Kapitel 26
Müde hob ich den Kopf. Kein Wecker hatte geklingelt, kein Leander hatte mich geweckt und kein Joshua mehr neben mir. Was war denn jetzt los? Mein Blick wanderte zur Uhrenanzeige des Weckers auf dem Nachttisch. Wir hatten schon 10! Ich hatte verschlafen. Fuck!
Ich sprang förmlich aus dem Bett und eilte in Leanders Zimmer, aber der Zwerg war schon weg. Irritiert lehnte ich mich an den Türrahmen und blickte einen Moment auf Leanders leeres Bettchen. Wo war er?
Ich ging weiter in die Küche und fand zum Glück einen Zettel auf dem Küchentisch auf dem in Joshuas Handschrift „Leander ist mit im Stall und du hast er heute Abend Training." stand. Erleichtert atmete ich auf. Das war wohl der Dank für die gestrige Aktion mit Theresa.
In Ruhe machte ich mich fertig und frühstücke ausnahmsweise mal richtig und nicht zwischen Tür und Angel.
Der Kies knirschte unter meinen Schritten und die Luft war trotz des späten morgens noch frisch. Hätte ich eigentlich erwartet schon von weitem ein fröhliches „Mama!" zu hören hatte ich mich geschnitten. Etwas enttäuscht ging ich in den ersten Stall in dem Joshuas Sportpferde standen. Fleißig wurden drei schlanke Warmblüter fertig gemacht und am Ende der Stallgasse stand mein Sohn mit seinem Pony, daneben eine etwas gezwungen guckende Pferdepflegerin, deren Mine sich erhellte als sie mich sah.
„Daybreaker reite ich, Julimond zu William, Urmel zu Tomas" koordinierte Joshua gerade, als ich den Stall betrat und ich musste den Pferdepflegern Platz machen, die mit den Pferden am Zügel den Stall verließen. „Guten Morgen" trat ich zu meinem Mann. „Ausgeschlafen?" Joshua grinste mich an. „Danke fürs Schlafen lassen." entgegnete ich sein grinsen. „Wollen wir vielleicht heute mit Fürst arbeiten?" fragte Joshua, dann. Ich nickte „Klar" „Gut longierst du ihn dann gegen zwei ab? Dann setzte ich mich gegen halb für 20 Minuten drauf" ich seufzte. Ich hatte immer noch etwas dagegen, dass er ein Pferd einritt was ich später im Viereck präsentieren sollte. Er bemerkte meinen Blick „Du kannst drauf wenn der den nötigen Grundgehorsam hat und nicht mehr einfach losbockt" und strich mir kurz über die Wange. Ich lächelte kurz und drückt ihm noch einen schnellen Kuss auf die Lippen bevor ich meinte „Ab aufs Pferd mit dir!"
Leander hatte mich die ganze Zeit nicht bemerkt, dafür entwirrte er gerade Ponys dichte und etwas zu struppige Mähne. Wahrscheinlich sollte ich sie dem Pony wieder einflechten. Erst als ich der Pferdepflegerin freundlich lächelnd sagte, dass sie gehen könnte bemerkte mich mein Sohn und strahlte mich an. „Guck mal! Jetzt flechten!" forderte er auch sofort. „Das Zauberwort?" fragte ich zwinkernd. „Bitte?" kam es auch schon wie aus der Pistole geschossen. Er lernt so schön schnell. „Dann geh mal zur Seite und such mir mal ein Mähnengummie aus deiner Putzbox" schob ich ihn zur Seite und fing an die dicke schwarzweiße Mähne am Mähnenkamm entlang zu flechten.
Mit schiefgelegtem Kopf betrachtete Leander sein Pony und meinte dann an es gewandt „Jetzt siehst du wieder gut aus! So können wir auch bald zu Turnieren!" Dass dazu mehr gehörte als nur gut auszusehen Sparte ich mich zu sagen. Er war noch zu klein um das zu verstehen.
Das war auch etwas worüber ich gerne mit Joshua stritt. Ich wollte nicht, dass Leander bald die ersten Führzügel-Wettbewerbe ging und mit 5 oder 6 dann anfing sich im Parcours zu behaupten. Um ehrlich zu sein hatte ich Angst er würde sich so zu genauso einem Arschloch, wie Joshua entwickeln und nur auf Ruhm und Erfolg aussein. Auch hatte ich Angst davor dass auf Leander zu früh zu viel Druck liegen würde.
Es war ungefähr halb zwei und wir standen im Stall mit den Jungpferden und einigen Zuchtstuten. Leander war bei Corinna und unterhielt sie beim abwaschen. Wir hatten ausnahmsweise mal alle zusammen zu Mittag gegessen.
Meine Gedanken kreisten wieder um die Sache mit Theresa und ich erinnerte mich wieder an Joshuas versprechen mir zu erklären warum ihm schon mal die Hand ausgerutscht war.
„Erinnerst du dich noch an das was du mir einmal hier im Stall versprochen hast?" fragte ich möglichst beiläufig. Joshua verspannte sich „Ja" „Erklärst du es mir jetzt?" ich sah ihn bittend an. Es dauert einen Moment, dann meinte er schroff „Nein!" „Warum nicht?" Ich baute mich vor ihm auf. Eigentlich ziemlich lächerlich. „Malar..." er wollte mich zur Seite schieben. „Joshua, ich will das jetzt wissen!" und plötzlich hatte jemand den Schalter umgelegt. „Das geht dich nichts an!" fauchte er mich an. Da hatte ich wohl wieder mal eine Grenze überschritten. Schnell sah ich weg. „Schau mich an!" forderte er jedoch in einem harschen Tonfall. Fuck! Ich vermied es immer noch ihn anzusehen. Da spürte ich schon wieder den festen Griff an meinem Unterkiefer. Ich bemühte mich ruhig zu atmen. Er zwang mich ihn anzusehen. Ich musste schlucken. Er würde das bereuen! Ich unterdrückte das Zittern und versuchte möglichst stark zubleiben. „Ich will doch nur wissen warum?" kam es mir zittrig über die Lippen. „Und das geht dich nichts an!" knurrte er augenscheinlich wütend. „Theresa hatte recht du bist ein Monster" rutschte es mir zu allem Überfluss noch raus. Und ehe ich mich versah hatte ich mir eine gefangen. Die Stelle brannte. „Sag so etwas nie wieder!" fuhr er mich weiter an. Ich zuckte zusammen. „Und wenn das mit dem Geld durch ist redest du nie wieder mit ihr!" und wie zur Verdeutlichung bekam ich noch eine mit. Dieses Mal härter und so hart, dass ich mir die Haut über der Augenbraue an einer der Eisenstangen der Boxen aufschlug. Dieses Mal war er zu weit gegangen.
Ich drehte mich wortlos um und ignorierte das Blut, dass mir über die Wange und fast ins Auge floss. Joshua ignorierte ich ebenfalls, der wohl wieder zu sich gekommen war. Ich ging wortlos und mit Tränen in den Augen zum Haus.
An der Treppe hatte Joshua mich fast schon eingeholt. Er fasst mich an der Schulter, aber ich zuckte zurück und konnte es nicht verhindern laut zu werden „Fass mich nicht an!". „Mein Gott jetzt komm wieder runter!" blaffte er mich an. „Wieder runter kommen? Manchmal wünschte ich du könntest einfach aus meinem Leben verschwinden!" die Verzweiflung war mir anzuhören. „Was ist denn hier los?" wir ignorierten Corinna, die inzwischen ebenfalls im Flur stand. „Das nimmst du sofort zurück!" schrie Joshua mich weiter an. „Nie im Leben!" kochten bei mir die Emotionen nun endgültig hoch. Schnell eilte ich die Treppe hoch. „Malar jetzt warte..." rief er mir nach, aber ich rannte wie blind ins Badezimmer.
Schnell wusch ich mir das Blut vom Gesicht und schnappte mir meinen Kulturbeutel. Es reichte. Genug war genug.
Ich packte eine Tasche und ignorierte den total verzweifelten Joshua, dann rannte ich mit Tasche über dem Arm runter und an einer total verwirrten und entgeistert guckenden Corinna vorbei zu meinem Sohn. Ohne ein weiteres Wort nahm ich Leander auf den Arm und ging zur Haustür. Joshua war mir die ganze Zeit hinter hergedackelt und versuchte auf mich einzureden.
An der Haustür drehte ich mich zu ihm um „Meld dich wenn du wieder normal bist!" dann ließ ich ihn einfach stehen.
Ich fuhr zu meinen Eltern. Ich hatte so zittrige Hände, dass ich die Tür nicht aufschließen konnte. Meine Mutter öffnete die Tür und starrte mich erstmal gefühlte 5 Minuten fragend an, dann nahm sie mir den total verwirrten Leander ab.
„Malar was ist passiert?" fragte sie, als sie auch noch sah, dass ich eine Tasche bei mir hatte. „Ich will gerade nicht reden!" meine ich matt und trat ein. Mein Vater kam nun ebenfalls in den Flur. Sein Blick fiel zu erst auf Leander „Hey Kleiner! Schön dass ihr uns..." als er mich sah brach er ab. Ungläubig sah er mich an „Was ist passiert? Wer hat dir das angetan?" „Ich will jetzt nicht reden" blockte ich wieder ab und ließ meine Tasche einfach im Flur fallen. Ich war fertig mit den Nerven.
Bis zum nächsten Morgen rückte ich nicht mit der Sprache raus und ließ mein Handy ausgeschaltet. Vielleicht ein Fehler, denn plötzlich saß mir mein Vater mit seinem Laptop gegenüber und drehte mir den Bildschirm zu. „Erklärst du mir das?" ich blickte auf und sah auf den Bildschirm. Oh nein! Jemand hatte Joshuas und meinen Streit auf der Stallgasse gefilmt und ins Netz gestellt unter dem Titel „Joshua Maibach rastet aus und schlägt Frau". Ich musste Schlucken. „Malar, wie oft ist das passiert?" Ich schüttelte den Kopf und schluchzte. Das war zu viel für mich! „Ich mache diesen Typen fertig, das hätte ich von Anfang an machen sollen!" Ich schüttelte wieder den Kopf „Nein! Es war ein Ausrutscher" „Der hat dir doch komplett den Kopf vernebelt! Du lässt dich scheiden!" beschloss er. Ich schüttelte erneut den Kopf „Ich will aber nicht!" Verständnislos schüttelte er den Kopf. „Ich fahre jetzt in die Firma, wenn ich wieder komme reden wir. Solltest du wieder zu ihm zurück gehen musst du dich nie wieder bei uns melden." reagierte er über und sprang auf.
Leander spielte mit meiner Mutter da klingelte es. „Gehst du?" fragte meine Mutter. Ich nickte und stand wortlos auf. Mit schnellen Schritten lief ich zur Haustür und betete, dass es nicht Joshua war.
„Hey du? Ich hab das Video gesehen. Gut dass du jetzt hier bist! Was hat er sich dabei nur gedacht? Geht es dir gut?" schob sich eine rothaarige Niederländerin in den Flur. „Kiki!" atmete ich erleichtert auf und fiel ihr in die Arme. „Wo ist Leander?" „Er spielt im Wohnzimmer mit meiner Mutter" „Gut! Sie hat mich auch angerufen. Und jetzt trinken wir erstmal einen Kaffee und überlegen wie es weiter geht."
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