𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 12

 POV: Talion 

Ein Monat war seit meiner ersten Verwandlung vergangen.

Tias und ich weilten inzwischen wieder im Schloss. Es war leer und die Anwesenheit unseres Vaters fehlte uns. Es war schwer vorstellbar, dass wir nie wieder sein Lachen hören konnten und nie wieder seinen Zorn, wenn einer der Bediensteten einen schwerwiegenden Fehler gemacht hatte.

Wir benahmen uns erwachsener als vor dem Krieg. Ich bekam zwar immer noch Wutanfälle, jedoch riss ich mich zusammen, um nicht noch einmal die Kontrolle zu verlieren und so viele Menschen zu töten.

Ihre Gesichter gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Jede Nacht träumte ich davon, wie ich als Drache über das Schlachtfeld flog und sie immer wieder tötete. Stets endete der Traum damit, dass ich Tias tötete. Danach wachte ich schweißgebadet auf und verbrachte den Rest der Nacht wach in meinem Bett.

Ich war mehr als froh, dass alles jetzt vorbei war. Krieg war eine schlimme Sache und ich hoffte, nie wieder einen führen zu müssen.

Roan und ich hatten uns darauf geeinigt, dass die Eiswölfe ab und zu in unserem Reich jagen gehen konnten, wenn bei ihnen die Nahrung zu knapp wurde. Wir hatten Wild im Überfluss und Roan zahlte uns eine Gebühr für die Tiere.

Im Gegenzug hatten die Eiswölfe versprechen müssen, die Bewohner unseres Landes in Ruhe zu lassen. Der Wald gehörte nun allen und wir konnten ihn gut teilen.

Es war eine gute Entscheidung gewesen, um diesen Krieg zu beenden. Tias hatte mir dabei geholfen und ich war mehr als glücklich, ihn an meiner Seite zu haben.

In etwa sechs Monaten würde ich König werden. Bis dahin übernahmen Vaters Berater diesen Posten.

Bis es so weit war, würden Tias und ich die Welt besichtigen. Zu allererst stand ein Besuch bei Roan und Rûk an. Nun waren wir besser denn je befreundet. Roan bereute es, unseren Vater getötet zu haben und er entschuldigte sich mehr als einmal dafür. Er versprach uns, uns immer zu Hilfe zu kommen, wenn etwas sein sollte.

Mir war das Versprechen nicht so wichtig. Ich sah immerzu die Reue in seinen Augen und wusste, dass dies viel mehr Wert war als alles andere. Unser Vater war das Leben leid gewesen und Roan hatte ihn von dieser Last befreit. Außerdem waren die beiden gute Freunde gewesen und ich wusste, dass dies der Tod war, den mein Vater sich immer gewünscht hatte.

Tias hatte inzwischen seine große Liebe gefunden, ein süßes Mädchen, welches im Nachbarreich Anon lebte. Sie besaß dort den Status einer hochrangigen Adligen und es war durchaus eine gute Partie. Ich als baldiger König musste darauf achten, dass Tias eine gute Ehefrau bekam, die den Richtlinien entsprach. Noch aber legte ich nicht so viel Wert darauf. Hauptsache, mein Bruder wurde glücklich.

Er hatte versprochen, hierzubleiben und mit mir zusammen zu regieren. Er meinte, er würde mit Freuden mein engster Berater werden und mich immer unterstützen. Da sind mir dann die Tränen gekommen.

„Talion, was treibst du schon wieder?" Tias betrat mein Gemach und schaute mich stirnrunzelnd an.

„Ach nichts", sagte ich und schlug mein Tagebuch zu.

„Denkst du nicht, es ist mal wieder an der Zeit?", fragte Tias und deutete auf den Drachen, der den ledernen Einband schmückte.

„Wenn du glaubst, dass ich mich von dir überreden lasse, dann hast du dich geschnitten! Nie wieder!"

Kurz darauf stand ich auf einer kleinen Waldlichtung.

„Und? Wie war das? Nie wieder?" Schelmisch grinsend stand Tias neben mir.

„Das ist nun aber wirklich das letzte Mal, dass ich mich verwandle. Wer weiß, vielleicht verliere ich erneut die Kontrolle?"

„Jetzt zweifle nicht so viel. Du wirst es schaffen, da bin ich mir ganz sicher!"

Ich grummelte etwas Unverständliches und horchte tief in mich hinein. In mir war eine Unruhe. Ich wollte frei sein, ich wollte fliegen!

Ich spürte, wie sich mein Körper dehnte und wartete auf die schrecklichen Schmerzen. Doch sie kamen nicht. Ebenso war der beißende Nebel, der mir letztes Mal mein Bewusstsein genommen hatte, nicht da.

Ich war frei. Ich spannte meine Flügel aus. „Lass uns fliegen.", sagte ich zu meinem Bruder. Erstaunt sah dieser mich an. „Du kannst ja sprechen!", rief Tias erstaunt aus und kletterte auf meinen Rücken.

„Natürlich kann ich das. Halt dich gut fest.", erwiderte ich, während ich vom Boden abhob.

Und dann flogen wir davon, dorthin, wo das nächste Abenteuer auf uns warten würde.

725 Wörter 

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