•54 || „Lass ihn in Ruhe und tu mir weh!"•

TW: Verletzung durch andere Personen

Kapitel 54

„Lass ihn in Ruhe und tu mir weh!“

»Hallo, Louis«, grinste er und warf die Maske neben sich auf den Boden.

»Oliver?«, stieß ich ungläubig aus.

Das konnte nicht sein. Es war einfach nicht möglich, dass mein ehemalig bester Freund vor mir stand und mit dem Vater meines Freundes zusammenarbeitete. Das war unmöglich.

Und doch stand er dort hinter Harry.

»Lange nicht gesehen.« Oliver blickte mich höhnisch an und zog ein wenig fester an Harrys Haaren, als würde er mir unbedingt beweisen wollen, in welchen Positionen wir uns gerade befanden. Harry stöhnte gequält auf und fletschte die Zähne.

»Was zum Teufel machst du hier?«

»Ach, du«, säuselte er und wickelte sich eine von Harrys Locken um den Finger.

Eifersucht stieg in mir hoch, auch wenn es gerade alles andere als passend war. Er sollte die Finger von meinem Freund lassen.

»Ich dachte, ich probiere mal was Neues aus und da bin ich auf Mr Styles getroffen, der mir einen wirklich netten Job besorgt hat.«

»Es war klar, dass es dir Spaß macht, andere Leute zu quälen«, zischte ich hasserfüllt.

So viel Zuneigung und freundschaftliche Gefühle ich damals für ihn empfunden hatte, so viel Hass und Abscheu standen nun an dieser Stelle. Ich war angewidert von ihm.

»Du hättest mir schon erzählen können, dass du auf Schwänze stehst«, meinte er vorwurfsvoll und legte den Kopf wie auf der Treppe schief. »Dann wäre ich niemals dein Freund geworden, du Schwuchtel.«

Er lachte gehässig und drehte sein Messer in der Hand herum. Als wäre es ein Spielzeug, legte er es an Harrys Wange, was den dazu brachte, seinen Kopf zur Seite zu drehen, doch Olivers Griff war fest und unermüdlich. Er ließ die scharfe Klinge, die auch schon meine Haut durchtrennt hatte, über Harrys eingefallene Wange gleiten und hinterließ eine feine Linie, die sich rot auf der fahlen Haut abzeichnete.

Ich wehrte mich gegen den Griff des Mannes, der seine Finger fest an meinen Oberarmen hatte. Ich wollte diesem Wichser sein scheiß Messer in den Hals rammen. Wenn er dachte, ich wäre schwach und würde mich nicht wehren, um für meinen Liebsten zu kämpfen, dann hatte er sich aber sowasvon geschnitten.

Der Griff um meine Arme verfestigte sich noch ein wenig mehr bei meinem Protest, weshalb ich jedem im Raum einen todbringenden Blick zuwarf. Ich wollte sie alle, einen nach dem anderen, umlegen. Niemand tat Harry weh, solange ich es verhindern konnte.

Nur das Ding war, jetzt gerade konnte ich es nicht verhindern. Hilflos sah ich Oliver dabei zu, wie er die Klinge erneut an Harrys Haut legte. Dieses Mal an dessen Schlüsselbein. Er gab deutlich mehr Druck auf die Klinge, denn Harry bäumte sich auf, wandte sich stöhnend auf dem Stuhl. Bereits nach dem ersten Zentimeter floss ein kleines Rinnsal aus der Wunde und zeichnete eine gerade, dunkle Linie Harrys Brust hinab.

Ich spürte, wie eine Träne aus meinem Augenwinkel über meine Wange kullerte. Olivers sadistisches Grinsen wurde nur noch breiter, als er die Träne im Mondschein sah. »Na, tut es weh, ihn so zu sehen? Zu sehen, wie ich ihm wehtue?« Er schob feixend seine Unterlippe vor und wischte das Messer an einem der übrig gebliebenen Fetzen von Harrys Hemd ab. Eine rote Spur blieb zurück.

»Wenn ich dich zu fassen kriege-«

Desmond, der noch immer neben mir hockte, lachte auf. »Du wirst hier niemanden zu fassen kriegen, klar soweit?« Er hatte wieder meinen Kiefer umfasst, warf meinen Kopf aber mit einem Ruck zur Seite, als hätte er sich verbrannt.

Dann richtete er sich wieder auf, griff in seine Hosentasche und zog eine Packung Zigaretten raus. Er steckte sich eine zwischen die Lippen und zündete sie an, bevor er die Packung wieder in seiner Tasche verschwinden ließ. Er atmete einmal tief ein und drehte sich zu Harry. Mit schweren Schritten ging er auf seinen Sohn zu und packte sein Kinn wie meins zuvor.

»Öffne deine Augen, Junge«, befahl er rau, doch Harry folgte nicht. Stattdessen schüttelte er den Kopf. Ein Fehler. Grunzend holte Desmond aus und verpasste Harry eine Ohrfeige. Seine Wange wurde rot durch die harte Kollision. »Öffne deine verdammten Augen.«

Wieder tat Harry nicht, was von ihm erwartet wurde. Er schien seinen letzten Rest Selbstachtung zusammengekratzt zu haben, um nicht als völliger Versager vor mir dazustehen. Dabei sah ich ihn nicht als Versager. In meinen Augen war er die stärkste Person auf diesen Planeten, denn ich wusste nicht, ob ich an seiner Stelle jetzt noch leben würde.

Desmond knurrte und nahm seine Zigarette aus seinem Mund. Den Rauch pustete er Harry direkt ins Gesicht, was diesen eine angewiderte Grimasse ziehen ließ. Er murmelte etwas in das Tuch, das ihn knebelte. Daraufhin kassierte er eine weitere Ohrfeige.

»Ich habe gesagt: Öffne deine Augen!«, bellte Desmond nun und drückte Harry das glühende Ende der Zigarette in die Brust.

Ich hörte, wie er vor Schmerz in das Tuch schrie. Die Haut, die in Kontakt mit der Zigarette stand, zischte. Es war widerlich. Harry wehrte sich, zappelte und zerrte an seinen Fesseln. Aber es half alles nichts. Die Zigarette hinterließ ein kreisförmiges Brandmal unter seinem linken Schlüsselbein, dicht neben dem Schnitt, den Oliver ihm zuvor zugefügt hatte.

Du bist so stark, Harry. Ich liebe dich.

»Du bist so stur wie deine Mutter«, knurrte Desmond. »Und jetzt öffne verdammt noch einmal deine Augen! Oder ich schneide deinem Liebsten die Zunge aus dem Mund!«

Kaum hatte er zu Ende gesprochen, riss Harry seine Augen auf. Voller Panik, Schmerz und Leid fanden sich unsere Blicke. Grün traf auf Blau und es war, als würden in diesem Moment nur wir uns in diesem Raum befinden. Dem Zimmer, in dem so viel Grausames passiert war. Das Grün war trüb, erschöpft. Ich blinzelte und schenkte ihm ein sanftes Lächeln.

Doch statt aufmunternd zu wirken, verschleierte gnadenlose Schuld seinen Blick, bis er es letztlich nicht mehr aushielt und zur Seite blickte.

Verdammt, er sah so gebrochen aus…

»Na, geht doch«, brummte Desmond und ließ von Harry ab. Er blickte zu Oliver, der seine Hand noch immer in Harrys Locken vergraben hatte. »Sorg dafür, dass er die Augen offen behält. Wenn er sie schließt, schneide ihn. Zögere nicht, ein wenig tiefer zu gehen, er soll merken, dass er es sich nicht erlauben kann, nicht zu gehorchen.«

Oliver, der Wichser, nickte, während Desmond wieder zu mir kam. »Dann wollen wir mal.«

Panisch riss ich die Augen auf und wand mich im Griff des Mannes, doch es brachte nichts. Er zog einmal fest an meinem Arm, sodass meine Schulter höllisch schmerzte. Von draußen hörte ich immer noch, wie gegen die Tür getreten und geschlagen wurde, doch es half nichts.

Mein Oberschenkel pochte schmerzhaft, als Desmond mit dem Mann hinter mir tauschte. Dass ich ihn so nicht mehr sehen konnte, machte mich nervös. Mein Herz raste und ich linste zu meiner Waffe, die einige Meter von mir entfernt auf dem Boden lag. Als ich entwaffnet wurde, hatte man sie einfach zur Seite außerhalb meiner Reichweite geschoben.

Eine Hand legte sich von hinten um meinen Hals, die Finger drückten in meine Haut und waren kurz davor, mir meine Luftzufuhr abzuklemmen. Ich wagte es nicht, mich zu bewegen oder gar ein Geräusch von mir zu geben.

Seine zweite Hand kam in mein Sichtfeld. Ein Messer ruhte in ihr. Er ließ für einen Moment von meinem Hals ab, griff nach meinem Kragen und durchtrennte den Stoff meines Pullovers. Die Klinge glitt hindurch wie durch Butter, um zu präsentieren, wie scharf sie war. Ich zog meinen Bauch ein, als er weiter schnitt. Schließlich klaffte der Stoff meines nun zerstörten Pullovers zu den Seiten um.

Desmond zog den Stoff von meinen Schultern, um meinen Oberkörper zu präsentieren. Angst packte mich, mein Atem ging rasch und ich wünschte nichts sehnlicher, als aus dieser Situation verschwinden zu können. Ich spürte seine Brust, die sich an meinen Rücken drückte, und seine Atem, der auf die Haut meines Halses prallte.

Kälte durchfuhr mich und ich bekam eine Gänsehaut, als er mit der flachen Seite des eisigen Messers über meinen Bauch strich. Fuck, was machte er da? Ich hörte, wie er seine Lippen an mein Ohr brachte und eine leise Melodie summte. Mit zusammengekniffenen Augen saß ich stocksteif da, spürte den Stoff seiner Jeans an meinen Händen, die ich zu Fäusten geballt hatte. Könnte ich mich irgendwie bewegen, würde ich ihm meine Hände in die Eier hauen, auch wenn ich danach wahrscheinlich den Rest meines Lebens damit verbringen würde, sie zu waschen.

»Erkennst du das Lied?«, fragte er dicht an meinem Ohr, doch ich wusste, dass die Frage nicht an mich gerichtet war. Ich öffnete meine Augen und blickte zu Harry, der mich anstarrte, als wäre sein schlimmster Albtraum gerade real geworden. Wahrscheinlich war er das wirklich.

Für einen Moment schloss Harry die Augen. Oliver zögerte keine Sekunde und drückte die Klinge in seine Brust, was ihn sofort wieder zu mir sehen ließ.

Ich konnte das sadistische Grinsen auf Desmonds Gesicht beinahe riechen. Es spiegelte sich in Olivers Miene wieder. Kaum zu glauben, dass ich mit diesem Psychopathen mal befreundet gewesen war.

Ein Schmerz riss mich aus meinen Gedanken. Ich zischte auf, als ich spürte, wie sich die Klinge in meine Haut schnitt. Knapp unter meinem Zwerchfell. Es brannte und ich versuchte, mich zu befreien. Aber die dadurch entstehende Bewegung ließ das Messer ein ganzes Stück tiefer in meine Haut gleiten. Ich riss Augen und Mund auf, meine Atmung stoppte.

Ich spürte, wie Blut aus dem frischen Schnitt über meine Haut tropfte. Entsetzen und panische Angst mussten mir ins Gesicht geschrieben sein. Harry schluchzte auf, eine Träne kullerte über seine Wange und fiel von seinem Kinn auf seinen geschundenen Oberkörper hinab.

»Stopp!«, nuschelte er kaum verständlich in das Tuch. »Lass ihn in Ruhe und tu mir weh!«

Desmond lachte, seine Brust drückte sich dabei an meinen Rücken. »Denkst du wirklich, ich mache es dir so einfach? Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass mentale Folter dir viel mehr schadet als Schnitte oder Schläge. Das hat es schon immer. Früher hast du dich immer vor deine Schwester gestellt, wenn sie etwas falsch gemacht hat, und die Schuld auf dich genommen, um sie zu schützen. Du stellst immer deine Liebsten vor dich selbst und wer wäre ich, wenn ich das nicht ausnutzen würde. Also sei still und sieh zu!« Den letzten Satz brüllte er mir ins Ohr, sodass ich zusammenzuckte, wodurch sich das Messer bewegte und ich sofort wieder stillhielt.

Statt mir eine Minute Pause zu gönnen, fuhr er fort. Seine Schnitte waren mal zu ertragen, andere wiederum waren tiefer, bluteten und ließen mich gequält ächzen oder gar schreien. Einmal fuhr er mit seinen Händen, das Messer auf meinem Schoß abgelegt, über meinen Oberkörper, sammelte dabei das Blut auf, um es auf meiner Haut zu verteilen. Er malte mit seinem in mein Blut gefärbten Zeigefinger Muster auf meinen Hals, meine Wange und meine Oberarme.

Hin und wieder hörte ich Harry zischen oder stöhnen, einmal schrie er auf. Jeder schmerzerfüllte Laut, den er von sich gab, ließ mein Herz ein wenig weiter brechen. Als ich dann auch noch von draußen hinter der Tür Schreie und Schläge hörte, war mir klar, dass meine Freunde überwältigt worden waren. Das Klopfen gegen die Tür hörte auf und mit dem letzten Schlag starb auch das letzte Fünkchen Hoffnung in mir.

Ich ließ es geschehen, hatte keine Hoffnung mehr auf Rettung. Die Schnitte hörten nicht auf. Er arbeitete sich seinen Weg meine Brust hinauf zu meinem Hals. Er schnitt in meine Schultern und Oberarme, hinterließ welche auf meinen Wangen. Irgendwann waren es so viele, dass ich sie kaum noch fühlte.

Mein ganzer Körper schmerzte nur noch als Ganzes. Die einzelnen Schnitte, die hier und da hinzukamen, kümmerten mich kaum noch. Mein Kopf fiel nach vorn, der Blutverlust entzog mir nach und nach meine letzte Kraft. Ich schaffte es nicht mehr, die Augen zu öffnen, um Harry anzusehen. Desmonds Arme, die um mich lagen, waren das einzige, das mich davon abhielt, zur Seite zu kippen.

Ich spürte, wie ich mich immer leichter fühlte. So musste es sich also anfühlen, zu sterben. Es war… friedlich. Trotz der ganzen Gewalt und allem um mich herum, war es auf irgendeine verdrehte Weise friedlich.

Ich merkte kaum noch, wie Desmond mich zur Seite gleiten ließ. Mein Kopf begegnete dem Boden. Wie durch Watte vernahm ich Schritte um mich herum. »Lassen wir die beiden allein. Ich will, dass er verblutet und er dabei zusehen muss.«

Eine sanfte Wärme legte sich auf meinen Körper, deckte mich zu und umhüllte mich, bis alles schwarz wurde.

//oh je, armer Louis. Er ist doch nur ein die Liebe liebender Autor...

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