🖤20
Nach einem süßen Küsschen strahlen seine Augen mich an. "Möchtest du noch eine Weile bleiben?"
Wie könnte ich jemals ablehnen? "Gerne."
"Aber eher nicht über Nacht..." Seine Wangen färben sich rosa. Woran er wohl denkt?
"Okay."
"Es wird allerdings langsam spät, ich weiß ja nicht, ob dir das recht ist, spätnachts nach Hause zu gehen... ich will dich auch nicht rauswerfen oder so, äh-" Süß, wie verlegen er wird.
"Inho, mach dir keinen Kopf. Solange du mich bei dir haben möchtest, bleibe ich, und wenn ich dir auf den Sack gehe, verschwinde ich und warte, bis du mich wiedersehen willst."
Jetzt kichert er. Was ihn so belustigt, erfahre ich nicht sofort, weil er sich nicht mehr einkriegt. "Ich... ahahaha... stell mir vor... tihihihi..." Ich amüsiere mich mit ihm, ohne zu wissen, was los ist. Einfach, weil er so süß ist. Lachend streicht er sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln und beruhigt sich langsam. "Ich dachte nur gerade... wie du Zuhause sitzt und an die Wand starrst und nur dann lebst, wenn... ok, das hört sich komisch an, wenn ich das so sage, du lebst ja nicht nur für mich." Verlegen schaut er weg und streicht seine Haare zurecht.
Jetzt muss ich auch lachen. "Ich hab durchaus Hobbys, aber die können aktuell warten, wenn du Zeit mit mir verbringen möchtest." Das ist, denke ich, normal so, wenn man frisch verliebt ist. Jiahn ist da genauso, er schwärmt auch 24/7 von seiner Angebeteten, wenn er verknallt ist, und ich höre es mir an, weil das meine Pflicht als bester Freund ist und wenn ich die Person, um die es geht, kenne und mag, freue ich mich auch für ihn. Wenn ich mal stundenlang von Inho schwärme, was ich tatsächlich in Betracht ziehe, muss Jiahn sich das dann auch klaglos anhören!
"Na gut. Wollen wir vielleicht Avatar gucken?", schlägt Inho vor.
"Gerne. Die Serie?"
"Ja, genau. Die hab ich ewig nicht gesehen." Er sieht sich nach der Fernbedienung um und startet seinen Fernseher, sobald er sie gefunden hat. Als er es sich neben mir bequem macht und die erste Folge raussucht, wirkt er nervös. "Oh Mann, ich hab das ewig nicht geguckt." Inho atmet tief durch und drückt Play. Angestrengt presst er die Lippen zusammen. Er hält keine drei Sekunden durch, dann rinnt die erste Träne über seine Wange. Genervt streicht er sie weg. "Oh Mann. Das ist nur eine sche¡ß-Kinderserie!", flucht er.
Ich ziehe ihn in meine Arme, als ein Schluchzer ihn durchschüttelt. "Schon gut", murmele ich in seine Haare und pausiere unauffällig die Serie.
"So eine Sche¡ße! Das war eine sche¡ß Idee! Verfluuucht! Es tut mir so leiiid!", weint er an meiner Schulter.
"Es ist okay, Inho", versichere ich ihm.
"Ich wollte nicht heulen! Ich mochte die Serie doch auch! Ich hasse es, ich wollte dir nicht so den Abend verderben, es geht gleich wieder, warte kurz, ich-"
"Inho, du kannst es ruhig rauslassen."
Wütend schlägt er mir gegen den Arm. "Was musst du immer so verständnisvoll sein?? Wirst du denn niemals sauer??" Sofort danach entschuldigt er sich und weint noch mehr. "Es tut mir leid! Tut mir leid! Du bist so ein Lieber, und bin ich ein Stück Schei-"
"Stopp", unterbreche ich ihn. "Komm mal her." Ich ziehe ihn auf meinen Schoß. "Natürlich finde ich es nicht schön, wenn es dir schlecht geht und du weinen musst, aber da ich dich in meinen Armen halten darf, hast du mir technisch gesehen nicht den Abend verdorben."
"Du bist doof!", findet er, doch ein kleines Lächeln schleicht sich auf seine Lippen. Zögerlich schmiegt er sich an mich und weint noch ein bisschen, während ich ihm den Rücken streichle.
"Du musst deinen Kummer nicht runterschlucken und allein damit fertig werden, okay?"
Inho nickt. "Du bist so lieb", murmelt er. Wäre jetzt ein guter Zeitpunkt für die magischen drei Worte, aber die sind schwer über die Lippen zu bringen.
Leise klopft es an der Tür. "Ja?", ruft Inho und Momo steckt den Kopf ins Zimmer. Er sieht besorgt aus. Seine Augenbraue hebt sich, als er uns schmusen sieht. "Streitet ihr?"
"Nein, ich hab nur geweint, aber alles gut. Nuknuk ist ja da."
"Achso, okay. Dann geh ich wieder ins Bett. Erst noch pullern. Gute Nachtischachti, ihr Knutschsäcke!" Leise und vorsichtig macht er die Tür zu. Ich verkneife mir ein Prusten. Inho grinst breit.
"Neuer Versuch?", fragt er dann und rutscht nach meinem Nicken von meinem Schoß runter, um die Fernbedienung zu suchen. Ich reiche sie ihm, dann lehnt er sich an mich. "Weißt du, ich kuschele eigentlich sehr gerne, aber mit Pyo traue ich mich das nicht so oft, ich mein, er ist verheiratet und seine Frau weiß, dass ich schwul bin. Sie mag mich zwar, aber was soll sie bitte denken, wenn ich mich ständig an ihn ranwerfe?"
"Mhhh... mit mir kannst du so oft kuscheln, wie du willst", biete ich, selbstlos wie ich bin, an.
"Ich weiß, und genau das werde ich ausnutzen. Arm her, zackizacki!", meint er in kindlichem Befehlston und grinst breit. Ich erwidere das Grinsen und lege meinen Arm um ihn, dann startet er die Folge neu.
Inho atmet tief durch. "Sie hat den Vorspann immer mitgesprochen", meint er leise. Achso. Deswegen hat er vorhin wohl geweint. Ich ziehe ihn enger an mich, er klettert in meinen Schoß. Jetzt kann ich meinen Kopf auf seiner Schulter ablegen und bekomme seinen Körpergeruch besser in die Nase. Er riecht toll.
Die Folgen sind recht kurz, nur etwa zwanzig Minuten. Ist ja auch eine Kinderserie und kein Game of Thrones, obwohl manche Themen sehr schwer im Magen liegen, so wie der Krieg oder der Genozid an Aangs Volk. Aber durch die Sicht eines Dreizehnjährigen bewahrt die Serie trotzdem eine gewisse Unbeschwertheit - Sokkas derben Humor und den witzigen, dicken Onkel nicht zu vergessen. Ich bin schon gespannt, wie es weitergeht.
Wir schaffen fünf Folgen, bis Inho gähnt. Zärtlich küsse ich sein Ohr. "Wollen wir für heute aufhören?"
"Eine oder zwei Folgen schaffe ich noch."
"Hmmm, aber ich würd gern noch bisschen knutschen", raune ich in bittendem Ton. Er dreht sich in meinen Armen um und legt seine weichen Lippen auf meine. Sanft bewegen wir sie gegeneinander. Ich genieße das sanfte Kribbeln das dadurch in meinem Bauch ausgelöst wird.
Diese Lippen befördern mich in den siebten Himmel. Und das nur, weil es Inhos Lippen sind und sie sich gierig nach Liebe einen Kuss nach dem nächsten von mir holen, ohne mir auch nur eine kurze Atempause zu gönnen. Genau so habe ich mir das immer vorgestellt, aber ich habe es noch nie mit jemandem gefühlt.
Ich möchte Inho wirklich nie wieder gehen lassen.
Irgendwann löst er sich schließlich von mir und lehnt seine Stirn gegen meine. Seine Lippen stehen noch offen und sein Atem geht heftig. Meiner auch. Vorsichtig streichen Inhos Finger über meine Brust. "Wow", murmelt er, "das war so schön!"
"Mhm", brumme ich bestätigend. "Was hältst du davon, wenn wir zusammen frühstücken?"
"Hm?" Mit leichter Verwirrung blickt er auf.
"Sonntag meine ich. Ich könnte frische Brötchen mitbringen und euch dann in die Kirche mitnehmen", erläutere ich meinen Vorschlag.
"Ah... ja gerne, wenn du magst?"
Bestätigend nicke ich und bekomme noch ein paar Küsse. Wundervoll.
Es ist wirklich sehr spät, als ich endlich den Heimweg antrete. "Komm gut an und schreib mir, ja?", bittet Inho beim Abschied an der Tür.
"Mach ich", verspreche ich und tausche einen letzten zärtlichen Kuss mit ihm.
Draußen ist es kühl und mein Haus liegt nicht gerade um die Ecke. Die nächste Bahn fährt erst in einer halben Stunde, daher beschließe ich zu laufen. Ein lauter Wind weht um meine Nase. Auf den Lippen spüre ich immer noch Inhos Küsse.
Zwar bin ich noch nicht sehr müde, doch ich möchte dieses Gefühl behalten, und je länger ich wach bleibe, desto schwächer wird es. Daher gehe ich Zuhause direkt Zähneputzen und wandere ins Bett, wo ich ihm eine süße Nachricht schreibe und glücklich lächelnd einschlafe, bevor eine Antwort kommt. Bestimmt schläft er auch schon und träumt von mir.
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