•21 || „Ich zeig dir gleich mal kleiner Stubentiger."•

Hellou :)
Heute kommt doch ein Kapitel, weil ich immmer noch krank bin und deswegen zuhause bin und Zeit habe. Lasst mir doch gerne Rückmeldung da, wie es euch bisher gefällt ;) ich würde mich sehr freuen, von euch zu hören.
Liebste Grüße,
Lea

Kapitel 21

„Ich zeig dir gleich mal kleiner Stubentiger.“

Es regnete. Dicke Tropfen fielen wie aus Eimern vom Himmel und bildeten große Pfützen auf den Straßen. Auch die Abdeckung des Whirlpools bog sich unter dem Gewicht des Regenwassers nach unten. An den Fensterscheiben veranstalteten die Regentropfen Wettrennen und ich ließ es mir nicht nehmen, ihnen einen Moment gebannt dabei zuzusehen.

Seit unserem kleinen Abenteuer am Dienstag hatten wir uns nicht mehr gesehen. Zwar waren es nur mehr oder weniger ein Tag, gestern Morgen war er gegangen, doch es fühlte sich viel zu lange an. Es war seltsam, allein zu sein, nachdem wir fast jeden Tag auf irgendeine Art zusammen verbracht hatten. Entweder hatten wir einen Ausflug gemacht oder saßen nur auf dem Sofa, aßen Obst aus Nialls Garten und schauten Filme, während wir kuschelten.

Beides hatte seine Reize, doch am liebsten war ich einfach nur mit Harry zusammen. Wenn ich Zeit mit ihm verbrachte, verging sie langsamer. Jeden Moment kostete ich aus und fühlte mich weniger allein. Doch gleichzeitig schien die Zeit auch viel zu schnell zu vergehen, wenn er bei mir war. Als würde sie mir aus den Fingern rinnen wie der Sand einer Sanduhr. Schnell und unaufhaltsam.

Es waren noch drei Tage. Heute war Donnerstag, Samstag würde ich abreisen. Das war schon bald. Dabei kam es mir so vor, als wäre ich erst vor wenigen Tagen in Italien angekommen. Ich mochte es hier, fühlte mich willkommen, was wohl an der nie enden wollenden Herzlichkeit der Menschen hier lag. Und an Harry. Er machte es alles erträglicher. Ohne ihn hätte ich es sicher nicht so gut weggesteckt, dass ich Vater wurde, da war ich mir sicher.

Der Gedanke daran, dass ich bald wohl oder übel für eine längere Zeit von ihm getrennt sein würde, bereitete mir Bauchschmerzen. Ich wollte nicht gehen und ihn hier lassen. Zwischen uns war einfach zu viel passiert, als dass ich ihn einfach ohne dieses beklemmende Gefühl in meinem Bauch verlassen konnte.

Ich schaute seufzend aus dem Fenster, beobachtete die Bäume, die das Grundstück umrandeten und sich im Wind bogen. Sie schwanken hin und her wie das Pendel einer Standuhr. Tick, tack, tick, tack. Als würden sie die Sekunden zählen, die mir noch hier blieben. Es war, als lag eine bleierne Traurigkeit über meinem Herzen, die alle Freude unterdrückte. Ich wollte nicht gehen. Nicht, wenn es hieß, das zurück zu lassen, das mir so viel bedeutete.

Mein Frühstück lag mir noch schwer im Magen von der ganzen Grübelei, als ich die Ferienwohnung verließ. Nur im Shirt, kurzer Hose und meinen Vans lief ich durch den kalten Regen, der mir mit jedem Schritt ins Gesicht peitschte und meine Kleidung durchnässte. Doch das hielt mich nicht auf, den Weg in Richtung der Bäckerei einzuschlagen.

Der Dorfplatz war wie leergefegt, als ich dort ankam. Mir hingen die Haare nass in die Stirn und ich musste mir immer wieder das Wasser aus den Augen wischen, um überhaupt irgendetwas zu sehen. Alles in Allem war es absolut kein schönes Wetter. Anders als ich es mir vorgestellt hatte, war der Regen nicht warm und im Hintergrund der Sonnenuntergang zu sehen. Nein, es war kalt, nass und unangenehm. Der Himmel dunkelgrau, kein einziger Sonnenstrahl drang durch die dicke Wolkendecke.

Als ich an der Bäckerei hinaufsah, erkannte ich, dass in Harrys Zimmer Licht brannte. Ein Schatten huschte immer wieder hin und her. Ich löste meinen Blick von dem Fenster und suchte den Boden ab. Neben meinem Fuß fand ich ein kleines Kieselsteinchen, das ich aufhob. Auf gut Glück holte ich aus und warf es gegen die Fensterscheibe, was ein leises klackendes Geräusch erzeugte.

Ein weiteres Steinchen folgte und ich fühlte mich wie in einem dieser super romantischen Filme, in denen sich der Junge nicht von seiner Liebsten fernhalten konnte und nachts bei Regen unter ihrem Fenster stand, um einen romantischen Abend mit ihr zu verbringen. Es fehlte nur noch, dass sich Harry aus seinem Fenster lehnte und wie Rapunzel sein Haar herunterließ. Ich bezweifelte allerdings, dass es magische Kräfte besaß, auch wenn es unwahrscheinlich weich war.

Erst nach dem fünften Steinchen schien Harry stutzig zu werden. Er tauchte an seinem Fenster auf, sah mit gerunzelter Stirn und zusammengezogenen Augenbrauen hinunter. Als er mich erblickte, zogen sich seine Mundwinkel in die Höhe und er bedeutete mir mit dem Finger, zur Tür der Bäckerei zu kommen.

Fröstelnd grinste ich zu ihm hoch und folgte seiner Anweisung. Es dauerte keine Minute, bis er durch den Laden gehuscht kam und mir die Tür aufschloss. »Louis«, sagte er etwas außer Atem. War er die Treppe heruntergerannt? »Was machst du denn hier?«

Ich schlang meine Arme um mich selbst. Es war echt kalt, wenn man nass im Wind stand. »I-ich wollte dich be-besuchen«, stotterte ich mit klappernden Zähnen.

Harry schmunzelte und zog mich am Ärmel nach drinnen, um hinter mir die Tür zu schließen. Er drehte den Schlüssel im Schloss herum und legte mir eine Hand in den Rücken. Sanft drückte er mich zur Theke, wo er den Schlüssel verstaute und mich dann auf schnellstem Wege nach oben in die Wohnung brachte.

Im Gegensatz zu draußen war es da gemütlich warm und der Geruch von frischem Tee und Keksen erfüllte die Luft. Neugierig schnupperte ich herum. Es roch wirklich lecker, Niall musste gebacken haben. Meine nassen Schuhe stellte ich im Flur ab, um keine matschigen Fußabdrücke zu hinterlassen.

»Willst du duschen? Du zitterst total«, bat Harry mir besorgt an und rubbelte mir über die Arme, auch wenn das leider eher weniger brachte.

Dankbar nickte ich und tippelte auf Zehenspitzen hinter ihm her. Das Bad war wirklich gemütlich eingerichtet. Helles Braun und Weiß ergänzten sich und ich konnte hier und da kleine blaue Akzente entdecken. Es gab eine große Badewanne, auf deren Rand reichlich Kerzen und Duftöle standen, und eine geräumige Dusche, die Harry mir sogar schon anmachte, damit sich das Wasser genug erwärmen konnte.

Dann kam er auf mich zu, legte seine Hände an meine Wangen und beugte sich zu einem liebevollen Kuss herunter. Ich seufzte leise, als seine Lippen meine umspielten. Mir fiel erst auf, dass er einen weißen Kittel trug, der über und über mit Farbkleksen übersät war, als ich meine Finger darin vergrub.

»Habe ich dich gestört?«, fragte ich nach und löste meine Lippen von seinen. Auch seine Wangen zierten kleine Klekse. Einige blau, andere grün. Manche größer, die anderen wieder kleiner. Es sah niedlich aus.

»Nein, schon gut«, versicherte Harry mir und küsste mich noch einmal kurz. »Kommst du gleich in mein Zimmer, wenn du fertig bist? Ich lege dir gleich noch Klamotten von mir hin.«

Ich nickte und pikste ihm mit dem Zeigefinger in die Wange, was ihn lachen ließ. Das würde meine neue Lieblingsbeschäftigung werden. In Harrys Grübchen zu piksen, damit er lachte. Er sah schön aus, wenn er lachte, auch wenn er das nicht so sah. Seiner Meinung nach, sah er aus wie ein Mops, aber ich fand, es sah perfekt aus.

Während ich mir die nassen Kleider vom Körper pulte, verließ Harry das Bad, um mir meine Privatsphäre zu lassen. Als hätte er mich nicht schon nackt gesehen. Das Wasser war wunderbar warm auf meiner kalten Haut, als ich unter die Dusche stieg. Ginge es nach mir, wäre ich für immer unter dem Wasserstrahl stehen geblieben, aber ich sehnte mich nach Harry, weshalb ich nach dem Duschgel griff, das auf einer kleinen Anrichte stand, und mich gründlich wusch.

Dass Harry mir einen Hoodie und eine Jogginghose von sich auf den Toilettendeckel gelegt hatte, hatte ich wohl nicht bemerkt, denn ich wunderte mich etwas, als ich den Haufen sah. Oben drauf lag ein Handtuch, mit welchem ich mich abtrocknete und es dann in einen Korb fallen ließ, der augenscheinlich für die Schmutzwäsche da war.

Natürlich waren der Hoodie und die Hose viel zu groß. Ich musste die Hosenbeine mehr als einmal hochkrempeln, um nicht bei jedem Schritt darüber zu stolpern. Den Hoodie allerdings fand ich perfekt. Er würde sich sicherlich gut als Lese-und-Wohlfühl-Hoodie eignen. Zwar hatte ich davon Zuhause mehr als genug, aber keiner davon war Harrys.

Ich versteckte meine Hände in den Ärmeln, als ich barfuß durch das Wohnzimmer huschte. Da die Tür nur angelehnt war, brauchte ich nichts weiter tun, als durchzuschlüpfen. Als ich den Raum betrat, stieß ich fast mit einem Leuchtstrahler zusammen, der direkt hinter der Tür stand. Er taumelte umher, doch ich packte ihn schnell und bewahrte ihn davor, sein Ableben auf dem Fußboden zu finden. Wobei das Teil echt teuer und professionell aussah. Den wollte ich lieber ganz lassen, nicht, dass Harry mich wieder in den Regen verbannte, weil er sauer war.

Eben genannter Lockenkopf stand mit dem Rücken zu mir vor der Staffelei, über der bei meinem letzten Besuch in seinem Zimmer noch ein Tuch gehangen hatte. Ich huschte auf Zehenspitzen zu Harry, der gerade konzentriert mit dem Pinsel über die Leinwand strich. Er hatte sich einen weiteren, dünneren Pinsel hinters Ohr geklemmt, die Spitze tippte immer wieder gegen seine Schläfe. Damit waren dann auch die Farbklekse in seinem Gesicht erklärt.

Kichernd legte ich meine Hände auf seine Schultern und luscherte über sie hinweg. Grinsend schüttelte Harry den Kopf und legte den Pinsel auf der kleinen Ablage der Holzstaffelei unter der Leinwand ab und stellte die Farbpalette beiseite, bevor er sich zu mir herumdrehte und mich mit seinen langen Armen umschlang.

»Hübscher Pulli«, meinte er schmunzelnd an meinem Ohr und hauchte einen Kuss unter mein Ohrläppchen, was mir eine Gänsehaut bescherte.

»Danke, der gehört einem ganz tollen Typen, den ich zufälligerweise ziemlich gern hab«, erwiderte ich und stupste mit meiner Nasenspitze gegen seine.

Harry hob eine Augenbraue. »Na, von einem Typen, den du ganz zufällig ziemlich gern hast also? Lass ihn das bloß nicht hören, sonst kriegt der wohlmöglich noch einen Herzkasper.«

»Tja.« Ich zuckte die Schultern und legte meine Hand auf die Stelle seines Herzens. Es schlug tatsächlich schneller als normal. »Zu spät.«

Er beugte sich wieder zu mir und legte seine Lippen auf meine. In meinem Bauch kribbelte es ganz gehörig und ich musste mich zusammenreißen, nicht zu weit zu gehen. Wir waren kein Paar, da tat man gewisse Dinge nicht.

»Also, was genau verschafft mir die Ehre, dass du mich besuchst?«, fragte Harry irgendwann.

Ich lag mittlerweile auf dem Bauch auf seinem Bett, den Kopf auf die Hände gestützt und sah Harry bei seiner Arbeit zu. Und die machte er wirklich großartig. Würde ich es nicht besser wissen, könnte man denken, dass Harry Picasso oder so war. Irgendeiner dieser super genialen Künstler, die im Louvre ausgestellt waren. Ob seine Werke in Museen hingen?

Verdient hätten sie es auf jeden Fall. Die Arbeit – soweit ich es als totale Kunstniete beurteilen konnte – war grandios. Die Art und Weise, wie Harry den Pinsel über die Leinwand wischen ließ und damit genau den Effekt erzielte, den er haben wollte, war faszinierend. Besser als jede Meditation.

Auf seine Frage hin zuckte ich nur mit den Schultern. »Weiß nicht«, murmelte ich. »Mir war langweilig und ich hab mir zu viele Gedanken gemacht. Aber vor allem wollte ich zu dir, weil ich dich vermisst habe und die Zeit, die ich noch hier bin, mit dir verbringen will. Allein zu sein ist doof, wenn du doch auch hier bist.«

»Aww«, machte er und zwinkerte mir zu. »Du bist süß, Sonnenschein. Ach, wenn es dich nervt, dass ich hier male, brauchst du das nur sagen und ich mache Schluss für heute. Dann können wir was anderes unternehmen und Mario Kart oder so spielen. Vielleicht spielen Niall und Liam auch mit, wenn sie mal nicht übereinander herfallen wie notgeile Kaninchen in der Paarungszeit.«

Kichernd drehte ich mich auf den Rücken und ließ den Kopf von der Kante hängen. Jetzt sah ich Harry falsch herum, was ziemlich witzig aussah. »Nö, ich finde das ganz entspannend, dir zuzusehen. Ist irgendwie meditativ.«

»Wenn du das sagst. Für mich ist es gerade etwas frustrierend«, hab er zu.

»Warum?«

»Ich kriege die richtige Farbe nicht angemischt. Aber ich hab’s gleich.«

»Harreh?«

»Loueh?«, ahmte er mich nach und schaute grinsend zu mir.

»Können wir einen Film gucken und kuscheln, wenn du fertig bist?« Unauffällig drückte ich meine Nase in die Decke, die verflucht gut nach Harry roch.

»Das können wir gerne machen«, sagte er. »Wenn ich hier fertig bin. Das dauert aber noch einen Augenblick.«

»Kein Ding, ich hab Zeit«, murmelte ich und gähnte. Letzte Nacht hatte ich nicht sonderlich viel geschlafen, was vielleicht mit daran lag, dass Harry eben nicht bei mir, sondern hier geschlafen hatte.

Nach einer Weile, in der Harry weiter an seinem Bild arbeitete, fielen mir immer wieder die Augen zu. Ich kuschelte mich weiter in die Decke, bis ich schließlich bis zur Nasenspitze unter ihr lag. Doch statt mit dem Kopf auf dem Kopfkissen, lag ich verkehrt herum da und ließ meine Hände am Fußende vom Bett baumeln. Meine Füße versteckte ich dabei unter dem Kopfkissen.

Hoffentlich nahm Harry mir das nicht übel. Aber warum sollte er? Meine Füße waren frisch gewaschen. Wäre ich jetzt den ganzen Tag in dicken Socken und Wanderstiefeln unterwegs gewesen, dann wäre das was anderes gewesen, aber das war ja nicht der Fall.

»Morgen ist Niams Jahrestag«, sagte Harry irgendwann und holte mich so sanft aus meinem Halbschlaf, in dem ich es gar nicht gemerkt hatte, dass mein Lockenkopf zu mir ins Bett gekrabbelt war.

Nun lagen wir beide mit dem Kopf am Fußende unter der Decke und kuschelten. Gähnend schmiegte ich mich wie eine Katze enger an ihn und legte meine Füße an seine, um sie ein wenig zu wärmen. »Mhm«, machte ich als Antwort. Reden war zu anstrengend und ich eindeutig zu müde, um mich anzustrengen. Also musste er sich damit abfinden.

»Gehst du mit mir hin?« Seine Hände kraulten durch mein Haar, was es mir wirklich schwer machte, nicht gleich wieder einzuschlafen.

Kurz streckte ich mich einmal und krabbelte dann mit meinen Händen unter das Tanktop, das er unter dem Malerkittel getragen hatte. »Als Date?«, formte ich müde die Worte, die mir schwer auf der Zunge lagen.

»Wenn du willst.«

Und wie ich wollte. Ein Date mit Harry. Das klang toll. »Mhm«, machte ich also zustimmend und gähnte erneut herzhaft.

»Hey, friss mich nicht auf, kleiner Stubentiger«, witzelte er leise.

Ich kicherte. »Ich zeig dir gleich mal „kleiner Stubentiger“.«

»Morgen vielleicht. Schlaf jetzt erstmal, du bist müde«, schlug Harry vor und hauchte einen Kuss auf meine Wange, was mich die Lippen spitzen ließ.

»Gute Nacht Kuss«, forderte ich.

Leise lachend lehnte er sich zu mir und küsste meine Lippen, bevor er sich wieder gemütlich neben mich legte und mich enger an seine Brust presste. Er roch nach Farbe und Seife. Und nach Harry. Das mochte ich am liebsten.

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