[04]

Chan PoV

"Hey, Chan. Lust dich heute zu treffen?", fing Jisung mich ziemlich genau eine Woche später nach der Schule ab. "Minho hat heute Tanzen, also habe ich Zeit."

Wir hatten schon länger nichts mehr miteinander gemacht und es wäre eine tolle Gelegenheit gewesen, wenn Jisung nicht gerade an meinem nächsten Termin gefragt hätte.

"Tut mir leid, Jisung, aber das geht heute nicht. Aber vielleicht hat Hyunjin ja Zeit."

"Ich wollte mich aber mit dir treffen und nicht mit Hyunjin...", erwiderte er bedrückt.

"Ji... Ich hab heute einfach keine Zeit. Ich hab einen Arzttermin und du weißt ja, wie lange so etwas dauern kann."

"Arzttermin? Hast du dich verletzt? Ist alles okay?"

"Es ist nur eine Routineuntersuchung, keine Sorge. Nur brauchen die ja leider immer ewig."

"Ja, das stimmt. Hast du sonst am Wochenende Zeit?"

"Am Wochenende sollte ich Zeit haben. Dann können wir uns da treffen. Besprechen wir das morgen? Ich muss langsam los."

"Okay. Dann bis morgen, Chan."

"Bis morgen, Jisung."

Wir umarmten uns noch kurz, ehe wir beide nach Hause gingen. Ich hatte noch gut zwei Stunden bis zu meinem Termin und ich war ziemlich nervös, da ich nicht wirklich wusste, was mich erwartete. Der letzte Termin war schließlich nur zur Besprechung gewesen und dieses Mal ging es richtig los. Zwar hatte mich Herr Kim über den Ablauf informiert, doch wie genau die Behandlung ablaufen würde, hatte er mir nicht erklärt. Ich hoffte also einfach, dass mir seine Methodik half.

"Alles okay bei dir, Chan?", fragte mich meine Mutter, als sie merkte, wie abgelenkt ich beim Essen wirkte.

"Ja, alles okay.", log ich einfach. "Minho und Jisung hatten vorhin nur eine kleine Auseinandersetzung und deshalb wollte ich gleich zu Jisung und ihn ein bisschen ablenken. Er kann manchmal ziemlich über reagieren, wenn er Stress mit Minho hat."

"So ist das halt, wenn man sich mit seinem besten Freund streitet. Sowas kann ziemlich wehtun. Aber ich finde es gut, dass du für ihn da sein willst."

"Die beiden sind schon weit über das beste-Freunde-Level hinaus. Hab ich dir nie erzählt, dass die beiden ein Paar sind?"

"Echt? Die beiden sind zusammen? Wobei... So überraschend ist das gar nicht. Ich meine, die beiden waren nicht wirklich oft bei uns, aber es hat mich gewundert, wie oft die beiden sich Küsschen auf die Wange oder den Nacken gegeben haben. Oder dass sie bei euren Filmabenden immer miteinander gekuschelt haben... Das kann man zwar in einer Freundschaft auch alles machen, aber es erklärt irgendwie doch so einiges, je länger ich darüber nachdenke. Hast du inzwischen eigentlich auch eine Freundin?"

"Einen Freund und nein. Hab ich nicht."

"Ach ja, richtig. Du bist ja schwul. Tut mir leid, dass ich das vergessen habe. Sowas passiert einfach manchmal, wenn man die längste Zeit angenommen hat, dass der eigene Sohn auf Mädchen steht. Ich werde versuchen, öfter dranzudenken."

"Schon okay. Kann ja mal passieren und ich weiß ja, dass du es nicht böse meinst.", meinte ich. Ein wenig verletzte es mich zwar, aber ich versuchte, es nicht zu nah an mich ran zu lassen und es einfach weg zu ignorieren. 

Wir unterhielten uns noch ein wenig, ehe ich mich mit der Ausrede bei Jisung zu sein verabschiedete und auf dem Weg zu dem Gebäude machte, das mir erneut ein schlechtes Gefühl in der Magengegend bereitete. Wo hatte ich mich da bloß reingeritten...

Ich betrat den Raum und wurde fast direkt in den Behandlungsraum gelotst. Auch dort musste ich nicht lange warten, bis auch Herr Kim kam und mich begrüßte mich. 

"So Herr Bang... Wir wollen heute mit Ihrer Lepidophobie -also Ihrer Angst vor Schmetterlingen- anfangen, um damit den ersten Schritt zu machen. Wir können selbstverständlich nicht mit echten Schmetterlingen arbeiten, da wir dazu einfach überhaupt nicht die Möglichkeit haben, deshalb haben wir stattdessen eine Art Vitual Reality für diese Phobie entwickelt, die sie mit ihren eigenen Gedanken beeinflussen können. Natürlich haben wir noch nicht für jede Phobie eine eigene neue Realität erschaffen können, da wir momentan die einzige Institution sind, die diese Methodik nutzt, aber für diese haben wir glücklicherweise bereits die Möglichkeiten dazu und einige andere Dinge befinden sich noch in Arbeit. Wir versuchen da noch etwas zu finden, was es uns erleichtert diese zu erschaffen, aber im Moment müssen wir da einfach im Rahmen unserer Möglichkeiten handeln."

Er erklärte mir noch den genauen Ablauf und was ich gleich zu tun hatte, ehe ich eine VR-Brille bekam und es losging. 

Vor mir erschien eine schon fast magisch wirkende Umgebung entstand um mich herum und ich begann sie mir genauer anzusehen. Ich befand mich auf einem Hügel, der ein wenig aussah, wie als hätte man ihn aus einem dieser super romantischen Filme gezogen, zu denen Hyunjin uns immer überredete, wenn wir nicht wussten, was wir uns ansehen sollten. Unzählige Blumen zierten das Gras und führten zu einem Kirschbaum, der ganz oben auf dem Hügel stand.

"Folgen Sie bitte dem Blumenpfad, Herr Bang.", hörte ich leise Herr Kim's Stimme.

Ich tat, was er mir sagte und zuckte heftig zusammen, als sich die Blumen, die ich berührte, in Schmetterlinge verwandelten. Es war seltsam, doch ich spürte, wie sich neben meiner Furcht auch Begeisterung breit machte. Das ganze Szenario war wunderschön und so ging ich weiter den Weg den Hügel hoch. Um mich herum flogen weiter die kleinen Tiere, die aus den Blumen entstanden waren. Je weiter ich ging, desto bunter wurde es um mich herum und irgendwann war ich in einen Raum aus den unterschiedlichsten Farben gewickelt und kam aus dem Staunen überhaupt nicht mehr hinaus. 

Einer von ihnen landete auf meiner Hand und ich betrachtete ihn eher neugierig als ängstlich. Er schimmerte in den gleichen Farben, wie die Wände, die mich umgaben. 

Wovor hattest du Angst gehabt, Chan? Vor einem Haufen bunter, hübscher Insekten, die niemandem etwas taten? 

Ein wenig blieb ich noch in dieser gefälschten Wirklichkeit, bevor ich die Brille wieder abnahm und erstaunt zu Herrn Kim sah.

"Eine von Seungmin's schönsten Kreationen, finden Sie nicht auch? Sie überrascht mich immer wieder aufs neue.", lächelte er.

"Sie ist wirklich sehr schön."

"Nehmen Sie sich ein paar Minuten, um zu verarbeiten, was Sie gerade gesehen haben. Ich werde Sie solange in Ruhe lassen, damit Sie sich voll und ganz auf sich selbst konzentrieren können. Auch wenn Sie natürlich heute noch nicht vollständig gegen Ihre Phobie ankommen konnten, ist es wichtig, dass Sie sich damit auseinandersetzen können.", erklärte er und verschwand dann wieder aus dem Raum, um mich mit meinen Gedanken allein zu lassen.

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