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Inho hatte mich ja bereits vorgewarnt, dass sein Keller vollgeräumt sei, aber was ich hier vorfinde, übertrifft meine Vorstellungen bei Weitem. Neben zahlreichen bis an die Decke gestapelten Kartons finden sich hier ein Fahrrad ohne Luft im Reifen, drei verschiedene Kindersitze fürs Auto und eine alte, ramponierte Holztür in dem kleinen Kellerabteil.
Hinter mir räuspert Inho sich verlegen. "Meinst du, wir schaffen das heute, bevor der Kindergarten schließt?"
Voller Elan schiebe die Ärmel seines Hemds hoch, das ich trage. "Wenn wir uns anstrengen? Auf geht's!"
Ich kümmere mich um die großen, sperrigen Gegenstände, die ich fürs erste in den schmalen Gang vorm Kellerabteil räume. Inho nimmt sich derweil die Kartons vor und sichtet den Inhalt dieser. Viele sind leer, in einigen befindet sich Krempel, den er eigentlich nicht braucht, und in manchen sind Garantiescheine diverser Elektrogeräte, die er besitzt. Wir sammeln sie alle in einem Karton, sofern sie noch nicht abgelaufen sind. Das meiste stapeln wir auf einem großen Haufen, den ich zur Altpapiertonne schaffe, bevor ich die zwei Metallregale aus meinem Auto hole.
Währenddessen wartet Inho im Keller und sortiert seinen Kram in die drei übriggebliebenen Kartons. Sehe ich da Sorge in seinem Gesicht, als ich zurückkehre und er von seinem Handy aufblickt? Eilig steckt er es in seine Hosentasche und nimmt mir eines der Regale ab.
"Alles okay?", erkundige ich mich.
"Lass uns erst hier fertig werden."
"Okay?"
Wir stellen sie Regale auf und schieben die Kartons in die Ecke. "So", sage ich dann. Nun können wir die Vorräte einlagern. Inho ist fleißig und stark, er hat schon vorhin, als wir meinen Keller ausgeräumt haben, ordentlich mit angepackt und seine Armmuskeln spielen lassen.
Wir sind eher fertig, als wir gedacht hätten, und können das alte Fahrrad und die Kindersitze vor die Vorratsregale stellen.
"Was machen wir mit der Tür?", überlegt Inho.
"Brauchst du die?"
"Nee. Das war die alte Kellertür vom Vormieter, der hat vergessen, sie mit auf den Sperrmüll zu bringen."
"Achso, na dann lass sie uns ins Auto tragen, ich kann sie bei mir einlagern, hab ja jetzt Platz."
"Ok, gut." Inho schließt sein Kellerabteil, dann tragen wir gemeinsam die Tür ins Auto. Er hält sie fest, während ich eilig die Rücksitze umklappe, damit das Ding hier reinpasst. Es passt gerade so. "Fahren wir nochmal zu dir?", fragt er dann und schaut auf die Uhr. Ich werfe auch einen Blick drauf. Das wird zu knapp.
"Lass uns die Kinder abholen gehen", schlage ich daher vor und drehe mich zum Gehweg um.
"Warte", bittet Inho und nimmt meine Hand. Voller Dankbarkeit blickt er mir in die Augen und schluckt. Ach süß! Bevor er etwas sagen kann, verbinde ich unsere Lippen, sobald er den Mund aufmacht.
"Schon gut", hauche ich mit einem Lächeln im Gesicht. Er muss mir nicht danken, ich habe das gern gemacht! Als ich jedoch seine geröteten Wangen sehe, fällt mir auf, was ich gerade getan habe. Ich habe ihn mitten in der Öffentlichkeit geküsst! "Auweia, es tu-"
Inho greift in meinen Nacken und unterbricht mich mit einem Kuss. "Schon gut", meint er anschließend. Er lächelt, glücklich und stolz.
Händchenhaltend machen wir uns auf den Weg.
"Und ich will dir trotzdem danken. Also... Danke, Hyunuk!"
"Bitte, gerne", freue ich mich und drücke seine Hand. Er wirft mir ein weiteres Lächeln zu. Nun wird er allerdings ernst.
Nach einem Räuspern teilt er mir mit: "Es gibt da noch etwas, das ich dir sagen muss."
"Was denn?" Meiner Mutter wäre jetzt als erstes eingefallen: "Du bist schwanger!" Aber das kann es natürlich nicht sein.
"Der Kindergarten hat vorhin geschrieben... Da gab es wohl einen Fall in der Familie eines der Kinder. Zum Glück nicht in den Gruppen von Momo oder Teddy, aber der Kindergarten muss jetzt dichtmachen."
"Oh", sage ich dazu.
"Morgen ist er komplett zu, da wird das Gebäude gereinigt, und ab Mittwoch gibt es Notbetrieb für Kinder von Eltern mit systemrelevanten Berufen. Da zählt unserer ja nicht wirklich dazu."
"Hm ja, das stimmt. Also bleiben die Kinder dann Zuhause und wir entsprechend auch?"
"Naja, du kannst gern ins Büro... aber wir können auch beide Home Office machen, dann räumen wir eben bisschen um, damit wir beide Platz zum Arbeiten haben. Ist aber kein Muss! Ganz wie du magst."
"Ja, wir schauen einfach mal, wie wir das am Besten einrichten. Soll ich dir noch irgendwas aus dem Büro holen? Monitor, Headset, Tastatur?", biete ich an.
"Äähhh... du musst das nicht extra vorbeibringen? Also... ich nehm morgen einfach frei, und dann äh..."
"Okay, dann bringe ich es nach Feierabend mit. Was brauchst du?"
"Mhhh", überlegt er. "Mein Headset hab ich schon mitgenommen, eine Maus hab ich... ein Monitor wäre ganz gut."
"Okay, gut."
Da Inho leicht rot anläuft, bleibe ich stehen und lege meine Hand an seine Wange. "Alles in Ordnung?", frage ich sanft.
"Naja...", meint Inho. "Das ist sicher total seltsam und in der aktuellen Situation unangebracht, wenn man sich mal ansieht, wie schlecht es vielen zurzeit geht..."
"Aber?"
"Ich freu mich so!" Überschwänglich fällt er mir um den Hals.
"Worüber denn?" Lächelnd schlinge ich meine Arme um ihn.
"Na, wegen wem wohl?", fragt er schelmisch und reckt sich ein Stück, um ein Küsschen auf meine Nasenspitze zu hauchen. Dann kichert er, nimmt wieder meine Hand und setzt unseren Weg fort. "Es ist befremdlich, ausgerechnet in so einer Zeit glücklich zu sein", sinniert er.
"Es ist immer schön, wenn man glücklich sein kann, egal in welchen Umständen."
"Mhmm..."
Kurz vorm Kindergarten angekommen durchwühle ich meine Hosentaschen und finde darin nichts außer den Autoschlüssel. "Hmmm", mache ich nachdenklich. "Ich kann nicht mit reinkommen, hab meine Maske vergessen." Die ist in der Jackentasche und die Jacke liegt im Auto.
"Oh, okay." Inho gibt mir ein letztes Küsschen, setzt seine Maske auf und verschwindet im Gebäude. Ich warte nicht lange. Er kommt mit zwei traurig guckenden Kindern aus der Tür und grinst breit, als sie mich entdecken und mit erfreutem Geschrei auf mich zustürmen. Sicher hat er ihnen drinnen nicht gesagt, dass ich hier bin. Er überrascht sie zu gern!
Wetten, er hat ihnen auch nicht gesagt, dass wir jetzt alle zusammen wohnen? Die werden Augen machen, wenn sie meine Sachen in ihrer Wohnung sehen.
Zunächst spazieren wir alle Hand in Hand zurück. Die Kinder plappern aufgeregt durcheinander, dass sie jetzt daheim bleiben müssen, und löchern Inho mit Fragen, ob und wie er nun arbeiten geht und wer dann auf sie aufpasst. Momo schlägt Pyo vor, wobei Inho ihn daran erinnert, dass dieser in Quarantäne sein wird.
"Och Menno!", jammern beide Kinder.
"Er ist ja nicht aus der Welt, wir können ihn anrufen. Und es sind nur zwei Wochen, die gehen schnell um, das wird schon!", beruhigt er sie.
"Kann dann Nuknuki auf uns aufpassen?"
"Der muss auch arbeiten", sagt Inho. Breit grinsen wir uns über die Köpfe der maulenden Kleinen hinweg an.
"Ihr könntet das doch abwechselnd machen. Jeden Tag tauschen. Oder Frühschicht und Spätschicht, Honeys Mamas machen das auch so."
"Aha. Na, wir überlegen mal."
"Bleibst du zum Abendbrot?", fragt Momo mich und freut sich tierisch über mein "Ja."
Immer noch grinsend schließt Inho die Haustür auf. Die Kinder stürmen die Treppe zur Wohnung hoch und warten ganz hibbelig. "Bleibst du noch ein bisschen länger? Wann musst du denn nach Hause?"
Nachdenklich schaue ich nach, wie spät es ist, und antworte: "Gleich."
Die Knirpse machen ein enttäuschtes Gesicht. Ich trete über die Schwelle der Wohnungstür. "Soooo", sage ich langgezogen und verkünde: "Jetzt bin ich zu Hause."
Die Kinder schauen mich verwirrt an. Inho feixt hinter ihnen. Mit gerunzelter Stirn schaut Momo zu ihm hoch, dann geht ihm ein Licht auf. Starr vor Überraschung klappt ihm der Mund auf. Teddy hingegen stolpert lächelnd auf mich zu. "Papsi wohnt hier!", ruft sie freudig und knuddelt mich durch, als ich sie hochhebe. Wild strampelt sie mit ihren Beinchen, sodass ich sie kaum halten kann.
Momo hüpft mit leuchtenden Augen neben mir auf und ab. "Wirklich wirklich wirklich wirklich wirklich???"
"Nein, wir haben euch nur veralbert. Ich fahr jetzt wieder", schießt mir durch den Kopf, aber Sarkasmus ist jetzt nicht angebracht. Die beiden freuen sich so und mein Herz schlägt dadurch auch wie wild!
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