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Es war einer dieser Nächte, wo ich durch die Autobahnen auf meinem Motorrad am Durchrasen war. Ich fuhr ziellos die Straßen entlang, spürte dabei die Kälte des Windes wie Schellen gegen meine Muskeln klatschen, so schnell, wie ich am Fahren war. Dabei krallte ich mich beinahe schon zu fest an den Griffen des Motorrades, um die Kontrolle nicht komplett zu verlieren.
Ich hatte immer wieder Sequenzen während des Fahrens, wo ich gedanklich so derartig abspaltete, dass ich für einen Moment vergaß, dass ich tatsächlich am Fahren war. Jedoch war dies auch meine Absicht, wenn ich in solchen schlaflosen Nächten auf mein Motorrad stieg. Als ich merkte, dass ich heute Nacht nicht mehr zur Ruhe finden würde, stieg ich auf mein Motorrad und fuhr ziellos durch die Gegenden, bis mich das Navi nachhause führen müsste.
Mittlerweile war es ein Reflex, beinahe ein autonomischer Reflex, wie ich bei hoher Anspannung direkt auf mein Motorrad zu griff. Ohne das Fahren, wäre ich nicht fähig zu leben; dies war mir bewusst. Dennoch hatte ich Momente wie jetzt, wo mir aus dem Nichts die Tränen plötzlich in die Augen geschossen kamen. Meine Sicht verschwamm, meine Augen wurden schwerer, genau wie der Kopf, der sich plötzlich ganz schwer und wie zerquetscht in meinem Helm anfühlte.
Als mein Herz dann auch noch anfing zu rasen, was ich an meinen zitternden Händen spürte, wusste ich, dass ich wieder eine Art Attacke hatte. Ich wusste nicht, wie ich diese ,,Attacken" nennen sollte, denn sie tauchten aus dem Nichts auf. Vielleicht tauchten sie doch nicht aus dem Nichts auf, sondern waren einfach nur ein Resultat aus den tausenden Stimmen und Erinnerungen, die mich 24/7 psychisch misshandelten und anketteten.
Ich wusste, ich musste vom Motorrad runter, weshalb ich an der nächsten Raststätte sofort anhielt, mir den Helm runternahm und mich an einer Wand fallen ließ. Ich blinzelte mehrmals, legte meine Hand auf meinen Bauch, als ich anfing nach Luft zu hecheln. Es kam jedoch keine Luft, nicht genug Luft in meine Brust hinein, weshalb ich umso panischer wurde und auf meine zitternden Fingern runterschaute, ängstlich schluckte.
Die Dämonen waren wieder da, verfolgten mich mit Dunkelheit, malten mich mit Wahnsinn, diese kranken kleinen Künstler. Das war nicht meine Schuld. Es waren die Jahre des Missbrauchs und die Vernachlässigung dieser Störung, die meine Jugend und Kindheit kontrollierte. Die Traurigkeit verzehrte mich, das Wasser stieg höher, ich konnte nicht atmen; ich ertrank in allem, was geschehen war.
Mein Kopf brodelte vor Bedauern und brannte vor Schmerz, weil ich diese Krankheiten, die mich verrückt machten, ausgelassen hatte. Mein Herz schlug rasend, pochend, während es schreiend meine Rippen zum Beben brachte. Mein Blut rauschte mit schwerer Gewalt darum herum. Mein Körper zitterte, und ich bekam keine Luft mehr. Ich wurde von dieser Panik angegriffen und war am Ende.
Ich wusste nur, dass es mir nicht gut ging. Mir ging es überhaupt nicht gut. Ich wusste nur, dass der Schmerz in meinem Kopf irgendwie zu einem Schmerz in meinem Körper wurde. Meine Muskeln schmerzten, und meine Glieder wurden schwach und schwer. Mein Geist drehte tausend Gedanken in einem einzigen Moment der Leere, und doch behielt ich es für mich. Ein Geheimnis, das ich bis ins Grab bewahrte.
Angst übernahm die Kontrolle, und Schweigen trat ein. Meine Kämpfe waren meine eigenen, nicht die Sorgen anderer. Warum sollte ich irgendjemanden mit sinnlosem Mist belasten, den selbst ich nicht verstehen konnte?
Also lag ich einfach hier.
Allein.
Dieser Körper war ein Sarg, und ich war lebendig begraben.
Aber das war mein Alltag. Ich hasste diese Attacken. Sie machten mir wieder bewusst, wie sehr ich mich selbst hasste, wie sehr mich damals meine Eltern hassten, als sie mich zu dem Menschen machten, der ich heute war.
Das Abfallprodukt ihrer toxischen Ehe. Das ungewollte Kind, welches zum Boxsack des Vaters und dem Kummerkasten der Mutter wurde. Das Kind, welches sich misshandeln ließ, damit es der jüngerer Bruder nicht abgekommen musste.
Ich war wütend. Ich hatte mein Leben damit verbracht, mich von Dingen zu erholen, vor denen ich hätte geschützt werden sollen. Ich war zu jung, um ein Geist voller Kummer zu werden. Kinder sollten glücklich und frei sein.
Keiner sollte mir erzählen, dass ich ohne all die Kämpfe, die ich durchgemacht hatte, nicht der wäre, der ich heute war. Das wusste ich bereits. Ich hätte ein Kind sein können, anstatt gezwungen zu werden, erwachsen zu werden. Die Leute, die mich beschützen sollten, haben mich im Stich gelassen. Keine Heilung würde das ändern. Ich würde meine Kindheit nie zurückbekommen.
Mein Trauma hatte mich nicht stärker gemacht. Es hatte mich zerbrechlich, empfindlich und dysfunktional gemacht. Ich hatte Schwierigkeiten, guten Menschen zu vertrauen. Ich war erschöpft, wenn ich einfache Aufgaben erledigte. Ich hatte immer das Gefühl, im Rückstand zu sein, auf Reserve zu laufen. Ich wurde explosiv, emotional, neidisch.
Traumata machten Menschen nicht stärker. Sie zerstörten sie völlig.
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