2.Kapiel: Ein Verbündeter und die ersten Gefahren

Bevor wir fortfahren, eine kleine, mathematische Frage: Was passiert, wenn man eine Maus mit einem Vogel kreuzt? Das Resultat saß auf dem Stein und beobachtete mich wahrscheinlich schon Stunden lang. Vielleicht war es ja ein Aasfresser und war sich noch nicht sicher, ob ich bereits tot war?

Oder hatte ich es aufgeschreckt und es würde gleich die Flucht ergreifen? Doch als es mit niedlichen Sätzen zu mir gehüpft kam, war ich mir sicher, dass ich mit beidem falsch lag.

Und obwohl dieses Tierchen extrem niedlich war, wich ich ein wenig zurück, da es mir immerhin bis zur Hüfte reichte. Und da ich saß, befanden wir uns auf Augenhöhe.

Als es bis unter meinen Unterstand vorgedrungen war, sprang ich, mich immer noch an der Säule lehnend, auf und war erleichtert, als das Ding ebenfalls zurückzuckte.

Nun stand wir da. Es blickte zu mir hoch und ich starrte es reglos an, immer noch unsicher, ob von ihm Gefahr ausging oder nicht. Und deswegen war ich irgendwie auch gar nicht darauf gefasst, als es plötzlich zu sprechen begann.

"Hallo! Ich heiße Flynn! Und du?", "Oh Gott, es spricht!", murmelte ich entsetzt. Es plusterte sich, sichtlich empört, auf: "Mein Name ist Flynn. Und ich bin ein Er!", als er kapierte, dass ich nur nicken konnte entpannte er sich wieder. "Verrätst du mir jetzt deinen Namen?", "M-meinen Namen?", flüsterte ich noch, ehe mir schwarz vor Augen wurde.

Ich sitze in diesem Flugzeug und bin auf dem Weg zu meinem Dad, der Indiana-Jones-mässig im Dschungel Planzen, Tiere und Kunstschätze erforschte. Er hatte sich von meiner Mutter, einem französischen Model, getrennt weil sie ihn mit ihrem Designer betrogen hatte. Sie hatte das Sorgerecht für mich erkämpft und ich durfte meinen Vater nur in den Ferien sehen, da er ja in diesem Dschungel irgendwo in Südamerika lebte. Verrätst du mir jetzt deinen Namen?  Die Stimme kam von irgendwo weither, doch sie klang so nah. Verwirrt sah ich mich um: In der Reihe vor mir bastelte ein Vater mit seinem kleinen Sohn Papierschiffchen und hinter mir sass ein Pärchen, dass gerade mit Plastiksektgläsern anstieß und sich dann küsste. Verlegen drehte ich mich wieder nach vorne und wandte mich wieder meinem Buch zu. Ich hab mir das sicher nur eingebildet. 

Ich schwankte leicht und stützte nun benommen mein ganzes Gewicht gegen die Säule, die sich so weich wie der Flugzeugsitz anfühlte. Ich seufzte, und zuckte zusammen, als ich plötzlich Flynns Stimme hörte: "Erde an Judy? Alles in Ordnung mit dir?", "Äh, ja. Aber woher kennst du meinen Namen?".

"Na hör mal! Den hast du gerade eben vor dich hingemurmelt. Und seitdem starrst du ins Leere und machst mir Angst.", ich lief rot an, als ich das hörte. "Oh. Das tut mir Leid. Weisst du, ich glaube ich hatte gerade einen Flashback.", der Hybrid legte den Kopf schief und sah dabei furchtbar niedlich aus.

"Flash- was? Na egal. Du siehst ziemlich verloren aus und bis eben warst du ja ohnmächtig. Kann es sein, dass du nicht von hier bist?". Ich konnte nur nicken. "Ich kann dir helfen, wenn du willst. Ich kenne mich hier aus."

Mit diesen Worten drehte er sich um und begann unbeholfen und wild mit den Flügeln schlagend eine gigantische Baumwurzel zu erklimmen. Zögernd folgte ich ihm hinaus in den Regen. Bei der Wurzel angekommen drehte ich mich noch ein letztes Mal zu der Lichtung um und stellte fest, dass ich die ganze Zeit unter einem rieseigen Fliegenpilz gelegen bin.

Kopfschüttelnd begann ich nun ebenfalls die Wurzel hochzuklettern und da ich mich dabei wesentlich geschickter als Flynn anstellte, war ich schnell oben und blickte mich um: man konnte ein bisschen über andere Bäume hinwegblicken, doch das wenige was ich sah, reichte um mich zu verunsichern: Der Dschungel war gigantisch. Und die Nebelschwaden darüber halfen nicht sonderlich dabei diesen Eindruck zu vermindern.

Plötzlich fühlte ich mich traurig und furchtbar machlos. Ich irrte gerade durch einen Riesendschungel und ließ mich dabei von einer sprechenden...Vogelmaus leiten! Gab es so ein Vieh überhaupt? Und wie ging es meinen Eltern? Werde ich sie jemals wiedersehen? Und wieso saß ich nicht mehr im Flugzeug?

Ich spürte die Tränen in mir aufsteigen, beherrschte mich jedoch. Ich werde es schaffen, sagte ich mir und stieß Flynn in seine weichen Federn, wobei ich ihm eine ausrupfte, da er gerade verträumt in die Ferne spähte.

Er fiepte kurz auf und fauchte mich dann mit gesträubten Nackenfell an: "Komm jetz!", dann sprang er einfach von der anderen Seite der Wurzel hinunter und segelte sanft hinab, bis er beinahe mit den Schatten des Unterholzes zu verschmelzen drohte. "Hey, warte!", rief ich ihm hinterher, doch ich wusste, dass er nicht warten würde.

Resigniert seufzend hielt ich die geschwungene, lange Feder in das trübe Licht, des nebligen Himmels. Man konnte die Sonne als leuchtenden Ball erkennen, ohne dass einem die Augen wehtaten. Dennoch glänzte die Feder in ihrem Licht und ich konnte weisse Sprenkel auf dem nussigen Braun erkennen.

Mit dem Fingernalgel fuhr ich über die fluffigen Daunen am Federansatz, ehe ich sie in meinen Rucksack steckte und die Wurzel hinunterrutschte um Flynn einzuholen.

Das Rutschen war eigentlich ganz lustig, doch jetzt befand ich mich mitten im Dickicht und hörte den Regen auf das mehrschichtige Blätterdach prasseln. Es fiel mir schwer zu atmen, da es so schwül war und immer wieder musste ich über Wurzeln stolpern oder klettern, darauf Acht geben nicht auf dem Erdboden hinzufallen und Flynn aus den Augen zu verlieren.

Dieser DACHTE anscheinend nicht mal daran auf mich zu warten und hoppelte munter weiter. Ich merkte, dass er nur geradeaus ging und konnte mich etwas mehr auf meine Umgebung achten. Ich war beeindruckt, wie riesig die Bäume hier waren. Und obwohl ich wegen dem Blätterdach nur wenige Baumkronen erkennen konnte, waren die Baumstämme mit fünfzig Metern Durchmesser atemberaubend genug. Es war alles so, wie man es aus Filmen oder Tropenaustellungen kennt. Nur viel schöner, da es real und einfach...fantastisch war.

Während ich mit offenem Mund weiterstaunte, lief ich einfach weiter, bis ich gegen etwas weiches stieß. Flynn. Ich brauchte ein wenig um zu kapieren, dass wir uns wieder an einer Lichtung befanden. Nur war diese länglich und schmäler als die, die wir verlassen hatten. Saftig grünes Gras wuchs hüfthoch auf der ganzen Lichtung und wurde von einem kleinen Trampelpfad geteilt, der an einer Biegung verschwand.

Ich wusste, dass wir da lang mussten und marschierte los, doch Fynn hielt mich mit seinen Zähnen am Jackensaum fest. "Sag mal, spinnst du? Versteck dich!", zischte er mir zu und ich folgte seinen Worten instinktiv.

Gebannt und mit klopfendem Herzen starrte ich, an Flynn gekuschelt, durch das Gras auf die Lichtung. Es herrschte eine gespenstische Stille und ich wurde immer nervöser. Nach einer gefühlten Ewigkeit geschah endlich etwas: Eine riesige, feuerrote Nacktschnecke, so groß wie ein Bus, kroch hundert Meter von uns entfernt auf die Lichtung.

Ich quietschte entsetzt auf und Flynn starrte mich entgeistert und erschrocken an. Völlig gelähmt beobachtete ich, wie sich das Untier mit seinen Fühlern in unsere Richtung wandte und vollkommen regungslos verharrte.

Entsetzt starrte ich die Schnecke an und glaubt mir, mir bollerten Millionen Steine vom Herzen, als sie sich umwandte und in die Richtung davonschleimte, in die ich gerade gehen wollte. Dabei hinterlließ sie eine glänzende Schleimspur und ich konnte einen Würgreiz gerade noch unterdrücken.

Als sie fast ausser Sichtweite war, rappelte ich mich auf und atmete erleichtert aus. Meine Knie waren vom regennassen Gras ganz nass und die Hose durchweicht. Doch zum Glück hatte es zumindest aufgehört zu regnen. "Puh das war ja mal knapp!", ich schüttelte meine Beine und streckte mich. Der Schreck saß mir immer noch in den Gliedern.

Auf einmal bemerkte ich, dass Flynn immer noch dakauerte und ich kniete mich besorgt neben ihn. "Alles okay? Das Vieh ist weg. Wir können weiter.", doch er schüttelte nur den Kopf und ich bekam ein flaues Gefühl im Magen. Vorsichtig sah ich mich um, konnte jedoch nichts erkennen.

Gerade als ich mich wieder Flynn zuwenden wollte, verdunkelte sich plötzlich die Lichtung. Verwirrt sah ich nach oben und hätte fast entsetzt aufgekreischt, als ich erkannte, was da so einen riesigen Schatten warf.

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