•4 || ,,Wildpferde"•
Hallöchen! ;)
Wie versprochen kommt heute das nächste Kapitel. Mir persönlich gefällt das Ende am besten. Lasst gerne Rückmeldung da, ich freue mich jedes Mal sehr, von euch zu lesen!
Viel Spaß und bis nächste Woche!
Liebe Grüße,
Joey^^
Kapitel 4
„Wildpferde"
Staunend sah ich Harry von der Seite an. »Du bist also ein Tierliebhaber.«
Er nickte und lächelte schief. »Das stimmt. Na los, es ist noch ein Stückchen, bis wir da sind.« Harry half mir wieder und hielt mich fest, bis ich auf dem Ast, der sonst zu weit weg für meine Beine war, um Halt zu finden, stand. Danach kletterte er mir hinterher, bis er schließlich neben mir auf den Boden sprang.
»Du bist öfter hier draußen, oder? Du scheinst dich ziemlich gut auszukennen«, stellte ich fest, als Harry uns zielstrebig durch das Unterholz führte.
»Das stimmt, ich bin viel hier unterwegs und würde behaupten, den Wald so gut zu kennen, wie meine eigene Westentasche.« Er machte einen großen Schritt über einen Ast, der auf dem Boden lag.
»Das hatte ich dir nicht zugetraut, wenn ich ehrlich bin«, gab ich zu und schmunzelte bei Harrys belustigtem Blick.
»Warum das?«
Ich zuckte die Schultern und umrundete einen Baum auf der anderen Seite als er. »Keine Ahnung, du scheinst auf mich nicht so wie der Typ, der gerne wandert und mit Tieren kuschelt. Naja, die Tiere vielleicht schon eher, aber das Wandern hätte ich nicht gedacht.«
Er wackelte mit den Augenbrauen und stieß mich leicht mit der Schulter an. »Was dachtest du denn, was ich für ein Typ bin?«
Grinsend schüttelte ich den Kopf. »Ich dachte, du wärst... Influencer oder so. Vielleicht irgendein bekanntes Model, keine Ahnung.«
Harry lachte und hielt sich den Bauch. »Ich? Influencer? Ich bin froh, dass ich SMS schreiben kann! Aber dass du dachtest, ich wäre Model, das schmeichelt mir.« Er fuhr sich durch die Haare und posierte ein wenig.
Ich stimmte in sein Lachen mit ein. »Das ist dann wohl das beste Beispiel dafür, dass der Schein manchmal trügt.«
Eine Weile gingen wir schweigend nebeneinander her. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und ich beschloss, unbedingt ein Foto von den Pferden für Daisy zu machen. Sie liebte Pferde und würde mir sonst nie glauben, dass ich echte Wildpferde gesehen hatte, wenn ich ihr kein Bild zeigen konnte.
Wir legten noch etwa fünfzehn Minuten Fußmarsch zurück, dann verdichtete sich das Unterholz und immer mehr Pflanzen versperrten uns den Weg. Gegenseitig hielten wir und den Weg frei und passten dabei auf, nicht zu viele Pflanzen und Stöcker zu zerstören. Noch ein kleines Gefälle hinunter, dann hatten wir den Rand des Waldes erreicht. Harry drückte mich an der Schulter in die Knie und bedeutete mir, leise zu sein.
Ich gab keinen Mucks von mir und folgte seinem Blick. Durch die Blätter des Busches, der uns verdeckte, sah ich die Herde. Es mussten an die vierzig Tiere sein, die gelassen grasten. Zwei kleine Fohlen rasten zwischen den Größeren hindurch und spielten.
Harry stupste mich an. »Siehst du die dunkelgraue Stute dahinten? Die mit den schwarzen Beinen.« Er zeigte auf ein Pferd, das in der Mitte stand. Ich nickte. »Das ist die Leitstute. Du erkennst sie an ihrer wachsamen Haltung.«
Ich holte mein Handy aus meiner Hosentasche und schoss einige Bilder von der Herde. Daisy würde mir das nie glauben. Eine Weile beobachteten wir noch die Pferde, dann zupfte Harry an meinem Ärmel. »Komm, ich will dir noch was zeigen.«
Er schlug einen Weg ein, der nicht ganz so schlimm zu sein schien, wie der zur Lichtung. »Du wirst staunen«, behauptete Harry, als er mir auf einen Felsen half, da ich nicht anders hochkam. Was waren die auch so hoch, dass ich da nicht drankam?
»Wo gehen wir denn überhaupt hin?«, wollte ich wissen und bereute im nächsten meine Aussage, dass das hier nicht so schlimm war. Als ich über die Steinkante kletterte, sah ich schon die nächste Felswand. Zwar war sie nicht allzu steil, aber trotzdem würde ich nicht drumherum kommen, klettern zu müssen. Was fand Harry nur daran, an rutschigen Felswänden hochzuklettern? Das war doch lebensgefährlich!
»Du bist ganz schön neugierig, was?« Harry grinste und wischte sich die Handflächen an der Hose ab, ehe er nach einem kleinen Felsvorsprung griff und sich daran hinaufzog.
»Und du bist was? Ein Magier oder so?«, erwiderte ich, als ich mir ansah, wie Harry in Windeseile die Wand erklomm.
Als er oben ankam, hockte er sich hin und grinste mich an. »Wer weiß.« Ich seufzte auf und suchte nach einer geeigneten Stelle, an der ich mich festhalten konnte. Meine Finger schmerzten schon. »Etwas weiter links, sonst brichst du weg.«
Ich hob meine Augenbraue und blickte zu Harry. Noch im selben Moment bröckelte es unter meinen Fingerspitzen und der Stein gab nach, sodass ich kurz darauf mit dem Hintern auf dem Boden landete. Harry lachte leise, was mich nur grummeln ließ. Ich stand wieder auf und versuchte es erneut. Umkehren war nicht mehr, jetzt musste ich das durchziehen. Außerdem wollte ich vor Harry nicht wie ein Weichei dastehen.
Oben angekommen ließ ich mich einfach auf den Rücken fallen und legte meinen Arm über mein Gesicht. »Na komm, Louis«, sagte Harry. Stand der nicht eben noch neben mir? »Nachher ist es dunkel und wir müssen noch ein Stück gehen.«
»Aber warum?« Ich machte einen großen Schritt über einen Spalt im Felsen. »Ich glaube, wandern ist nichts für mich.«
»Das habe ich auch gedacht, als Niall mich das erste Mal mit nach oben genommen hat«, meinte er.
Immer erwähnte er Niall. Ich konnte mir gar nichts unter dem Kerl vorstellen, außer, dass er wohl zu Harrys Freunden gehörte und mit seinem Mann in den Flitterwochen war. »Wer ist dieser Niall überhaupt?«, fragte ich also. Unteranderem auch, weil ich mich von dem Brennen in meinen Beinen ablenken musste.
»Mein bester Freud. Er und Liam sind gleich nach der High School hierher ausgewandert«, erzählte Harry. Er war schon wieder zwei Felsen weiter als ich.
Ich kletterte weiter und holte langsam aber sicher auf. »Niall ist gebürtiger Ire, aber seine Familie ist nach London gezogen, als er klein war. Da hab ich ihn das erste Mal getroffen. In einer Bar, das war vielleicht lustig«, lachte Harry. »Er war betrunken und hat mich angemacht, aber Liam war auch da und hat ziemlich deutlich klar gemacht, dass Niall zu ihm gehört. Seitdem habe ich an meiner einen Augenbraue eine kleine Narbe. Liam hat mich nämlich zu doll geschupst und ich bin auf einen Barhocker gefallen. Und danach haben wir irgendwie öfter zusammen abgehangen.« Er zuckte mit den Schultern.
»Cool, ich hatte nie wirklich Lust, auf Partys oder in Bars zu gehen«, gab ich zu und stellte mich neben ihn. Außer Atem machte ich eine kleine Pause, ehe es weiterging.
»Glaub mir, du verpasst nicht wirklich was. Klar ist es lustig, aber nah, ein gemütlicher Abend mit seinen Freunden ist schöner. So, wir sind da, dreh dich mal um«, meinte er grinsend und drehte mich an den Schultern herum.
Und was ich sah, ließ mich staunen. Mit großen Augen richtete ich mich auf und sah es mir an. Das stundenlange Klettern hatte sich definitiv gelohnt. Wir befanden uns auf einem Felsvorsprung, von dem aus man einen beeindruckenden Ausblick über das Tal und das Meer hatte. Die bereits tief stehende Sonne spiegelte sich am Horizont im Wasser und die Bäume, die am Hang des Berges wuchsen, leuchteten in einem satten Grün. Fast so, wie Harrys Augen.
»Wow«, flüsterte ich und ließ meinen Blick immer wieder umherwandern, da ich von dem Ausblick kaum genug kriegen konnte. Eine leichte Brise wehte mir einige Strähnen ins Gesicht, die ich schnell wieder wegwischte.
»Und? Habe ich zu viel versprochen?«, fragte Harry, den Blick ebenfalls auf die unendliche Schönheit der Natur vor uns gerichtet.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, auf keinen Fall, es ist wunderschön. Ich habe noch nie so etwas gesehen.«
»Ja, das ist es«, murmelte er lächelnd. »Ist mal was anderes als das platte England. Willst du ein Foto machen?«
Nickend holte ich mein Handy aus der Tasche und stellte mich mit dem Rücken zu dem atemberaubenden Panorama. »Machen wir ein Selfie?«
Harrys Augen weiteten sich und er deutete mit seinem Zeigefinger auf mein erhobenes Handy. »Ich soll mit auf dein Erinnerungsfoto?«
»Na klar, ohne dich hätte ich diesen Ort doch nie gesehen«, sagte ich und zog ihn am Ärmel zu mir. Etwas zögerlich stellte er sich neben mich, dann legte ich meinen Arm um seine Schultern und machte ein Bild von uns, doch in genau dem Augenblick musste Harry niesen. Als ich es in der Galerie öffnete, musste ich lachen. Harry hatte sein Gesicht seltsam verzogen und ich hatte meine Hände schützend vor mein eigenes gehoben und den Kopf eingezogen.
»Wir machen besser noch eins«, meinte Harry und nahm mir mein Handy ab. Seine Finger berührten meine und ein Blitz schoss durch meinen Körper. Plötzlich konnte ich mich nicht mehr auf das Bild konzentrieren, sondern sah Harry an, der breit in die Kamera lächelte. Es klickte ein paar Mal, dann reichte er mir mein Handy.
Perplex schüttelte ich den Kopf und löste schnell den Körperkontakt zwischen uns, um mein Handy zurück in meine Hosentasche zu stecken. »Äh, wollen wir dann wieder?« Harry nickte zustimmend und ließ mir den Vortritt.
Nebeneinander wanderten wir wieder zurück, wobei der Weg bergab nicht so leicht war, wie ich angenommen hatte. Wir brauchten gefühlt doppelt so lang, bis wir den Feldweg am Ende des Waldes erreichten. »Sag mir noch gleich: Warum haben wir keinen Wagen genommen?«, keuchte ich und stützte meine Hände auf die Knie, als wir zwischen den Bäumen hervortraten.
Harry kicherte und sah auf mich herab. »Machst du keinen Sport?«
»Ich hab mal Fußball gespielt«, sagte ich stolz und stellte mich wieder aufrecht hin.
»Und wann?« Harry verschränkte belustigt die Arme vor der Brust.
Ich zuckte die Schultern. »In der Grundschule oder so«, nuschelte ich und sagte dann laut: »Keine Ahnung, Mann. Ich bin ein Bücherwurm, kein Sportjunkie.«
Laut lachend schlug Harry den Weg ein, der zur Hauptstraße führte. Von da aus waren es bestimmt noch drei Kilometer Fußmarsch. Und dabei ging die Sonne schon unter!
»Ach, Louis«, seufzte Harry und kickte einen Stein vor sich her. »Wie es mir scheint, müssen wir noch ganz viel wandern gehen. Du bist jetzt mein Wander-Kumpel.«
Gequält stöhnte ich auf und war kurz davor, mich einfach ins Gras am Wegrand fallen zu lassen. »Harry, meine Beine tun weh!«
»Einfach weiterlaufen«, summte er und drehte sich einmal um sich selbst, um dann im lockeren Schritt weiterzugehen.
Ich seufzte, warf den Kopf in den Nacken und überredete meine Beine, schneller zu laufen, um ihn wieder einzuholen. »Sollte ich hierbei sterben, geht das auf deine Kappe, klar?«, knurrte ich, als ich zu Harry aufgeschlossen hatte und mit beim Laufen die Oberschenkel knetete, was wahrscheinlich ziemlich dumm aussah und auch überhaupt nichts brachte, wie ich nach einigen Schritten feststellte.
»Wieso solltest du sterben?« Er runzelte die Stirn.
»Wegen Überanstrengung?!« Harry lachte auf und schüttelte den Kopf.
Schweigend ging er weiter und ich folgte ihm. Als wir das Dorf erreichten, brachte er mich noch bis zu meiner Ferienwohnung. »Wozu hab ich mich bloß überreden lassen?«, jammerte ich und legte meinen Kopf zur Seite, da mein Nacken schmerzte.
Harry stand vor mir auf dem Boden, während ich schon auf der ersten Stufe der Treppe stand. Und er war trotzdem noch größer. Mist.
»Du hättest nein sagen können«, meinte er trocken.
Ich verdrehte die Augen. »Du, mein Freund, hast ja wohl so viel rumgejammert, dass ich mich quasi dazu gezwungen sah, mitzukommen, damit du nicht so unglücklich im Wald verschwindest. Außerdem hat mir der Gedanke, dass du alleine in die Wildnis gehen wolltest, gar nicht gefallen. Da kann ja sonst was passieren.«
»Ich war schon hunderte Male in deiner sogenannten „Wildnis", Louis. Ist gar nicht so schlimm da.«
»Trotzdem«, sagte ich trotzig und ging noch eine Stufe höher. Shit, immer noch kleiner.
»Versuchst du gerade, dich größer zu machen?«
Schnell schüttelte ich den Kopf und hoffte, dass Harry meine roten Wangen in der Dunkelheit nicht sah. Die einzigen Lichtquellen waren jetzt noch die Sterne und eine kleine Lampe oben an meiner Wohnungstür. »Ne, wieso sollte ich das machen, das...«
Schneller als ich gucken konnte, stand Harry direkt vor mir auf derselben Stufe wie ich. Seine Brust berührte meine und ich spürte seinen Atem an meiner Nase, als er seinen Blick zu mir senkte. Seine Augen funkelten grau im Licht der Sterne und die plötzliche Nähe ließ mich schlucken.
Ich stand nicht auf Männer. Ich stand nicht auf Männer. Ich stand... oh fuck.
Er fuhr sich durch die Haare und leckte sich über die Lippen. Automatisch imitierte ich die Geste, ohne dass ich es wollte. In meiner Magengegend begann es, heiß zu kribbeln. Scheiße, warum wusste dieser Kerl so gut, wie er seinen blöden Charme so perfekt einsetzen konnte?
Ich räusperte mich, da ich die Spannung nicht länger aushielt, und ging rückwärts eine Stufe nach oben, was wenigstens etwas Abstand zwischen uns brachte. Harry grinste in sich hinein und ging die Stufen nach unten.
»Danke für den schönen Nachmittag, Harry«, sagte ich ehrlich.
»Ich muss mich bei dir bedanken. Es ist lange her, seit ich das letzte Mal auf einer Wanderung so gelacht habe«, erwiderte er.
Ich verbeugte mich. »Stehts zu Ihren Diensten, Sir«, gab ich sarkastisch von mir, was Harry lachen ließ. Ich winkte ihm zu und wünschte ihm eine gute Nacht. Dann drehte ich mich herum und ging die Treppe nach oben. Aus meiner Hosentasche holte ich meinen Schlüssen und schloss auf, doch bevor ich in die Wohnung verschwinden konnte, vibrierte mein Handy in meiner Hosentasche. Ich zog es heraus und schmunzelte.
Unbekannt: Schau mal runter! ~H
Ich steckte es zurück in die Hosentasche und machte einen Schritt zurück, doch Harry war nicht mehr zu sehen. Stattdessen sah ich unten auf der letzten Stufe etwas liegen. Neugierig ging ich runter und stutze, als ich die kleine Blume sah, die auf dem dunklen Holz lag. Ich nahm sie in die Hand und brachte sie ins Wohnzimmer, um sie dort in ein Wasserglas zu stellen.
Me: Danke :)
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