DAY 2 /1
Am nächsten Tag schlafen wir alle aus. Ich tapse irgendwann gegen 11 Uhr verschlafen ins Badezimmer und gehe zur Toilette. Danach wasche ich mich, bürste mir ausgiebig meine langen, lichtblonden Haare und tausche mein Nachthemd gegen ein schwarzes, knappes Top, das am Rücken nur mit einigen überkreuzten Schnüren zusammengehalten wird, und eine kurze Jeans-Hotpants.
Als ich die Treppen herunterkomme, bereiten Sean und Kayla in der offenen, rustikalen Küche bereits Frühstück für alle vor. Ich wünsche den beiden Lovebirds einen guten Morgen und sehe mich suchend um.
"Wie kann ich mich nützlich machen?" frage ich, während ich mir eine Tasse dampfend heißen Kaffee eingieße, den die beiden gekocht haben. Das schwarze Gold schmeckt wunderbar und weckt meine verschlafenen Lebensgeister.
"Du könntest die Tomaten und den Serrano-Schinken schneiden," schlägt Kayla vor.
Ich nicke und schnappe mir ein scharfes Messer, ein Schneidebrett und einige der saftigen, knallroten Tomaten.
Während wir gemeinsam das Essen zubereiten, besprechen wir die Pläne für den heutigen Tag. Bereits gestern beim Barbecue hat unsere Gruppe einstimmig entschieden, heute den vielversprechenden Strand hinter unserem Haus zu erkunden. Einen ganzen Tag lang Sonne tanken, die Füße im Sand vergraben und zur Abkühlung ins salzige Meer springen, klingt auch einfach zu verlockend.
"Wir müssen auf jeden Fall mit so 'nem Bananenboot fahren, das macht richtig Spaß. Wir haben das letztes Jahr in Antalya auch gemacht, erinnerst du dich, Kayu?", erzählt Sean und sieht seine Freundin fragend an.
Ich kann mir ein verzücktes Geräusch nicht verkneifen. "Kayu? Was ist das denn für ein süßer Spitzname."
Kayla schaut verliebt zu Sean und schenkt ihm ein ehrliches Lächeln. "Ja, er nennt mich meistens nur Kayu und gar nicht Kayla.“
"Wie lange seid ihr beide eigentlich schon zusammen?", frage ich neugierig, während ich die geschnittenen Tomaten und den Schinken möglichst ansprechend auf eine große, silberne Platte drapiere.
"Seit sieben Jahren", antwortet die schöne Schwarze mit einer gehörigen Portion Stolz in der Stimme. "Ich war 17 und Sean 18 Jahre jung, als wir zusammengekommen sind. Die Zeit ist wie im Flug vergangen."
"Wow, sieben Jahre! Das ist beeindruckend. Sieht man heutzutage nur noch selten." Ich bewundere langfristige, glückliche Beziehungen, schließlich zeugen sie immer auch von viel Arbeit, die beide Partner investiert haben.
Sean lächelt liebevoll zu Kayla hinüber. "Es war auch bei uns nicht immer einfach, es gab einige Streits und unsere Beziehung stand auch schon auf der Kippe, aber wir haben jedes Mal die Kurve gekriegt. Am Ende siegt die Liebe immer."
Ich beginne, eine riesige Wassermelone aufzuschneiden, während Sean den Tisch deckt und Kayla in einer großen Pfanne Rührei mit frischen Kräutern zubereitet.
"Und was ist mit dir, Yuna? Du bist Single, hast du erzählt, aber gibt es niemanden in deinem Leben, den du datest oder kennenlernst oder so?"
Ich schüttele verneinend den Kopf. "Hin und wieder lernt man natürlich jemanden kennen, aber das zerschlägt sich auch ziemlich schnell wieder."
Ausgerechnet in diesem Moment betritt Vito die Küche, ein süffisantes Grinsen auf den Lippen. Seine Haare sind verwuschelt, sein Gesicht noch ganz zerknautscht vom Schlaf. "Wenn es mit keinem Mann klappt, liegt es vielleicht nicht an den Männern, sondern an dir."
Ich probiere angestrengt, Vito mit meinem Blick zu töten. Vielleicht geht er ja in Flammen auf, wenn ich es nur stark genug versuche.
"Wenn das dein zugleich subtiler wie charmanter Versuch sein soll, mir die Schuld zu geben, dann versuch es lieber gar nicht erst."
Er kommt auf mich zu, sein muskulöser Körper steckt in einer hellgrauen Joggingshorts und einem weißen Shirt. Herausfordernd sieht er mich aus seinen grüngrauen Augen an. "Das würde ich mich niemals wagen. Ich meinte damit doch nur, dass die Männer Schuld sind, weil sie dich und deinen herausfordernden Charakter einfach nicht handeln können."
Er legt Sean einen Arm um die breiten Schultern. "Guten Morgen Bro, guten Morgen Kayla", flötet er herzallerliebst.
Ich habe noch keine Stunde die Augen offen und würde ihn am liebsten mit Anlauf in den Pool schubsen, so sehr nervt er mich schon jetzt.
Der breitgebaute Kameruner sieht seinen Freund bittend an. "Habt ihr nicht sowas wie einen Waffenstillstand vereinbart?"
Vito erwidert seinen Blick ertappt. "Das war aber eine Steilvorlage", quengelt er.
"Dein Gesicht gibt mir welche im Minutentakt und trotzdem halte ich die Füße still", grätsche ich dazwischen.
Er muss lachen. "Ich behme mich von nun an", verspricht er seinem Freund, die Hand zum Schwur gehoben. "Aber wenn sie anfängt, gilt das als Notwehr."
Nach und nach trudeln auch Asya, Pepe und Nino an dem riesigen Eichenholztisch mit den bequemen, dunkelbraunen Ledersesseln ein und wir starten entspannt mit einem ausgiebigen Frühstück in den Tag. Es gibt alles, was das Herz begehrt und Kaylas Rührei schmeckt hervorragend.
Nach dem Essen räumen Vito und Nino den Tisch ab, während ich mit Kayla und Asya Getränke und Snacks für den Strand aussuche.
Als wir irgendwann endlich alles zusammengepackt haben, was bei sieben Personen ein ganz schönes Durcheinander ist, starten wir unseren Fußmarsch zu dem gut 800 Meter entfernten Sandstrand.
Asya und Pepe, Sean und Kayla setzen sich ab und laufen energiegeladen vor, während Nino, Vito und ich hinterher trudeln. Ich bin keine ambitionierte Spaziergängerin, schon gar nicht bei 33°C im Schatten.
Die Sonne brennt erbarmungslos vom Himmel und die Hitze lässt die Luft flimmern. Die unbefestigte Straße, die zum Strand führt, ist von kleinen, trockenen Sträuchern gesäumt, und der staubige Weg knirscht unter unseren Sandalen.
Ich spüre, wie der Schweiß mir den Nacken hinabläuft, als ich plötzlich über einen dicken Stein stolpere und den Halt verliere. Vito reagiert blitzschnell, schlingt seinen Arm um meine schmale Taille und bewahrt mich so vor einem unangenehmen Fall, bei dem ich mir garantiert die Knie aufgeschürft hätte.
Für einen kurzen Moment sind wir uns nah, unsere Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt. Seine grünen Augen brennen förmlich auf meiner Haut, ich kann meinen Blick kaum von ihm abwenden. Seine starken Arme halten mich, seine Hand liegt auf meiner nackten Haut, und der Duft seines herben Parfums kitzelt mich in der Nase.
Wäre mein Leben ein Liebesfilm, würden wir uns an dieser Stelle vermutlich küssen.
Doch Vito löst die Spannung zwischen uns abrupt mit einem Witz auf: "Schön zu sehen, dass du immer noch auf mich fliegst." Er stellt mich wieder auf die Beine und löst sich von mir.
Ich verdrehe die Augen. "Ich würde es eher so deuten, dass du mir immer noch Steine in den Weg legst."
Vito lacht, und ich kann nicht anders, als ein kleines Lächeln zu erwidern.
Wir setzen unseren Weg fort und schaffen es, uns einigermaßen normal und zivilisiert zu unterhalten.
Einige Meter weiter bleibt Vito plötzlich stehen und beugt sich nach unten. "Boah, guckt mal, eine Eidechse!" ruft er begeistert und zeigt auf ein kleines, grünlich schimmerndes Reptil, das sich flink über den heißen Sand bewegt.
Nino wirft nur einen flüchtigen Blick darauf und zuckt mit den Schultern. Das kleine Tier scheint ihn nicht sonderlich zu begeistern.
Ich dagegen bin hin und weg und gehe in die Knie, um das kleine Kerlchen genauer zu betrachten. Vito tut es mir gleich und kniet sich neben mich auf den staubigen Boden, um das kleine Tier fasziniert mit leuchtenden Augen zu inspizieren.
"Oh mein Gott, die ist ja so winzig und so schnell unterwegs," sage ich begeistert.
"Ja, echt verrückt," stimmt Vito zu und lächelt mich an. Für einen Moment ist da nur das kleine Tier und wir beide, vertieft in diese Beobachtung.
"Wusstest du, dass Eidechsen bei Bedrohung ihren Schwanz abwerfen und der immer wieder nachwächst?"
Er guckt mich ernst an.
Ich erwidere seinen Blick starr. Eine Sekunde, zwei Sekunden. Bis er realisiert, was er gerade gesagt hat und welches Potenzial mir das bietet. Er verdreht die Augen und hebt abwehrend die Hand. "Ich flehe dich an, bitte jetzt keine Sprüche über meinen Schwanz."
Ich muss lachen und drücke mich aus den Knien wieder hoch. Vito tut es mir gleich. "Ausnahmweise. Aber auch nur, weil du mir den kleinen Freund hier gezeigt hast", lenke ich ein und deute auf die Echse, die zügig davon rennt.
"Wenn das so einfach ist, euch zu verbünden, fange ich gleich eine ganze Herde von den Viechern und setze die im Garten unserer Villa aus, dann kommt ihr vor lauter Herpetologie gar nicht mehr zum Streiten", kommentiert Nino grinsend und rückt seine Sonnenbrille zurecht.
Wir setzen unseren Weg zum Strand fort. Die anderen vier sind bereits so weit weg, dass wir sie nur noch in der Ferne erahnen können. Die Geräusche der Wellen werden lauter, und ich kann bereits den salzigen Duft des Meeres in der Luft riechen.
"Da seid ihr ja endlich", ruft Pepe uns zu, als wir endlich am Strand einkehren, wo die beiden Paare auf uns gewartet haben. "Wir dachten schon, ihr habt euch unterwegs gegenseitig erwürgt."
"Ganz falsch, unsere beiden Hobbyforscher haben zusammen eine Eidechse beobachtet", antwortet Nino und belächelt uns erneut dafür.
"Eine Eidechse?"
"Ohne Streit?", hakt Asya ungläubig nach.
Nino nickt.
"Wenn das so ist, sollten wir morgen vielleicht mal in den Zoo fahren", feixt Sean.
"Wieso, willt du Vito wieder zurück ins Affenhaus bringen?" Ich kann nicht anders, ich muss diese Vorlage nutzen. Die anderen reagieren mit Gelächter.
"Giftschlangen wie du wohnen ja eher in Australien."
"Glaub mir, am anderen Ende der Welt von dir würde mir auch besser gefallen."
"Alter", fährt Pepe lachend dazwischen. "Ich glaube, ich verstehe langsam, wieso ihr euch so hasst: ihr seid euch einfach zu ähnlich."
"Habe ich doch gestern Abend schon gesagt", kommentiert Nino und zuckt mit den Schultern.
Asya klatscht in die Hände. "Schluss jetzt, ihr beiden Streithähne. Ihr übertreibt es wieder."
Ich drehe mich zu Vito und spreche leiser. "Die fünf haben wirklich keine Ahnung, dass das nicht nicht mal unsere Aufwärmübung ist."
"War", antwortet er ausdrucklos. Fragend sehe ich ihn an. "Denkst du wirklich, dass es heute noch so zwischen uns eskalieren würde wie damals?"
Ich will gerade nachhaken, wir er das meint, es brennt mir regelrecht unter den Nägeln, da greift Asya nach meiner Hand und zieht mich mit sich. "Wir kümmern uns jetzt um die Liegen, komm."
Wir mieten Liegen und Sonnenschirme, breiten unsere Handtücher aus und genießen die warme Brise, die gelegentlich über den Sand weht und den Klang der Wellen. Die Sonne scheint hell am wolkenlosen Himmel, das Meer glitzert einladend.
Ich schmeiße meine Klamotten in meine Beachbag und lege mich in meinem trägerlosen, weißen Bikini in die pralle Sonne.
Während Sean und Kayla richtige Wasserratten sind, und auch die anderen immer wieder ins Meer gehen, verbringe ich den Tag lieber mit Sonnenbaden.
Asya liegt die meiste Zeit in ihrem tief ausgeschnittenen Badeanzug neben mir und liest friedlich irgendeinen Schundroman, Pepe döst neben ihr vor sich hin.
Immer wieder kommen Strandverkäufer vorbei, die uns angeblich originale Rolex-Uhren, ausgefallene Sonnenbrillen oder farbenfrohe Strandtücher andrehen wollen. Wir lehnen alle Angebote dankend ab, bis ein junger Mann mit einer Kühlbox voller Eis vorbeikommt. Dieser süßen Abkühlung kann keiner von uns widerstehen.
Ich habe gerade meinen Eisstiel in die Mülltonne geworfen und laufe zurück, da richtet Vito sich auf seiner Liege auf und wendet sich an mich. "Yuna, kannst du mir bitte den Rücken eincremen?"
Ich ziehe die Augenbrauen zusammen und sehe ihn ungläubig an. "Dein Ernst?"
"Mein Gott, stell dich nicht so an, nichts, was du nicht schon gesehen oder angefasst hast," kontert er genervt.
Asya spitzt die Ohren und beobachtet uns aufmerksam durch ihre große schwarze Sonnenbrille. Ich merke, wie mein Gesicht heiß wird und meine Wangen sich röten.
"Halt die Klappe", zische ich. "Das geht niemanden was an." Ich trete an seine Liege heran und reiße ihm die Creme grob aus der Hand. Nicht, dass er mich mit seiner Argumentation überzeugt hätte, aber ich will unbedingt vermeiden, dass er diese Diskussion weiterführt, deshalb bin ich bereit, dieses Schweigegeld zu zahlen.
Mit einem tiefen Seufzer drücke ich mir etwas Sonnencreme in meine Handflächen und beginne widerwillig, sie auf Vitos breitem Rücken zu verteilen. Die Muskeln unter seiner Haut fühlen sich fest und warm an. Augenblicklich schießen Bilder vergangener Momente in meinen Kopf, doch ich unterbinde sie sofort.
Als ich fertig bin, schmeiße ich ihm die Cremetube unsanft auf den Bauch. "Heißt das, ich soll jetzt deinen Rücken eincremen?", fragt Vito, ein freches Grinsen auf den Lippen. "Und bei dem winzigen Höschen vielleicht auch besser deinen Po."
"Junge, was ist mit dir?", frage ich entsetzt.
Er hebt beschwichtigend beide Hände in die Luft. "Ich habe versprochen, dass ich nett bin", sagt er unschuldig. "Ich will doch nur vermeiden, dass du dir einen Sonnenbrand holst."
"Das einzige, was hier brennt, bist du!" Ich verdrehe die Augen und wende mich von ihm ab. "Du bist echt unmöglich."
"Ist doch keine neue Info für dich, oder?"
Ich stecke mit demonstrativ meine Airpods in die Ohren, schalte einen sommerlichen Popsong an und seine Stimme aus. Zumindest für diesen Moment.
Wir verbringen den ganzen Tag am Strand. Wir essen unser mitgebrachtes Essen, kaufen uns mittags bei einem Straßenverkäufer Churros, frittierter Teig, der in Zimt und Zucker gewälzt wird, und kosten unseren ersten, richtigen Urlaubstag maximal entspannt aus.
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