•49 || „Hörst du, wie sehr er sich um dich sorgt?"•

Guten Morgen :)
Hier bin ich, mitten im Abiturstress, mit 2 neuen Kapiteln. Ich hoffe, es gefällt euch, ich bin auf Reaktionen gespannt ;)
Nächstes Update wahrscheinlich am Wochenende!
Bis dann,
Lea

Kapitel 49

„Hörst du, wie sehr er sich um dich sorgt?“

Zitternd saß ich mit aufgerissenen Augen da, mein Name hallte in meinen Ohren nach. Ich konnte gar nicht glauben, wen ich da hörte. Meine Fingernägel krallten sich in meinen Oberschenkel. So fest, dass ich wohl oder übel blaue Flecke davontragen würde.

»Harry?«, fragte ich wispernd und unsicher, ob er es wirklich war oder ob mein Hirn mir einen bösen Streich spielte. Beinahe erwartete ich, dass Zayn gleich sagen würde, was für ein Idiot ich doch war. Doch stattdessen hörte ich ihn.

»Louis«, hauchte er, die Stimme schwer vor Qualen, dass mir sofort Tränen in die Augen schossen.

»Harry, bist du das? Was ist-« Ich begann zu zittern. Meine Hände wurden eiskalt und Schauer liefen mir über den Rücken. Ich hatte ein ganz schlechtes Gefühl.

Liam tauchte in meinem Sichtfeld auf, deutete auf mein Handy. Ich nahm es vom Ohr und wählte im Menu die Lautsprecherfunktion. »Harry?«

»Louis, hilf mir.« Ein Schluchzen zerriss durch den Hörer die Luft, es knackte. »Nein, nein, lass mich- nimm ihn mir nicht weg, nein! Louis! Nein! Ahh!«

Ein Knall, das Geräusch von brechenden Knochen und schmerzgetränkte Schreie, ein dunkles Lachen, das pure Angst in mir auslöste.

Mein Magen zog sich zusammen, wollte den Kuchen loswerden, den ich eben gegessen hatte, ich starrte Liam mit großen Augen an, das Handy zitternd in meiner Hand. Ich hörte, wie sich schwere Schritte von den Schreien entfernten, Atem rauschte über den Lautsprecher, Treppen knarzten, dann war es still.

»Harry?«, wagte ich leise zu fragen.

»Nicht ganz«, lachte eine raue Stimme und ächzte.

»Wer sind Sie? Woher haben Sie meine Nummer? Wo ist Harry?«, stieß ich aus. Fuck, war das etwa… »Sie sind… Sie-«

Mein Blick huschte wieder zu Liam, der sich mittlerweile auf den Stuhl gesetzt hatte, auf dem bis gerade noch meine Beine gelegen hatten. Der sah mit gerunzelter Stirn auf mein Handy.

»Nun, ich dachte, ich rufe mal an, um den Freund der Missgeburt von einem Sohn kennenzulernen.« Die Stimme des Mannes triefte vor Verachtung und Abscheu. Er machte keinen Hehl daraus, dass er seinen Sohn und dessen Vorlieben nicht ausstehen konnte. Harry nicht ausstehen konnte.

»Was wollen Sie von mir? Was machen Sie mit Harry?«

»Na, na. Nicht so schnell«, hielt er mich davon ab, noch mehr der Fragen zu stellen, die in meinem Kopf herumwirbelten. »Du scheinst zu wissen, wer ich bin, habe ich recht?«

Ich schluckte, bevor ich antwortete. »Sie sind Harrys Vater. Oder eher sein Erzeuger, von Vater kann hier nicht die Rede sein«, sagte ich mit der selben Verachtung ihm gegenüber in der Stimme.

Desmond lachte rau. »Du hast ein ganz schön vorlautes Mundwerk, Junge. Ich an deiner Stelle wäre ganz fein ruhig und lieb zu mir. Ein Mucks und ich lasse deinem Liebsten den Hals aufschneiden. Oder besser- ich mache es selbst.«

Sämtliche Härchen auf meinem Körper stellten sich bei diesen Worten auf. Angst schloss ihre eiserne Faust um mein Herz, erschwerten es ihm zu schlagen, bis mir schwindelig wurde.

»Diese Ausgeburt einer Schlampe kann man eh zu nichts gebrauchen. Ich werde ihm Stück für Stück die Organe aus seinem jämmerlichen Körper reißen.«

Mein Magen rebellierte gefährlich, ich schlug mir eine Hand vor den Mund, die Augen zusammengepresst. »Lassen Sie Harry in Ruhe, er hat Ihnen nichts getan!«, fauchte ich über die Übelkeit hinweg.

Dieser Wichser sollte es sich wagen, Harry anzurühren, ich würde nicht zögern und ihn umlegen, selbst wenn es mich in Schwierigkeiten bringen würde. Wenn er Harry etwas antat, ich schwöre zu Gott…

»Nichts getan?« Wieder ein ironisches Lachen. Psychopath. »Wenn du wüsstest, was er mir angetan hat…«

»Warum rufen Sie an? Was wollen Sie von mir?« Meine Stimme zitterte, war nicht einmal halb so stark, wie sie sich anhören sollte.

»Ich wollte, dass dein lieber Harry«, er spuckte den Namen aus, als wäre es Gift, »deine Stimme ein letztes Mal hört, bevor ich ihn für die Dinge bezahlen lasse, die er sich geleistet hat. Gnädig von mir, nicht?«

Fuck, ich wollte mich übergeben, schreien, heulen, irgendetwas zerstören. Am besten alles gleichzeitig. Dieser Mann sprach im selben Satz von Gnade und davon, dass er seinen Sohn umbringen wollte. Wie krank im Hirn konnte ein Mensch sein, dass er solche Gedanken hegte?

»Tun Sie es nicht«, wisperte ich. »Bitte, lassen Sie ihn am Leben.«

»Warum?« Es klickte, er schwieg, es klickte wieder. »Nenn mir einen guten Grund, weshalb dieser Verräter leben sollte.«

»I-ich… Er…«

Er lachte leise. »Er verdient es nicht, auf dieser Erde zu wandeln. Nicht nach dem, was er getan hat.«

Ich zitterte. Was war es, wovon er die ganze Zeit sprach? Was hatte Harry getan? Mein Blick flog zu Liam, der wie versteinert dasaß und auf mein Handy starrte. Beinahe rutschte mir mein Handy aus der Hand, meine Handflächen waren rutschig vom kalten Schweiß, der sich auf jedem Millimeter meines Körpers ausbreitete.

»Lassen Sie Harry in Ruhe«, hauchte ich, hatte nicht die Kraft, mich lautstark gegen ihn zu stellen. »Sie bekommen, was auch immer Sie wollen, aber bitte, lassen Sie ihn gehen.«

Ein erneutes raues Lachen, dann ein Rascheln. Es hörte sich an, als wäre er aufgestanden und würde gerade die Treppen wieder hinaufgehen. Ein unsichtbares Seil schnürte sich um meine Kehle, ich bekam kaum noch richtig Luft, drohte zu hyperventilieren. Ich wollte zu Harry und ihn da rausholen. Jetzt sofort.

Eine Tür knarzte und die schweren Schritte kamen zum Stehen. Im Hintergrund hörte man leises, gequältes Stöhnen. Er musste wieder zu Harry gegangen sein. Ein dumpfes Geräusch ertönte, darauf ein rasselndes Husten. »Du Bastard.« Harrys Stimme klang kraftlos, doch tief in mir drin spürte ich ein unmissverständliches Gefühl von Stolz. Obwohl es ihm nicht gut ging, bot er seinem Vater Paroli, ließ sich nicht von ihm brechen.

»Wag es nicht, so mit mir zu sprechen«, knurrte Desmond. Er musste das Handy an eine andere Person abgegeben haben, denn seine Stimme war nun viel weiter entfernt als vorher.

»Harry!«, rief ich mit zitternder Stimme in den Hörer. Ich wollte, dass er wusste, dass ich da war. »Harry, ich liebe dich, hörst du? Du schaffst das! Bleib stark, wir-«

Liam unterbrach mich, indem er mit seine flache Hand auf die Lippen presste. Mit weit aufgerissenen, braunen Augen starrte er mich an und schüttelte mahnend den Kopf, den Zeigefinger seiner freien Hand auf seinen Lippen, um mir zu bedeuten, dass ich den Mund halten sollte.

Ein wenig überrascht sah ich ihn einen Moment lang an, bis ich verstand und nickte. Ich hätte beinahe verraten, dass wir kommen würden, um Harry zu befreien, was nicht wirklich schlau gewesen wäre. Besser und zu unserem Vorteil war es, wenn niemand außer uns davon wusste.

Sollte Desmond oder einer seiner Männer davon erfahren, was wir planten, würde er sicherlich die Wachen erhöhen und vorsichtiger sein, wenn nicht sogar seinen Standort ändern. Das wäre verheerend für unseren Plan.

Wenn wir nicht mehr wussten, wo sie waren, konnten wir nichts anderes tun, als nach weiteren Hinweisen zu suchen. Doch dann war es möglich, dass wir sie niemals finden würden. Wenn Harry dadurch etwas zustieß, könnte ich mir das niemals verzeihen.

»Naww«, machte Desmond mit sarkastischem Unterton. »Hörst du, wie sehr er sich um dich sorgt? Es wird ihm so wehtun, wenn du stirbst. Langsam und schmerzhaft werde ich dich quälen, bis zu mich anflehst, dir einen schnellen Tod zu gewähren. Aber weißt du, was ich dann machen werde?« Sein sadistisches Grinsen war in jedem Wort, das er sprach, zu hören. »Ich werde es dir noch schwerer machen und jeden einzelnen Menschen quälen, der dir etwas bedeutet. Ich werde sie alle finden, hierher holen vor deinen Augen töten. Sie werden für das bezahlen, was du getan hast, und du wirst es alles mit ansehen. Du wirst mit ansehen, wie ich ihre Körper verstümmle und Stück für Stück verbrenne. Ich werde sie leiden lassen, wie du es verdienst, und anschließend werde ich dich hierlassen, allein mit ihren leblosen Körpern in einem Zimmer, festgebunden, sodass du nicht fliehen kannst. Elendig wirst du verhungern, während die Schuldgefühle an dir nagen wie die Ratten ihrer Nahrung.«

Mein Handy rutschte mir aus der Hand und landete auf dem Boden, als ich aufsprang. Die Hände vor den Mund gepresst sprintete ich hinter den nächsten Busch und übergab mich. Meine Knie knickten weg. Ich spürte, wie die Haut aufplatze, als ich auf den Boden knallte, vornübergebeugt, um mich nicht auf mich selbst zu übergeben. Würgend hielt ich mir den Bauch, während Tränen über meine Wangen flossen. Sie fühlten sich auf meiner bereits irritierten Haut an wie Lavaströme, heiß und schmerzhaft.

Ich konnte nicht glauben, was ich gerade gehört hatte. Ekel übermannte die Wut in mir und brachte meinen Magen dazu, sich immer und immer wieder umzudrehen. Selbst dann, als nichts mehr in mir war, was raus konnte, würgte ich. Mein ganzer Körper verspannte sich, lechzte gleichzeitig nach Ruhe und Erholung, doch die Bilder, die sich vor meinem inneren Auge abspielten, ließen den Gedanken an Ruhe oder gar Schlaf nicht zu.

Völlig fertig ließ ich mich nach einer Weile zur Seite fallen. Ich legte meine überhitzte Wange auf den vom Schatten kühlen Stein der Terrasse ab und schloss die Augen für einen Moment. Alles schmerzte, aber mein Herz schien in mir zu zerreißen. Es war, als würde es mir aus der Brust gerissen und vor meinen Augen in tausend winzige Einzelteile zerspringen.

Durch das Rauschen in meinen Ohren hörte ich dumpf die Stimme, die nach wie vor aus meinem Handy schnarrte. Ich wollte gar nicht wissen, was dieser Psychopath noch von sich gab. Das, was ich gehört hatte, war genug, um zu wissen, dass dieser Typ eingesperrt gehörte. Ich konnte nicht länger warten. Liam bestand zwar auf eine Woche, aber ich musste jetzt dort hin und Harry befreien. Selbst wenn es mir das Leben kostete. Harry verdiente es, zu leben. Glücklich zu leben, und nicht von diesem widerlichen Mann gequält und gefoltert zu werden.

Mit geschlossenen Augen lag ich dort im Schatten, jämmerlich neben meinem eigenen Übergebenen. Ich fühlte mich elendig, schwach und krank. Schuldgefühle fraßen sich durch meine Zellen. Wäre ich doch bloß nicht zurück nach London gegangen. Dann wäre Harry jetzt hier bei mir und wir würden alle nicht um sein Leben bangen.

Tausende Fragen schwirrten in meinem Kopf herum. Zu viele, um Antworten auf sie zu haben. Doch eine Sache wusste ich klar: Ich musste zu Harry, so schnell wie möglich. Ich konnte es nicht riskieren, dass Desmond das wahr werden ließ, wovon er gesprochen hatte.

Denn wo würde er anfangen?

Wen würde er als erstes aufsuchen, entführen und ermorden?

Niemand wusste es und es war schlichtweg zu riskant, weiter zu warten, während er nach den ersten Opfern suchte.

Was war, wenn er Anne holte?

Oder Becky?

Oder wenn er Eleanor entführte? Immerhin stand sie durch mich in Verbindung zu Harry.

Oder meine Familie? Wenn er sich meine Mutter oder eine meiner Schwestern holte… Das würde ich weder überleben noch mir verzeihen. Ich würde es mir bis nach den Tod vorhalten, dass ich sie mit meiner Liebe zu Harry in Gefahr gebracht und damit ihr Leben besiegelt hatte.

Erneut wollte ich mich übergeben, die Übelkeit war so stark. Doch mein Körper war zu erschöpft. Selbst Atmen war schwer. Bei jedem Atemzug fühlte es sich an, als lägen tausende Tonnen auf meiner Brust.

Nach einer Weile hörte ich, wie die Stimmen verstummten. Schnelle Schritte ließen die Steinplatten unter meinem Körper vibrieren, bis sich ein Körper neben mir liegen ließ. Für eine winzige Sekunde ließ mein krankes Hirn mich glauben, dass er es war, der seine Hand auf meine Schulter legte, doch als ich es schaffte, meine Augen zu öffnen, sah ich in Nialls blaue Augen. Tränen liefen über seine Wangen und er sah mich mit einer Trauer in den Augen an, die mein Herz noch weiter brechen ließ.

Kraftlos lag ich da, sah Niall verschwommen vor mir, weil meine Brille auf dem Tisch lag und meine Augen vor Tränen zu gequollen waren. Der Ire schluchzte, beugte sich vor und zog mich an sich. Mein Oberkörper wurde auf seinen Schoß gezogen und seine Arme schlangen sich um mich. Salzige Tränen durchnässten den Stoff meines Shirts an meiner Schulter, während meine einen Fleck auf seiner Jeans hinterließen.

Ich krallte meine Hände in den Stoff seines Hemdes an seinem Rücken, als wäre es der letzte Halt, der mich noch davon abhielt, in die Spirale einer Panikattacke zu fallen, aus der ich wohlmöglich nicht mehr hinausfinden würde.

Weinend hockten wir da, bis Liam kam, sich zu uns gesellte und uns beide in den Arm nahm. Ich spürte, wie er uns an sich zog. Meine Seite drückte gegen seine Brust, während seine Arme uns umschlossen hielten. Für einen Moment fühlte ich mich geborgen. In den Armen zweier Menschen, die meine Freunde geworden waren.

Nach einer ganzen Weile räusperte sich Liam. Er brachte ein wenig Abstand zwischen uns, um freier sprechen zu können, ließ seine Hand jedoch an meinem Rücken ruhen, als würde er spüren, dass ich das gerade brauchte. »Wir werden den nächsten Flug nach London nehmen«, sagte er leise in einem bestimmenden Ton. »Das… Das, was dieser Mann gesagt hat… Wir müssen Harry da rausholen und ihn hinter Gitter bringen, bevor er jemandem etwas antun kann.«

Nickend stimmte ich ihm zu. Mein Blick wanderte zu Niall, dessen rotes Gesicht zu einer entschlossenen Maske verzogen war. »Wir werden ihn da verdammt nochmal rausholen«, krächzte er.

»Dann dürfen wir keine Zeit verlieren.« Liam klopfte uns beiden einmal auf die Schultern, bevor er uns endgültig losließ und aufstand. Jetzt, wo die Sonne auf sein Gesicht schien, konnte ich erkennen, dass auch er Tränen in den Augen hatte.

Niall stand als nächstes auf und hielt mir die Hand hin, um mir aufzuhelfen. Schwach nahm ich sein Angebot an und ließ mich von ihm auf die Füße ziehen. Kaum, dass ich wieder aufrecht stand, begann sich die Welt um mich herum gefährlich zu drehen, weshalb ich mich an Nialls Unterarmen festkrallte, bis sich mein Kreislauf wieder stabilisiert hatte. »Sorry, dass ich in euren Garten-«

»Schon gut«, ließ Niall das Thema fallen und lächelte mich an. »Ich hätte es dir übel genommen, wenn du in meine Küche gekotzt hättest, aber das hier ist halb so wild. Geht’s denn jetzt besser?«

»Ein wenig«, murmelte ich und erwiderte sein Lächeln mehr schlecht als recht. Mein Hals schmerzte und ich musste dringend meine Zähne putzen und meinen Mund auswaschen, bevor ich irgendetwas anderes tat. Allein von dem ekelhaften Geschmack konnte ich mich ein weiteres Mal übergeben.

»Wir schaffen das.«

Hinter Niall ging ich die Treppe zur Wohnung hoch und steuerte oben angekommen direkt aufs Bad zu.

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