Kapitel 8 - Jack Frost
Am Morgen schrecke ich hoch, weil etwas auf mir hockt. Müde strecke ich mich, um im Nachhinein meine Augen allmählich zu öffnen. Ich bin lieber ein Langschläfer. Ausschlafen tut mir gut. Frühaufstehen hingegen so gar nicht, aber oh nein... Faen! Scheiße! Ich habe verschlafen und muss Snefnug zum Kindergarten bringen. Faen! Faen! Und nochmal Faen! „Guten Morgen, pappa. Ich habe dir einen Kaffee gekocht", erklärt mein Sohn feierlich und zugleich stolz.
Erst mache ich das eine Auge auf. Sne hockt auf meinem Bauch und grinst mich mit diesem frechen, kindlichen Grinsen und schief gelegtem Kipf an. Jetzt sind beide Augen wach. „Wie spät ist es?" Ich greife nach der Uhr und falle dabei vor Schreck fast aus dem Bett. „Wir sind spät dran. Mach dich fertig, Sne. Wieso hast du mich denn nicht geweckt?"
„Ich habe mich selbst angezogen. Und warum ich dich nicht geweckt habe, na weil du doch deinen Schlaf brauchst. Das sagt Großmutter immer zu uns."
Schlauer kleiner Junge, zu dem ich ihn erzogen habe. Ich hebe ihn von mir runter und setze ihn auf die Bettkante, dann kitzel ich ihn einmal. Eilig schlüpfe ich in meine Strumpfhose - ja, ich trage eine Strumpfhose und ja, es wäre mir lieber, wenn ihr nicht nach dem Grund fragt - und zieh mir das Hemdkleid oder was es sein mag über den Dickschädel. Dazu müsst ihr wissen, ich bin ein Prinz oder so ähnlich. Ja, ich denke das Wort Prinz trifft es ganz gut. Aus diesem Grund trage ich diese gequirlte Kacke, was echt ätzend ist. Dann noch schnell die Füße an die Schuhe und los geht's. Oh, ich meine Schuhe an die Füße. Stolpernd poltere ich die Treppe runter, um mir eine Kleinigkeit zum Frühstück mitzunehmen. Hinter mir höre ich Snes Schritte. Ich drehe mich um, packe ihn und drehe mich mit ihm im Kreis. Freudig gluckst er, sodass seine Grübchen ihr eigenes Wesen treiben.
„Guten Morgen, Prinz Jack." Um dem tief schlummernden Prinzen in mir gerecht zu werden, will ich mich verbeugen, doch als ich mich mit meinem Sohn zu der Stimme hindrehe, verschlucke ich mich und bekomme Schluckauf. Vor mir steht eine heiße Brünette, die bis auf ihre Unterwäsche nichts trägt. Hinter ihr taucht Jules' Kopf auf. Oh nein. Bitte nicht. Bitte sag, dass das nicht der Fucking Ernst meiner Eltern ist. „Jules, auf ein Wort."
Der Weihnachtsmann zuckt entschuldigend mit den Achseln in Richtung der rattenscharfen Braut. „Wer ist das? Du hast eine Freundin", stelle ich wütend fest.
„Tascha? Wir sind nur Freunde."
„Ist klar", sage ich übertrieben sarkastisch. „Was soll das? Steckst du mit meinen Eltern unter einer Decke? Echt jetzt? Wir sind Freunde."
„Ich habe dir gestern gesagt, du solltest endlich mal wieder Spaß haben. Wollte nur helfen", achselzuckend will er zu der Frau zurück.
„Moment, hier geblieben. Das ist mein Leben, Ju, klar? Ich entscheide, wann und ob ich eine Frau möchte. Lass es sein und wag es ja nicht, dich noch ein verdammtes Mal mit meinen Eltern zusammenzutun."
Fassungslos darüber, was mein Freund mir angetan hat - und das auch noch vor den Augen eines Kindes - stapfe ich die Treppen wieder hoch. Jules ruft mir noch was hinterher, aber ich ignoriere es. Mein Sohn braucht nicht in jungen Jahren Möpse zu Gesicht bekommen. Dafür hat er später noch genug Zeit, wenn ich nicht dabei bin. Solange wie ich noch da bin, will ich ihn verschonen, ihn Kind sein lassen. Außerdem will ich keine Frau, die sofort die Beine für mich breit macht. Oben lasse ich meinen Sohn runter. „Ich dachte, wir müssen los."
„Müssen wir auch. Wir holen dir auf dem Weg was zu essen. Bist du fertig?"
„Ja. Und gegessene habe ich auch schon."
Das erfüllt mich mit stolz. Ohne Hilfe hat mein Sohn es geschafft, sich fertig zu machen. Essen, anziehen und hoffentlich auch Zähne putzen sind eingeschlossen. Für seine Zähne hätten wir jetzt ohnehin keine Zeit mehr, also frage ich besser gar nicht. Für einmal kann ich ein Auge zudrücken. „Super, Großer", sage ich und wuschel durch sein Haar. Nachdem ich sicherheitshalber geprüft habe, ob er alles dabei hat, setze ich ihm den Rucksack auf. Es klopft an der Zimmertür. „Jack, sorry. Deine Eltern haben mich mit Essen bestochen. Außerdem kannst du nicht andauernd nur bei Gelegenheit mit meiner Schwester bumsen."
Auch diesen Kommentar habe ich überhört. Zugegeben, ich komme nicht ganz von den Mädels weg und gelegentlich habe ich was mit seiner Schwester am Laufen, aber das bringt jetzt nichts zur Sache, darum setze ich mir Snefnug auf die Schultern, öffne das Fenster und fliege hindurch. Unten steht meine Mutter in ihrem Morgenmantel mit der Frau von eben, die ihren anderen Bademantel trägt, damit die Gute nicht erfriert. Wir sind ja keine Unmenschen. Nein, meine Mutter doch nicht. Nur mir gegenüber ein wenig. Ich kann mir ihren missbilligenden Blick schon vorstellen, sofern sie die Szene gesehen hat, wie ihren Enkel zum Kindergarten bringe - fliegend. Darüber kann ich nur schadenfreudig grinsen. Hat sie selbst schuld.
„Was heißt bumsen, pappa?"
Ah Faen! Manchmal könnte ich diesen Wichser - diese Ausdrucksweise wird der Kleine nur über meine Leiche zu hören bekommen - umbringen, selbst wenn er mein ältester Freund ist. Tausendmal habe ich ihm gesagt, er soll in Anwesenheit von Kindern, vor allem von meinem Kind, keine Kraftausdrücke benutzen. Aber er ist Jules, der Weihnachtsmann, der sich alles erlauben kann. „Bumsen? Was das heißt, willst du gar nicht wissen."
„Doch, will ich!"
Ja, ich weiß, dass er es wissen möchte. Er ist neugierig. „Guck mal, da sind deine Freunde! Soll ich eine Ehrenrunde drehen?"
„Pappa, was heißt das?"
Warum kann mein Sohn es nicht einfach dabei belassen? Weil er zu schlau für mich ist, das ist es. Ich habe ihn zu einem zu intelligenten Kind gemacht. Eindeutig. Die Beweise sind klar. „Ich weiß, ich weiß. Hör mal, ich habe keine Zeit, es dir zu erklären, aber ich habe heute nach dem Kindergarten eine Überraschung für dich."
Eine Überraschung, die ihm gefallen wird. Über meinen Sohn weiß ich alles, auch dass er sich seit Jahren eine Mutter wünscht. Ich kann ihm zwar keine bieten, aber ich habe eine bessere Idee. Wir werden uns auf die Spuren seiner Mutter begeben. Sie ist früher gerne gereist, hat Abenteuer erlebt und genau das habe ich mit ihm heute Nachmittag vor. Wir werden uns die Welt ansehen. Fernab aller Verpflichtungen. Einfach nur wir beide. Ein Junge und sein Vater.
„Was ist es? Was ist es?"
„Eine Überraschung. Und eine Überraschung...", ich warte darauf, dass er es beendet.
„...bleibt ein Geheimnis", beendet er genervt den Satz.
„Genau", lobe ich ihn, aber ich weiß genau, dass er innerlich schmollt.
„Trotzdem möchte ich wissen, was das Wort heißt", greift er auf das vorherige Thema wieder auf. Hätte ja auch zu schön sein können. Normale Kinder kann man mit diesen Dingen locken, gar ablenken, doch aus diesem Grund ist er etwas Besondees für mich. Aus diesem und noch vielen Gründen.
„Na schön, wie wäre es: Du fragst deine Kindergartentante. Sie wird es dir bestimmt gerne erklären. Sag ihr aber bitte, dass der Weihnachtsmann es dir beigebracht hat", reißt mir der Geduldsfaden.
„Das mache ich." Die Kindergärtnerin tut mir jetzt schon leid. Er wird sie solange ausfragen, bis sie ihm eine plausible Erklärung vorlegt. Wenigstens muss ich mich damit nicht mehr am frühen Morgen rumschlagen. Wenn ich zurückkomme, werde ich ein ernstes Wörtchen mit Jules reden. Er sollte sich entweder auf etwas gefasst machen oder besser gleich die Flucht ergreifen.
Noch besser wäre ein Gespräch mit meinen Eltern... „Was hältst du von einer eigenen Wohnung?", überlege ich laut.
„Eine eigene Wohnung?"
„Eine Wohnung nur für uns beide." In der ich für uns koche, Wäsche wasche und bügel. Vielleicht wird es mir zu Kopf steigen, aber ich würde gerne mal wieder etwas wagen. Dieselben grauen Wände, die gleichen nervigen Eltern, die an mir kleben und sich weitere Enkel wünschen, denselben doofen Freund und Tag ein, Tag aus dieselbe Tortur. Ich wäre bereit für einen Neuanfang. Einen Neuanfang mit meinem Sohn in einer neuen Wohnung ohne lästige Eltern. Mir wird gerade bewusst, dass das der beste Einfall seit langem ist. Der allerbeste, um genau zu sein. Ausziehen, neu anfangen. Wie genial ist das denn? Wupp, wupp, jetzt wird ausgezogen. Okay, das klingt dämlich. Womöglich sollte ich echt mal ausgehen. Mehr als versuchen und dann verkacken kann ja nicht passieren. Für den Anfang sollte ich Fjella, Jules' Schwester, fragen. Und dann sehe ich weiter. Ich werde ausziehen. Wahrscheinlich. Bald vielleicht. Hoffentlich. Tapetenwechsel, ich komme!
Sobald ich lande, setze ich meinen Sohnemann - oh Gott, ich rede schon wie mein Vater - ab und knie mich auf seine Höhe hin. „Willst du das?"
„Ich werde Großvater und Großmutter vermissen, aber ja."
„Du wirst sie wiedersehen." Leider. Selbst wenn ich wollte, würden sie es nicht zulassen, dass ich ihren geliebten Enkel entführe.
„Dann Ja. Hab dich lieb, pappa." Er schmeißt sich mir in die Arme, sodass ich kurz den Halt verliere. Dabei fallen mir die vielen Frauen um uns herum auf. Alle starren sie uns an. Und nicht nur das. So wie ich das sehe, sabbern sie. Wegen mir? Oder wegen mir als Vaterrolle? Hm. Wenn's sonst nichts ist. Unbehaglich winke ich in die Runde. Jupp, ich sollte mich unbedingt erst mit Fjella treffen, bevor ich mich ins Vergnügen stürze. Flirten kann man im Grunde nicht verlernen. Genau wie Fahrrad fahren. Dennoch möchte ich lieber auf Nummer sicher gehen, bevor ich mich vor den Damen hier blamiere.
Checkliste im Kopf:
- Erstens zu Fjella, um sie um ein Date zu bitten.
- Zweitens hole ich meinen Sohn ab und mache einen halben Tagesausflug mit ihm.
- Drittens gehe ich heute Abend, morgen oder wann immer mein Date Zeit hat auf dieses Date, um ins Flirten reinzukommen.
- Und viertens reiße ich Frauen auf. Vielleicht.
„Pappa?"
„Ja, Großer?"
„Wer ist Gerda?", er tippt auf meinen Arm, auf dem der Name eines unglaublichen Mädchens mit Pfeil und Bogen steht. Gestern Nacht hätte sie mich als bloße Schlafwandlerin umbringen können. „Wird das meine neue Mutter?"
„Nein", ziehe ich das Wort extrem lange in die Länge. Na fantastisch, das klingt ja gar nicht so als würde ich meinem Wort ernst meinen. Dabei meine ich sie ernst. Nein, das wird nicht seine Mutter. Vermutlich werde ich sie nie wiedersehen und ebenfalls vermutlich wird sie sich nach gestern nicht an mich erinnern. Mit Sicherheit nicht. Wäre komisch, wenn sie sich nach zweimal Betäubung noch an mich erinnern könnte.
„Doch... Doch?"
„Nein. So und jetzt Abmarsch. Deine Freunde warten. Habe dich lieb, mein Lieblingssohn." Den Frauen, die nur darauf gewartet haben, dass ich aufstehe und mich ihnen auf den Präsentierteller werfe, winke ich kurz zu. Meinem Sohn wuschel ich zum Abschied durch die Haare und bevor er mich weiter ausquetscht, verpiesel ich mich lieber.
💙
Um Punkt zwölf Uhr gaffen mich die Mütter an, doch meine Augen sind nur starr geradeaus auf die Eingangstür gerichtet. Heute Abend werde ich mir Zeit für die Frauen nehmen, aber jetzt liegt mein Augenmerk auf nur einer Person - meinem Sohn. Dieser kommt auf mich zugelaufen. Ich breite die Arme aus - und ja, ich bin mir der Blicke bewusst. Mein Sohn springt mir in die Arme und ich drehe mich zusammen mit ihm. „Hej, Kleiner. Was läuft? Wie war es im Kindergarten?"
„Super."
An seiner Hand laufe ich zurück zum Schlitten. Jawohl, Schlitten. Jules will sich bei mir einschleimen wegen heute morgen, deswegen tut er alles für mich und ich nutze es natürlich mit Vergnügen aus. Snefnug liebt Fahrten mit dem Schlitten vom Weihnachtsmann, also warum darf ich nicht mal meine Kontakte mit diesem gewissen Weihnachtstypen spielen lassen. „Jules, hallo. Hallo, Jules!", freut sich der kleine Mann.
„Snefnug, Snefnug!", macht er meinem Sohn nach. Grimmig verschränke ich die Arme vor der Brust. Was soll der Scheiß? Kann er sich einmal zusammenreißen? Langsam fange ich an zu glauben, mein Vater hat in Bezug auf Jules sowas von recht. Er ist nicht geeignet für den Job. Es ist, als hätten wir die Rollen getauscht. Früher war er definitiv die geeignete Rolle. Er war verrückt, aber ein anständiger Kerl. Eine gute Mischung eben. Und jetzt? Ist er nur noch ein Idiot. Das muss ich ändern, damit er seinem Erbe gerecht wird. Ja, er hat seine Mutter und seinen Vater verloren und ja, obendrein ist sein Opa verschollen, aber genau aus diesem Grund sollte er seine Berufung ernst nehmen, denn es ist das Erbe seiner Familie, die er ganz einfach ehren könnte.
Er hält Sne die Hand hin und mein Sohn schlägt, ungeachtet meiner Wut, ein. Nachdem Jules meinem Sohn auf den Schlitten geholfen hat, schwinge ich mich drauf. „Ey Bro, die Girls starren dir auf-"
„Sag. Es. Nicht", zische ich mit einer eindeutigen Mahnung. Wehe, er spricht es aus. Wehe. Obwohl er mein Freund ist, ich könnte für nichts garantieren.
„Sorry", brummt er.
„Los, bring uns an den Ort, von dem ich dir erzählt habe", sage ich nur. Zu mehr habe ich gerade keinen Bock. Er verhält sich eh wie ein hirnamputierter Honk. Den kleinen Racker ziehe ich neben mich. Er schnallt sich an. Ich mache es ihm gleich, doch er lässt mich nicht aus den zusammengekniffenen kleinen Augen. Wären seine Augen auf, würden sie mich an das Eis erinnern, das aus meinen Fingern sprießt, wenn ich Lust dazu habe, die Welt in einen Schneesturm zu ziehen.
Snefnug zieht an meinem Ärmel. „Pappa?"
„Was ist denn, Sne?" Er wird seinem Namen gerecht. Snefnug bedeutet Schneeflocke. Hatte ich das schon erwähnt? Und Sne bedeutet Schnee oder Koks, aber das werde ich wohl besser für mich behalten.
„Bist du noch böse auf Jules?"
Da wird der blöde Weihnachtsmann selbstredend hellhörig. Es geht schließlich um ihn. Er dreht sich zu uns um, damit er meine Antwort darauf besser hören kann. „Nein."
„Dann küss ihn auf die Wange, wie du es bei mir immer machst", fordert mich der Racker auf.
Muss man auf seine Kinder hören? Nein, oder? Nicht in diesem Fall. Man kann einfach versuchen, sie nicht zu beachten, aber das bekomme ich eh nicht hin. Snefnug ist durchsetzungsfähig. Bestimmt wird er später der nächste Weihnachtsmann, sofern Jules so weitermacht wie bisher und keine Nachfolger mit seiner Tascha zeugt. Oder sich wenigstens eingesteht, dass er sie mehr als nur gerne hat. Daraufhin spitzt mein Kumpel die Lippen. „Fick dich!", schnauze ich ihn so leise an, dass mein Oshn es hoffentlich nicht mitbekommt. „Nein, Sne, das mache ich nicht. Erstens bin ich als Vater dein Boss und zweitens küsse ich meine Freunde nicht. Nur dich."
„Und Gerda?"
Ich kneife die Augen zusammen. Jetzt geht das los. Eins... Zwei.... Passt auf, gleich... Drei... „Wer ist Gerda?", will mein Kumpel wissen.
„Gerda ist niemand."
Doch mein Sohn ist schlauer - und ich dümmer - und zieht meinen Ärmel hoch, nachdem er Jules angetippt hat. „Meine neue Mutter."
„Nein, Sne, nicht deine neue Mutter. Das habe ich dir doch erklärt. Was hat deine Erzieherin eigentlich gesagt? Hat sie dir deine Frage beantwortet?", lenke ich ganz flink vom Thema ab.
Zum Glück geht er darauf ein, indem er es bejaht. „Ja, sie war eine Tomate. Und dann hat sie es erklärt. Das ist, wenn zwei Blümchen Babys machen."
Der Weihnachtsmann prustet und lacht sich ins Fäustchen. Haha wie witzig. Okay, Ja. Zugegeben muss ich auch lachen. Zwei Blümchen Babys machen? Ernsthaft? Vielleicht sollte ich, sofern ich schaffe, es noch mit dem Flirten auf die Reihe zu bekommen, sie stattdessen vögeln, um ihr zu zeigen, was bumsen wirklich heißt. „Hör auf zu lachen, das ist alles deine Schuld", brumme ich ihm ins Ohr. An meinen Sohn gewandt sage ich: „Versprichst du mir etwas?"
„Was denn, pappa?"
„Du vergisst das Wort ganz schnell wieder, okay?"
„Warum? Es ist doch nichts schlimmes."
„Es..."
„...gibt unterschiedliche Bedeutungen von dem Wort. Manch einer könnte Angst vor dir bekommen. Das willst du doch nicht, oder?", hilft der Weihnachtstrottel mir auf die Sprünge.
„Nein."
„Nimm unseren Rat an und nehme das Wort nicht mehr in den Mund", fange ich mich wieder. Bis eben hatte ich noch einen minimal kleinen Lachanfall über die Erklärung dieser genialen Erzieherin. Ob man ihr beigebracht hat, die Deutung derartig zu formulieren?
„Okay."
„Gut. Hier, ein Keks für dich." Mit einem Schnips landet ein Cookie in dem Mund meines Sohnes. Missbilligend sieht der Weihnachtsmann zu mir. Ich weiß, was er denkt. Man könnte sagen, er ist vor fünf Jahren mit mir zusammen zu einem halben Vater geworden. Er hat sich trotz seiner eigenen Trauer durch Bücher, genauer gesagt Erziehungsratgeber, gequält. Dort stand man kann die Kinder mit Worten belohnen, aber nicht mit Süßigkeiten. Pf, als ob ich darauf höre. Ich bin an meinen Erfahrungen gewachsen. Kinder lieben Belohnungen in Form von Süßkram, besonders mein Sohn. Jules kann so missbilligend gucken, wie er will. Auf ihn höre ich schon lange nicht mehr. Klar, bin ich ihm für seine Taten, seine Aufopferung in der Vergangenheit dankbar, das heißt aber nicht, dass ich alle seine Ratschläge krampfhaft annehmen muss. „Ich habe heute ein Date mit deiner Schwester", informiere ich ihn. Zum Teil, weil er immer noch mein Bro ist und zum anderen, um ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen zu können.
„Wehe."
„Wehe, was?"
„Wenn du mir eins auswischen willst, tu das, aber lass es nicht an Fje aus. Bitte."
„Wieso? Bin ich nicht gut genug für sie?"
„Doch, nein. Nein, bist du nicht. Wärst du, wenn du sie nicht seit zwei Jahren links liegen lassen hast und jetzt ganz plötzlich wieder was unverfängliches mit ihr willst. Du wirst sie wieder und wieder verlassen. Ich mag dich, Bro, aber du bist nicht für sie geschaffen. Gib ihr die Chance, jemand anderen zu finden. Ich flehe dich an. Du hast einen Sohn. Und was hat sie? Mich? Denkst du, das reicht ihr in zehn Jahren noch aus?"
Er hat recht. Wir passen nicht zusammen. Fjella ist eine gute Kindheitsfreundin, die leider alles für uns zwei Trottel machen würde und dabei nicht an sich denken. Sie träumt wie jede junge Frau von ihrer Traumhochzeit, die ich ihr nicht bieten kann, von der großen Liebe, die ich ihr ebenfalls nicht sein kann. Ein Traummann, der ich nicht bin. Ein Leben ohne Chaos, was ich nicht habe. Ich habe einen Sohn ohne Mutter. Ich versuche meinen Eltern mit einem Umzug aus dem Weg zu gehen. Ich suche meine bessere Hälfte. Mehr Probleme auf einmal gibt es wohl kaum. Das schlimmste daran ist, sie lässt sich immer wieder auf mich ein. Ich fühle mich schlecht. Vielleicht sollte ich diese Verabredung nutzen, um ein ernstes Wörtchen mit ihr zu reden.
„Sie muss für sich selbst entscheiden. Diese Freiheit solltest du ihr geben. Wir sind beide Idioten, die sie meist nur ausnutzen. Sie hat besseres verdient.
Kommentarlos, was bei ihm ziemlich ungewöhnlich ist, drückt Jules ein paar Knöpfe. Die Köpfe der Rentiere verschwinden. Die Form des Schlittens verändert sich. Und mein Sohn sieht fasziniert über die Bande. Ich ziehe ihn zurück zwischen meine Beine, da sitzen wir schon auf Autositzen. Ich könnte für wetten, er hat seinen Wagen in einen Porschen verwandelt. Gemächlich sinkt der Wagen - Jules sitzt hinter dem Steuer und setzt zur Landung an.
Als wir am Boden sind, fährt er an die Seite und lässt uns raus. Staunend sieht mein Sohn sich um. „Willkommen in der Welt der normalen Menschen. Der Menschenwelt", verkünde ich in einem Flüsterton, damit die Leite um uns nicht hören, dass das verrückt klingt. Wie soll man es sonst beschreiben, wenn man üblich in einer Weihnachtswelt lebt?
„Woah. Warum?"
„Eine neue Mutter kann ich dir zwar nicht bieten, aber ich dachte mir, wir gehen auf Spuren deiner Mitter. Ich weiß nicht, ob sie je hier war, doch sie liebte Reisen und besonders die damit einhergehenden Abenteuer. Das hatte deine Mutter ausgemacht."
„Meine Mutter war vielleicht hier?" Er umarmt meine Beine, obwohl ich nur mit den Achseln Zucken kann, da ich nicht genau weiß, ob es stimmt. Angeblich war sie mal hier gewesen - in London. Ich war noch nie hier, zumindest nicht in meinem Wissen.
„Vielleicht, Ja", antworte ich lächelnd.
„Das ist das schönste besteste Geschenk überhaupt. Mange tak, pappa!" Danke, Papa. Die schönsten Worte im Leben eines Mannes. Nein, stimmt nicht. Ich habe gehört, die schönsten Worte im Leben eines Mannes sind etwas mit Liebe oder so. Ein Danke, Papa steht erst an dritter Stelle. Für mich steht es an oberster Stelle. Es ist das schönste Danke, das ich im Leben je zu Ohren bekommen habe. Vielleicht übertreibe ich, vielleicht liebe ich auch meinen Sohn einfach zu sehr, dennoch erfüllen mich die Worte mit Stolz darüber, etwas richtig gemacht zu haben.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top