Kapitel 23
Mir ging es beschissen! Morgens hatte ich mich erstmal übergeben müssen und jetzt quälten mich mittelschwere Kopfschmerzen. Ergo meine Migräne hatte wieder mal die Oberhand genommen. So musste ein Zwischenstopp in der Apotheke leider sein, bevor wir weiter zu meinem Familientreffen fahren konnten. Wie es dazu kam ist eine Geschichte für später, denn eigentlich wären wir auf einem Turnier in Frankreich gewesen.
Den pochenden Kopfschmerz ignorierend schritt ich in die Apotheke. Um 9 Uhr morgens war noch nicht viel los und die kleine Verkaufsfläche war menschenleer, von der älteren Apothekerin mal abgesehen. Zielstrebig steuerte ich auf sie zu. „Hallo, was kann ich für Sie tun?" begrüßte sie mich betont freundlich. „Ich bräuchte etwas gegen Migräne" formulierte ich mein Anliegen. „Was nehmen sie normalerweise?" Sie tippte auf ihrem Computer rum. „Ibroprophen, aber sehr selten" gab ich zu, normalerweise lief es nach dem Motto Augen zu und durch. „Also die 200ter" wandte sie sich um zu einem Regal und griff neben einigen Packungen mit Schwangerschaftsvitaminen nach einer Packung.
Fuck! Fuck! Fuck! Daran hatte ich noch gar nicht gedacht! Ich hätte schon seit einer Woche meine Tage haben sollen.
Kreidebleich starrte ich auf die Packungen mit den Vitaminen. Das durfte einfach nicht sein! „Sonst noch etwas?" die Apothekerin lächelte mich an. „Einen Schwangerschaftstest" presste ich noch irgendwie heraus.
Beim herausgehen ließ ich alles inklusive Portmonee in meine Handtasche gleiten.
Immer noch kreidebleich stieg ich wieder ins Auto. Joshua löste seinen Blick von seinem Handy und meinte „Du siehst ja noch schlechter aus als Eben" „Passt schon" meinte ich Zähne knirschend. Er zuckte bloß mit den Schultern und starte den Motor wieder.
Der Cayenne kam vier Stunden später vor dem Haus meiner Tante und meines Onkels stehen. Ich konnte beide schon an einem der Fenster stehen sehen.
Wahrscheinlich drückten sie sich an den Scheiben neugierig die Nasen platt. Mit einem sarkastischen „Let the Show begin" stieg ich aus.
Kaum schlug ich die Autotür zu kam mein Onkel uns schon entgegen. „Marla!" rief er überschwänglich. „Hallo" ging ich ihm ein paar Schritte entgegen. Joshua blieb einen halben Schritt hinter mir stehen. „Richard" stellte sich mein Onkel vor. „Joshua" tat es ihm mein Mann gleich. „Seid ihr gut durchgekommen?" wandte sich mein Onkel wieder an mich. Ich nickte während mir langsam schwindelig wurde. „Die Sachen könnt ihr später mitnehmen. Wilma und Mutti warten schon ganz gespannt." damit drehte mein Onkel sich um und lief vor, die ausladender Steintreppe das Neubaus hinauf. Am Anfang der Treppe wurde mir übel und auf der Mitte wurde mir dann schwarz vor Augen. Ich hörte Joshua noch sagen „Ich hab sie. Alles gut".
Wie weit entfernt nahm ich Stimmen war und spürte wie mir jemand sachte die Haare aus der Stirn strich. Ich schlug die Augen wieder auf. In meinem Kopf drehte sich alles.
„Na wieder wach?" Joshuas Stimme war die erste, die ich klar wieder wahrnahm. Ich richtete mich auf dem dunkelgrauen Stoffsofa auf und lehnte mich an Joshua, der sofort einen Arm um mich legte. „Mehr oder weniger" murmelte ich und fuhr mir einmal übers Gesicht, dass ich dabei wahrscheinlich mein Augen Make-Up verwischte war mir egal. Mein Onkel reichte mir ein Wasserflasche rüber, die ich mit zitternden Händen versuchte aufzuschrauben. Ohne ein Wort nahm Joshua mir die Flasche aus der Hand und öffnete sie, um mir die geöffnete Flasche zu geben. Ich setzte die Flasche an die Lippen und trank ein paar große Schlücke, bevor ich sie auf den kleinen Wohnzimmertisch stellte.
„Geht es dir jetzt besser?" fragte meine Tante, die bis jetzt schweigend auf dem grauen Sessel gesessen hatte. „Ja gerade gehts wieder" meinte ich und kuschelte mich an Joshua. Sie musterte Joshua und dann mich. „Was war denn los?" fragte sie dann. „Kreislauf. Einfach zu warm" meinte ich Schulterzuckend und damit war für mich das Thema abgetan. „Warum haben wir von euch nichts gewusst?" kam nun auch mein Onkel dazu. „Wir haben jetzt nicht den engsten Kontakt" meinte ich schlicht. Meine Tante nickte und betrachte Joshua noch einmal eingehender „Ich duze jetzt einfach mal, aber du kommst mir ziemlich bekannt vor" wandte sie sich nachdenklich an ihn. „In welchem Bereich arbeitest du?" fragte sie weiter. „Im Management. Momentan hauptsächlich im Analyse- und Projektmanagement" Ich konnte nicht anders! Ich musste mich bemühen bei der Antwort nicht los zu lachen. Kaum merklich stieß er mich an. Meine Tante zog beeindruckt die Augenbrauen hoch. Wenn sie wüsste! „Großes Unternehmen?" fragte sie weiter. Ich nickte einfach mal für Joshua. „Kommt Anna noch?" fragte ich dann schnell bevor sie weiter fragen konnte. „Anna kommt gleich auch. Sie und ihr Freund sind noch bei den Pferden." erklärte meine Tante. Damit hatte sie Joshuas Interesse geweckt „Was habt ihr für Pferde?" „Meine Tochter und ich haben zwei Fjordpferde" erklärte meine Tante und guckte sparsam, als Joshua anfing zu grinsen und spöttisch meinte „Ist ja niedlich" Ein gefundenes Fressen für ihn. Er nimmt Freizeitreiter nicht ganz ernst. „Reitest du noch?" wandte sich meine Tante verwirrt an mich. Ich nickte schlicht.
Bevor noch irgendwer etwas hätte sagen können. Kam meine Cousine mit ihrem neuen Freund in den Raum. Plötzlich kippte die Stimmung. Joshua spannte sich an. Annas Freund wirkte ebenfalls ziemlich verstimmt. Beide Männer ließen einander nicht aus den Augen.
Annas Freund stieß sie an der Schulter an „Lass uns bitte wieder gehen! Ich brauche nicht noch mehr Stress" dabei ließ er Joshua nicht aus den Augen. „Wieso? Ich versteh das nicht Max was ist los?" Anna war genauso verwundert wie ich. Ich sah zu Joshua rüber. „Was macht der Maibach hier?" fragte ihr Freund unwirsch. Ich ergriff dann mal Partei bevor Joshua das noch zur Eskalation brachte „Wir sind verheiratet und ich bin Annas Cousine. Ich glaube das erklärt alles" als der Name Maibach gefallen war, war bei meiner Tante und meiner Cousine quasi alles aus dem Gesicht gefallen. Ungläubig starrten sie Joshua an. Dann herrschte erstmal Stille. Unangenehme Stille.
Leider ging es dann erst richtig los. „Ich hatte eigentlich gehofft wir würden uns erst vor Gericht wiedersehen." meinte Max trocken. „Es hätte ja nicht soweit kommen müssen, hätten sie ihre Arbeit ordentlich gemacht" die provokative Ruhe in seiner Stimme machte mir etwas sorge, dass das hier eskalieren würde. „Ich habe meine Arbeit ordentlich gemacht" knurrte der etwas untersetzte Mann. „Komisch. Warum haben wir dann jetzt einen unreitbaren 5 jährigen in einer unserer Boxen stehen? Drei Tierärzte haben ihr Versagen unabhängig von einander bestätigt." triumphierend blitzte Joshua ihn aus seinen blauen Augen an. „Das hätte man auch freundlich klären können und nicht mit zwei Anwälten aufwarten müssen!" motzte der Hufschmied. „Sie hätten sich auch kooperativ zeigen können" schon wieder dieses arrogante und selbstgefällige Lächeln. „Ich habe keinen Fehler gemacht!" behaarte Annas Freund. „Lässt sich ja beweisen" kam ihm Joshua etwas entgegen, aber das führte eher dazu, dass bei Max die Nerven blank lagen „Nicht wenn man mir eine Armee von Anwälten auf den Hals hetzt und mir schleichend meinen Ruf ruiniert." damit verließ er den Raum. Anna rannte hinterher.
„Hättest mich ruhig mal darauf vorbereiten können dem Hagen gegenüber zustehen" motzte Joshua mich an. „Ja tut mir leid das ich nicht weis mit wem ihr alles Stress habt." pampte ich zurück und wurde prompt verbessert „Ich nicht wir" „Ach das wird ja immer besser! Gibts vielleicht noch mehr Personen mit denen Gerichtsverfahren laufen oder sonstige Sachen?" Eschauffierte ich mich. „Nur mit einem Pferdehändler aus Kiel und mit Kingsley" bei dem Namen seines erklärten Erzfeindes wurde Joshuas Stimme kälter. „Das mit Kingsley weis ich ja seit spätestens letzter Woche! Das ist doch der mit dem du dich letzten Samstag geprügelt hast, oder?" ich klang schon fast wie Corinna. „Er hat angefangen! Deswegen hat er auch vier Wochen Sperre." „Mein Güte! Wie alt seid ihr?! Und du hast auch zwei Wochen Sperre" holte ich ihn schnell von seinen hohen Ross runter. Ein ernüchtertes „Hmh..." war sein einziger Kommentar.
Die beiden Männer rissen sich den ganzen Abend über zusammen und hielten sich weitestgehend von einander fern. Zum Glück! Es hätte mir echt noch gefehlt, dass Joshua mit jemandem Streit angefangen hätte.
Am Abend suchte ich etwas in meiner Handtasche, dabei fiel mir der Test wieder in die Hände.
Es waren die längsten fünf Minuten meines Lebens. Und was dann kam zog mir den Boden unter den Füßen weg. Positiv! Mir wurde schlecht und heiß und kalt zu gleich. FUCK! Das musste ein Witz sein! Das konnte nicht stimmen. Ungläubig starrte ich auf dieses Ding. In meinem Kopf drehte sich alles. Was jetzt?! Meine Hände zitterten und ich war einfach komplett überfordert mit der Situation. Kurz schloss ich die Augen und versuchte mich zu sammeln, aber scheiterte.
Entkräftet ließ ich mich auf den Boden des kleinen Gäste Badezimmers sinken. Verdammt!
Ich hatte nun zwei Optionen Abtreiben, oder... oder... da war kein oder! Ich hatte nur eine. Scheiße! Verdammte scheiße!
Mir war nach heulen und schreien zugleich. Ich ließ meine Stirn gegen meine Knie sinken. Leise fiel der Test vor mir auf den Boden.
Es klopfte „Marla?" Joshua klang besorgt. Er sollte wieder gehen! Ich wollte gerade allein sein. Tja nur leider hatte ich nicht abgeschlossen. Fuck!
Mit einem Blick hatte er die Situation erfasst und ließ sich neben mich auf den Boden sinken. Absolute Stille. Plötzlich streckte er seine Hand nach dem Test aus. Wieder genügte ein Blick. Während er den Test zur Seite legte, rannen mir die ersten Tränen über das Gesicht. Das war einfach zu viel für mich! Ich versuchte trotzdem irgendwie ruhig zu bleiben. Hörbar atmete er aus.
Ich zuckte zusammen als er nach meiner Hand griff. Ich gab mir einen Ruck und ließ meinen Kopf an seine Schulter sinken. Seine andere Hand legte sich tröstend an meine Wange. Das was er dann sagte brachte mich komplett aus dem Konzept „Wir schaffen das irgendwie! Vertrau mir." War das Joshua Maibach? Zwischen lachen und weinen hin und her gerissen starrte ich ihn verwirrt an. Aber er meinte es augenscheinlich ernst.
Und doch schüttelte ich den Kopf „Das ist bescheuert! Joshua, wir beide und ein Kind? Das klappt doch hinten und vorne nicht. Wir sind nur unterwegs. Wir lieben uns nicht wirklich... zumindest nicht so wie man es sollte wenn man ein Kind in die Welt setzt. Dann auch noch deine Unberechenbarkeit." Er zog mich näher zu sich und fuhr mir durch die Haare „Damit hast du ja auch recht. Bei allem. So wie ich dich kennengelernt habe würdest du eine Abtreibung nicht durchstehen. Dann reißen wir uns jetzt verdammt nochmal am Reimen! So einfach ist das!" und Schweine können fliegen!
Am Morgen telefonierte Joshua mit dem deutschen Verband. Es ging wohl um die Prügelei mit Allston Kingsley. Ich saß also allein im Kreis meiner Familie und war ziemlich in mich gekehrt. So ganz hatte ich noch nicht geschnallt, dass da ein kleiner Mensch in meinem Bauch heranwuchs.
Trotzdem bekam ich ein Gespräch von Anna, meiner Tante und Annas Freund mit.
„Habt mal besser ein Auge auf die Kleine!" hörte ich Max leise sagen. „Wie kommst du da jetzt drauf?" Anna war vollkommen verständnislos. Max sah sich um und meinte dann „Naja, sie hat nun wirklich keinen Engel geheiratet. Ich habe da so Geschichten über ihn gehört" „Nein! Dabei wirkt der doch so nett" meine Tante klang wirklich erschrocken. „Das trügt. Ich war neulich zum beschlagen an einem Stall an dem eine Ex von ihm angestellt ist und die wäre bei seinem Namen fast ausgerastet. Es gibt da das Gerücht er hätte sie zusammengeschlagen. Und dann auch noch die Sache mit dem Briten, wegen dem er jetzt eine FEI Sperre hat. Die sind wohl angetrunken auf einander losgegangen und keiner weis wirklich wer angefangen hat. Die haben die wohl auch erst mit drei Mann aus einander bekommen" Darauf folgte schweigen. „Sollte sie sich jemals von ihm trennen, dann wird ihr Leben zur Hölle auf Erden werden. Sein Vater ist noch angenehm, aber er... er ist ein absoluter Teufel! Manipulativ, Impulsiv und absolut bösartig. Er ist die treibende Kraft dahinter gewesen, dass Freunde ihren Hof an sie verkaufen mussten und nun bin ich der Meinung er will mir den Ruf ruinieren. Seit der im Stall mit arbeitet sollte man bei Ihnen so genau wie möglich arbeiten"
Ich wollte gerade den Mund auf machen, da kam Joshua zum Glück wieder.
—————————
Ob das wohl noch eskaliert?
Anyway, diese Geschichte liegt schon bös in ihren letzten Atemzügen und ist dann von meiner Seite aus auserzählt. Ich schätze 2-4 Kapitel werden wohl noch kommen.
LG Marina
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top