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ᯓ★ san
Als mir das große Licht der Werkstatt zu flackern begann, rollte ich genervt die Augen und legte das Werkzeug zur Seite, womit ich gerade noch beschäftigt war, eins der Motorräder aus der Werkstatt zu reparieren. Ich nahm mir meinen Mundschutz runter, schaltete das Licht komplett aus und machte mir stattdessen eine kleine Tischlampe an. Zu dieser Abendzeit sollte dieses Licht auch für genug Helligkeit sorgen, dachte ich mir genervt, als ich merkte, dass ich anscheinend nun auch an meiner Wandlampe schrauben durfte.
,,Bist du immernoch da?",ertönte die Stimme Jongho's, als er durch das offene Garagentor herein trat und mich mit einem skeptischen Blick musterte. Ich erwiderte seinen Blick nicht, widmete mich kommentarlos dem Motorrad wieder, wo ich soeben noch am Arbeiten war. Doch als ich merkte, dass es immernoch mein jüngerer Bruder war, der mit mir sprach, sagte ich nur kurz:,,Ja."
Ich war keiner der Menschen, die viel sprachen. Genauso wenig war ich einer der Menschen, die gerne sprachen. Deswegen hasste ich es, wenn Jongho mich immer zum Sprechen bringen wollte, auch wenn ich wusste, dass er da andere Absichten für hatte.
,,Du überarbeitest dich doch nur wieder. Das ist auch keine Lösung. Geh nachhause, San.",kommentierte er meine knappe Antwort, als ich ihn am Regal stehen hörte. Dennoch drehte ich mich nicht zu ihm, sagte nur noch stumpf:,,Warst du nicht noch verabredet, oder wieso bist du jetzt hier?"
,,Ich wollte nach meinem älteren Bruder schauen, nachdem sich dieser wieder den ganzen Tag nicht sehen lassen hat."
,,Mir geht es gut. Du kannst also wieder gehen.",erwiderte ich nur noch kühl, als ich merkte, wie er versuchte, sich mir wieder anzunähern. Ich konnte diese Nähe jedoch nicht erwidern, weshalb ich bei seinen Versuchen immer eine riesige Anspannung in mir steigen spürte. Vorallem, als er nur noch sagte:,,Wenn es dir gut gehen würde, würdest du dich nicht so verhalten. Seit Jahren bist du schon so drauf. Komm endlich klar."
Trotzdessen, dass seine Worte irgendeine emotionale Reaktion in mir auslösten, schloss ich nur meine Augen für einen kurzen Moment, was er aber nicht sehen konnte, da ich ihm mit dem Rücken zugewandt war, demzufolge ich nur noch verlangte:,,Verschwinde."
Umso froher war ich, als ich seine Fußschritte hörte und wie er die Garage verließ. Wenn es etwas gab, wofür ich keine Nerven hatte, dann für solche Gespräche. Ich war eben nunmal zurückgezogen, oder wie Jongho es beschreiben würde ,,abgestumpft und dreist".
Meine Gefühle ignorierend, widmete ich mich meiner Arbeit zu, während dies wohl die einzige Tätigkeit war, wo mir meine Gedanken mal auf Standby-Modus umschalteten und der Kopf mir Ruhe gab. Ich war Mechatroniker, spezialisiert auf Motorräder und arbeitete somit stundenlang täglich in den Garagen an irgendwelchen Motorrädern. Von Reperaturen bis hin zu richtigen Tunings für Kunden.
Doch am liebsten hatte ich den Teil, wo ich die Motorräder auf der Rennstrecke zur Testung fahren konnte. Es war für mich ein unbeschreibliches Gefühl, auf dem Teil zu sitzen und mit Vollgas durch die Straßen zu rasen. Es waren diese Momente, wo ich all meine Gedanken, den Wahn und die Stimmen vergaß, sie an Gewicht und Macht über meine Seele und Verstand verloren.
Deswegen machte ich mit 16 bereits meinen Motorradführerschein, machte die Ausbildung zum Mechatroniker und arbeitete seither hier in der Rennpiste, die zugleich auch Aufträge für weitere Fahrzeuge etc. aufnahm.
Ich atmete tief durch, als ich wieder spürte, wie sich meine Brust erschwerte. Grundlos bekam ich schlecht Luft, weshalb ich ein Schluck aus der Wasserflasche nahm, mich aber stumpf meiner Arbeit weiter hingab.
Ich hasste es.
Diese Momente, wo meine Seele die Kontrolle über meinen Verstand nahm. Ich hatte seit Jahren das Gefühl, keine Kontrolle mehr über mich selbst zu haben. Ich lebte in jeden Tag spontan hinein, ohne zu wissen, welcher dieser trägen Gefühle mich heute wieder am Nacken hatte.
Und auch wenn das alles Dinge waren, die man mir nicht ansah und die ,,nur" in meinem Kopf geschahen, war genau dies, das Problem. Ja, es war alles in meinem Kopf. In meinem Kopf war mein Gehirn, ein lebenswichtiges Organ.
Sie nannten es eine psychische, geistige Krankheit, aber ein kaputtes Gehirn wirkte sich eben auf den gesamten Körper aus.
Jemandem zu sagen, dass ,,alles nur in deinem Kopf ist", war genauso nutzlos, wie jemandem, der einen Herzinfarkt hatte, zu sagen, dass alles nur in seinem Herzen war.
Durch zahlreiche Versuche von Leuten, die mich verstehen wollten, sich mir annähern wollten, schottete ich mich ab einem Punkt vollkommen ab. Ich hatte keine Nerven für diese ,,emotionalen Gespräche, wonach es einem ja aufjedenfall besser gehen würde, weil man sich jemandem anvertraut hatte". Nur um in derselben Nacht in genau denselben Horror seiner Gedanken und Gefühle wieder zu versinken, verlassen und alleine zu sein.
Das war der Punkt. Am Ende des Tages waren wir alle immer alleine mit uns selbst. Mit unseren Gefühlen, Emotionen, Gedanken und Bedürfnissen. Nichts war ,,für immer da", so, wie Freunde und Familie es einem immer verkaufen wollten. Dementsprechend hasste ich es, wenn Jongho versuchte, solche Annäherungsversuche zu wagen.
Ich spürte, wie mich die Gedanken wieder bis zu einem Punkt stressten, dass ich mich nicht mehr richtig auf meine Arbeit konzentrieren konnte. Dementsprechend legte ich das Werkzeug zur Seite, strich mir mit meinen dreckigen Händen über das Gesicht, bevor ich einen tiefen Atemstoß rausließ, der den Knoten in meiner Brust immernoch nicht löste.
Aber das war okay. Schließlich kannte ich es nicht anders, weshalb ich mein Werkzeug leblos in die Hand nahm und einfach weiter arbeitete.
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ᯓ★ Ein kleiner Einblick in San's Herzen und Mindset. :)
Wenn ich mir einen Ateez-Member als Bruder aussuchen dürfte, würde ich mir wahrscheinlich auch Jongho aussuchen. Wen würdest du wählen?
- Eure Eleja 𖹭
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