herkunft steht, ist überwältigend. Sie eint uns alle, macht für ein paar Stunden aus Fremden eine Gemeinschaft, beflügelt vom Alkohol und der Einmaligkeit der Nacht.

"Vodka-Lemon war unsere Intention, richtig?", wendet Nino sich an mich. Ich nicke ihm grinsend zu. "Dann besorge ich uns mal was zu trinken, damit wir schnell auf den Durchschnittspegel von 2,5 Promille kommen wie der Rest hier", scherzt er und macht sich begleitet von Vito auf den Weg an die Bar.

"Ich bin echt beeindruckt", gebe ich zu und sehe Pepe und Asya mit funkelnden Augen an. "Ist schon krass, was für eine Dimension das Ganze hat", stimmt meine schöne Freundin mir zu.

"Hauptsache ihr bleibt in unserer Nähe. Hier herrscht ein ganz schöner Testosteron-Überschuss und besoffen werden die Mistkerle immer besonders mutig. Gar keinen Bock, mich mit irgendeinem Kreisliga-Stürmer von der 3. Herren des FC Buxtehude zu kloppen, weil der einer von euch ungefragt an den Arsch gepackt hat", kommentiert Pepe trocken und checkt wachsam unsere Tischnachbarn ab.

"Entspann dich, wir können uns auch alleine wehren", entgegne ich und lasse meinen Blick wieder zu Mickie auf die Bühne gleiten, der nun ausgelassen von zehn nackten Friseusen singt.

Nino kehrt mit einem riesigen Tablett zurück und der erste Liter Vodka-Lemon geht bei uns allen runter wie Wasser. Ich merke, wie der Alkohol gepaart mit der Hitze meine Sinne benebelt, gerade so viel, dass die Stimmung auf den Höhepunkt steigt und das Lächeln auf meinem Gesicht nicht mehr verschwindet. 

Vito steht direkt neben mir, seinen Arm um meine Hüfte gelegt. Immer wieder lehnt er sich zu mir herüber, flüstert mir etwas ins Ohr, das ich kaum verstehe, weil die Musik so laut ist. Jedes Mal, wenn ich mich zu ihm drehe, treffen sich unsere Blicke, und da ist dieses Glitzern in seinen Augen, das mich tiefer in seinen Bann zieht. Immer wieder muss ich mich ermahnen, mich nicht in dem schönen Grün zu verlieren.

Nino kommt irgendwann mit einer Gruppe Mädels vom Nachbartisch ins Gespräch. Besonders angeregt unterhält er sich mit einer blonden Frau, die sein Interesse zu wecken scheint. Sie trägt einen kurzen Jeansrock, ein schwarzes Top und hat ihre Sonnenbrille in die Haare gesteckt. Asya grinst mich wissend an, während wir das Spektakel beobachten. "Zehn Euro, dass wir nur zu viert zurück fahren", flüstert sie mir zu und zwinkert.

Ich schüttele grinsend den Kopf. "Die Wette gehe ich nicht ein, da kann ich das Geld auch gleich verbrennen. Wir wissen beide, dass Nino sie abschleppen wird wie der ADAC."

"Nur eher blau wie ein Schlumpf, als ein gelber Engel", wirft Vito ein. Wir lachen.

Ich schaue erneut zu Nino rüber, der gerade ihren Arm sanft streift und sich zu ihr neigt, als wolle er sie besser verstehen. Plötzlich stehen die beiden sich noch näher gegenüber und ohne ein weiteres Wort zu verlieren, küssen sie sich.

"Da waren’s nur noch vier", grinst Pepe und hebt seinen schweren Glaskrug, um mit uns anzustoßen. 

Die Musik schwappt über uns hinweg, Schlagerklassiker treffen uns immer wieder wie Wellen, die die Menge in Bewegung halten. "Wir müssen tanzen!", ruft Asya, als irgendein Evergreen von Pur aus den Boxen dröhnt und zieht mich sanft auf die Tanzfläche. "Los, keine Ausreden mehr!", wendet sie sich an die Jungs und hebt drohend den Zeigefinger. 

Obwohl die beiden nicht begeistert sind, folgen sie uns. Zwei Liter Vodka-Lemon haben eben auf alle eine Wirkung.

Die Menge um uns herum ist vollkommen in Ekstase, und wir lassen uns von der Stimmung tragen. Wir tanzen, gröhlen lautstark mit und reißen die Hände in die Luft

Vito sucht immer wieder meine Nähe, berührt mich mit seinen großen Hände, streicht nahezu beiläufig über meinen Körper oder zieht mich an sich.

Wir bewegen uns synchron zur Musik. Meine Finger wandern spielerisch über seine Schultern, seine Hände gleiten tiefer, streichen zart über meinen unteren Rücken, und jedes Mal kribbelt es in mir. Ich genieße seine Nähe in vollen Zügen. Es ist schon lange her, dass mir ein Mann überhaupt mal nah gekommen ist - physisch und psychisch.

Das Spiel aus Zuneigung und Flirt, das uns schon die ganze Zeit begleitet, scheint sich zu intensivieren. Sein Blick wird immer tiefer, seine Berührungen immer deutlicher, und ich merke, wie auch ich mich mehr und mehr zu ihm hingezogen fühle. Der Alkohol löst jede Hemmung, jede Zurückhaltung, und ich lasse mich fallen – in den Moment, in seine Nähe, in den Rausch der Nacht.

Plötzlich lehnt er sich zu mir hinüber, so nah, dass unsere Gesichter sich fast berühren, und flüstert mir ins Ohr: "Ich glaube, ich habe dich mehr vermisst, als ich dachte." Sein Atem ist warm, seine Worte treffen mich tief, und ohne groß darüber nachzudenken, streiche ich sanft über seine Wange, lächele und erwidere: "Geht mir genauso."

Sein Blick ruht auf mir, für den Bruchteil einer Sekunde gleitet er von meinen Augen zu meinen vollen Lippen und wieder zurück. Mein Herz setzt einen Schlag aus. Ich weiß genau, was gerade passiert. Auch wenn der Alkohol rosa Zuckerwatte in meinen Kopf zaubert, fasse ich diesen Gedanken glasklar.

Für einen Moment scheint die Welt um uns herum stillzustehen, und dann legt Vito seine Lippen sanft auf meine Schläfe. Der Kuss ist leicht, fast flüchtig, doch die Wirkung ist intensiv. Mein Herz schlägt schneller und die Wärme seiner Nähe umhüllt mich.

Ich weiß, dass er mich auf den Mund küssen wollte. Ich habe es ihm angesehen, ich kenne diesen Blick, ich habe ihn tausendmal gesehen.

Keine Ahnung, ob ihn im letzten Moment der Mut verlassen hat, oder ob er das Versprechen nicht brechen wollte, mir Zeit zu geben. Was auch immer ihn daran gehindert hat - ich wäre bereit gewesen und das erstaunt mich selbst am meisten.

"Lass uns noch einen Drink holen", schlage ich Vito vor, bevor die Situation ernst wird. Ein Lächeln umspielt wissend seine Mundwinkel, dann zieht er mich kommentarlos mit sich Richtung Bar.

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