Achtzehn
Am nächsten Tag in der Mittagspause verkündete Changbin Jisung, dass wir gemeinsam mit ihm Käsekuchen essen gehen wollten. Sofort grinste er über beide Ohren. „Yaaaay!" Seine Augen strahlten und er verhielt sich wie ein kleines Kind. Typisch Jisung. Sobald er sich über etwas freute, war er kaum still zu bekommen. Chan machte sogar mit. Ich musste kurz lächeln. Jeongin aß wieder einen Brownie, aber dieses Mal nahm ich nichts von ihm an. Ich weiß, was dann passieren wird. Irgendwann hoffe ich, dass ich wieder mit ihm unsere kleine Brownieleidenschaft teilen konnte. Seungmin saß wieder neben mir und er war so still. Sonst hatte er immer etwas mit zu bereden, doch heute, war er schweigsam. „Ist alles okay...?", fragte ich ihn. Er nickte. „Ja, wie geht es dir denn so?" Er versuchte zu lächeln, was nicht sonderlich gut klappte. „Wenn ich ehrlich sein soll, dann eher nicht so...aber es wird besser...hoffe ich." Seungmin nickte. Seine Bewegungen haben etwas einstudiertes.
„Es ist so traurig...", flüstert er leise, aber ich hörte es trotzdem. „Was hast du gesagt?" Verlegen schaute er weg. „Nichts...es ist nichts. Viel Spaß beim Kuchenessen." Seungmin schenkte mir Lächeln. Es fühlte sich komisch an, wieder bei den anderen zu sitzen, es war noch fremd, aber auch noch vertraut. Mit den Leuten hier hab ich so viel Zeit verbracht. Trotzdem fühlte ich mich etwas fehl am Platz. Während ich da saß, versuchte ich zu deuten, was Seungmin zu sich selber zugeflüstert hatte.
Nach der Schule gingen Changbin, Jisung und ich in Jisungs Lieblingscafé. Er hüpfte die ganze Zeit zwischen uns beide herum und könnten seine Augen Emojis sein, dann würden sie Kuchen sein. Jisung liebte Käsekuchen wirklich. Er konnte die immer essen. Sogar die Ladenbesitzerin kannte ihn. Fröhlich unterhielt er sich mit ihr, bevor wir uns in einer gemütlichen Ecke hinsetzten. Andere Menschen würden die zarten Erdtonfarben gefallen, sich hier wohlfühlen, doch dieses Braun erinnerte mich an den verhassten Schlamm. Ich kann hier nicht lange sein. Ich spüre schon wie Panik versuchte sich in mir ein zuschleusen. Wenigstens konnte ich einen Käsekuchen essen. Zumindest die Creme davon. Den Boden konnte ich nicht essen. Jisung bestellte sich einen Triple Chocolate Cheesecake und einen Kakao mit Marshmallows, während ich nur einen einfachen Käsekuchen bestellte. Changbin wollte nur etwas zu trinken. Er beobachtete mich aufmerksam, versuchte zu deuten, wann ich wieder Angst bekommen würde. Es passiert schon, Binnie. Jisung versuchte sich mit mir zu unterhalten, aber ich schaltete ab, denn die Panik, die sich immer intensiver in mir ausbreitete, verschlang mich langsam.
Ich muss zurück in mein weißes Zimmer.
„Changbin....", stammelte ich. „Was ist?", fragte er. „Ich schaffe es nicht.....", sagte ich. Meine Hände begannen an zu zittern. Angst und Unruhe nahmen meinen Kopf ein. „Alles okay, Felix?", fragte Jisung besorgt. „Ich muss hier raus... es ist alles zu dunkel." Changbin verstand sofort. „Wir sind gleich zurück, okay?" Changbin stand auf und ich auch. Traurig schaute Jisung uns an, wie wir aus dem Café rausliefen. Er hatte sich so sehr gefreut wieder Zeit mit Felix zu verbringen. Jisung erkannte Felix nicht mehr wieder. Alles an ihn sah anders aus. Von den Augen bis zu den Schuhen. Alles in Weiß. Er hoffte so sehr, dass Felix wieder der Alte wird, denn sonst wird er ihn weiter vermissen. Er vermisste sogar die Zeiten, wo Felix ihn wegen seiner Käsekuchenliebe aufgezogen hatte. Sein Kuchen und Felix wurden gebracht. Unter anderen Umständen würde er jetzt freudig den Kuchen essen, aber jetzt stocherte er lustlos im dunklen Kuchen herum, mit den Gedanken an seinen alten Freund Felix. „Bekommst du Panik?", fragte Changbin mich, als wir vor dem Café standen. „Ja... es tut mir Leid....". Changbin schüttelte den Kopf. „Dir muss es nicht leid tun..du kannst nichts für deine Zwangsstörung." Und wie ich das konnte. Nur wegen mir ist sie erst entstanden. Wäre ich nur nicht in das Moor mit Changbin gegangen. „Wenn du dich beruhigt hast, gehen wir wieder rein, okay?" Ich kann da nicht wieder rein! Alles da drinnen ist braun! Panisch schaute ich Changbin vor mir an. „Ich kann nicht!"
„Doch, du kannst es. Ich glaube an dich und Jisung auch. Er hat sich so gefreut, dass du mit ihm Käsekuchen essen willst. Mache es für ihn, wenn nicht für dich." Changbin hatte einen Punkt. Ich wollte das gut machen, was ich verschlimmert hab. Die Freundschaft zwischen meinen Freunden. Ich konnte Jisung nicht einfach so hängen lassen. Vor allem wollte ich aber Changbin nicht enttäuschen. Er will mir doch helfen. Tief atmete ich ein. „Okay, wir können wieder rein." Drinnen sah ich, wie Jisung seinen Kuchen futterte. „Willkommen zurück." Ich setzte mich hin und aß die Creme vom Käsekuchen. Jisung sah etwas traurig aus. Verdammt, ich kann ihn nicht so traurig sehen. Ich starrte den hellbraunen Kuchenboden an. Wenn ich ihn esse, würde Jisung dann wieder Lächeln können? Ich zwang mich. Nur für Jisung. Langsam begann ich zu essen und schmeckte die feine Vanillenote und die Knusprigkeit des Teiges. Unruhe war aber der Nachgeschmack.
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