Kapitel 18
Ich stöhnte leise auf, als ich mich umdrehen wollte. Mir tat gefühlt alles weh, aber die linke Schulter und die Rippe auf der rechten Seite besonders. Die Schmerzmittel von gestern Abend hatten eindeutig nachgelassen, ansonsten hätte ich jetzt wohl nicht solche Schmerzen. „Mein Gott stell dich nicht so an!" grummelte Joshua verschlafen an mein Ohr. Das konnte er alles irgendwann mal zurück bekommen wenn er Schmerzen hatte. Ich spürte wie er sich im Bett aufsetzte und nach seinem Handy griff. Im nächsten Augenblick fluchte er und sprang mit einem Satz aus dem Bett.
Dass er verschlafen hatte erachtete ich mal als Kama. Schadenfroh grinsend schloss ich noch einmal die Augen. Bis schließlich um 8:30 Uhr mein Wecker klingelte.
Ich hätte eigentlich auch liegenbleiben können, konnte ich doch nirgendwo anpacken. Trotzdem stand ich auf und machte mich fertig für den Tag.
In der Küche genügte nur ein kurzer Blick Richtung Spüle um festzustellen, dass Joshua nicht gefrühstückt hatte. Ich warf einen schnellen Blick auf die Uhr. Er müsste mit seinem zweiten Pferd so gut wie durch sein. Seufzend stellte ich die Kaffeemaschine an um meinem Verlobten zumindest einen Kaffee in den Stall zu bringen.
Ich lief gerade mit der heißen Tasse in der Hand die Treppe runter und war schon fast unten da kam Hannes zur Haustür rein. „Mensch Malar, was machst du denn für Sachen?" begrüßte er mich. „Ich dachte mir wohl, dass ich den Hallenboden mal von näherem betrachten müsste" stieg ich drauf ein. Mit fragendem Blick wies er auf die Tasse in meiner Hand. „Joshua hat verschlafen und natürlich nicht gefrühstückt." erklärte ich und machte noch die letzten Schritte die Treppe runter. „Kann er ja froh sein, dass er dich hat." murmelte er und verschwand in der Küche.
Ich setzte meinen Weg fort und sah Joshua schon von weitem mit einem Apfelschimmel an der Hand in einen der Ställe gehen. Zielstrebig lief ich ebenfalls in die Richtung.
Joshua schrieb gerade etwas in ein kleines schwarzes Notizbuch und ein Pferdepfleger machte ihm allen Anschein nach schon das nächste Pferd fertig. Kurz bevor ich neben ihm stand hob Joshua den Kopf und schlug das Buch zu. Es brauchte nicht lange bis er die Tasse in meinen Händen entdeckt hatte. Mit einem umwerfenden Lächeln, zumindest hoffte ich dass es so aussah reichte ich sie ihm. Er schenkte mir einen dankbaren Blick und nahm mir die Tasse aus den Händen „Danke". Innerlich verdrehte ich die Augen. Das war alles? „Was hast du heute vor?" wandte er sich sachlich an mich und blätterten, während er den Kaffee trank in dem schwarzen Notizbuch, dass ihm der Pferdepfleger gereicht hatte. „Ich..." fing ich an. „Basti, das ist das falsche Trainingsbuch" wandte Joshua sich an seinen Pferdepfleger. „Ich dachte..." Joshua unterbrach ihn „Sieht der Wallach da vorne etwa aus wie Aurielle?" fuhr Joshua ihn an. Der hatte ja mal eine Laune! Der Pfleger seufzte lediglich und griff nach dem Notizbuch. „Wird gerichtet, Chef" Begeisterung klang anders.
Joshua sah ihm kopfschüttelnd nach. „Bin ich nur von Idioten umgeben, oder was?!" meinte ich ihn murmeln zu hören. Ohne mich noch eines Blickes zu würdigen drückte er mir die leere Tasse wieder in die Hand. Ja danke auch! Ich bin nicht seine verdammte Bedienstete!
„Wie lange hast du heute zutun?" fragte ich und versuchte mir nicht anhören zulassen, wie sehr mich sein Verhalten ankotzte. Joshua überflog, das ihm neu gereichte Notizbuch. „Mh... bis ungefähr 16 Uhr." meinte er abwesend. „Ich wollte gleich Rocky longieren und dann noch ein paar Unterlagen von meinen Eltern holen, damit wir mit dem Standesamt etwas in die Gänge kommen" „Hmh" war sein einziger Kommentar. Was hatte ich auch erwartet?
Nach einem wieder mal viel zu kurz ausgefallenen Frühstück holte ich Rocky von einem der Sandpadocks auf den er heute morgen gestellt wurde.
Auf seinem schwarzen Fell lag ein gräulicher Schleier und er brummelte mir freudig entgegen als er mich sah. Wenigstens einer der mich freundlich begrüßte.
Ich ärgerte mich immer noch etwas über Joshua. Wenn er einem schlechten Tag hatte musste er das gefälligst nicht an mir oder den Angestellten auslassen.
Nachdem ich Rocky für 30 Minuten longiert hatte und er wieder auf dem Paddock stand, fuhr ich zu meinen Eltern.
Ich trat in den Flur und streifte mit schmerzverzerrtem Gesicht meine Jacke von den Schultern, da trat mein Vater irritiert gucken in den Flur „Malar was machst du denn hier?" „Hallo Papa" begrüßte ich ihn erstmal bevor ich mein Anliegen erklärte „Ich wollte noch einen Ordner holen der noch bei dir im Büro steht." Er wusste wohl sofort warum. „Ich bin immer noch nicht begeistert oder überzeugt. Nur dass du das weist!" stellte er noch ein mal klar und klang dabei ziemlich verletzt. Sofort wurde mir schwer ums Herz. „Was lässt dich, denn zweifeln?" ich lächelte ihn an. Er musste schlucken und der Zug um seinen Mund wurde ernster „Du bist anders wenn er bei dir ist. Er hat etwas an sich was mir ganz und gar nicht gefällt. Er wirkt immer so berechnend und kontrollierend. Mir geht es ehrlich gesagt total gegen den Strich, wie er mit dir umgeht." Wie gerne ich meinem Vater da von dieser Tortur erzählt hätte mit Joshua Maibach zusammen zu leben, aber ich blieb still und meinte sorglos „Mach dir keine Gedanken. Er ist nicht so wie er wirkt" und ob er so war!
Ich lächelte meinen Vater noch einmal an und ging dann dir Treppe zum Arbeitszimmer meines Vaters hoch.
Mein Vater würde Freudensprünge machen, wenn ich mich von Joshua trennen würde, während der Rest ziemlich traurig wäre. Corinna und Hannes hatte ich wirklich lieb gewonnen. Sie waren so liebe Menschen, da kam man nicht umhin sich zu fragen, wie sie so ein Arschloch wie Joshua erziehen konnten.
Den Ordner in der Hand flitzte ich wieder nach unten, wo mein Vater immer noch im Flur stand. „Ich hoffe du weist was du tust" meinte er zum Abschied.
Was ich da eigentlich wirklich tat, wurde mir erst einige Stunden später bewusst, als Joshua und ich einem Beamten gegenüber saßen und den Papierkram klärten. Plötzlich wurde alles noch realer, als es eh schon war. Mit einem flauen Gefühl im Magen machte ich trotzdem alle Angaben und unterschrieb was zu unterschreiben war sang und klanglos.
Und dann stand es fest. Passend zum 100 jährigen Jubiläum des Gestüts würden wir in zwei Wochen an einem Samstag zu Mann und Frau erklärt werden.
„Verdammter Papierkram" murmelte Joshua, als wir das Standesamt verließen. Ich sah ihn von der Seite an „Naja dafür haben wir es jetzt hinter uns." Für einen Bruchteil einer Sekunde blickte er mich an und direkt in die Augen. Sofort schlug mein Herz schneller. Leider sah er direkt danach wieder auf sein Handy. Zack, war ich wieder abgeschrieben. „Soll ich fahren?!" bot ich säuerlich an. Wortlos hielt er mir den Schlüssel hin, natürlich ohne von seinem Handy aufzusehen. Womit hatte ich das verdient?!
Mit einem Knopfdruck öffnete ich den Wagen und lief bewusst einen Schritt schneller. Joshua lief tippend hinterher. „Kommst du?" „Hmh?" er sah verwirrt von seinem Handy auf. Heute brachte er mich noch auf die Palme! Zeit ihm das heimzuzahlen und ich wusste auch genau wie. „Joshi..." weiter kam ich gar nicht und hatte sofort seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Seine Augen verengten sich „Malar!" „Ach, bin ich jetzt spannender als dein Handy!" stichelte ich. „Eifersüchtig?" Was wollte er jetzt hören? Ich biss mir auf die Unterlippe und blickte ihn unschuldig aus meinen brauen Augen an „Nö". Er grinste. Augenscheinlich genoss er es, dass ich von ihm beachtet werden wollte. Er setzt wieder mal diesen ‚wenn du nicht aufpasst was du jetzt sagst vögel ich dir kaum, dass wir zuhause sind das Gehirn aus dem Kopf' Blick auf und das konnte er von mir aus gerne tun. Inzwischen hatte ich ebenfalls gelernt ihn zumindest etwas zu lesen. Er hob eine Augenbraue „Dann willst du wohl schnell Nachhause" „Natürlich" grinste ich ihn an. „Bon!" verdammt klang das aus seinem Mund attraktiv. „Du machst mich noch wahnsinnig!" beklagte ich mich. „Ich dich? Du mich!" dabei rutschte seine Stimme in diese viel zu sexy klingende tiefere Tonlage. Wie immer stand ich einfach nur fasziniert da. Er kam näher. „Wie du mich aus diesen unglaublich tollen braunen Augen ansiehst und..." er fuhr mit seinem Daumen über meine Unterlippe „und dieser Schmollmund..." Ich unterbrach ihn „Red bitte nicht weiter! Zerstör den Moment hier nicht mit einem falschen Wort" das war gerade zu süß von ihm gewesen. Liebt er mich etwa? Mein Herz schlug so schnell, dass ich das Gefühl hatte es würde mir jeden Moment aus der Brust springen.
Kaum auf dem Hof ging es zwischen uns schon ziemlich zur Sache. Wobei wir uns bis zur Haustür noch ziemlich zurück hielten. Die Treppe stolperten wir jedoch wildknutschend hoch.
Seine warme Haut auf meiner zu spüren, stellte immer noch etwas unbeschreibliches mit mir an. Mein Herz schlug viel zu wild und schnell und ich konnte mich kaum auf etwas anderes als ihn konzentrieren.
So übersah ich auch fast eine Mail, als ich an ihn gekuschelt im Bett lag und meine Mails checkte. Ich wünschte ich hätte sie übersehen!
*Einladung zum Klassentreffen - Wir feiern fünf Jahre Abi*
Ich starrte auf die Mail und musste schlucken. Fuck! Fuck! Fuck! Etwas zu schnell legte ich mein Handy wieder auf den Nachttisch und wollte aufstehen.
„Was wühlt dich so auf?" Er zog mich zurück in seine Arme. Verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare, ich konnte ihm das nicht erklären! Er würde es bestimmt nicht verstehen. Wenn einer diese Probleme nie hatte, dann Joshua! „Ich weis nicht wie ich das erklären soll!" „Versuch es einfach!" wie zur Ermutigung platzierte er einen Kuss auf meiner nackten Schulter. „Eine Einladung zum Klassentreffen!" murmelte ich. „Und?" kam es gleichgültig von ihm. „Ich war der Außenseiter." brachte ich irgendwie hervor. „Das ist alles?" klang er gerade etwa belustigt?! Das war alles andere als lustig. „Ich glaube ich werde einfach nicht hingehen" murmelte ich. „Dann verpasst du nur die Chance den Leuten, die dich zur Außenseiterin gemacht haben zu zeigen wer du jetzt bist." er strich mir ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Und wer bin ich jetzt?! Schau mich doch mal an! Ich hab mein Studium abgebrochen und heirate dich nur wegen eines Vertrages, der mir eine Zukunft versprochen hat" sahen wir der Realität doch mal ins Auge. „Hat der Vertrag gelogen?" Ich konnte ihm quasi anhören wie er grinste. „Nein." gab ich zu. „Siehst du! Wer von ihnen kann schon behaupten jedes Wochenende in einem anderen Land zu sein? Wer von ihnen saß schon auf einem internationalen Turnier im Sattel? Und wer von ihnen heiratet bitte jemanden bei dem sie sich sicher seien können, dass er sie nie betrügen würde, weil er mit ihnen schon alles hat?" Ich drehte mich zu ihm und sah ihm direkt in die blauen Augen. „Du würdest mich also nie betrügen, weil du mit mir schon alles hast?" „Genau und weil ich ganz genau weis, dass ich dich ziemlich gut in der Hand habe" sein Blick wurde wieder etwas härter. „Ja?" fragte ich scheinheilig, kannte ich die Antwort doch schon. „Oh ja" bestätigte er es noch einmal grinsend. „Wann und Wo habt ihr Klassentreffen?" „Nächsten Freitag und in der Aula meiner alten Schule" meinte zerknirscht wieder auf das Thema zu sprechen zu kommen. „Wir müssen erst am Samstagmorgen nach Dänemark und am Freitag bin ich mit meinem Vater bei Bekannten, die eventuell in Sportpferde investieren wollen, das heißt ich könnte dich sogar abholen." Er grinste mich an und wickelte sich eine meiner Haarsträhnen um den Zeigefinger. „Okay" willigte ich nach kurzem Überlegen ein.
Dass ich das, wie so vieles, noch bereuen würde stellte sich erst am nächsten Freitag raus und würde mich noch dazu bringen daran zu zweifeln wie gut ich Joshua kannte.
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