Kapitel 16

Den letzten Turniertag verbrachte ich am Zaun der jeweiligen Prüfungen die Joshua bestritt oder redete mit Kiki und Till, der immer gesprächiger in meiner Gegenwart wurde.

Wieder zuhause, wenn man es so nennen konnte, wartete wie immer Corinna schon in der Einfahrt auf uns, zu meiner Überraschung stand meine Mutter direkt neben ihr und sah mich gespannt an. Ich konnte noch nicht mal Luft holen und hallo sagen, da fragte meinte Mutter schon „und wie ist es gelaufen?" Ich verzog das Gesicht. Immer noch sahen mich beide Frauen gespannt an. „Nicht so gut" gab ich schließlich nach. „Wie?" irritiert sah Corinna mich an „Das sah im Training doch immer sehr gut aus" Im Training... „Mama Training; Turnier. You see the difference?!" Schaltete sich Joshua zum Glück ein. „War es denn wirklich so schlecht?" wandte Corinna sich an ihren Sohn. „Wenn ich ehrlich bin war es eine ziemliche Nullnummer." meinte Joshua schulterzuckend und lief mit ruhigen Schritten zum Kofferraum, um unsere Taschen zu holen. Das hätte er auch netter formulieren können. Irritiert zog meine Mutter die Augenbrauen zusammen, da sie wusste wie empfindlich ich auf Niederlagen im sportlichen Sinne reagierte. Ich setzte ein Lächeln auf um ihr zu signalisieren, dass alles gut war.

Nichts war gut! Joshua hatte mich voll und ganz im Griff. Gestern Nacht hätte ich alles für ihn getan. Aber er war auch zu attraktiv sich ihm nicht hinzugeben. Er war kein schlechter Mensch. Er wollte nur sichergehen, dass es mir gut ging. Das redete ich mir zumindest ein. Er würde mir niemals wirklich weh tun, das war Gewissheit. Er hatte es mir garantierer und sich bis jetzt daran gehalten. Es waren keine physischen Attacken mehr gewesen, nur noch Psychospielchen. Das machte das ganze jedoch auch nicht besser, oder doch? Wenn ich ehrlich war verwirrte mich die Tatsache.

„Naja, gibt ja immer ein nächstes mal" versuchte Corinna mich aufzumuntern. Wirklich lieb von ihr. „Wie lief es bei dir?" wandte sich seine Mutter nun an Joshua. „Mit Casper ziemlich gut, leider war dieser verdammte Niederländer eine Zehntelsekunde schneller als ich. Und Domino gewöhnt sich langsam an den Turniertrubel. Er wird zumindest immer konzentrierter." „Da bekommt der fliegende Holländer ja mal ne ganz neue Bedeutung" murmelte meine Mutter leise und ich musste grinsen. Die Vorstellung gefiel mir.

Joshua verzog nur kaum merklich das Gesicht. Niederlagen nervten ihn. Corinna zuckte bloß mit den Schultern ihren Sohn aufzumuntern hatte sie wohl schon aufgegeben.

Wenig später saß ich mit meiner Mutter im Wohnzimmer. Joshua war wie immer im Stall und Corinna hatte sich an die längst überfällige Buchhaltung gemacht.

Sie musterte mich mit besorgtem Blick, während sie ihre Kaffeetasse fest mit beiden Händen umschloss. Ich sagte keinen Ton und nahm einen Schluck aus meiner Tasse. Sie betrachtete mich immer noch und meinte dann „Du siehst nicht sehr glücklich aus. Was ist los?" Ich schenkte ihr ein Lächeln und meinte „Es ist alles gut. Ich bin nur echt kaputt." Sie sah sich im Raum um und nahm eine Hand von ihrer Tasse um bedächtig über das schwarze Ledersofa zu streichen. „Ich hätte nie gedacht, dass du dich für Designermöbel begeistern könntest." „Hab ich auch nicht. Ich konnte mich für Joshua begeistern und Joshua gibt es nun mal nur mit Designermöbeln."

Klang fast wie eine Werbeanzeige ‚Schlagen sie heute zu. Joshua Maibach nur für eine läppische Unterschrift im Jahresabo und exklusiv dazu noch eine Wohnung mit Designereinrichtung gratis dazu'

Schweigen. „Bist du glücklich mit ihm?" „Ja" bestätige ich möglichst selbstsicher. Sie hingegen wirkte unglücklich „Was habt ihr am Wochenende gemacht?" „Wir sind beide unsere Turniere geritten und waren mit Freunden unterwegs" antwortete ich wage. „Malar, behandelt er dich gut?" fragte Mama wieder nach einer kurzen Weile des Schweigens. Ich wollte gerade den Mund aufmachen und ihr eine möglichste gut klingende Antwort gebe, da hörte ich hinter mir Joshuas angenehme Stimme und den Holzboden unter seinen Schritten knarrten. „Sie wird auf Händen getragen" ich drehte mich zu ihm. „Wie lange hast du da schon gestanden?" ein göttliches Lächeln zierte sein Gesicht und eine etwas zu lange dunkle Locke fiel ihm ins Gesicht. „Keine Sorge. Höchstens drei Minuten!" schlang er die Arme über die Sessellehne hinweg um mich. Ich kuschelte mich an ihn, während er den Kopf auf meine Schulter sinken ließ. Für ihn bestimmt keine angenehme Pose, aber bei mir sorgte seine Nähe für ein seliges Lächeln. Meine Mutter rückte plötzlich ganz weit in den Hintergrund. Ich streckte eine Hand aus und strich ihm zärtlich die zu lange Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich weis, dass ich zum Frisör muss" meinte er müde an meine Halsbeuge und sein Atem kitzelte etwas. „Ich finde das süß" verteidigte ich seine Frisur. Er zuckte mit den Schultern „Noch Kaffee da?" „In der Kanne ist noch genug für eine Tasse, dürfte auch noch warm sein." „Habe ich dir heute schon gesagt, dass ich dich liebe!" kurz spürte ich seine weichen Lippen auf meiner Wange und mir stieg sofort eine Hitze in die Wangen. Joshua lächelte mich an und fuhr mir noch einmal über die Wange, dann wandte er sich Richtung Küche.

Auch ein Merkmal von Joshua. Er ist ein Kaffeejunkie. Wenn es irgendwo Kaffee gibt, dann ist er der Erste der sich einen gönnt. Besonders nervig ist diese Eigenschaft auf Turnieren. Ich habe das Gefühl ich habe da nur zwei Jobs- Gut neben ihm aussehen und ihm Kaffee organisieren, damit er nicht zu launisch wird.

Meine Mutter sah ihm nachdenklich nach. „Ihr passt zusammen." Sofort musste ich wieder etwas breiter Lächeln. Wenn sie wüsste... „Ich verstehe gar nicht was dein Vater gegen ihn hat" meinte sie. „Was hat Papa denn gegen Joshi?" Ich dachte eigentlich seine Vorurteile hätten sich inzwischen etwas gelegt. „Nun ja..." druckste sie herum „Er hält deinen Joshua für eine nicht ganz ehrliche Person... und für jemanden der glaubt sich mit Geld alles kaufen zu können. Ihm gefällt auch etwas in der Art wie er mit dir umgeht nicht. Dein Vater meint du würdest dich zu sehr von ihm unterbuttern lassen, aber wir wissen doch beide, dass das Schwachsinn ist. Du hast dich nie von auch nur irgendwem unterbuttern lassen" Mein Gott ist mein Vater ein Menschenkenner! Den nächsten Typen kann er gerne mit aussuchen! „Wisst ihr denn inzwischen wann ihr heiratet?" Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Das wird noch etwas dauern. Im Sommer vielleicht" „Sommer klingt schön." Sie hatte sich wohl inzwischen mehr als nur mit den Plänen abgefunden.

Joshua kam mit einer Tasse zu uns und ließ sich neben mich sinken. „Elender Kaffeejunkie" zog ich ihn grinsend auf. Das verfehlte jedoch seine Wirkung ziemlich. „Wenn du mich beleidigen willst, dann lass dir etwas besseres einfallen!" kam es nur von Joshua, der zufrieden einen Schluck aus seiner weißen Keramiktasse nahm. Ich warf ihm einen angekeksten Blick zu. Das entlockte ihm zumindest ein belustigtes Grinsen. „Du müsstest mich doch inzwischen gut genug kennen um zu wissen, dass sowas einfach nicht klappt." feixte er keinen Augenblick später. Ich verdrehte die Augen und seufzte. Gönnen wir ihm den Triumph. „Wo war nur der Prinz auf dem weißen Pferd als ich dich getroffen habe" murmelte ich und verkniff mir ein grinsen. Das hatte ihn jetzt hoffentlich getroffen. Wieder grinste Joshua mich an „Das mit dem weißen Pferd ist kein Problem, das steht unten auf der Weide und reiten kann ich ja bekanntlich ganz passabel, nur das mit dem Adelstitel wird wohl nichts" nutzte er meine Vorlage.

Meine Mutter grinste uns breit an. „Ihr seid wirklich süß zusammen!" schwärmte sie dann drauflos. „Ich gebe es ja zu. Ich hatte wirklich Bedenken, aber ihr passt zusammen" „Weil er mich immer wieder demotiviert, oder was?" fragte ich trocken und bekam nur ein empörtes „hey!" von Joshua zuhören. „Nein, aber ich weis nicht... Schwer zu erklären" druckste sie herum. Joshua musste grinsen und legte einen Arm um mich. Sofort schlug mein Herz etwas schneller und ich hoffte innerlich das niemand es merken würde. Was für einen Spruch würde er wohl jetzt raushauen? Ich bettete meinen Kopf an seine Schulter und betete, dass es etwas anständiges wäre, aber zu meiner großen Überraschung kam nichts. Er hielt die Klappe. Innerlich tanzte ich vor Freude über sein Schweigen. Glücklich lächelnd schmiegte ich mich an seine Schulter. „Ich glaube ich gehe dann mal" wissend lächelte meine Mutter uns an und erhob sich, wir wollten es ihr gleich tun, da meinte sie „Nee Kinder bleibt sitzen! Ich finde den Weg schon alleine und ihr ward heute schon genug auf den Beinen!" Sie flötete noch ein „Tschüss" dann war sie zur Tür raus.

Kaum das die Tür zuschlug schon Joshua mich etwas von sich und etwas kühles legte sich auf seine Gesichtszüge. Enttäuschung überkam mich für einen kurzen Moment. Ende mit dem Liebespaargetue! Schluss mit Herzklopfen. Zurück in den Alltag.

Er stand auf und nahm die Tassen vom Tisch. „Wo willst du jetzt hin?" fragte ich zaghaft. „In die Küche. Aufräumen" kam es kühl von ihm, wie immer wenn er nichts von mir wollte und ich damit das Gefühl bekam im Weg zu sein. Schwer schluckte ich und wandte meinen Blick von ihm ab. „Ist etwas?" fragte er von oben herab und es klang, als würde er es nicht wirklich wissen wollen. Ich schüttelte den Kopf. Er drehte sich von mir weg und stellte die Tassen wieder auf den Tisch. Sofort wurde mir bewusst, dass ich wieder einen Fehler gemacht hatte.

Unkontrolliert atmete ich ein und aus. Meine Gedanken überschlugen sich und ich wusste nicht was ich tun sollte. Shit! Wie kam ich weg?! Wie kam ich jetzt von ihm weg! Das war doch alles hoffnungslos! Ich resignierte und wartete was auf mich zu kam.

„Warum lügst du mich so häufig an?!" grollte seine Stimme und mein Herz setzte aus, als er sich zu mir umdrehte. 

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