Sechs Monate (Timestamp)
Die Klimaanlange klickte und surrte, summte so sehr, dass sie ihn leicht aus dem Schlaf schrecken ließ. Sonnenlicht strömte durch die Fenster. Dean streckte sich, gähnte und presste seinen Rücken an Cas' Brust. So gesehen war er nun der kleine Löffel in dieser Stellung. Cas rutschte näher an ihn heran und küsste diese magische Stelle unter Deans Ohr.
,,Mmm, guten Morgen."
,,Ach nee. Schlaf wieder ein."
Cas ließ eine Hand an Deans Hüfte hochgleiten und fuhr mit seinen Fingern über seine Vorderseite. ,,Nein. Wir haben etwas vor, erinnerst du dich?"
,,Aber es ist früh."
,,Nicht zu früh."
Dean tastete nach seinem Handy. ,,7:13 Uhr? Ja. Früh." Er drehte sich, um Cas anzusehen, und gab sein Bestes, ihm einen strengen Blick zuzuwerfen, doch dem Funkeln in Cas' Augen konnte er nicht standhalten. ,,Morgen", grinste er und kuschelte sich weiter an ihn heran.
,,Fröhliches Jubiläum." Cas lächelte und drückte seine Lippen an Deans Hals.
,,Sechs Monate. Wow."
,,Sechs wundervolle Monate." Cas küsste sich seinen Weg an Deans Hals zu seinen Lippen hoch. ,,Mein wunderschöner, wertvoller Ehemann."
Cas küsste ihn sanft und umfasste seinen Kopf auf seine eigene süße Weise, die Dean sich begehrt und beschützt fühlen ließ. Natürlich, wie es so oft bei ihnen war, verwandelte sich Zärtlichkeit ziemlich schnell in Leidenschaft. Cas drückte Dean auf seinen Rücken hinab und übernahm die Kontrolle.
Später, als sie beide überwältigt und atemlos dalagen, streckte sich Dean auf dem Laken und grinste zu Cas hinüber. ,,Alter. Ich liebe Morgensex."
,,Du sagst das über jede Art von Sex, die wir haben."
,,Ja, aber Morgensex? Helles Licht kommt durch die Fenster herein, ich kann alles sehen und ich habe genug Energie von letzter Nacht. Oder diese Morgen, wo wir einfach nur träge sind und mit Kuschelsex in Besinnungslosigkeit versinken."
,,Kuschelsex?"
,,Kuschelsex."
Cas gluckste und zog Dean zu sich heran, damit dieser auf seiner Schulter liegen konnte. ,,Wir sollten aufstehen."
,,Will nicht."
,,Aber wir haben etwas vor, weißt du noch?"
,,Wir könnten diese Pläne doch ändern. Den ganzen Tag im Bett bleiben." Dean grinste zu Cas hoch und wackelte mit den Augenbrauen. ,,Es so richtig treiben."
,,Nein. Pläne. Geniale Pläne." Cas gähnte. ,,Pläne, denen wir gleich nach diesem Nickerchen nachgehen werden."
,,Das ist schon besser", stimmte Dean zu und zog die Decke wieder über sie. Er kuschelte sich weiter an Cas, verschränkte ihre Hände und lächelte beim Anblick ihrer Hochzeitsringe.
Sechs Monate, seit sie in Paris geheiratet hatten. Es waren schnell die besten sechs Monate seines Lebens geworden. Sie hatten jedes Monatsjubiläum mit Begeisterung gefeiert. Cas beharrte darauf, dass die zwölf Monate des Feierns viel dazu beitragen konnten, die zwölf Jahre schmervoller Einsamkeit zu lindern.
Im Februar war kurz darauf Valentinstag gewesen, und Ellen hatte darauf bestanden, ihnen einen kleinen Hochzeitsempfang zu organisieren. Danach hatten sie ein teures Hotelzimmer gemietet, Champagner und Erdbeeren bestellt und komplett ihre Abendessenreservierung vergessen. Im März war es ein Wochenendausflug nach New York und ein Besuch des Metropolitan Museum of Art gewesen, der Dean beeindruckt und sprachlos gemacht hatte. Im April war Eröffnungstag im Oriole Park gewesen, wo sie die O's in ihrer besten orangenen und schwarzen Kleidung angefeuert hatten. Im Mai hatten sie aufgrund des Gedenktages ein Wochenende in Ocean City verbracht, allerdings ein wenig verspätet, weil Dean gegenüber der Abschlussklasse der Parkville High Verpflichtungen nachkommen musste. Im Juni war es ein langes Wochenende gewesen, dass sich zu eineinhalb Wochen in Kap Hatteras ausgedehnt hatte.
Heute waren ihre Pläne einfacher gehalten, näher Zuhause, und bestanden daraus, später am Abend bei Ellen's essen zu gehen. Sam und Gabe würden sich zu ihnen gesellen. Dean freute sich darauf, weil es fast einen Monat her war, seit er Sam das letzte Mal gesehen hatte.
Die Klimaanlange schaltete sich ab und ließ andere Geräusche ins Zimmer treiben. Hauptsächlich war es der Lärm des frühen Samstagmorgenverkehrs auf den Straßen unter ihnen. Dean war wirklich nicht mehr nach schlafen zumute, trotz des Faktes, dass Cas warm und nackt an ihm lag und leise in sein Kissen schnarchte.
Dean schlüpfte aus dem Bett, hob eine alte Turnhose vom Boden auf und zog sie an. Zwanzig Minuten später war er im Erdgeschoss, ausgerüstet mit Kaffee und Led Zeppelin, und starrte auf sein neustes Kunstprojekt.
Er hatte eine neue Reihe begonnen – seine erste nach längerer Zeit. Das Bild, an dem er arbeitete, befand sich auf dem verzogenen und durch Wasser beschädigten Deckel eines Stutzflügels, den er auf einem Schrottplatz gefunden hatte. Ein Hauch von Brandgeruch lag auf ihm, da er sich in einem großen Haus befunden hatte, das in Brand geraten war.
Dean drückte weiße und schwarze Farbe auf seine Palette. Die Szenerie auf dem Holz beinhaltete ein sturmgepeitschtes Meer, das auf einen rötlich-gelben Strand krachte. Auf der rechten Seite des Gemäldes befand sich ein solider, blütenweißer Rettungsschwimmerstuhl.
Er hatte ihren Sommer vor langer Zeit in Ocean City im Sinn gehabt, als er ihn gemalt hatte.
Allerdings fehlte etwas, und das war genug, um Dean die Wände hochgehen lassen zu wollen. Das Meer war fertig. Er konnte das Salz fast auf sein Gesicht spritzen fühlen, während er es anstarrte.
Das gleiche Problem hatte er mit einem anderen seiner Gemälde. Dean hatte ein altes, abgebrochenes Stück Gipskarton genommen und die Rückseite mit Holz verstärkt, damit es nicht zusammenstürzen würde. Das Stück war zweieinhalb Meter hoch, und er hatte den schlichten Eiffelturm in schwarzweiß darauf gemalt. Theoretisch war das Gemälde einwandfrei, und er war zufrieden mit dem Realismus, an dem er sich versucht hatte, aber irgendetwas daran fühlte sich unfertig an.
Seufzend legte er seine Pinsel und Palette auf den Boden und ließ sich auf eine Lattenkiste sinken.
,,Was sehe ich nicht?", murmelte er und starrte auf die Gemälde.
,,Ich dachte, wir würden nochmal schlafen?" Cas schlang seine Arme um Dean und küsste seine Schläfe.
,,Keine Ahnung. Ich war wach und irgendwie rastlos, also dachte ich, dass ich malen könnte", seufzte Dean. ,,Irgendetwas fehlt in ihnen. Theoretisch sehen sie klasse aus, aber sie fühlen sich so unfertig an. Das frustriert mich ziemlich."
,,Hmm. Nun, lass uns duschen, los zum Roadhouse und Pfannkuchen essen und dann werden wir unsere Pläne in Angriff nehmen. Vielleicht fällt es dir ein, während wir unterwegs sind. Klingt das gut?"
,,Ja." Dean lächelte, als er aufstand und sich streckte. ,,Du hast immer die besten Ideen."
,,Das ist mein Job." Cas zog Dean zu sich heran und umschlang ihn mit seinen Armen. ,,Ich liebe dich."
,,Ich dich auch."
______
Cas stopfte sich mit Pfannkuchen voll. Er schien nicht mit dem Lächeln aufhören zu können, und Dean war genauso schlimm. Ellen weigerte sich, sie für ihr Frühstück bezahlen zu lassen. Bevor sie überhaupt mit ihrem Essen fertig waren, hatten sich schon Benny, Jo, Ash und Andy zu ihnen gesellt. Ellen und Bobby kamen so oft wie möglich an ihrem Tisch vorbei, doch im Restaurant war viel los und sie waren sehr beschäftigt.
Cas und Dean verabschiedeten sich von ihren Freunden und riefen ein Taxi, das sie zum Oriole Park fuhr, wo sie den Tag als Zuschauer begannen. ,,Die O's machen die Skankees platt", warf Dean während des Spiels ein. Er aß zwei Hotdogs und haufenweise Popcorn. Cas riss ein paar Witze darüber, dass er ihn aus dem Stadion rollen müsse.
Danach schlossen sie sich der Massenflucht an und liefen die wenigen Blocks zum Harborplace.
,,Ich will zu diesem verrückten Sockenladen!", verkündete Dean. ,,Als ich das letzte Mal da war, habe ich Elchsocken gefunden, und Sammy braucht Elchsocken."
,,Hört sich gut an. Ich würde sagen, dass wir dann auch zu diesem Süßwarengeschäft gehen und Gabe etwas zum Naschen holen."
,,Und zu McCormick. Ich glaube, wir haben kaum noch etwas vom Old Bay Gewürz."
,,Das muss nicht sein."
,,Wir sind Baltimorer, müssen also auch Old Bay haben."
,,Leider muss ich hier anmerken, dass du eigentlich aus Kansas kommst."
,,Hey!", wandte Dean ein und sah entrüstet drein. ,,Ich bin hier so schnell hergekommen wie möglich!"
Cas schmunzelte. Er zog Dean zu sich heran und küsste seine sommersprossige Nase. ,,Und ich bin so froh, dass du das getan hast."
Cas streckte den Arm aus und hielt Dean die Tür auf. Nach der Hitze des Stadions genoss er den kühlen Luftzug der Klimaanlange. Dean ging schnurstracks auf den Sockenladen zu und fand sofort die Elchsocken. Sich selbst kaufte er ein hellpinkes Paar mit schwarzen Schnauzern, und ein blaues Paar, auf dem sich Kunstpaletten und Pinsel befanden. Cas wies auf ein weiteres Paar hin, das Van Goghs Sternennacht-Motiv darstellte, und Dean schnappte sich auch dieses.
Im Süßwarengeschäft lachten sie beide über einige 'Erwachsenen'-Produkte. Trotzdem nahm Cas etwas von der Körperbemalung mit Schokolade mit, als Dean gerade nicht hinsah. Er fand auch einen Notfall-Süßigkeitenkoffer für Gabe und bezahlte beide Artikel.
Sie verließen den Harborplace mit mehreren Tüten und spazierten über die Landungsbrücken, bis sie vor dem Barnes & Noble standen.
,,Das ist das erste Mal, dass ich hier bin, seit... Du weißt schon", sagte Dean sanft und errötete.
,,Geht mir auch so."
Ohne es weiter zu besprechen, stiegen sie die Stufen zum Buchladen hoch.
,,Ich war an diesem Tag so nervös", fuhr Dean leise fort. ,,Hat sich angefühlt, als ob ich mich übergeben müsste. Zweimal bin ich fast gegangen."
,,Das war die Überraschung meines Lebens, hochzuschauen und dich zu sehen."
Für einen Moment standen sie nur da, vor einem dieser alten verkupferten Kamine. Dean drückte seine Hand.
,,Ich bin so froh, dass ich gekommen bin. Ich bin so froh, dass ich geblieben bin."
Cas drückte zurück. ,,Ich auch."
_____
Als sie den Hafen verließen, wurde es gerade Abend. Dean verspürte hinter seinen Augen einen leichten Schmerz, weil er den Tag hauptsächlich draußen in der drückenden Hitze Baltimores verbracht hatte. Sie riefen ein weiteres Taxi herbei, um wieder nach Remington und zur Feuerwache zu gelangen.
Nach einer gemeinsamen Dusche zogen sie sich an und gingen für das Abendessen zu Ellen's zurück.
,,Dean!" Sam zog ihn in eine feste Umarmung, als er gerade das Restaurant betrat.
,,Alter, lass mich atmen!"
,,Sorry." Sam lachte. ,,Ich bin nur so glücklich, dich zu sehen! Es ist viel zu lange her!"
,,Dann hör auf, nach LA abzuhauen, Dummkopf!"
Sam grinste. Ein blasses Pink ließ seine Wangen erröten, während er zu Gabe hinüberlächelte. ,,Ja, naja. Du weißt Bescheid."
,,Ja, allerdings." Dean zog Sam in eine weitere feste Umarmung. ,,Freue mich für dich", flüsterte er in sein Ohr.
,,Danke", flüsterte Sam zurück.
,,Okay, kommt schon, das Essen wird kalt!", rief Ellen.
Den Abend verbrachten sie lachend und essend, nahmen die Zeit mit ihrer Familie in sich auf. Charlie und Dorothy schlossen sich ihnen an, und nach einer Weile verschoben sie die Feier zu Benny's. Getränke wurden herumgereicht, und die meisten Angehörigen der Party wurden albern und laut.
Gabe öffnete seinen Süßigkeiten-Notfallkoffer und teilte Stücke davon aus. Sam bestand darauf, seine Elchsocken als Handschuhe zu tragen.
Gegen ein Uhr nachts war Cas ziemlich betrunken und sackte gegen Deans Seite. ,,Ich liebe dich, Baby", lallte er zu Dean hoch, ein dümmliches Grinsen auf seinem Gesicht.
,,Ich liebe dich auch. Ich denke, wir sollten dich nach Hause bringen, Engel."
,,Ja. Klingt gut." Cas stand auf, wollte aus der Nische gehen und stolperte dabei fast über seine eigenen Füße, doch Dean ergriff seinen Arm, um ihn zu stützen. ,,Lass uns nach Hause gehen und Sex haben", verkündete er laut genug, dass Sam es hörte. Daraufhin folgten ein paar schlimme gestellte Würgegeräusche.
,,Halt die Klappe, Sammy", zischte Dean und schlang beschützend einen Arm um Cas.
Sam begann zu lachen. ,,Habt Spaß beim Sex!", rief er, während Dean Cas aus der Bar leitete. Hinter ihnen brach Gejohle und Brüllen aus. Dean spürte sein Gesicht erröten, als er Cas in die schwüle Sommernacht Baltimores hinausschob.
,,Sie sind so lustig", lallte Cas und kicherte, während er sich an Deans Schulter lehnte. Dann begann er zu hicksen, was ihn noch stärker lachen lies. Bis sie schließlich an der Feuerwache ankamen, trug Dean ihn so gut wie. Es gelang ihm, Cas durch eine Dusche zu bringen und ihn ins Bett zu stecken. Cas zog ihn zu sich heran und küsste seinen Hals.
,,Können wir jetzt Sex haben?"
,,Ja", schmunzelte Dean, ,,wir können jetzt Sex haben." Er drehte sich, um die Gleitcreme aus der Schublade zu holen, aber als er sich wieder Cas zuwandte, schlief der schon. Tief. Schnarchte sogar, während ein dünner Speichelfaden auf sein Kissen lief. ,,Unglaublich. War ja typisch."
Dean legte sich neben ihn und brauchte selber nicht lange, um auch einzuschlafen.
_____
Als Cas aufwachte, war er sich ziemlich sicher, dass er immer noch betrunken war. Er wusste nicht, was ihn geweckt hatte, doch als er nach Dean tastete, war die andere Seite des Bettes leer.
Cas rappelte sich hoch, nahm eine Jeans vom Boden und zog sie an.
Musik trieb durch das Treppenhaus nach oben und Licht schien durch die Öffnung zur Rutschstange. Auf seinem Weg ins Erdgeschoss setzte er seine Schritte auf der Treppe sehr bedächtig, hielt sich am Geländer fest und gab sein Bestes, nicht die Stufen hinunterzufallen.
Dean saß im Schneidersitz vor dem Gemälde des Eifelturms und arbeitete gewissenhaft an den Details eines hellbraunen Trenchcoats auf der Leinwand.
,,Dean?"
Er zuckte leicht zusammen, drehte sich dann um und sah Cas mit einem breiten Grinsen auf seinem Gesicht an. ,,Hey! Es ist ungefähr fünf Uhr am Morgen. Du solltest deinen Rausch ausschlafen."
,,Du solltest auch schlafen." Cas überquerte den Flur, setzte sich neben Dean und lehnte sich gegen seine Schulter. Dann studierte er die Person auf der Leinwand. ,,Bin ich das?"
,,Ja", strahlte Dean. ,,Die Landschaft war so kahl und leer. Ich wusste, dass etwas fehlte, aber ich konnte nicht herausfinden, was es war. Ich habe über die Sachen in meinem Leben nachgedacht, die dem Farbe geben, und die größte warst du, also-" Seine Wangen erröteten. ,,Es ergibt einfach Sinn. Die Farbe in meiner ausdruckslosen Landschaft bist du. Der Lichtblick in dieser ganzen Dunkelheit. Das bist du."
Cas' Herz schwoll an. Er ergriff Deans Shirt und zog ihn nahe zu sich heran. ,,Du bist auch mein Lichtblick", flüsterte er, bevor er Deans Mund für sich beanspruchte. Nachdem sie sich getrennt hatten, legte Cas atemlos seine Stirn an Deans. ,,Fröhliches Jubiläum."
Dean seufzte glücklich. ,,Fröhliches Jubiläum."
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