Kapitel 6
Gefrustet ging ich duschen und wusch mir den Schweiß von der blassen Haut. Wie? Diese Frage schwirrte mir durchgehend durch den Kopf. Fuck that! Er hatte eine eigenartige Kontrolle über mich oder vielmehr über meinen Willen und das konnte nur derbe daneben gehen. Es machte mir ehrlich gesagt Angst. Ich hatte so etwas noch nie erlebt und ich konnte mich ihm auch nicht entziehen. Damn it! Ich hasste mich selbst dafür!
Dieses Gefühl machte mich innerlich fertig. Ich wollte mich nicht hassen! Er hatte innerhalb von 48-Stunden mein Leben so verändert, dass ich mich plötzlich selbst nicht mehr wieder erkannte. Gerne hätte ich geweint, aber das schien unmöglich. Wie konnte eine Person einer Anderen das antun?
Ich schaltete das Wasser aus und öffnete die Dusche. Sofort griff ich nach einem Handtuch und wickele es um meinen noch feuchten Körper. Dann hob ich meinen Blick und zuckte zusammen. Joshua stand vor dem Spiegel und kämmte sich durch die noch nassen dunklen Locken. Er warf mir nur einen kurzen Blick zu. Das erleichterte mich irgendwie.
In ruhe trocknete ich mich ab und schlüpfte in meine Unterwäsche. „Was hälst du davon, wenn wir ausreiten gehen?" hörte ich ihn plötzlich fragen. „Ja. Klingt gut" antwortete ich abwesend, da ich immer noch mit meinen inneren Dämonen kämpfte, die er entfesselt hatte. „Was ist plötzlich los mit dir?" Er wandte sich wieder dem Spiegel zu. „Nichts alles gut" beschwichtigte ich, das brachte ihn jedoch nur dazu direkt wieder zu mir herum zufahren „Was hast du gerade nicht verstanden? Dich kann man lesen wie ein offenes Buch" „Ich weis es nicht! Mit der Antwort musst du dich jetzt zufrieden geben!" damit drehte ich mich demonstrativ von ihm weg und schlüpfte in meine graue Reithose mit Vollleder-Besatz und mein lilafarbenes Poloshirt.
Hinter ihm ging ich die Treppe runter und wir waren gerade an der Haustür, da rief seine Mutter hinter uns. „Keiner geht ohne Frühstück!" Joshua verdrehte die Augen und wollte den Mund auf machen, aber sie kam ihm zuvor „Wiederrede ist zwecklos! Ich weis, dass in deinem Kühlschrank nur eine Flasche Weißwein und eine Falsche Sekt stehen. Also in die Küche! Und zwar pronto!" Wow! Diese Frau war echt gut! Dann sah sie mich an. Ihr Blick wurde um einiges weicher und sie lächelte mich an.
Wir redeten beim Frühstück nicht. Es herrschte einfach nur stille. Als wir fertig waren schob Joshua mich wortlos in den Flur, wurde jedoch selbst von seiner Mutter festgehalten und mit einem einzigen wortlosen Blick in die Küche zurück beordert. Unschlüssig blieb ich im Flur stehen.
„Joshua tu ihr das nicht an!" hörte ich sie sagen. „Was soll ich ihr nicht antun?" Sie schnaubte auf. „Das weist du ganz genau! Bei deinen üblichen Barbieblondies stört es mich nicht, aber sie ist anders! Du wirst ihr weh tun. Du wirst ihr Untergang sein. Das wissen wir beide! Ergo reiß dich zusammen und sieh sie als Chance." „Chance wo für?" fragte er kühl. „Endlich mal zur Ruhe zu kommen! Du bist mittlerweile 25. Deine sportliche Zukunft hängt am seidenen Faden, wenn du nicht endlich mal aufhörst dich wie ein Teenager zu benehmen. Der Welpenschutz ist vorbei!" es folgte stille und ich musste schlucken. Sah es wirklich so schlimm um seinen Platz in der Equipe aus? „Ulrich möchte, dass du sie mit nach Amsterdam nimmst. Er hält dich für Untragbar und Malar ist der Grund, dass sie deinen Ast noch nicht abgesägt haben." „Ja ich habe seine Mail auch gelesen." mit einem mal klang Joshua sehr ernst. „Gut" sagte seine Mutter leise und es dauerte noch einen Moment bis auch Joshua wieder in den Flur trat.
Seine Mine wirkte ernster und sein Blick noch eine Spur härter. „Komm!" war das Einzige was er sagt bevor er in seine Stiefel schlüpfte und die Haustür öffnete.
Draußen empfing mich strahlender Sonnenschein und der Geruch nach Pferd. Kurz dachte ich daran, dass ich mich wirklich daran gewöhnen könnte aus der Haustür zu treten und direkt auf den Stall zu blicken.
Mit schnellen Schritten lief Joshua vorne weg zum Stall und ich trottete hinter her über den großen gepflasterten Vorplatz.
„Na ihr seid ja schon in so kurzer Zeit enger zusammen gewachsen, als gedacht!" wurden wir von Joshuas Vater empfangen. Ich presste die Lippen fest auf einander und hoffte nicht rot zu werden. Mir war das reichlich unangenehm. Joshua hingegen nahm das Ganze locker. „Was ist das jetzt zwischen euch?" Joshua zuckte mit den Schultern und sah zu mir rüber. Ich wusste es nicht. Ich stellte mir doch diese Frage auch schon seit heute morgen und hatte nur noch nicht den Mut gefunden sie zu stellen. „Naja wie dem auch sei. Ist doch perfekt! So wird euch das ganze auch wirklich abgekauft! Was habt ihr jetzt vor?"
„Wir wollten ausreiten gehen." erklärte Joshua. „An welches Pferd denkst du für Malar?" beide Männer musterten mich. „Keine Ahnung. Dolce?" Kein Springpferd! Und Dolce Vita kannte ich aus Zeitungsartikeln über ihn. „Um das klarzustellen. Wenn deine Pferde genauso drauf sind wie du, setzte ich mich auf Keins von denen!" erklärte ich auch sofort und es legte sich wieder eines dieser unerträglichen Grinsen auf Joshuas Gesicht „Wieso? Mich bist du doch noch nie geritten!" eher er sich versah hatte er sich eine von mir in den Nacken gefangen. Sein Vater musste lachen und klopfte seinem Sohn auf die Schulter „Genau das was du brauchst! Eine Frau die dir mal zeigt wo es langgeht" Wenn er wüsste!
Dann wandte sich Herr Maibach an mich „Ich glaube Diamond on the Rocks wäre eine gute Idee. Das ist der Rappe auf der linken Weide direkt wenn du aus dem Stall gehst. Wirklich ein klasse Pferd und er wird dir bestimmt gefallen"
Dieser Rappe mit dem leuchtend türkisfarbenen Nylonhalfter war ein Koloss. Riesig, muskulös und sein Fell glänzte in der Sonne. Er stand mitten auf der Wiese und sah erst auf, als ich direkt vor ihm stand. Neugierig beschnupperte er meine Reithose und stieß gegen eine der Hosentaschen. Als er jedoch feststellt, dass ich nichts hatte fraß er weiter, als würde ich nicht vor ihm stehen. Ich seufzte und beugte mich runter um den Führstrick einzuklinken.
Brummelnd trottete er hinter mir her aus dem Tor und in den Stall.
„Tony. Machst du Rocky fertig!" hörte ich kaum, dass ich ihn angebunden hatte Herrn Maibachs Stimme hinter mir. Irritiert sah ich zu wie eine junge Frau den Hengst putzte, sattelte und mir schließlich die Zügel gab.
„Pass mir ja gut auf das Schätzchen auf" er klopfte mir auf die Schulter und verließ den Stall. Ich sah mich nach Joshua um, der schon auf dem Vorplatz einen langbeinigen Fuchs ritt. „Soll ich Ihnen hoch helfen?" bot die junge Frau an, die mir Rocky fertig gemacht hatte. „Ähm... gibt es eine Aufsteighilfe?" fragte ich. „Ja auf dem Hof. Ich halte Ihnen gegen" sagte sie schnell und wieder trottete ich etwas überfordert hinter einer Person her.
Mit Aufstieghilfe und dieser netten Pferdepflegerin schaffte ich es auf Rockys Rücken und stellte fest, dass es mir dort wirklich gut gefiel. Ich saß ziemlich bequem und mit jeder Runde die ich bis zum Nachgurten über den Hof ritt fühlte ich mich noch sicherer auf diesem Riesen. Neben Rocky wirkte Joshuas Springpferd doch recht zierlich. Dressurpferd eben. Die sind nun mal anders bemuskelt.
Wie hätte es anders sein sollen schwiegen wir uns beim Ausritt an. Keiner sagte etwas. Wir hingen beide unseren Gedanken nach. Irgendwann brach ich das schweigen „Was ist in Amsterdam?" „CHIO" kam auch prompt die Antwort. „Verstehe ich das gerade richtig? Ich soll mit zu einem CHIO als deine Verlobte?" das hätte man mir auch früher sagen können! „Genau! So ist der Plan." Na super! „Und wann soll es los gehen?" fragte ich immer noch etwas verwirrt. „Donnerstag Abend." Schön, dass ich das auch mal erfuhr! „Dann lernst du auch ein paar meiner Freunde kennen" das wurde ja immer besser! „Und ich soll die ganze Zeit nett lächelnd neben dir stehen oder was?" das gefiel mir gerade ganz und gar nicht! Er grinste „Was denn sonst! Malar du hast dort nur eine Aufgabe.." ich fiel ihm ins Wort „Dich gut dastehen lassen. Schon klar!" „Wunderbar!" wieder legte sich diese Härte auf sein Gesicht. Sofort presste ich meine Lippen wieder aufeinander und vermied es ihn aus irgendeinem Grund anzusehen.
Er parierte an einem Feldweg mit dem Hof in Sichtweite durch. Der Fuchs tänzelte für einen kurzen Moment, dann stand das Pferd still. Sein Reiter wandte sich an mich „Na dann zeig mal was du drauf hast!" und ehe ich reagieren konnte ließ er den Wallach los donnern. Arschloch!
Rocky holte zum Glück schnell auf und hatte einen nicht wirklich wilden Galopp. Circa einen Kilometer vor dem Hof parierte er wieder durch in einen schnellen und unruhigen Trab, in dem sich das Springpferd ziemlich verwarf. Was Joshua mit einem missbilligenden Schnalze würdigte und die Zügel weiter aufnahm. „Heiz dich nicht so hoch du Vollidiot!" motzte er dann sein Pferd in einem undefinierbaren Ton an.
Erst jetzt drehte er sich wieder zu mir. Ließ kurz seine blauen Augen über mich wandern und wandte sich dann wieder nach vorne.
Joshua brachte mich, nachdem beide Pferde wieder auf den jeweiligen Weiden standen, Nachhause
„Rocky passt zu dir" meinte er mit Blick auf die Straße. „Findest du?" es überraschte mich das von ihm zu hören. „Ja" er warf mir einen kurzen Blick zu. Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen „Ich finde ihn auch klasse. Er hat was" schweigen „Was war das eigentlich für einen Fuchs?" „Firebird, noch ein ziemlicher Schwachkopf. Er soll eigentlich in Amsterdam seine Premiere feiern" erklärte er und bog von der Landstraße ab. „Ich glaube der Kleine wird die Nerven verlieren" erzählt er ganz locker, als würde nichts davon abhängen. „Zum Glück ist es nur eine kleine Rahmenprüfung. Für den CHIO nehme ich einen Casallnachkommen mit." deshalb nahm er es wohl so locker. „Wie viele Pferde reitest du momentan?" „ Zwischen 10 und 12, mal so mal so. Kommt darauf an wie viele Bereiter mein Vater für meine Weltcup Pferde abstellt. Pro Tag ungefähr vier bis fünf" Hmh.... Das war mal ein ganz andres Kaliber als ich dachte. „Warum bist du eigentlich auf diesen Vertrag eingegangen?" fragte er nach einer kurzen Pause. Ich spürte wie ich rot wurde „Silvi hat mich dazu gebracht mal darüber nachzudenken mir ein Pferd zur Verfügung zu suche und irgendwie hat sie dann gemeint sie würde mit einem befreundeten Züchter über mich reden und ja so kam es zu diesem Angebot. Ich dachte irgendwie, dass es schon nicht so schlimm sein kann." da waren wir noch nicht im Bett fügte ich in Gedanken hinzu. „Du bist bei Silvi geritten?" fragte er überrascht. „Ja" „Witzig." kommentierte er das ganze nur und erklärte dann grinsend „Ich habe bei ihr reiten gelernt. Man sagt ja, dass der Reitunterricht schon die glücklichsten Familien entzweit hat. Ist jetzt auch schon über zwanzig Jahre her. Ich habe sie glaube ich auch zuletzt vor drei Jahren getroffen" „Ich habe mit 15 bei ihr angefangen. Da war direkt so eine Sympathie zwischen uns, deswegen bin ich ja auch zuletzt ihre Privatpferde mitgeritten" „Bist du auch Turniere geritten?" ich nickte „Ja bis letztes Jahr. Nie höher als M-Trense und dann wurde Scotty einfach zu alt für den Trubel. Seitdem hat Silvi immer wieder anfangen mich dazu zu bewegen mich nach einem eigenen Pferd umzusehen, aber wie hätte ich das bezahlen sollen?" „Und dann kam mein Vater mit dem Deal." schlussfolgerte er.
Plötzlich war er mir unglaublich sympathisch. Wenn er sich mal öffnete war er so... so freundlich! Gar nicht einschüchternd. Angenehm.
Er parkte vor dem Haus in dem sich meine Wohnung befand und ich fragte etwas von dem ich nicht gedacht hätte dass ich ihn das fragen würde „Kommst du noch mit hoch?" Er blickte auf seine Uhr und wollte schon fast den Kopf schütteln, aber ich griff nach seiner Hand „Komm schon!" Er zögerte noch kurz, dann kam ihn ein „Okay. Du hast gewonnen" über die Lippen. Ich wusste nicht was mit mir los war, aber ich strahlte ihn an. Mein Körper reagierte einfach und ich konnte nichts dagegen tun, noch weniger verstand ich das alles! Es war seine Wirkung auf mich, die mich diese dummen Dinge tun ließ.
Dazu ihm einen Kaffee anzubieten kam ich gar nicht erst. Wir landet auf meinem Sofa. Dieses übereinander herfallen war gefühlt echt schon nicht mehr normal.
Immer noch schwer atmend lagen wir nebeneinander. Arm in Arm. Wieder fühlte es sich falsch an. Wieder hatte ich das Gefühl, als hätte er diese eigenartige Kontrolle über mich, der ich nicht entkommen konnte.
„Hör auf darüber nachzudenken. Zerbrich dir nicht dein hübsches Köpfchen" ich spürte seine Fingerspitzen vorsichtig über meine Wange fahren. Ich sah ihn aus großen Augen an und wusste nicht was ich tun oder sagen sollte. Da war es wieder dieses glitzern in seinen Augen, dieses glitzern das ich nicht deuten konnte. Irgendetwas gab mir das Gefühl er genoss es diese Kontrolle über mich zu haben.
Ich küsste ihn. Innig und viel zu liebevoll. Ich war drauf und dran mein Herz an ihn zu verlieren. Ich lächelte in den Kuss hinein und Ohrfeigte mich innerlich. Schließlich befreite ich mich aus seinen Armen und flüsterte „Ich gehe duschen" Bevor ich aufstehen konnte zog er mich noch einmal an sich und drückte mir einen verlangenden Kuss auf die Lippen, jedoch stoppte er den Kuss ehe ich darauf eingehen konnte. Warum enttäuschte er mich jetzt so?
Ich stand auf und schlüpfte wieder in meine Unterwäsche, den Rest nahm ich auf den Arm um meine Reitklamotten direkt in die Wäsche zu werfen.
Zum zweiten Mal an diesem Tag umspülte lauwarmes Wasser meinen Körper. Und wieder überkam mich dieser grässliche Selbsthass. Wieso ließ ich ihn das mit mir machen? Was hatte er an sich, dass ich all das zuließ?
Ich seufzte und griff nach meinem Duschgel. Der Geruch nach Kirsche breitete sich in meiner kleinen Dusche aus und ein wohliges Gefühl überkam mich. Ich seufzte erneut, als würde sich so alles lösen.
Nur in ein großes weißes Handtuch gewickelt ging ich wieder in mein Wohnzimmer, jedoch fehlte von Joshua jede Spur. Enttäuschung breitete sich in mir aus. Doch was hatte ich erwartete? Dass er dort sitzen und mich jetzt liebevoll in seine Arme ziehen würde. So blöd konnte ich doch wohl nicht ernsthaft sein!
Kurz bleib ich noch im Türrahmen stehen, dann zog ich mir etwas an und entschied mich mir eine Kaffee zu machen.
Zu meiner Überraschung fand ich in der Küche einen Zettel auf dem in einer etwas unruhigen Handschrift stand „Mittwoch 16:00 Uhr auf dem Gut. Pack dir für Amsterdam was hübsches ein. Ich will angeben können" Ich starrte auf den Zettel und mir kam plötzlich eine Erkenntnis. Er spielte mit mir! Er spielte damit Kontrolle über mich zu haben, ,mit meinen Gefühlen und meinem Verstand. Ich war sein neues Spielzeug und er hatte es sich wohl zum Ziel gesetzt sich immer weiter mein Vertrauen zu erschleichen, deswegen hatte er mir in Auto diesen Kram erzählt. Dieser Typ war so durch!
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