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Man kann mich keineswegs als wach bezeichnen und es ist stockduster - das weiß ich trotz fest geschlossener Augenlider - und dennoch dringt leises Tapsen in mein Bewusstsein. Die Schlafzimmertür geht auf.

Ein niedergeschlagenes Schniefen dringt an mein Ohr. Inho grummelt neben mir unwillig. Er liegt hinten, an der Fensterseite, und vorm Bett steht der Wäscheständer. Er müsste also entweder über mich drübersteigen oder sich zwischen dem Ding und dem Bett durchkämpfen, was nur schwer geräuschlos möglich ist. Außerdem ist er sicher nicht wacher als ich.

"Bleib liegen, ich kümmer mich ums Baby", krächze ich kaum hörbar. Inho gibt ein fragendes, müdes "Hm?", von sich.

Teddy schnieft direkt neben mir, als ich mich aufrichte und nach ihr taste. Sanft berühre ich ihren Arm. "Was ist los, kleine Maus?", flüstere ich und ziehe sie näher.

"Papsi", haucht sie. Sie klingt ängstlich und spricht so leise, dass ich sie in der nächtlichen Stille kaum höre. "Ich... ich... ..'b eingepullat."

"Achje", sage ich und streichle ihr Köpfchen. Mein schläfriges Hirn rattert und überlegt, was in so einem Fall zu tun ist. Eingepullert bedeutet, ihr Schlafanzug ist nass. Ich muss ihr einen neuen raussuchen und sie umziehen. Oh, ihr Bett ist sicher auch nass. Das heißt also, Bettwäsche wechseln. Und weil es nicht angenehm riecht, sollte Teddy gewaschen werden. Gedanklich mache ich mir eine Checkliste mit diesen drei Punkten. Hoffentlich vergesse ich nichts.

"Wir gehen dein Bett neu beziehen, ja?", flüstere ich ihr zu, nehme sie an die Hand und schlurfe mit ihr und meinem Handy ins Kinderzimmer. Hoffentlich wecken wir ihren Bruder nicht. "Ähh... wo bewahrt denn Inho eure Bettwäsche auf?"

Die Kleine zeigt auf den Kleiderschrank. Ich öffne die linke Tür und finde ganz oben Bettlaken und Bezüge. Darunter die Schlafanzüge. "Teddylein, hältst du das kurz für mich?" Ich drücke ihr mein leuchtendes Handy in die Hand und entferne die durchnässte Bettwäsche. Darunter finde ich eine Extramatte, die die Matratze schützt. Dadurch ist sie nicht nass. Wie praktisch! Wundert mich aber nicht, dass Inho an sowas denkt. Ich nehme eine neue Unterlage aus dem Schrank und beziehe fix das Bett neu.

"So. Ab ins Bad, mein Schatz." Eifrig nickt sie und leuchtet mir den Weg, ich trage die Bettwäsche und ein neues Nachtgewand. Im Bad gibt sie mir das Handy zurück. Hier können wir Licht anmachen, ohne jemanden zu wecken. Teddy zieht ihr Oberteil aus und bleibt stecken. Ich helfe ihr beim Ausziehen und hebe sie in die Wanne.

"Baden?", fragt sie.

"Nur kurz duschen."

"Ooooch." Sie zieht eine enttäuschte Schnute.

Ja, warum eigentlich nicht? "Na gut", sage ich und mache den Stöpsel zu, anschließend lasse ich Badewasser ein. Sie strahlt mich an.

"Enti! Enti! Bittebitte!!" Aufgeregt planscht sie im einlaufenden Wasser, in das ich noch den Badezusatz für tolle Schaumberge gebe. Ich setze ihre drei Quietschentchen zu ihr in die Wanne.

"Papi auch baden", meint sie und sieht mich eindringlich an.

"Ach eigentlich...", überlege ich.

"Bitte, Papsi!" Sie setzt ihren Welpenblick ein. Das ist sehr effektiv.

"Ja, gut."

"Juhuuu!" Sie freut sich und ich werde meinen Pyjama los. Wir waren noch nie zusammen baden. Teddy spielt mit ihren Entchen und ich schaue zu. Nach einer Weile greift sie nach dem Glitzerduschgel und reicht es mir. Sie steht auf, dann helfe ich ihr beim Einseifen. Ihre Frage, ob wir Haare waschen, verneine ich. Da ich nicht daran gedacht habe, ihre Haare hochzumachen  sind die Spitzen bereits nass. Dadurch glätten sich ihre Löckchen ein wenig.

Ich wasche ihre Pfötchen und ihre Füßchen, die sie mir entgegenstreckt. Sie ermahnt mich, auch ja gründlich zwischen den Zehen zu waschen. "Jawohl!", gebe ich eifrig von mir und sie fängt an zu kichern, weil sie dort kitzlig ist. Supersüß!

Anschließend dreht sie sich um und lässt mich die Stellen an ihrem Rücken waschen, wo sie schlecht rankommt. Außerdem am Po. Nun wird es etwas unangenehm, da es irgendwie seltsam ist, eine andere Person dort anzufassen. Klar, leibliche Kinder muss man überall berühren, schon als Babys beim Wickeln. Aber Teddy und ich gehören weder biologisch noch rechtlich zusammen, ich sitze hier also mit einem quasi fremden Kind nackt in der Wanne. Dass mir ausgerechnet jetzt einfällt, dass Inho mir von dem Pedophilen im Kindergarten erzählt hat, macht die Situation nicht besser.

Sie wird sicher nichts Komisches erzählen, schließlich veranstalten wir hier nichts Schlimmes, aber ich weiß trotzdem nicht, was er davon hält, dass ich mit einem seiner Schützlinge baden gehe, ohne ihn zu fragen.

"Papsi?", reißt sie mich aus meinen Gedanken und sieht mich sorgenvoll an.

"Bin müde, Teddylein", sage ich ihr.

"Ich garni!", behauptet sie, obwohl sie vorhin gegähnt hat. Sie legt fest: "Jetzt du!", und kommt angetappst, um mir Duschgel auf die Brust zu patschen. Sie cremt auch den Hals und die Schultern ein. "Fertig", findet sie dann.

"Und der Rücken?", frage ich nach ohne nachzudenken.

"Achso." Teddylein lehnt sich näher und patscht mit ihrer winzigen Hand ein paarmal auf meinen Rücken. Den Rest lassen wir aus, der wird im Wasser von allein sauber, meint sie. Sie wird schon recht haben, denke ich schmunzelnd. Mitten in der Nacht, wenn man eigentlich schlafen sollte, muss man es mit der Gründlichkeit beim Waschen nicht übertreiben.

"Wir sollten wieder ins Bett", finde ich und sie schüttelt den Kopf. Außerdem versucht sie ein Gähnen zu unterdrücken. Sie zieht eine enttäuschte Schnute, als ich aufstehe, aber diesmal falle ich nicht darauf rein. Ich löse den Stöpsel, steige aus der Wanne und hebe die Kleine raus, bevor ich sie in ein grünes Handtuch mit Froschkapuze stecke. Mir wickle ich auch schnell eines um, eh mir kalt wird, dann wuschele ich das Baby trocken. Sie schmust sich dabei an mich und kichert.

Für sie ist es vielleicht nur ein kleiner, unbedeutender Moment, an den sie sich nie erinnern wird, aber mir wird soeben bewusst, wie sehr ich sie liebhabe. Diese kleine Familie, bestehend aus Inho und den beiden Kindern, ist mir so verdammt wichtig. Ich möchte gern an ihrer Seite sein und für sie da sein.

"Papsi, du auch! Das no alles nass!", meldet sie sich kichernd, als ich sie zu lange knuddele. Hilfsbereit nimmt sie einen Zipfel meines Handtuchs und tupft damit mein Knie trocken.

"Lieb von dir, danke!"

"Nein, du! Ganz lieber Nukipapsi! Soooo lieb!" Sie breitet ihre Hände so weit wir möglich aus, um mir zu zeigen, wie lieb. Lächelnd streiche ich ihr über den Kopf.

"Hab dich lieb", sage ich glücklich.

"Ich dich auch!", versichert sie mir eifrig. Hach. Mein Herz!

Ich reiche ihr das neue Schlafgewand, das sich als Nachthemd herausstellt. Sie versucht es allein und schafft es nach drei Versuchen, den Kopf und die Arme ins jeweils richtige Loch zu stecken, wofür ich sie lobe und sie sich freut. Ich ziehe meine alte Unterhose und das Shirt wieder an und hänge die Handtücher über die Waschmaschine. Nun muss ich noch die Enten aufräumen und die Schaumreste aus der Wanne spülen, wobei Teddy mir hilft und jedem Entchen einzeln eine gute Nacht wünscht.

Hand in Hand tapsen wir durch den Flur. Ich brauche gar nicht fragen, ob sie bei uns schlafen will. Sie zieht mich schnurstraks ins Schlafzimmer und macht es sich im Bett bequem. Ich versuche daneben noch genug Platz zu finden. Inho dreht sich verwundert und verschlafen zu uns um. "Nanu?", krächzt er leise. Normalerweise kommen die kleinen Wecker immer erst zu uns, wenn es dämmert oder schon hell wird. Jetzt ist es noch stockduster draußen.

"Hab dich lieb", sagt Teddy und schmiegt sich an seine Brust. Er legt seinen Arm um sie und haucht einen liebevollen Schmatzer auf ihr Haupt.

"Ich dich auch", raunt er leise, halb am einschlafen. "Und dich." Mit einem Finger tippt er meinen Arm an und lässt ihn dort liegen. Ich halte ganz still, weil ich diesen Körperkontakt nicht verlieren möchte.

"Ich dich auch", flüstere ich, dann döse ich ebenfalls weg.

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