[03]

Chan PoV

Es fühlte sich so surreal an, als ich nur ein paar Tage später tatsächlich vor den Türen eines kleinen Hochhauses stand, doch ich versuchte einfach das ungute Gefühl in meiner Magengrube zu ignorieren, betrat das Gebäude und lief die Stufen hoch in den zweiten Stock, wo ein kleines Schild mir den richtigen Eingang zeigte. Die Tür war verschlossen, was das ungute Gefühl bloß verstärkte. Ich sollte vermutlich einfach umdrehen und gehen. 

Gerade als ich genau dies tun wollte, öffnete sich die Tür vor mir und ein älteres Paar kam zum Vorschein. Der Herr hielt mir die Tür auf, weshalb ich mich kurz bedankte und an ihnen vorbei in den Eingangsbereich trat.

Es sah ein wenig aus wie der Eingangsbereich bei meinem Zahnarzt. Die Wände waren überwiegend in weiß und einem sanften Hellblau gehalten und in einem Teil befand sich eine Theke, an der eine Frau in einem weißen Shirt und mit einem Namensschild, dass man nicht wirklich lesen konnte, da es einfach zu klein war. Hinter ihr waren weiße Schränke aufgebaut. Einige von ihnen waren verschließbar und andere nicht.

"Guten Tag. Was kann man für Sie tun?", fragte mich die Frau hinter dem Tresen.

"Hallo. Mein Name ist Bang Chan. Ich hab in ein paar Minuten meinen Termin.", antwortete ich höflich.

"Bang... Bang... Ah, da haben wir es. Bang Christopher Chan. Würden sie bitte noch einen Augenblick im Wartezimmer Platz nehmen? Gleich der Raum hier vorne."

Ich nickte und setzte mich ins Wartezimmer. Das Farbschema war genauso wie das des restlichen Gebäudes. Das einzige, was wirklich herausstach, war die kleine, bunte Ecke, die mit Spielzeugen, einem Kindertisch, Büchern und ein paar weißen Blättern und Buntstiften ausgestattet war.

War das hier wirklich ein Ort, an den man sein Kind mitnehmen wollte? Oder hatten sie hier auch jüngere Patienten?

Ohne wirklich einen Punkt zu haben, nach dem ich suchen konnte, ließ ich meine Augen weiter über die recht einseitige Dekoration wandern. Ein wenig Farbe hätte dem Zimmer vermutlich nicht geschadet.

Die Tür zum Wartezimmer öffnete sich und ich wurde in ein Besprechungszimmer gebracht. Noch immer war ich mir nicht sicher, ob das hier wirklich die richtige Entscheidung gewesen war. Ich hätte das doch mit Sicherheit auch früher oder später alleine hinbekommen, oder nicht?

"Setzen sie sich doch.", bat die Empfangsdame. "Herr Kim kommt jeden Moment zu Ihnen."

Wieder nickte ich mit einem freundlichen Lächeln und setzte mich. Erneut empfingen mich weiße Wände gepaart mit weißen Möbeln. Nur der Tisch vor mir, der aus einem dunkelbraunen Holz gemacht worden war und mich ein wenig an die Inneneinrichtung bei Ikea denken ließ, dunkelblaue Vorhänge, die wahrscheinlich noch nie geschlossen worden waren, und ein paar grüne Zimmerpflanzen, die sehr nach Plastik aussahen, boten einen Kontrast zu dem sonst so hellen Raum. Ich war kein großer Freund von diesem Einrichtungsstil. Er ließ alles viel zu groß und einseitig wirken. Aber vielleicht half gerade das ja einigen der Patienten hier.

Völlig in Gedanken über die Einrichtung vertieft, bemerkte ich den Mann fast nicht, der den Raum betrat und sich neben mich stellte, um mich zu begrüßen. Als er mich ansprach, schrak ich kurz zusammen, doch ich fing mich recht schnell wieder und begrüßte ihn ebenfalls.

"Ich bin Herr Kim.", stellte er sich vor und setzte sich dann mir gegenüber. "Ich bin Chef, Gründer und wohl einer meiner besten Mitarbeiter."

"Freut mich. Ich bin Bang Chan.", antwortete ich.

"Also, Herr Bang. Heute werden wir uns erstmal ein wenig kennenlernen und Sie werden mir ein bisschen was über sich erzählen,  damit ich einschätzen kann, wie lange wir ungefähr brauchen werden. Da wir immer wieder mit unterschiedlichen Menschentypen arbeiten, variiert dies ziemlich. Außerdem müssen wir ja auch sehen, womit wir am besten anfangen. Sind Sie bereits mit unserer Herangehensweise bekannt gemacht worden?"

"Noch nicht, nein."

"Okay, dann werde ich das jetzt übernehmen.", meinte er und kramte ein wenig in der Schreibtischschublade herum, um ein unausgefülltes Dokument heraus zu ziehen und auf den Tisch zu legen. "So ziemlich das wichtigste, was man sollte, ist dass es ein sehr anstrengender Weg sein wird. Wir hatten schon einige Patienten, denen es zu schwer geworden in, deshalb will ich Ihnen gleich zu Beginn mitgeben, dass Sie sich gedanklich nicht auf das reinste Kinderspiel vorbereiten. Wir arbeiten uns bei Ängsten für gewöhnlich erstmal durch Ängste, bei denen sich unsere Patienten bewusst sind, dass sie irrational sind, um das Selbstbewusstsein zu stärken. Diese kleinen Schritte sind wichtig, da sie Ihnen zeigen werden, dass es möglich ist, sie zu bewältigen, wenn man die Willenskraft dazu hat. Haben Sie vielleicht schon eine Angst im Sinn, die auf meine Beschreibung passt?"

Ich dachte kurz nach und hatte tatsächlich bereits eine im Sinn.

"Es ist eine wirklich kindische und sinnlose Angst...", sagte ich und kam mir alleine bei dem Gedanken daran ein wenig Idiotisch vor.

"Das ist genau das, was wir suchen. Mit so etwas wollen wir anfangen. Um welche handelt es sich denn. Keine Sorge, es muss Ihnen nicht peinlich sein. Sie wären überrascht, wenn sie wüssten, mit was für kuriosen Ängsten wir uns hier Tag ein Tag aus beschäftigen."

"Naja, so wie andere ihre Probleme mit Spinnen haben, hab ich meine Probleme mit Schmetterlingen..."

"Lepidophobie, verstehe. Das ist zwar keine der häufigsten Phobien hier, aber ich kann Ihnen versichern, dass Sie damit nicht alleine sind, Herr Bang."

Er legte mir ein leeres Blatt Papier und einen Stift hin.

"Ich möchte, dass sie mir alle Ängste aufschreiben, egal für wie sinnlos Sie sie halten, und dann sortieren Sie sie danach, wie groß sie sind. Und danach füllen Sie bitte noch das Blatt mit persönlichen Informationen aus. Ich bin gleich wieder zurück." 

Er legte mir noch das andere Dokument hin und ging, weshalb ich begann das zu tun, was er gesagt hatte. Als ich alles aufgeschrieben hatte, klopfte es an der Tür und ein Junge steckte seinen Kopf hinein.

Der Junge sah ein wenig jünger aus als ich. Vermutlich war er ungefähr in Jisung's oder Hyunjin's Alter. Seine Haare waren schwarz -vermutlich seine Naturhaarfarbe- und er erinnerte mich ein wenig an einen Welpen.

"Oh... Tut mir leid, dass ich störe. Mir wurde gesagt, dass mein Vater hier sein sollte. Herr Kim. Weißt du vielleicht, wo er hin gegangen ist?"

"Ich weiß es nicht. Aber er meinte, dass er gleich wiederkommt, also wenn du hier warten willst, kannst du das von mir aus gerne machen."

"Uhm... Vielleicht warte ich einfach vor der Tür. Ich will dich hier nicht bei irgendwas stören oder so." 

"Du störst schon nicht. Ich bin eh mit allem fertig."

"Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist. Es ist wahrscheinlich besser, wenn-"

"Kim Seungmin. Du kannst nicht einfach in meine Behandlungsräume laufen, wie es dir passt.", unterbrach ihn Herr Kim.

"Ich weiß, aber du wolltest, dass Yongbok und ich einkaufen gehen und wir finden die Einkaufsliste und das Geld nicht. Und auf meine Nachrichten antwortest du nicht."

"Liegt beides in der Tasche auf dem Küchenstuhl."

"Okay, dann gehe ich mal wieder. Mach's gut, Junho. Und mach's gut...?"

"Chan. Ich heiße Chan."

"Dann mach's gut, Chan."

"Du auch, Seungmin."

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