𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 9

POV: Talion

Hektisch wurden die letzten Vorbereitungen für die Schlacht getroffen und auch ich prüfte noch einmal den Sitz meiner Rüstung. Meine schweißnassen Hände glitten immer wieder ab, als ich versuchte, die Lederriemen meiner Rüstung festzuzurren. Irgendwann hatte ich es dann geschafft und kümmerte mich um den Sitz meiner Stiefel.

Danach prüfte ich noch einmal mein Schwert, bevor ich mich auf mein Pferd schwang. Vater und einige andere Krieger saßen ebenfalls schon auf ihren Rossen und der oberste General war soeben dabei, die anderen Krieger zu zusammen zu trommeln.

Bald darauf waren alle bereit. Der General gab das Zeichen zum Losreiten und ich trieb mein Pferd an. Mein Blick fiel auf die Schar der Reiter hinter mir. Es herrschte Stille, ich hörte nur das Klappern der Hufe und das Schnauben der Pferde. Niemand unterhielt sich, alle ritten schweigend.

Ich spürte die Beklemmung, die schwer über uns in der Luft hing. Es war ungewiss, was jetzt kommen würde, ungewiss, wer die Schlacht gewinnen würde. Und der Gewinn war nicht immer ein Sieg. Für mich war es eine Niederlage, wenn wir mit zu vielen Leben bezahlen würden.

Eine Gänsehaut kroch meine Arme hoch, wenn ich daran dachte, dass ich ebenso sterben könnte. Schon bald könnte ich tot unter den anderen Kriegern liegen.

Ich schüttelte die Gedanken ab und klammerte mich an die Mähne des Pferdes. Ich wollte Trost suchen und hoffen, dass ich diese Schlacht wohlbehalten überstehen würde.

Nun lag die Grenze vor uns. Ein Gebiet, welches bald ein Schlachtfeld sein würde.

Die Eiswölfe waren schon da – eine große, grimmige Menge am Horizont. Schnell kamen wir näher und blieben etwa dreihundert Schritte von ihnen entfernt stehen. Stille legte sich über das Feld. Es schien, als halte sogar der Wind den Atem an.

Plötzlich begannen die Eiswölfe loszulaufen. Ein paar waren in ihrer tierischen Gestalt und ein paar in ihrer menschlichen. Es war ein epischer Anblick, einen, wie man ihn aus den alten Legenden kennt. Sie sahen finster aus, tödlich. Und sie waren unsere Feinde.

Ich gab meinem Pferd die Sporen – synchron mit allen anderen Kriegern. Ich sah die Angst in den Augen der Krieger. Jene Angst, die nun von der Entschlossenheit verdrängt wurde. Sie wollten ihr Land um jeden Preis schützen und diesen Krieg unbedingt gewinnen. Ich spürte, wie auch in mir die Angst wich. Ich würde beweisen, dass ich ein Prinz war. Ich würde beweisen, dass ich ein König sein konnte.

Unser Zusammentreffen war hart. Eiswölfe und Drachenwandler fielen übereinander her, bekriegten sich mit aller Kraft. Von jetzt auf gleich wurde die Luft erfüllt von den Schreien verwundeter Tiere und Krieger. Der Wind sauste nur so um uns herum. Und mitten in all diesem Durcheinander war ich – der Prinz.

Ich wirbelte herum, schlug mit meinem Schwert mal hierhin und dorthin. Meine Klinge vollführte einen wirbelnden Tanz und ich war glücklich über die Jahre Training, die ich erhalten hatte. Stunden um Stunden hatte ich trainiert, bis meine Hände blutig waren und ich kaum noch stehen konnte. Jetzt wurde mir das zum Vorteil. Ich hatte einen eigenen Kampfstil und kaum einer der Krieger war mir gewachsen. Ich tötete sie nie – ich verletzte sie nur so schwer, dass sie keine Waffe mehr führen konnten. Töten brachte ich einfach nicht übers Herz.

Ich war in einem Rausch gefangen, achtete nur noch auf mein Schwert und mich. Ich hatte keinen Überblick über das Schlachtfeld. Ich wusste nicht, wie viele unserer Männer schon gefallen waren. Ich nahm nur das Geklirre der Waffen und das Schreien von Mensch und Tier wahr. Ich verletzte jeden Feind, der vor meine Klinge kam. Ohne jegliche Bedenken schlitzte ich ihre Arme auf, durchtrennte ihre Sehnen.

Es ging nur noch ums Überleben und meine Vorurteile hatte ich über Bord geworfen. Es war, wie mein Vater gesagt hatte. Entweder sie oder ich.

Ich sah auf, als mein Pferd wiehernd zu Boden ging. Mehrere Krieger mit Lanzen hatten seinen Bauch durchbohrt. Ich richtete mich auf und sprang ab, während ich mit meinem Schwert schon den ersten Schlag vollführte. Ohne Rücksicht auf mein Pferd tötete ich all meine Feinde. Ihre entsetzten Schreie hallten in meinen Ohren, doch ich achtete nicht darauf.

Nachdem sie neben mir zu Boden gesunken waren, drehte ich mich zu meinem Pferd um und stellte fest, dass ihm nicht mehr zu helfen war. Ich trat zu ihm und versetzte ihm den Gnadenstoß. Nun musste es immerhin nicht mehr qualvoll leiden.

Plötzlich überkam mich Übelkeit und es war, als erwache ich aus einem bösen Traum. Ich blickte an mir herunter – und sah, dass meine Kleidung voller Blut war. Es war das Blut jener Männer, die ich getötet hatte.

Ich übergab mich neben dem Leichnam meines Pferdes. Auch sein Leben hatte ich genommen. Ich wischte mir über den Mund und stürzte mich wieder ins Getümmel.

Ich wirbelte um meine Feinde herum, verletzte einen nach dem anderen. Wölfe, Menschen. Sie alle fielen meinem Schwert zum Opfer. Ich empfand nichts dabei. Nur Leere. Die Gefühle hob ich mir für später auf.

Ich erlöste gerade einen tödlich verwundeten Wolf von seinen Qualen, als ich, wie vom Schicksal gelenkt, aufsah.

Und mein Mund öffnete sich zu einem entsetzten Schrei, der jedoch nie von meinen Lippen drang.

864 Wörter

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top