DAY 3 /1

Der dritte Tag beginnt mit einem unglaublichen Kater. Wir haben bis spät in die Nacht gefeiert, und das spüre ich jetzt deutlich. Mein Körper gibt mir die Quittung - eine besonders schmerzhafte Quittung.

Es ist früher Mittag, als ich es schaffe, mich aus dem Bett zu quälen und die anderen am Esstisch zu treffen. Irgendjemand hat Frühstück gemacht, doch mir wird bereits von dem Geruch des Essens schlecht. Mein Magen scheint mir die drei Liter Rotwein noch nicht verziehen zu haben.

Nur in einem knielangen Oversizeshirt, welches ich halbherzig übergeworfen habe, schlurfe ich an den Tisch und ziehe die amüsierten Blicke der anderen auf mich. Meine blonden Haare sind wirr in einen Messybun zusammengebunden, meine Augen noch halb geschlossen.

Ich fühle mich hundeelend, dröhnende Kopfschmerzen und Übelkeit plagen mich, und Asya sieht auch nicht viel besser aus. Uns beide hat es am härtesten getroffen. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass wir bereits gestern Vormittag am Strand mit dem ersten Drink gestartet haben.

Nino, Sean und Kayla sind auch nur mittelmäßig fit, während Pepe und Vito das blühende Leben zu sein scheinen.

"Dein ausgiebiger Schönheitsschlaf hat nicht geholfen - du siehst aus, als hätte dich ein LKW überfahren", stichelt Vito vergnügt, als er mich ansieht.

Ich rolle nur die Augen und halte mir den schmerzenden Schädel, unfähig, eine passende Antwort zu finden.

"Da ist Yuna nicht die einzige" kommentiert Pepe und deutet grinsend auf seine Freundin.

"Mir geht es schlechter als je zuvor," murmelt Asya und nimmt einen großen Schluck Wasser. "Ich glaube, ich trinke nie wieder Alkohol."

Ich zeige ihr einen Vogel und lasse mich kraftlos auf einen der braunen Ledersessel am Esstisch fallen. "Mit der Abstinenz kannst du nach dem Urlaub anfangen.'

Vito hat mich noch immer im Blick. "Vielleicht solltest du nächstes Mal ein bisschen langsamer machen, Yuna. Du hältst nicht mehr so viel aus wie früher, du bist mittlerweile eine alte Frau."

Ich werfe ihm einen müden Blick zu und versuche, seine Provokationen zu ignorieren. "Kannst du nicht einfach mal die Klappe halten?" zische ich leise, ohne die Energie für eine wirkliche Konfrontation zu haben.

Vito lacht. "Das ist nicht das erste Mal, dass ich das höre."

"Und ich bezweifle, dass es das letzte Mal sein wird," murmele ich und schließe die Augen, während ich mich zurücklehne und hoffe, dass der Schmerz in meinem Kopf bald nachlässt.

Die anderen unterhalten sich angeregt. Ich versuche zwar, mich auf das Gespräch zu konzentrieren, aber wegen meines Zustandes gelingt es mir nicht.

Nach einigen Minuten tippt es an meiner Schulter und ich öffne erschrocken die Augen. Neben mir steht Vito und hält mir eine Aspirin und ein Glas Wasser hin.

"Danke", raune ich und stecke mir die weiße Tablette in den Mund. "Keine Frage, ob ich dich mit Rattengift umbringen will?", hakt er grinsend nach. Ich zucke mit den Schultern. "Und wenn schon. Dann bin ich wenigstens erlöst."

Gelächter hallt durch den großen Raum.

"Du bist echt langweilig in diesem Zustand, Yuna", beschwert er sich.

"Vermisst du es schon, dass ich dich fertig mache?", erkundige ich mich halbherzig und stürze das Glas Wasser hinunter.

"Es macht einfach nur halb so viel Spaß, dich zu ärgern, wenn du da wie ein angeschossenes Reh in deinem Stuhl hängst und dich nicht wehrst."

"Sollte jemals wieder Leben in meinen Körper fließen, bin ich wieder für dich da", verspreche ich und lege meinen Kopf wieder in den Nacken.

"Also, was steht heute auf dem Plan?", wechselt Sean das Thema und blickt erwartungsvoll in die Runde. "Vielleicht etwas entspanntes?"

Asya stöhnt leidend auf. "Ich gehe nirgendwo hin", macht sie klar.

"Strand?" schlägt Kayla vor. "Das Meer könnte uns allen gut tun."

Ich schüttele den Kopf, was sofort mit einem stechenden Schmerz bestraft wird. "Das schaffe ich nicht." Der Gedanke, in der brütenden Mittagshitze ans Meer zu laufen, schreckt mich ab.

Pepe erhebt sich. "Kommt schon, ihr beiden Schnapsdrosseln. Ihr fühlt euch bestimmt besser, wenn wir erst mal an der frischen Luft seid."

"Da kann ich auch das Fenster aufmachen", entgegnet Asya leidend. Er tritt hinter Sie und massiert ihre Schultern. "Wer saufen kann, muss mit den Konsequenzen leben. Ihr habt einen Kater, ihr seid nicht krank."

"Ich habe keinen Kater, ich kämpfe ums nackte Überleben", entgegne ich theatralisch.

"So wie du riechst, bist du einfach immer noch besoffen", gibt nun auch Nino seinen Senf dazu. Ich hebe eine Augenbraue und drehe mich zu ihm. "Dass ich mich in diesem Zustand nicht mit Vito streite, heißt nicht, dass ich dich nicht zum Frühstück fresse, mein Freund."

Auf Vitos Gesicht schleicht sich ein überlegener Ausdruck. "Du gibst also zu, dass ich ein schwieriger Gegner für dich bin?" Seine breite Brust ist stolzgeschwellt, seine Stimme triumphierend.

"Du bist im Gegensatz zu Nino einfach ein abgrundtief böser Mensch", entgegne ich trocken und drücke mich hoch. Wenn er so darum bettelt, soll er es kriegen.

"Ich gehe mich umziehen, aber eins sage ich euch: diesen Fußmarsch von gestern bewältige ich nur, wenn mich jemand hinter sich her schleppt. Alternativ schlage ich vor, einfach mit dem Auto zu fahren."

"Die Vorstellung dich an den Haaren hinter mir herzuziehen..", beginnt Vito und lässt den Halbsatz einfach so im Raum stehen.

"Ich stehe ja auf Haare ziehen, aber wenn du involviert bist, verzichte ich dankend." Ich werfe ihm einen letzten biestigen Blick zu, dann verschwinde ich in mein Zimmer.

Langsam und qualvoll schmeiße ich mich in einen hellgrünen Bikini und ziehe lediglich eine Jeanshorts darüber. Auf den Kopf setze ich mir einen riesigen Strohhut und die größte Sonnenbrille, die ich finden kann.

Zum Glück wirkt langsam die Schmerztablette und ich kann spüren, wie die Lebensgeister in meinen geschundenen Körper zurückkehren.

Pepe erbarmt sich, mit Asya und mir im Auto zum Strand zu fahren, während die anderen vier wahnsinnigen lieber wieder zu Fuß laufen.

Auch heute mieten wir Liegen und Sonnenschirme und machen es uns an der Playa bequem. Ich trinke viel Wasser, esse ein trockenes Brötchen und lege ein kurzes Schläfchen im Schatten ein, während die anderen sich im Meer abkühlen.

Am Nachmittag geht es mir dann endlich besser und die Langeweile überkommt mich. Ich drehe mich zu Nino, der zu meiner Linken liegt und das Meerwasser auf seiner Haut von der Sonne trocknen lässt. "Wir brauchen irgendwas zum Spielen, Beachtennis, eine Frisbee oder so.. Vielleicht kann man an der Promenade was kaufen?"

Er überlegt kurz, dann deutet er auf ein Beachvolleyball-Feld hinter uns. "Was ist denn damit? Wir können ja fragen, ob wir mitspielen dürfen?"

Kayla und Vito schließen sich uns an und wir machen uns auf den Weg zu der vierköpfigen Gruppe, die bereits am Beachvolleyball-Feld spielt. Drei Männer und eine Frau schmettern den Ball gekonnt hin und her. Nino spricht sie zuerst auf Deutsch an, was nur verwirrte Blicke hervorruft.

"Versuch's mal auf Englisch", schlage ich grinsend vor. "Hi! Can we join you for a game?" frage ich freundlich.

Einer der Männer, muskulös und sonnengebräunt, mit kurzen, dunklen Locken und einem charmanten Lächeln, schaut mich direkt an. Seine braunen Augen leuchten, als er antwortet: "Claro que sí." Sein spanischer Akzent bringt mich beinahe zum Schmelzen.

Der gutaussehende Casanova stellt sich als Carlos vor und seine Freunde als Xavi, Jaime und Maribelle.

Wir positionieren uns auf der einen Hälfte des Feldes, die Spanier auf der anderen und beginnen, Volleyball zu spielen.

Carlos flirtet mich immer wieder ungeniert an. "You have a great serve", lobt er meinen Aufschlag und zwinkert mir zu.

Kayla und ich tauschen einen vielsagenden Blick. "Der ist sowas von heiß", murmele ich ihr zu, während wir am Spielfeldrand eine kurze Trinkpause einlegen. "Definitiv", stimmt sie zu und grinst vielsagend. "Und er scheint auch Gefallen an dir zu haben."

Vito, der unsere Unterhaltung mitbekommen hat, reagiert gereizt. "Könnt ihr euch nicht einfach auf das Spiel konzentrieren?", knurrt er, als er an uns vorbeigeht.

Ich werfe ihm einen scharfen Blick zu. "Was ist dein Problem, Vito?"

"Mein Problem ist, dass du immer sofort auf jeden anspringst, der dir ein bisschen Aufmerksamkeit schenkt", schnauzt er zurück.

Ich funkele ihn wütend an. Spinnt der eigentlich? "Es geht dich einen Scheiß an, auf wen ich anspringe oder nicht. Selbst wenn ich ihn im wahrsten Sinne des Wortes anspringe, juckt dich nicht."

Carlos bemerkt die Spannungen und tritt zwischen uns. "Hey, is everything okay here?", fragt er besorgt.

Ich zwinge ein Lächeln auf mein Gesicht. "Yeah, everything's fine. Let's keep playing."

Wir setzen das Spiel fort, doch Vito ist so abgefuckt, dass er mir auch die Stimmung versaut. Carlos lässt sich davon allerdings nicht beirren und flirtet weiter mit mir.

Während der nächsten Trinkpause kommt er direkt zu mir, sein knackiger Körper nur in einer roten Badehose bekleidet, um seinen Hals hängt eine Goldkette mit Kreuz. Auf der Brust hat er schwarze Brusthaare und obwohl auf seiner Haut ein dünner Schweißfilm liegt, riecht er angenehm nach einem herben Parfum mit Holznote.

"You're playing really well, Yuna", sagt er mir, als wir das Spiel beendet haben. Sein Team hat knapp gegen unseres gewonnen. "And you look very good, too." Sein spanischer Akzent klingt richtig sexy.

"Thank you", erwidere ich und spüre, wie meine Wangen leicht erröten. "You too, Carlos." Er lässt einen kurzen Blick zu Vito schweifen. "Is he your boyfriend?"

"Oh hell no! There is no boyfriend, not him and noone else."

Er lacht. "Well, lucky for me. Maybe we could go for a drink after the game?", schlägt er vor und seine Augen funkeln verschmitzt.

Bevor ich antworten kann, mischt sich Vito erneut ein. "We already have other plans", behauptet er und tritt einen Schritt näher.

Carlos schaut zwischen uns hin und her und hebt abwehrend die Hände. "Okay, no problem."

Ich werfe Vito einen wütenden Blick zu. "Was soll das?" zische ich. "Was ich für Pläne habe, ist nicht deine Entscheidung, du Arschloch."

"Ich will nur nicht, dass du in Schwierigkeiten gerätst", sagt er und verschränkt die Arme vor der Brust. "So ein spanischer Sandkasten-Matador ist wirklich nicht, was du brauchst."

"Und das entscheidest du?", frage ich fassungslos. Was fällt ihm eigentlich ein? "Ich kann auf mich selbst aufpassen, hat die letzten fünf Jahre auch hervorragend geklappt", antworte ich scharf und drehe mich wieder zu Carlos um. "A drink sounds good. However, we are a big group, and I'm not sure, if it will work out today. Maybe we can change numbers and I'll hit you up?"

Carlos lächelt breit. Er zeigt mir seinen Platz und bittet mich mitzukommen, damit er meine Nummer abspeichern kann. Ich gebe Kayla kurz Bescheid und folge ihm zu seinem Handtuch. Wir tauschen unsere Nummern aus, bevor ich mich verabschiede und durch den heißen Sand zurück zu den anderen laufe.

Asya setzt sich auf, als ich mich auf meine Liege lege. "Kann man dich keine fünf Minuten aus den Augen lassen? Direkt reißt du dir einen heißen Spanier auf, oder was?"

Ich grinse. "Der sieht wirklich gut aus, oder? Um ein Haar hätte Vito mir die Tour versaut. Was sollte das überhaupt, du Spinner?" Ich fixiere ihn mit meinen blauen Augen.

"Ich habe einfach keine Lust darauf, dass du dir irgendeinen dahergelaufenen Typen aufreißt und wir dann unseren Urlaub mit deinem Ferienfick verbringen müssen."

Dass mir nicht die Kinnlade runterfällt, ist alles.

"Bist du bescheuert?" Ich baue mich vor ihm auf und stemme die Arme in die Hüften.

"Was denn? Ist doch kein Geheimnis, dass du dich von jedem Kerl flachlegen lässt, der zwei Beine und Puls hat."

"Du bist ein verdammter Lügner! Ich hasse dich, Vito! Es gibt niemanden auf der Welt, den ich mehr hasse als dich!" Mein Puls rast und die Wut kocht in mir hoch.

"Dann sind wir ja schon zu zweit!", entgegnet er zornig.

"Ich habe niemals mit diesem Typen geschlafen, check das endlich!"

"Selbst wenn - das ändert nichts daran, dass du dich wie die größte Schlampe aufgeführt hast!"

Ich nehme all meine Kraft zusammen und schubse grob gegen seine steinharte Brust. "Wie redest du mit mir?", schreie ich ihn an. "Du bist wirklich das Allerletzte!"

Pepe springt von seiner Liege und schiebt sich zwischen Vito und mich. "Es reicht", stellt er entschieden fest. "Ihr übertreibt es beide maßlos. Ihr beruhigt euch jetzt beide und wenn ihr euch wieder im Griff habt, solltet ihr später mal endlich ein klärendes Gespräch führen. Für mich sieht das so aus, als ob zwischen euch noch einiges im Argen liegt. Wer sich so sehr hasst, muss sich mal sehr geliebt haben."

Ich blitze den Freund meiner besten Freundin wütend an. "Hör genau zu, was ich dir jetzt sage, Pepe: Ich werde in meinem ganzen Leben nie wieder ein einziges Wort mit diesem toxischen, eifersüchtigen, übergriffigen, gestörten Typen reden. Nie wieder! Der hat mein Leben lange genug zur Hölle gemacht und das lasse ich nie wieder zu!"

Tränen steigen mir in die Augen und ich beiße mir auf die Zungenspitze. Das Letzte, was ich will, ist vor Vito anfangen zu heulen. Ich fahre herum, greife hastig nach meiner Strandtasche und laufe überstürzt davon.

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