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Das Nervtötende Ringen meines Weckers reist mich aus dem Schlaf. Spätschicht und früh aufstehen ist wie...Plus-und Minuspol. Abstoßend. 

Widerwillig setze ich mich auf und werfe einen Blick auf mein Handy. 7:30. Draußen geht langsam die Sonne auf und die Regentropfen liefern sich ein brutales Rennen auf Leben und Tod, auch wenn beide am Ende eh sterben. Ziellos. 

Ich reiße meinen Blick von der Scheibe ab und betrete das Bad, wo ich mein Aussehen irgendwie rette. Gegen die dunklen Kreise unter meinen Augen kann ich wenig machen. Nur beten. 

"Guten Morgen.", grüßt meine Mutter mich, als ich den Wohnraum betrete. In der Sonne scheinen ihre eigentlich eher grauen als schwarzen Haare wieder etwas an Farbe zu gewinnen und es scheint immer so, als wäre sie so viele Jahre jünger, als sie eigentlich ist. Mit einem Lächeln umarme ich sie kurz. "Möchtest du auch etwas?", fragend deutet sie auf eine Pfanne mit Spiegeleiern. "Später, ich muss los.", entschuldigend Lächle ich und greife nach meiner Jacke. "Okay.", höre ich sie hinter mir. "Bis später!", verabschiede ich mich und ziehe die Tür hinter mir zu, um wieder die Treppen runter zu laufen. 24, mit der Kellertreppe 31.

Schnell trage ich mein Fahrrad von dort unten hoch und nicke meinem Nachbarn kurz zu. Ich pflegte keine wirkliche Bindung zu den anderen Leuten im Haus. Ich kannte namentlich tatsächlich nur den ewig grummeligen Lee und seine schrecklich gut gelaunte Frau. 

Als eine kalte Brise der Morgenluft mir unter die Jacke fährt bildet sich eine Gänsehaut auf meinen Armen und ich schüttle mich kurz. "Mist Wetter...", fluche ich und radle im flotten Tempo los zur Post. Ich hatte morgens nie eine sonderlich lange Route, nur acht oder neun Straßen, aber mit dem Fahrrad konnte das schonmal etwas dauern. Knapp Begrüße ich meine Mitarbeiter und melde mich dann zum Dienst, bevor ich das Postfahrrad nehme und mich mit diesem auf den Weg mache. 

Wie üblich fahre ich die Straßen entlang und werfe die Briefe und Zeitungen in alle Briefkästen. Während ich so beschäftigt bin steigt die Sonne immer höher und gegen Mittag bin ich fertig und verlasse die Post wieder, um Nachhause zurück zu fahren. Als ich dort ankomme finde ich einen Zettel meiner Mutter vor, sie ist bereits los zur Arbeit, also wieder Ramen. Zum Radio summend mache ich mir zum zweiten Mal innerhalb von 12 Stunden Ramen und setze mich aufs Sofa. 7 Stunden, dann müsste ich zurück zur Tankstelle. Was ich mit der Zeit anfangen sollte? Ich hatte nicht den blassesten Schimmer. 

Einige Stunden bin ich mit aufräumen, spülen, staubwischen und saugen beschäftigt, Eomma ist auch recht schnell wieder zurück und räumt unseren Kühlschrank neu ein. Still beobachte ich sie dabei. "Yoongi." "Ja?" "Du solltest aufhören die Obdachlose zu provozieren.", seufzte sie und drehte sich zu mir um.
"Ich provoziere sie nicht."
"Du lässt sich aber auf ihren Unsinn ein."
Ich blieb leise. Sie hatte recht. Es gehörte zu meinem Tagesplan mit einem der Penner zu streiten. Ihre ewige Alkoholfahne ging mir auf den Senkel und meine Präsenz ging ihnen auf den Senkel. So entstanden halt Auseinandersetzungen. 
"Es hilft keinem weiter", meckert sie mich an. Geschlagen schaue ich weg. Ich nicke leicht.  Zufrieden lächelt sie. "Und jetzt geh raus und stell an, was Leute in deinem Alter zu anstellen.", auffordern sieht sie mich an. "Und das machen Leute in meinem Alter? Zigaretten stehlen? Autos klauen? Drogen nehmen?", interessiert warte ich auf eine Antwort. "Ich habe an spazieren gehen gedacht. ", meint sie und schaut mich schief an. "Aber gut...tu was du nicht lassen kannst." Ich hatte keine Lust auf rauchen oder klauen, darum schüttle ich nur den Kopf. "Ich erspare dir den Ärger.", antworte ich und setze mich zurück aufs Sofa. 

Den Rest des Tages verbringe ich in der Wohnung oder auf dem Balkon. Mal schaue ich fern, dann gieße ich die Blumen und teste meine artistischen Künste am Buchsbaum. Dieser sieht danach jedoch eher aus, als wäre ein Rasenmäher außer Kontrolle geraten, aber die Pflanze wird das schon nicht stören. Als mein Handywecker um Punkt 20 Uhr klingelt ziehe ich mich wieder an und laufe die Treppe runter. 24 Stufen. Hinter mir schließe ich die Tür ab, dann schlendere ich los zur Tanke. 20 Minuten, bis meine Schicht beginnt, in 15 wäre ich da. 

Wie jeden Abend laufe ich an einer Bushaltestelle vorbei. Mehrere über 40 Jährige Männer sitzen dort, Stockbesoffen. Angeekelt schaue ich diese an und einer von ihnen scheint meinen Blick zu bemerken. "Was glotze' so?!", brüllt er mir zu und steht schwankend auf, um zu mir zu torkeln. "Ich darf hingucken, wo ich will.", stelle ich fest und nehme Sicherheitsabstand ein. "Nerv nicht!", motzt der Mann, als wäre ich der, der ihn angesprochen hat. "War nicht mein Plan." antworte ich trocken und rümpfe die Nase. Er stank. Wirklich heftig. "Nicht jeder kann sich so 'nen Luxus leisten wie du!", grölt er weiter, als er meine Geste bemerkt. "Verwöhnte Göre.", hängt er noch hinten dran und will mich rückwärts stoßen, diese Bewegung blocke ich jedoch, indem ich dem Mann unsanft ein Bein unterm Körper weg trete, durch seinen Alkoholintus kippt er stumpf um. Das scheint ihn jedoch nicht gerade glücklich zu machen und er rappelt sich schnell wieder auf. "Das wirst du bereuen, du Schmarotzer!" Gerade will ich ihm noch etwas entgegnen, da spüre ich, wie etwas meine Jacke zerreißt und nicht einmal eine Sekunde später schießt ein stechender Schmerz durch meinen Arm. Erschrocken keuche ich auf und weiche zurück, jedoch durch die Wunde an meinem Arm ziemlich verzögert und ich kann nicht verhindern, dass er wieder und wieder mit dem Messer nach mir sticht.

Das Atmen fällt mir von Sekunde zu Sekunde schwerer und auch meine Augen fallen immer wieder zu, während ich mit der Ohnmacht kämpfe. Der Penner hatte mich mehrere Male getroffen, nicht nur in den Arm. Ziemlich sicher ebenso meinen Bauch und dem Gefühl nach ebenso meinen Hals. Langsam versuche ich mich auf die Seite zu drehen, was jedoch nur noch mehr Schmerzen auslöst und mein Sichtfeld für eine Sekunden schwarz färbt. Der Boden unter mir beginnt sich zu drehen und ich kann noch eilige Schritte und hastige Worte hören, dann verliere ich das Bewusstsein. 

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