Kapitel 17 - Jack Frost
God morgen, nattlue!" Müde gähne ich und fasse mir durch mein Gesicht. Blinzelnd öffne ich die Augen. „God morgen!", murmel ich verschlafen, als ich die Gestalt vor mir ausmachen kann. Es ist Fjella, die mich aus dem Land der Träume holt. Faen! Nicht nur, dass ich einen heißen Sextraum hatte, auch dass ich vermeinen Sohn vergessen habe. Gedankenverloren starre ich auf den Wecker. Ungläubig reibe ich mir über die Augen. „Wie spät ist es?", frage ich sicherheitshalber.
„So spät, dass dein Sohn und ich schon wieder da sind."
„Wo wart ihr denn?", möchte ich unsinnigerweise wissen.
„Wo wir waren? Wieviel hast du gestern noch mit Jules gesoffen? Snefnug musste in den Kindergarten. Ich habe ihn hingebracht und eben sind wir nach Hause gekommen. Es ist zwölf, du Langschläfer."
„Ohne Scherz?" Ich reiße die Augen weit auf, was mir leichte Kopfschmerzen verursacht. Also habe ich mich nicht geirrt. Es ist zwölf. Faen - Scheiße! Verdammt, verdammt, verdammt! Stöhnend drücke ich mir auf die Schläfen. So viel Alkohol habe ich überhaupt nicht getrunken. Das war nach langer Zeit ein einziges Bier. Ju wollte mir zwar mehr andrehen, aber ich habe abgelehnt.
„Oh shit, danke."
„Schon gut. Es war schön mit deinem Sohn. Wir haben uns ausgezeichnet verstanden, würde ich behaupten. Er hat mir viel von dir erzählt. Du hast dich echt verändert", erzählt sie mit diesem Lächeln, das viele haben, wenn sie meinen Sohn kennenlernen. Jepp, mein Sohn ist ein kleiner Sonnenschein und ja, gut möglich, dass er es von mir hat. Sagen mir zumindest viele, dass ich ebenfalls ein Sonnenschein war. keine Ahnung, ob es wahr ist. Entweder sie sagen es, weil die Leute gerne sowas sagen, nur um sich beliebt zu machen oder sie meinen es ernst und ich war ein Sonnenschein, bis ich älter und somit quasi von Ju erzogen wurde.
„Ist das gut oder schlecht? Magst du mich jetzt weniger?"
„Das hättest du wohl gerne", sie stellt sich auf Zehenspitzen und gibt mir grinsend einen Kuss auf die Wange. „Ich finde deine Veränderungen gut. Du bist mutiger, selbstbewusster und noch viel wichtiger: verantwortungsvoller. Der Traum von einem Mann eben."
Zwar zwinkert sie mir zu, aber ich glaube, es fällt ihr schwer zu sagen, dass ich ein toller Kerl wäre. Sie hat mir verziehen, ja und ja, ich bin ihr unendlich dankbar dafür, dass sie meine Fehler aus der Vergangenheit verzeiht, aber das heißt nicht, dass sie sich dadurch besser fühlt. Ich habe sie belogen und ausgenutzt. Und ich fühle mich auch richtig beschissen deswegen. Jules hat gesagt, ich soll Gras über die ganze Sache wachsen lassen. Fje hat schließlich selbst schuld, dass sie sich mir immer und immer wieder dargeboten hat. Ich sehe das anders. Fjella war verliebt in mich und ich habe es nicht gecheckt und sie bloß ausgenutzt.
Das Klingeln meines Handys stört unseren Waffenstillstand. Ohne vorher zu gucken, wessen Nummer mich da versucht zu erreichen, gehe ich ran. „Davs!" - Guten Tag!, begrüße ich die Person am anderen Ende der Leitung.
„Jack Findus Frost, komm sofort her!", brüllt die Person in ihr Gerät, sodass ich Angst um mein Trommelfell bekomme. Andererseits müsste es längst im Eimer sein, so oft wie ich schon angeschrien wurde. Oha, sogar mein voller Name, den kaum jemand kennt. Findus soll mein Großvater geheißen habe. Er war kein starker, kräftiger Mann wie mein Vater, aber er war stets treu, denn genau das bedeutet sein Name. Ich bin kein dürrer Typ, da ich öfter mal ins Fitnessstudio gegangen bin, trotzdem wollten meine Eltern mir unbedingt diesen Namen mit dazu geben. Als Bonus könnte man sagen. Vielleicht habe ich deshalb früher für Hicks aus Dragons geschwärmt. Also nicht direkt geschwärmt, aber mein Lieblingscharakter war er schon. Und ich denke wieder an Kinderserien. Ich glaube, ich sollte abends, wenn Sne im Bett liegt, dringend andere Sendungen gucken. Für Erwachsene zum Beispiel.
„Mor!", zische ich gepresst in den Hörer. Meine Mutter ist dran. Fje versteht und zieht meinen Sohn, der gerade ins Zimmer gelaufen kommt, in den Flur. Dort kitzelt sie ihn, wodurch er lachen muss. Ich schmunzle, bis mir das Telefonat wieder in den Sinn kommt. „Was willst du?"
„Ich will meinen Enkel. Hör auf mit dem Scheiß, ich habe lange genug gewartet und dir eine Chance gegeben. Du bringst ihn jetzt her oder ich hole ihn mir!!", eröffnet sie mir. Nett. Das kann sie jedoch komplett vergessen. Genau das sage ich ihr auch: „Vergiss es, mor! Er ist mein Sohn. Das heißt, ich bin für ihn verantwortlich, nicht du. Ich entscheide, was ich mit ihm mache."
„Sei nicht so stur, Jack! Er ist nicht dein Sohn, das wissen wir beide."
Bevor ich weiterspreche, gucke ich in den Flur. Fjella ist mit Snefnug verschwunden. „Falsch, er ist mein Sohn. Schon vergessen? Ich habe ihn adoptiert und nein, ich höre nicht zu. Du hörst mir jetzt zu. Ich bin erwachsen und ich ziehe aus. Solange wie ich noch keine Wohnung habe, bleiben wir hier bei Jules."
„Eine Wohnung? Das ist doch verrückt! Und dann noch die Zeit bei Jules... Der Junge wird verblöden. Außerdem hat er es hier viel besser, als in einem Haus irgendwo abseits, nur weil du zu stoisch drauf bist zu uns zu kommen", wettert die Waldfee alias meine Mutter. Wie passend. Die Waldfee wettert. Ja, sie ist eine Waldfee, bekannt unter dem Namen Holla. Viele verbinden Frau Holle und die Waldfee Holla, dabei weiß keiner, dass diese beiden wirklich ein und dieselbe Person sind.
„Nicht dein Ernst, oder? Wir brauchen glaube ich nicht weiter darüber diskutieren. Lässt du dich neuerdings auf das Niveau von pappa runter stufen, denn so kommt es mir gerade vor. Vor ein paar Tagen hast du Ju noch in Schutz genommen. Mir reicht's ganz ehrlich. Das ist das letzte. Jules ist nicht der Verantwortungsbewusste, dennoch übernimmt er mehr Verantwortung als ihr es je tun werdet. Ihr tut jetzt auf die besten Großeltern, aber habt ihr je daran gedacht, dass ihr die schlimmsten Eltern für mich wart und ich nur bei euch geblieben bin in der Hoffnung, dass ihr euch für Sne verbessert? Äußerlich habt ihr das vielleicht getan. Innerlich seid ihr doch immer noch dieselben. Ich habe die Schnauze voll. Ja, ihr seid meine Eltern und ja, ihr seid die Großeltern meines Sohnes und von mir aus kann er euch besuchen, wann er will. Wenn er will, bringe ich ihn höchstpersönlich bei euch vorbei, aber ich ziehe aus. Wir ziehen aus. Und ihr könnt nichts an meinem Entschluss ändern. Ich will nicht, dass ihr Jules in die ganze Sache mit reinzieht und er, obwohl er in jemand anderen verliebt ist, irgendeine Frau anschleppen muss, nur um dann meinen Sohn zu verstören. Snefnug braucht noch keine Brüste sehen und das hat er aber dank euch. Mir ist wohl bewusst, dass ihr euch weitere Enkel und eine Schwiegertochter von meiner Seite her wünscht, aber wenn das passiert, dann liegt es daran, dass ich - ICH - mich in sie verliebe und ihr sie nicht engagiert und sie mit Geld bestecht. Die verlorenen Jahre könnt ihr mit Geld auch nicht wieder gerade biegen! Außerdem will ich eine normale Erziehung für Snefnug. Das heißt keine Adelsbockmist! Er soll kein Prinz sein. Außer er möchte das, wenn er älter ist. Eine NORMALE Erziehung!", brülle ich, lasse alles raus, was sich die Jahre über angestaut hat. Ja, ich war dankbar dafür, dass sie mich mit Sne unterstützt haben, als ich noch neu auf dem Gebiet war, doch nun bin ich an den Herausforderungen gewachsen. Ich bin erwachsen und es wird Zeit für einen Neuanfang. Auf der anderen Seite ist Stille eingekehrt. Noch bevor sie etwas erwidern kann, lege ich auf. „Farvel, mor - Auf Wiedersehen, Mutter!"
Just in dem Moment betritt Jules gefolgt von Fjella zusammen mit Snefnug das Zimmer. Ju klopft mir zur Begrüßung auf den Rücken und schlägt ein. „Alles klar?"
„Hm-hm, klar", halte ich mich kurz gebunden. Ich nehme Fje meinen Sohn habe, wuschel ihm durch die Haare. Er drückt seine Nase gegen meine, um sich dann an mich zu klammern.
„Super, Fje will nämlich mit euch nach Häusern gucken." Ich nicke geistesabwesend. Nach dem aufwühlenden Gespräch eben beruhigt der Herzschlag meines Sohnes an meiner Brust mich ungemein.
Ein Häuserkauf, der schon viel zu lange als ein loser Gedanke in meinem Kopf den Staub aufwirbelt. Das brauche ich. Die Rhe mit Snefnug. Die Zweisamkeit mit meinem Sohn in einem eigenen Haus. Ob ich ihm etwas hinterlasse, wenn ich von dieser Welt gehe, ist mir nicht wichtig. Ich weiß nur, dass ich aus dem Haus meiner Eltern raus will. Da halte ich es keine Sekunde länger aus zu leben. Besuchen geht klar. Für Sne würde ich das schon irgendwie durchhalten. Natürlich möchte ich ihm was bieten können, aber mir sind andere Dinge wichtiger. Einfach Zeit für uns. Oh Mann, jeder Normalo würde diese Worte sagen, wenn er eine hübsche Partnerin hat, mit der er die Zweisamkeit genießen möchte. Und ich sage diese Dinge in Bezug auf meinen Sohn. Manchmal glaube ich, ich bin wahrlich verkorkst. Na und wenn schon? Dann bin ich's halt. Mein Sohn bedeutet mir alles und eine hübsche Frau habe ich nicht. Brauche ich auch nicht. Wozu denn? Ich bin die Mutter und der Vater in einem. Ja okay, eine Mutter für Snefnug wäre nicht schlecht, aber wenn ich keine finde, brauche ich es nicht zu erzwingen. „Ich muss in die Wichtelwerkstatt. Dort wartet Tascha auf mich." Anzüglich zuckt er mit seinen Augenbrauen. Seine Schwester sieht ihn finster an. Sie hasst es, dass er so selbstsicher mit Frauen umgeht, auch wenn er es gar nicht ist. „Bis später, lille mann."
„Ich bin kein kleiner Mann", behauptet mein Sohn eingeschnappt. Trotzdem schlägt er bei Jules ein.
„Du bist mein kleiner lille mann", ärgert Ju ihm beim Verlassen des Raumes.
„Mach dir keinen Kopf, mich hat er jahrelang auch so genannt. Der meint das nicht so."
„Genau, er hat dich nämlich lieb, aber das gibt er ungerne zu", beendet Fjella meine Worte. Jo, Jules hat uns alle lieb, doch im Gegensatz zu seiner Schwester kann er es nicht zeigen. Vermutlich ist das der Grund, warum er seiner Natascha immer noch keinen Antrag gemacht hat. Oder haben wir ein völlig falsches Bild von ihm und er plant bereits einen Heiratsantrag, hat nur zu große Angst vor einer Abfuhr? Ne, das wäre unnormal. Sicherlich hätte er dann mindestens Fje um Hilfe gebeten.
„Fjella, wäre es okay für dich, wenn ich vorher noch etwa eine halbe Stunde mit Sne trainiere?"
💙
„Bist du bereit, Sne?"
Er nickt und hebt seine Zuckerstange in Richtung der Wolken. Meine Mutter konnte einfach über die Wolken hinaus fliegen und ein Kissen ausschütteln, um den Schnee zu bringen. Ich habe die Gabe von meinem Vater geerbt. Also muss ich den Schnee mit einem Stab heraufbeschwören. Vom Gefühl her brauch das Gedöns mit dem Stab um einiges mehr Aufwand. Da fragt man sich wie mein Urvorfahre, der mitunter der Gott des Schneegestöbers war, das alles hinbekommen hat. Hatte er auch einen Stab für seine Fähigkeiten verwendet oder ging das einfach aus seinen Händen heraus? Manchmal hätte ich wohl besser im Unterricht aufpassen sollen und nicht ständig eifersüchtig auf die Spielsachen von Ju und Fje gucken sollen. Tja, da hat man den Salat, wenn man nicht richtig aufgepasst hat in der Schule. Was ich noch weiß, ist halt, dass einer meiner Vorfahren der altnordische, in Vergessenheit geratene Gott Ullr ist, dessen Mutter ist Sif und somit ist sein Stiefvater Thor. Aber das sind alles mehr Theorien, als das es bewiesen wurde. Und angeblich wäre die Göttin Freya eine Vorfahrin von der Seite meiner Mutter her. Die alten Götter haben viel Sex gehabt, - im Gegensatz zu mir - von daher könnte es stimmen.
„Du hast die Gabe von Göttern geerbt. Weißt du noch, was ich dir letztens beigebracht habe?"
Erst nickt er, dann schüttelt er doch den Kopf. Schade, aber ich bin ihm nicht böse. Er versucht es jedenfalls immer und darauf kommt es an. Ich war früher nicht besser. Bis ich mit dem Ding klarkam, hat es Jahre gedauert. Ohne Untertreibung. Jahre, Jahre über Jahre.
„Nicht schlimm. Du musst dich konzentrieren und dann stellst du dir diese Fläche, die vor uns liegst, in weiß vor. Und zack sind wir fertig." In der Schneekugel schmilzt an den meisten Ecken schon der erste Schnee, daher muss die Familie Frost für reichlich neuen sorgen. Ich dachte da passt es, wenn ich das zu einer Unterrichtseinheit für Sne umfunktioniere.
„Ich kann das nicht."
„Doch, das kannst du. Du musst nur fest an dich glauben."
„Okay."
„Okay?"
„Ich kriege das hin."
„Das ist mein Sohn", sage ich mit stolz geschwellter Brust. Er wäre auch ohne die Magie mein Sohn. „Ich weiß, dass du das schaffst."
In der nächsten Sekunde ist mein Schoß leer. Er ist verschwunden. Toll, so habe ich mir das vorgestellt. Er hat sich nicht genug konzentriert und sich stattdessen einen anderen Ort vorgestellt, an dem er Schnee haben möchte. Die Magie hat ihn dort hin transportiert. Ich hoffe, er hat sich nicht in das Haus von Immy gewünscht, denn dann wird es jetzt wohl oder übel von Schnee nur so überquellen. Ich greife nach meinem Stab und denke an ihn. Dazu sage ich: „Ich wünsche mich zu meinem Sohn."
Zwusch. Als ich die Augen öffne, stehe ich in der riesigen Wichtelwerkstatt, die nun nicht mehr voller Spielsachen ist, sondern überfüllt mit Masse von Schnee und es scheint gar nicht mehr aufzuhören zu schneien. Bevor es Verletzte, erstickte Wichtel oder meckernde Bauzwerge gibt, lasse ich mit meinem Stab die Schneemenge verschwinden. Mir hätte klar sein sollen, dass er sich hierher wünscht, sobald seine Konzentration nachlässt. Mein Sohn liebt die Werkstatt. Und die Spielzeuge. Wenn wir früher zu Besuch waren, durften wir Sne nicht aus den Augen lassen. Die Werksatt wurde doppelt und dreifach verriegelt und die Wichtel, Zwerge und Elfen haben sich dahinter verbarrikadiert. Wenn Sne es dann doch geschafft hat, haben sie ihn mit Süßigkeiten bewerfen wollen, doch Jules' Großvater hat nur gelacht und meinen Sohn auf seinen Schoß gesetzt. Fjella hat ihm zu Schluss mit Keksen abgefüllt. Das waren Zeiten. Mir hätte definitiv klar sein sollen, dass er sich nur hier befinden konnte. Meine Augen suchen den Raum nach ihm ab, da deutet ein Elf ängstlich in die hinterste Ecke. Dort kauert mein Sohn am Boden. „Du hast es geschafft", verkünde ich feierlich. Dabei beachte ich die wütenden sowie fassungslosen Blicke der Zwerge nicht mal.
Snefnug halte ich die Hand zum Abklatschen hin. Unsicher sieht er sich um, schlägt dann aber doch ein. „Wirklich? Aber..." Er nuckelt an seinem Finger. Mist, ich dachte, das hätte ich ihm endgültig abgewöhnt. Nope, die Hoffnung war zu früh.
„Jules wird dir nicht böse sein. Aber seine Leute, deswegen sollten wir jetzt ganz flink und unauffällig den Rückwärtsgang einlegen, einverstanden."
Ich stehe auf und gehe rückwärts so bescheuert, wie nur irgends möglich. Leise kichernd läuft mir mein Sohn hinterher. Ich nehme ihn Huckepack und mithilfe des Stabes landen wir sicher auf dem Hügel. Von der Höhe nutze ich gleich die Chance, es schneien zu lassen. Aufgedreht tanzt mein Sohn durch den Schnee. Seine Zuckerstange hält er dabei fest umklammert. r dreht sich immer weiter und verliert irgendwann das Gleichgewicht. Das Lachen verstummt, ist jedoch kurz darauf wieder zu hören. Als ich mich neben ihm in den Schnee fallen lasse, schreckt er aus seiner Freude auf. „Eine letzte Sache möchte ich noch von dir, bevor wir Fje einsammeln. Bau einen Schneemann."
Snefnug sieht mich stirnrunzelnd an. Innerlich kann ich mir ein Lachen kaum verkneifen. Ich bin fies. Auf diesen Witz bin ich früher auch drauf eingefallen. Mein pappa hat sich diesen Scherz bei mir erlaubt, nachdem er von seinem Vater ebenso reingelegt wurde. Das fiese daran ist, dass man nicht weiß, ob man wirklich wie jeder andere normale Mensch einen Schneemann bauen soll oder es mit dem Zauberstab machen muss. Sagen wir es mal so, ich habe verkackt, weil ich einen Schneemann mit den Händen gebaut habe. Pappa hatte gefragt, warum ich nicht anders gehandelt habe, den Zauberstab benutzt habe. Ich hatte keine Antwort darauf. Am Ende bekam ich die Auflösung zu hören.
Ich warte ab, was Snefnug tut. Nach langem Überlegen nimmt er seinen Zauberstab, schließt seine Augen und dreht sich. Interessant. Kann er sich damit besser konzentrieren, wenn er sich dreht? Es gibt ein Geräusch wie ein Plopp! und auf einmal befinde ich mich unter einer Schneeschicht. Oh. Er hat bei dem ganzen Drehen den Zauberstab anscheinend auf mich gerichtet, weil so schnell könnte nicht mal er einen Schneemann bauen.
Ich nehme ein warmes Lachen wahr. Fjella hat uns zuerst gefunden. Wetten, sie macht ein Foto von mir unter der Lage Schnee. Ich schüttel misch und die zwei schreien auf. Ich packe meinen Sohn am Bein und drehe mich mit ihm. Er lacht und gluckst. Kurz verschluckt er sich an seinem eigenen Lachen, deshalb lasse ich ihn wieder runter und jage meiner besten Freundin hinterher. Die kreischt belustigt auf und läuft, aber gegen mich hat sie keine Chance. Grinsend stürze ich ihr hinterher. Auf einmal ist sie wie vom Erdboden verschluckt. Okay, vielleicht hat sie doch eine Chance, die ich in meiner Planung nicht bedacht habe. Sie hat den Weihnachtsmann als Bruder. Natürlich hat sie da irgendein Teleportationsgerät von den Elfen. „So macht das gar keinen Spaß!", rufe ich in die Weiten der Schneekugel.
„Doch, macht es", höre ich plötzlich eine Stimme hinter mir. Ich lande mit dem Gesicht voraus im Schnee, der mir rein gar ich's ausmacht. Ich spüre keine Kälte. Ich bin die Kälte. Wärme spüre ich dafür. Um mich zu rächen, greife ich nach meinem Stab. Gleich darauf höre ich Fje wieder schreien. Sie hat einen Schneeball abbekommen.
„Jack! Jack! Lass das... das ist... uuuuhhhh... kaaalllltttt!"
Ich beende meine winterlichen Gedanken, sie hört auf und hilft mir auf. Snefnug steht mit großen Augen vor uns. „Pappa, hat gegen ein Mädchen verloren!! Er hat gegen ein Mädchen verloren!", ruft er aus.
„Nein, hat er nicht", spreche ich von mir in der dritten Person.
„Doch", kommt es von beiden einstimmig. Diese Verschwörung haben die zwei geplant. Sie wollten mich ärgern. Eindeutig. Darum hat sie mich heute morgen schlafen lassen, um mich mit meinem Sohn zu verschwören. Na warte. Das bedeutet Rache. Schnee im Bett klingt zu nett... Nein, so bin ich nicht mehr. Rache existierte bei mir noch nie. Außer vielleicht beim Spielen im Schnee, aber nicht anderweitig. Ich hatte immer zu große Angst, dass wegen mir und der Kälte, die ich ja nicht spüre, jemand umkommen könnte. Mein Vater hatte mich da auch nie ausreichend drauf vorbereitet. Ich wusste nicht, wie viel Kälte gut ist, wie viel Kälte gefährlich für Lebewesen werden könnte.
„Habe ich die Aufgabe bestanden?"
Ich schaue zurück zu dem Haufen Schnee, in dem ich bis eben gehockt habe, weil er mich unabsichtlich - oder doch absichtlich? - zu einem Schneemann gemacht hat. „Nein, hast du nicht."
„Aber es war doch ein Schneemann", fällt mir Fje, die neuerdings ganz dicke mit meinem Sohn zu sein scheint, ins Wort. Stimmt ja, sie kennt diese Übung nicht. Die Übung war nur für mich gedacht. Jules war dabei. Für meine Schwester gab es in meinem Wissen diese Aufgabe nicht, weil sie mit ihrem Kissen keine Figuren formen konnte. Sie konnte es bloß schneien lassen und hätte daraus einen Schneemann bauen müssen.
„Den du kaputt gemacht hast."
„Ich habe ihn kaputt gemacht, weil ich der Schneemann war. Außerdem ist das nicht der Grund für das Nicht-Bestehen. Du solltest deinen Spaß daran haben und hin mit den Händen eigenständig bauen. Ohne Zauberstab. Das war eine Probe."
„Muss ich meinen Zauberstab jetzt hergeben?", fragt er.
„Nein", sage ich lachend. „Wer hat dir das denn gesagt?"
„Finn meinte, dass ich eine Probe bestehen müsse, um so zu werden wie du."
So werden wie ich? Hä? Ich musste nie eine Probe ablegen. Was für ein Schrott. Woher soll Finn das denn bitte wissen? „Finn hat wohl keine Ahnung von uns, was? Die Probe ist nicht wirklich eine Probe. Es ist ein Spaß, den sich unsere Vorfahren mit ihren Kindern erlaubt haben. Da ist bisher jeder drauf reingefallen. Komm, wir suchen uns jetzt ein Haus."
Snefnug greift nach meiner und Fjellas Hand, sodass wir gemeinsam durch den Schnee watten. Fje beugt sich zu mir auf und flüstert mir ins Ohr: „Was wäre richtig gewesen?"
„Du meinst bei der Probe? Nichts. Das ist der Witz daran. Ich habe damals einen Schneemann ohne Zauberstab gebaut uns es wahr falsch. Das Bauen mit Zauberstab war jedoch genauso falsch. Es gibt genau genommen kein richtig oder falsch. Es geht darum, dass man versteht, dass man sich nicht immer auf den Stab verlassen kann, manchmal der Stab aber durchaus hilfreich sein kann. Man soll ihn für das Richtige verwenden. Das ist der Moral daraus", flüstere ich ihr zu.
„Wow, alles klar."
„Musste meine Schwester diese Aufgabe machen?"
„Nicht, dass ich mich erinnere."
Ich nicke und wir schlendern weiter. Vor uns kommt ein großes Fachwerkhaus ins Sicht. Sie schaut es sich an und holt ihr Handy raus. Gedankenverloren nickt auch sie. Das muss das erste Haus auf ihrer Liste sein, die sie netterweise für mich erstellt hat. Ich hatte gar nicht die Zeit, sie mir anzugucken. Sie klopft an die Tür, sobald wir das Haus erreichen. Als niemand öffnet, betreten wir das Haus. In den Schneekugelwelten gibt es dank einem ehemaligen, bereits unter der Erde liegenden Weihnachtsmann die Regeln, dass Häuser nichts kosten, deshalb benötigt es auch keinen Makler, wobei es sie in den teureren Gemäuern von beispielsweise verstorbenen Königen dann doch gibt. Aber in unserer Welt gibt es nicht viele Adelsleute. Abgesehen von meiner Familie. In den wenigen Gebäuden mit einem solchen Makler übernehmen die Wichtel die Maklerrolle.
💙
Mein Sohn rennt aus dem Haus hinaus in den Schnee. Mittlerweile ist der Schnee ziemlich hoch, sodass ich ihm schnell folge. Wenn man in seinem Alter ist, sind nicht nur die Kräfte noch nicht ausgeprägt genug. Auch spürt man noch die eisige Kälte. Keine Ahnung, warum das so ist- Vielleicht, damit wie in jungen Jahren ein Gefühl für die angemessene Kälte bekommen? Wie auch immer, es ist egal. Desto weiter er es in den Schnee schafft, je mehr Kälte wird durch seine Hose dringen. Ich fliege auf ihn zu und sammel ihn ein. Auf der Veranda begebe ich mich wie immer auf seine Augenhöhe. „Was ist los, Großer?"
Er verschränkt die Arme vor der Brust, wehrt sich gegen die Stimme der Vernunft, die ihm sagt, er soll mit mir sprechen. Seine Blicke suchen in den Massen an Schnee nach einem Ausweg. Er tickt wie ich früher. Ja, da ist was dran.
„Was ist los, Sne? Komm schon, rede mit mir."
„Ich will nicht." So bockig habe ich ihn ja noch nie erlebt. Ich halte ihm an seinem Jackenärmel fest.
„Was willst du nicht?"
Er kämpft sich. „Ich, ich möchte nicht ausziehen, pappa."
Scheiße. Das habe ich gar nicht bedacht. Ich habe vergessen, mit ihm vernünftig darüber zu reden. Wäre ich vor Jahren mit ihm ausgezogen, wäre es wahrscheinlich kein Problem gewesen, aber jetzt möchte er mitentscheiden können. Ich bin ein Blödpapa, kein Blödmann. Ich sollte anfangen, auf die Gefühle meines Sohnes zu reagieren. „Warum nicht?"
„Ich will nicht weg von farmor und farfar." Verdammt! Es wäre auch zu schön gewesen. Jetzt muss ich mit eingezogenen Schwanz zurück zu meinen Eltern kriechen. Blöde Kacke. Vater wird sich halb tot über mich lachen.
„Aber du kannst sie doch immer noch besuchen", argumentiere ich hilflos. Fjella übernimmt für mich. Sie erklärt Sne, dass er keine Angst haben braucht, dass er seine Großeltern nicht mehr sieht. Ich werfe wenig hilfreich ein, dass ich ihn auch eigens hinbringen würde und sofern er das möchte, würde ich sogar mit ins Haus meiner Eltern kommen. Meine beste Freundin schwärmt noch ein bisschen weiter von den Vorteilen, die ein Haus mit sich bringen. Mehr Kekse, die gebacken werden können, mehr Spielsachen, zwei Betten, sowas alles. Nach geschlagenen zehn Minuten hat sie ihn überzeugt. In der Zeit habe ich mich wieder aufgerichtet, damit mein Rücken nicht morgen wegen der schlechten Haltung schmerzt. Snefnug zupft an meinem Poncho. Ich brauche dringend neue Klamotten oder sagen wir es so: Ich sollte einfach die Kleidung, die ich bei dem Vater-Sohn-Fotoshooting geschenkt bekommen habe, mal tragen. „Was gibt's, Kurzer?"
„Können... Können wir aber vielleicht ein Haus nehmen, das mama gefallen hätte?", fragt er schüchtern. Warum nicht? „Ja, das können wir. Hätten sie da was im Angebot, persönliche Maklerin? Was hätte... seiner mor wohl gefallen?" Warum schaffe ich es nach all den Jahren immer noch nicht, es übers Herz zu bringen, ihren Namen auszusprechen? Sollte ich sie nicht ehren wollen? Ihren Namen laut sagen? Ich bin ein Schisshase. Snefnug kennt zumindest ihren Namen, aber mehr auch nicht, weil ich es nicht zu Stande bringe, über sie zu reden. Er weiß jetzt, dass sie das Abenteuer geliebt hat.
Daraufhin blättert unsere „Maklerin" durch die Papiere und trägt etwas in ihrem Handy ein. Nur wenige Sekunden später wird sie fündig. Sie tippt auf das Haus. Ich nehme Sne auf den Arm und nehme Fjes Hand. Im nächsten Moment hat sie uns vor ein Haus teleportiert. Es ist bunt. Irgendwie erinnert es mich an etwas. Nur was? Die Maklerin - ach, damit werde ich sie noch länger aufziehen - fängt meinen Blick auf. „Das ist die Villa Kunterbunt aus Pippi Langstrumpf. Ich bin mir sicher, deiner mama hätte sie gefallen. Sie war ganz früher ein Fan der Buchreihe, die mein Vater aus der Menschenwelt besorgt hat. Wir haben sie zusammen gelesen. Deine mor war ein paar Jahre älter als ich und dann hat sie mir daraus vorgelesen. Jedes Mal, wenn wir bei Immy waren. Da die Farben aber... nicht dem Geschmack von Jungs entsprechen, hätte ich da noch eine andere Idee. Haltet euch fest."
Wie selbstverständlich greift sie nach meiner Hand. Nun hat Sne noch etwas über seine Mutter erfahren, nämlich, dass sie die Reihe über die Rothaarige mit den zwei lustigen Zöpfen von der bekannten Kinderbuchautorin Astrid Lindgren gemocht hatte. Das wusste nicht mal ich. Auch nicht, dass sie Fjella vorgelesen hat. Das muss ich mir am besten aufschreiben, damit ich alle Informationen über Snefnugs Mutter aufschreiben kann, um sie ihm dann vorzutragen, wenn er das nächste Mal fragt. Gar keine so üble Idee. Und wir stehen wieder vor einem Haus. Ich erkenne die Hütte sofort. Es ist eine Nachbaute von Hicks' Hütte aus Snes Lieblingsserie - und früher auch meiner, ja. Wie cool. Das ist der Wahnsinn! Wie ist das möglich? Das ist... wow. Aber ich will mich noch nicht zu früh freuen. Die Entscheidung liegt bei Sne und es kann sein, dass er sich für die Villa Kunterbunt entscheidet und dann würde ich es akzeptieren. Wobei ich schon zugeben muss, dass das hier viel cooler ist als all die Häuser zuvor. Das kommt einen Traum, der wahr wird, ziemlich nah. Früher fand ich die Hütten immer super und wenn ich geschlafen hatte, habe ich davon geträumt, wie ich durch Berk schlendere und die Drachen an mir vorbei sausen und ich am Ende des Traumes selbst auf einem über Berk fliege. Oh Mann, ich sollte wieder runterkommen. Ja klar, ist es mega, aber ich bin kein träumender Junge mehr. „Na, was meinst du?"
„Deine Mutter mochte Dragons auch", flötet Fjella übertrieben.
„Wirklich? Warum hast du mir das nie gesagt?" Weil... weil ich versucht habe, die Erinnerungen an sie zu verdrängen. Aus Angst, die Wahrheit preiszugeben, zucke ich mit den Schultern.
„Ich..."
„Ja?", drängelt meine beste Freundin aufgeregt.
„Fjella! Dräng ihn nicht so." An sie gerichtet flüstere ich: „Die Villa ist auch nur nachgebaut, oder?"
„Ja", flüstert sie zurück. Damit sie sieht, dass ich die Antwort wahrgenommen habe, nicke ich. Ich nicke ziemlich viel, kann das sein?
„Können wir hier wohnen?", fragt Snefnug plötzlich. Danke, Gott! Ein Traum wird wahr. Ein Kindheitstraum, meine ich. Versteht sich, oder?
„Ja, wenn du das willst. Können wir."
Diesmal gehen wir nicht Hand in Hand zum Gebäude hin, denn er ist bereits losgerannt. Ich jage ihm hinterher. Aus dem Augenwinkel sehe ich Fjella, die uns langsam lächelnd folgt. Von der Nähe kann ich das Haus besser betrachten. Oben auf dem Dach mache ich Flügel aus. Davor hängt ein Drachenkopf mit zu den Seiten abstehenden Hörnern aus Holz. Über der Tür haben zwei Drachen ihre Hälse umeinander geschlungen und die Treppe wird von zwei Drachen bewacht. Die Stufen aus Stein sind mit Schnee bedeckt, weshalb ich noch ein Auge mehr auf Sne gerichtet habe. Ansich ist das Haus in Brauntönen dem Holz wegen gehalten, aber einige Verzierungen sind leicht grünlich bis gelb. Um ehrlich zu sein, gefällt mir die Hütte obendrein von den Farben her auch mehr. Die Villa Kunterbunt war rosa, gelb und grün und ich glaube, hätte Sne sich für die Villa entschieden, hätte er die Entscheidung am Ende mit höchster Wahrscheinlichkeit bereut. Hibbelig wartet er an der Tür auf uns. Fjella ist noch in weiter Ferne, doch ich bin schon dabei, die Tür zu öffnen, als sie laut „Halt!" ruft. Wir drehen uns zu ihr um. Sie legt einen Zahn zu. Atemlos kommt sie bei uns. „Das verlangt nach einem Foto", erklärt sie.
„Aber ich habe Ohni gar nicht mit", klagt mein Sohn. Meine beste Freundin hat die Lösung, indem sie in ihrem Rucksack kramt und mir das Plüschtier zuwirft.
„Aus diesem Grund habe ich ihn mitgenommen."
Lachend nimmt Snefnug meine Hand, während ich ihm sein Kuscheltier reiche. Wir stellen uns vor der Tür auf und grinsen in die Kamera. „Was sagt ihr, damit ihr lächelt?"
„Rotzbakke, Rotzbakke, oi, oi, oi!", ich stimme mit ein und Fje knipst ab. „Das Bild schickt du mir, ja?"
„Ja. Wollt ihr rein?"
Als ich nicke, wirft sie mir einen Schlüssel zu, den ich auffange. Ich sehe ihn mir an. Er sieht altmodisch aus. In dem Kreis befindet sich das Abbild von einem Mann mit Schlittschuhen. Mein Vorfahre Ullr, der Gott. Kopfschüttelnd öffne ich die Tür. Snefnug schiebt sich zwischen meinen Beinen hindurch in den Eingang. Mit jedem Schritt werden nicht nur seine Augen größer, habe ich das Gefühl. Vorne im Eingang gibt es Haken, die an der Wand unordentlich verteilt sind, an der man die Jacken aufhängen kann. Ann ein paar der Haken hängen Schreckliche Schrecken, deren Zeichnung so lebendig aussieht, dass ich ins Staunen gerate. Unten an der Wand kabbeln ebenfalls noch einige Zeichnungen von Schrecklichen Schrecken miteinander. Sne berührt atemlos erstaunt die Zeichnungen. Dahinter befindet sich eine Tafel zum Speisen. Felle liegen auf dem Boden. Weiter hinten führt es uns in die Küche und auf der Seite gibt es ein Wohnzimmer, was etwas moderner als der Rst ist. Wie ich sehe gibt es auch einen ein und ausfahrbaren Fernseher, damit uns Leute besuchen kommen können, die diese neumoderne Technologie nicht kennen.
Zurück im Esszimmer klettern wir eine Holztreppe hoch, die wie die aus dem Film aussieht. Oben an der letzten Stufe hält mich mein Sohn mit seiner erhobenen Hand auf. „Das ist B-berk. Es liegt zwölf Tage nördlich von T-trostlos und ein paar Grad südlich von Schweinekalt. Und mitten auf dem Längengrad der Lllangeweile", stottert mein Sohn und ich sehe überrascht zwischen ihm und Fjella hin und her. Hat sie ihm das beigebracht? Sie hat das geplant, habe ich recht? Sie wusste, er würde sich hierfür entscheiden. „M-mein Dorf. Kurz gesagt: Ssstur. Es existiert seit sieben Generationen, aber jedes einzelne Gebäude ist... äh... neu. Hier kann man fischen, jagen und malerische Sonnenuntergänge g-genießen. Das einzige Problem ist: Das U-ungeziefer. An den meisten Orten gibt es Mäuse oder Mücken – bei uns gibt es: Drachen. Andere würden um... umziehen. Wir nicht. Wir sind W-wikinger. Unser Problem ist Dickköpfigkeit? Ich heiße Hicks. Toller Name – ich weiß. Aber es gibt Schlimmere. Eltern glauben, grässliche N-namen schrecken Gggnome und Tttrolle ab – als würde die charmante Art von uns Wikingern nicht reichen." Als er endet, applaudiere ich und meine beste Freundin zeigt ihm beide Daumen hoch.
„Super gemacht!"
Schüchtern senkt mein Sohn den Kopf. Ich nehme seine Hand, damit wir uns gemeinsam den oberen Teil der Hütte angucken. In der einen Ecke befindet sich ein Badezimmer mit Dusche, Badewanne und Klo. Es ist zwar modern, dennoch aber auf altmodisch getrimmt. In den angrenzenden Räumen befindet sich das Zimmer für ihn, wo ein riesiger, lebensgroßer Ohnezahn an die Wand gezeichnet wurde. So kann er sich fühlen, als würde er selbst in der Serie mitspielen. Ich freue mich, als ich sein breites Grinsen sehe und die großen, weiten Augen.
ich fasse es nicht. Ich streiche mir über meinen Dreitagebart, den ich mir heute unbedingt rasieren muss. Im letzten Zimmer erwartet mich ein großes Bett im Wikingerstil. Wow. Jetzt komme ich echt nicht mehr aus dem Staunen raus. An meine Wand wurde ein Schwert in die Ecke gezeichnet und an der gegenüberliegenden Wand Thors Hammer. „Du bist verrückt."
„Ich?", meine beste Freundin deutet auf sich selbst. „Wieso?"
„Weil du das eingefädelt hast. Du wusstest genau, er würde sich hierfür entscheiden und hast es eingerichtet. Wie kriegst du das bloß hin?" Immer noch fassungslos, aber überglücklich schließe ich sie in meine Arme. „Du bist verrückt", murmel ich durchgängig.
Irgendwann schiebt sie mich von sich. Sie zieht mich hinter sich her die Treppen runter. „Komm mit."
Wir rennen durch die Tür um die Ecke des Hauses. Sie nimmt mir den Schlüssel aus der Hand, den ich vor Staunen ganz vergessen habe und drückt auf einen Knopf. Einen Knopf? Wo kommt der denn auf einmal her? Ich bin noch am rätseln darüber, da berührt sie mich an der Schulter. Okay, jetzt fallen mir die Augen aus dem Kopf. Vor mir steht ein kleines Auto. Ja, es ist kein Sportwagen, wie den, den Ju fährt, aber das ist schließlich auch sein Schlitten, den er umwandeln kann. „Sorry. Es ist kein Auto wie die von Jules, aber das ist für dich. Die Elfen haben ein bisschen daran gearbeitet, sodass du es tarnen kannst, damit niemand anders davon Wind bekommt. Unter der Schneedecke bleibt es sowieso versteckt."
„Es ist wahnsinnig toll, doch ich kann das alles nicht annehmen."
„Doch, kannst du und du wirst. Dein Sohn hat sich bereits entscheiden, basta. Und würde willst ja wohl nicht die Entscheidung eines Sohnes in Frage stellen, oder? Oder?"
„Nein."
„Na, siehste."
„Aber...", setze ich an.
„Ich höre nichts... Hm? Du brauchst kein schlechtes Gewissen haben. Wir haben alle was dazu gegeben und du revanchierst dich einfach mit einem Essen bei uns. Deine Mutter hat auch was dazu gegeben. Vor eurem Telefonat. Hinter dem Rücken deines Vaters, doch ich soll's dir eigentlich nicht verraten, also behalte es für dich."
„Wirklich?" Nach dem Streit heute kann ich das kaum glauben, aber darum hat Fje ja gesagt, dass es vorher war. „Und verrätst du mir, wie ihr das hinbekommen habt?"
„Das war Jules' Idee. Ich habe bloß ein wenig recherchiert und die Pläne ausgebaut. Die Wichtel, Elfen und Trolle haben die Pläne letzten Endes umgebaut. Die Planung hat nur eine Woche gedauert plus die eine Woche, an der sie getüftelt haben, wie das alles am besten funktionieren kann. Und fertig war euer Haus. Um die Inneneinrichtung habe ich mich teilweise mit Tascha gekümmert."
„Du bist die Beste!" Ich kann es nicht lassen, sie nochmal und nochmal in die Arme zu schließen. „Danke. Danke, dass du dir mal wieder den Arsch für mich Trottel aufgerissen hast. Du bist der Knaller. Wirklich. Danke. Ich werde was zu Essen kochen und Jules mit Tascha einladen. Für seine kleinen Helfer muss ich mir noch was überlegen...", komme ich gar nicht mehr raus aus dem Eifer. Das ist der Wahnsinn. Wow. Was ich sagen? Ich habe glaube ich die Sprache verloren. Wow. Mein Gott, ich habe die besten Freunde.
„Du hättest dasselbe für mich getan und anderer Vorschlag: Ich koche und bleibe bei Snefnug. Du holst Jules, Tascha und eure letzten Sachen. Den Großteil haben wir schon hier. Ich hatte angeboten, eure Sachen von eurem zuhause zu holen, aber Ju wollte das unbedingt machen, auch wenn er weiß, wie dein Vater zu ihm steht... Ich glaube, es ist seine Art, euch zu beweisen, wieviel ihr ihm bedeutet."
„Ich weiß. Aber ich werde kochen. Du hast genug getan."
„Und ich würde es wieder machen. Du kochst beim nächsten Mal", willigt sie ein.
Ich habe einen besseren Plan. Ich hole das Portemonnaie aus meiner Hosentasche. „Noch besser: Ich bringe auf dem Weg was zu essen mit, dann kannst du mit deinem Patenkind Zeit verbringen. Hole gleich in einem Zug Immy ab, habe ja jetzt einen Wagen. Also nichts kochen, bis dann."
Meinem Sohn, der von seinem Zimmerfenster aus die Szene beobachtet hat, winke ich zu, dann steige ich in den Miniaturwagen und düse los. Einen Führerschein habe ich, so ist es nicht. ich habe ihn nur nie gebraucht, weil es Autos in unserer Welt eigentlich noch nicht gibt.
Auf dem Weg fällt mir ein, was ich vergessen habe. Nachdem ich angehalten habe, nehme ich meinen Zauberstab in die Hand und konzentriere ich auf mein Vorhaben. In dem Bogen, den mein Zauberstab hat, erscheint eine Blase, die aussieht wie ein Portal in eine andere Welt. Einerseits ist es das sogar, aber gerade sehe ich damit bloß die Botschaft, die ich der jungen Frau an ihre Fenster hinterlassen habe. Ich habe ihr mit meinem Stab eine Schneerose ans Fenster gezaubert. Irgendwie hatte ich Lust dazu und warum auch immer glaube ich, dass sie ihr gefallen hat, dass sie Schneerosen mag. Dazu habe ich ihr eine Entschuldigung geschrieben. Ich habe ziemlich Mist gebaut. Sie ist den einen Tag wegen mir nicht nur im Schnee gelandet, später habe ich sie obendrein mit meiner Schneemagie betäubt, weil sie geschlafwandelt ist und mir später eine überbrezeln wollte. Danach habe ich ihr Patenkind gefährdet, da wegen dem Sturm kein Arzt zu ihnen gelangen konnte. Ich habe aus Schuldgefühlen geholfen und den Feen den Weg zum Schloss von Arendelle ermöglicht. Den Sturm habe ich ebenfalls zu verantworten, doch den kann ich nicht abstellen. Aber ich hatte das Gefühl, ich müsse mich bei ihr entschuldigen für das, was ich getan habe. Deswegen die Nachricht an ihrem Fenster. Jetzt hat sie mir geantwortet, was ich nicht erwartet hätte. Ich lese mir ihre Antwort durch. Wofür? Und vor allem: Wer bist du? Schmunzelnd lasse ich meine andere Hand über den portalähnlichen Kreis wandern.
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