Kapitel 14

Madelen prostet mir mit ihrem Kaffee zu. Um sie zu ärgern, proste ich ihr dafür mit meinem Croissant zu. Boah, bin ich voll gefuttert, aber ich kann Käse nicht widerstehen. Genauso wenig wie Croissants. Und eigentlich allem. Finster starrt mich meine beste Freundin an. Ist doch ihr Problem, dass sie auf Diät ist, nicht meins. Damit sie sich mir gegenüber noch grimmiger präsentieren kann, verschränkt sie die Arme vor der Brust und dreht sich sogar weg. Blöde Zimtziege. Kann ich doch nichts dafür. Na gut, vielleicht hätte ich nicht so fies sein dürfen, ihr die französische Köstlichkeit unter die Nase zu halten, aber das habe ich nur geschaut, um ihr zu beweisen, dass sie die Diät lassen soll.
„Weißt du was unfair ist?"
„Ne, waf denn?", mampfe ich. Ja okay, das ist noch gemeiner von mir. Ich schlucke die Krümel schnell runter und spüle mit dem Kakao nach, damit ich beim nächsten Mal ohne vollen Mund mit ihr sprechen kann. Die Diät ist schließlich ihre eigene Entscheidung, bei der ich als ihre Freundin sie besser unterstützen sollte. Sehnsüchtig schaue ich auf mein Croissant, das ich erstmal weggelegt habe.
„Du kannst futtern, was du willst. Und? Du wirst nich dick. Nicht mal der Ansatz eines Bauches. Das ist sooo unfair", immer noch grimmig schmeißt sie sich auf das Bett. Augenverdrehend lege ich mich neben sie. Gespräche dieser Art kann ich überhaupt nicht leiden. Die laufen dann immer wie folgt: „Ich fühle mich dick." - „Ich mich auch." - „Erzähl keinen Quatsch. Du und dick? Dass ich nicht lache. Hier, kein Bauch." - „Haha". Oh Mann, ich finde diese Art von Gesprächen echt zum kotzen. Anders kann ich es nicht ausdrücken. Madelen ist nicht dick. Aber gut, bitte, wenn sie meint. Dann spiele ich das Spiel halt mit. „Ja, das ist soooo unfair. Die anderen können futtern und futtern und futtern und bleiben gesund und Rank und schlank. Findest du das nicht auch blöd?"
„Haha, witzig. Ja, hab's verstanden. Danke." Ich bin so gut darin, denn nun greift meine Freundin auch nach einem Croissant. Ha! Gerda hat's mal wieder geschafft. Boom! Innerlich feiere ich mich gerade. Einfach zu mir kommen und ich verderbe den Diät-Unternehmen ihre dämliche Masche.
Grinsend werfe ich ihr einen Flugkuss zu. „Bitte, hab dich lieb."
„Habe ich dir schon von dem Kontakt zu meinen alten Klassenkameraden aus der Grundschule erzählt?", fragt sie, nachdem sie mit dem Kauen eine kurze Pause eingelegt hat.
Ich schüttel den Kopf und warte auf ihre ausführliche Erklärung darüber. Sicherheitshalber krame ich nochmal in meinem Gedächtnis. Hat sie mir davon schon was erzählt? Nein, nicht dass ich wüsste und ich merke mir fast alles. Also schüttel ich erneut den Kopf. Bereit zur erzählen, fängt sie an. „Also ich habe dir bestimmt gesagt, dass meine alte Grundschulklasse jetzt eine WhatsApp Gruppe erstellt hat, oder?"
„Nein, auch das hast du mir noch nicht berichtet. Wir haben uns zuletzt vor zwei Wochen gesehen." Ich bin eine gute Freundin, die immer zuhört und sich die Gespräche meistens wirklich gut einprägt und das bedeutet, dass sie es mir noch nicht erzählt hat, da bin ich ziemlich sicher. Selbst wenn wir bei unseren Konversationen zum Fernseher gegluckt habe, habe ich alles mitbekommen. Frauen sind multitaskingfähig. Quatschen geht immer. Das liegt uns im Blut, wurde uns mit in die Wiege gelegt.
„Oh okay, ja also wir haben eine WhatsApp Gruppe." Ach ne. So viele habe ich mittlerweile verstanden. Schmunzelnd höre ich es mir trotzdem an. Ich finde es schön, wenn man mit seinen ehemaligen Klassenkameraden in Kontakt treten kann. Leider ist mir das nicht möglich, denn ich habe keinen Anhaltspunkt. Keine DVD mit Bildern aus der alten Grundschulzeit oder irgendwelchen Namen aus meiner Klasse. Ich weiß nicht mal, ob meine Grundschule noch steht. Woher auch?
„Deinem Blick zu Folge hast du sowas nicht, stimmt's?"
„Nein."
„Im Frühling können wir doch mal bei deiner Schule vorbeischauen und vielleicht geben sie uns da ja eine Namensliste von deinen Klassenkameraden, was hältst du davon? Oder du fragst deinen Bruder. Ihr wart in einer Grundschulklasse, oder?"
„Ja, er wurde zurückgesetzt, damit wir zusammen in eine Klasse gehen konnten."
„Ihr könnt so knuffig zusammen sein", schwärmt Mad. Ich lege meinen Kopf schief. Ist das ihr ernst? „Okay, sorry. Ihr könnt, habe ich extra gesagt. Du solltest echt mal mit ihm reden. Ihm sagen, dass du das Leben so nicht magst."
Ernsthaft? Als ob ich das nicht längst versucht hätte, aber nein, der wehrte Herr von und zu will dem Anschein nach nichts mehr mit seiner kleinen Schwester - sprich mir - zu tun haben.
„By the way, hast du dir bereits überlegt, wo du arbeiten möchtest?"
„Äh nein. Ich muss erstmal die Schule beenden, aber das geht schlecht, wenn mein Privatlehrer ständig aus unerfindlichen Gründen fehlt oder krank ist. Zur Not arbeite ich hier im Schloss als Putzfrau. Kay hat Glück, der wird sicherlich König, wenn er mit seiner Schule irgendwann durch ist." Eigentlich müsste Kay weiterhin mit mir Unterricht bei unserem Privatlehrer haben, aber wegen Mille schwänzt er dauerhaft und Anna hat die Mühe aufgegeben, sich bei ihm deshalb zu beschweren.
„Wenn du mit der Schule durch bist, verschwindest du von hier. Zumindest aus diesem Schloss. Werd Grundschullehrerin oder so. Du liebst doch Kinder. Wie wäre es, wenn wir im Frühling ins Tal gehen, um nach deiner Grundschule zu suchen, fragst du sogleich nach einem Job?"
„Nein, das mache ich nicht. Also ich meine ja, darüber habe ich auch schon nachgedacht und länger bleibe ich bestimmt nicht hier, aber ich muss erst studieren, bevor ich an einer Grundschule als Lehrerin anfangen kann. Und wenn ich ehrlich bin, glaube ich nicht, dass das der Beruf für mich wäre. Was soll ich denn in Mathematik machen? Den Kindern Aufgaben geben und heimlich mit dem Taschenrechner unterm Tisch nachrechnen? Denn so sehe ich mich eindeutig", scherze ich ironisch.
„Ach Bockmist, Mathe in der Grundschule ist easy. Du musst nur diesen einfachen Mist mit addieren und subtrahieren machen. Das kriegst du hin."
Zweifelnd sehe ich sie an. „Na egal, du wolltest etwas vollkommen anderes erzählen", erinnere ich sie.
„Okay, ich wechsel das Thema. Von mir aus, aber glaub nicht, dass ich damit von der Angel lasse. Wir werden da runter gehen, wenn der Sturm sich gelegt hat und dann fragst du nach einem Praktikum. Also wo war ich bei meiner Erzählung? Achso, ja. Ich habe den einen Jungen angeschrieben, der vor ein paar Tagen von einer Freundin der Gruppe hinzugefügt wurde."
„Uhlala", necke ich sie, obwohl ich genau weiß, wie sehr sie ihren Freund liebt.
„Ich habe einen Freund, mit dem ich übrigens mehr als glücklich bin. Na egal", lässt meine Freundin sich nicht beirren. „Ich habe ihn angeschrieben und dann sich da ein witziges Gespräch entwickelt. Er hat mir gesagt, dass er einen Funfact über sich habe. Nämlich, dass er noch dieselbe Musik hört wie in der Grundschule und ich bin natürlich intelligent, kennst mich ja und gucke in meinem Freundebuch, denn ich weiß, dass er dort eingetragen hat." - Auch etwas, dass ich nicht besitze. Ein Freundebuch hatte ich mal, aber das muss wohl verbrannt sein. - „Oder wohl eher seine Mutter. Jedenfalls stand dort neben dem, dass er an mir meine Augen mag, dass er so ein Kinderlied gehört hat. Die Jahresuhr von Rolf Zuckowski oder so. Keine Ahnung. Damit habe ich ihn dann öfter aufgezogen. Wir haben uns auch über unsere Namen unterhalten und wie wir eigentlich hätten heißen sollen."
„Wie hättest du denn heißen sollen?", werfe ich ein. Ich mache es mir in meinen Kissen und Decke bequem und werfe einen kurzen Blick auf die Glotze. Das ist definitiv die Folge Beste böse Lieblingsfeinde, in der Titus und Sophie zu ihrem Übel zusammenarbeiten müssen.
Auch sie wirft einen kurzen Blick auf den Bildschirm, bevor sie sich wieder mir zuwendet und antwortet. „Das Geheimnis nehme ich mit ins Grab."
„Aber ihm hast du es verraten oder wie?"
„Na schön, na schön. Meine Mutter wollte mich richtig quälen und mich Muriel Tabea nennen. Schrecklich, oder?"
Ich zucke mein Handy und recherchiere über die Namen. Das kann ich gut. Die Bedeutungen von Namen herausfinden macht mir meistens sogar richtig Spaß. Ich halte ihr mein Handy direkt vor die Nase, weil ich weiß, dass sie das hasst. Sie hält es weg und liest die zwei Artikel, die ich geöffnet habe. „So schrecklich finde ich den gar nicht. Muriel bedeutet sowas wie glänzendes Meer, was ich ziemlich cool finde. Und Tabea erst. Müssen wir darüber noch reden? Der Name bedeutet die Gazelle oder das Reh. Für mich persönlich klingt der Name sehr schön."
„Okay, so schrecklich ist er nicht, aber trotzdem bin ich mit meinem Namen zufrieden. Was bedeutet Madelen?"
„Warte", ich tippe ihren Namen bei meiner Lieblingsnamenwebsite ein. „Hm, interessant, wirklich interessant. Zu deinem Namen kann ich nichts richtig finden. Es gibt ihn in anderen Schreibweisen, also vielleicht sowas wie die Erhabene. Mein Name bedeutet die Beschützende. Nicht schlecht, oder?"
„Du hast einen schönen Namen, Gerda. Und die Beschützende passt obendrein zu dir."
„Danke."
Ich nehme mir noch ein Croissant, auch wenn ich wahrscheinlich schon zu viel gegessen habe. Croissants gibt es schließlich nicht alle Tage. Dabei fällt mir ein, dass ich unbedingt mal wieder nach Villeneuve muss, um die besten Macaraons der Welt zu essen. Vielleicht nehme ich Mad mit oder ich gehe alleine und genieße die Zeit und verliebe mich bei Gelegenheit, jedoch ist das wahrscheinlich nur Wunschdenken. Dennoch sollte ich mal wieder Macarons essen oder ich sende mir einfach welche zu. „Wie geht die Geschichte von deinem Klassenkameraden weiter?"
„Wir haben uns noch über dies und jenes unterhalten. Hier und da ein paar Späße, auch nochmal die ein oder andere Neckerei wegen seinem Musikgeschmack. Natürlich findet er die Jahresuhr nicht mehr toll. Schade eigentlich. Worüber haben wir uns noch unterhalten? Ach ja, er hat wieder eine Spinne als Haustier und er möchte Altenpfleger sein. Um ehrlich zu sein, hätte ich ihm das nicht zugetraut, aber ich finde es cool. Dann haben wir noch ein paar Erinnerungen an die Grundschule ausgetauscht. Dabei habe ich ihm jedoch eine meiner Erinnerungen nicht anvertraut, dass ich ihn in der ersten Klasse auf die Wange geküsst habe."
„Oh... oh... Echt?"
„Echt. Meine Mutter kann sich zwar nicht mehr daran erinnern, aber ich bin mir sicher, dass das passiert ist. Lustig daran ist, ich war nie allein. In der ersten Klasse habe ich ihn mit einer anderen auf die Wange geküsst oder besser gesagt, mich wegen ihm mit meiner Freundin gestritten. In der zweiten einen anderen mit einer anderen Freundin und das bis zu vierten Klasse. Immer ein anderer Junge und immer ein anderes Mädchen. Verrückt." Ihr Blick schweift von dem Fernseher zu der Uhr an der Wand. „So spät schon. Ich muss los. Thambi und ich sind verabredet, wir wollten auf eine Feier. Willst du mit?"
„Du weißt doch, ich darf nicht."
„Und du würdest nie etwas Verbotenes tun", grinsend sieht sie mich an.
Ich verdrehe die Augen. „Vielleicht mache ich nächstes Mal etwas Verbotenes, aber heute habe ich eher weniger Lust. Viel Spaß dir."
„Als ob", kommentiert meine beste Freundin. Mad umarmt mich und verlässt das Zimmer. Sie steckt noch einmal de Kopf zur Tür herein. „Wenn das passiert, esse ich eine Ratte."
„Bonne Appetit, sage ich nur! Stell dich drauf ein, eine Ratte zu essen. Nächstes Mal bin ich ganz sicher dabei", schwöre ich grinsend. Wenn sie das tut, dann mache ich sogar etwas Verbotenes. Darauf kann sie Gift nehmen!
„farvel så længe! - Bis dann!"
„Grüß Thambi von mir und sag ihm, er soll sich auf einen rattenscharfen Mundgeruch einstellen! Hm, lecker...", rufe ich ihr lachend hinterher.
„Du Witzbold", sie streckt mir die Zunge raus und ich werfe ein Kissen nach ihr, doch bevor es bei ihr ankommen kann, hat sie die Tür bereits geschlossen. Ihr Glück. Ich verschränke die Arme vor der Brust. Sollte ich Mad wirklich Ratten essen lassen? Ja, definitiv. Ich würde ihr sogar eine bakterienfreie Variante kaufen, damit es ihr danach nicht total dreckig geht.
Auf einmal geht meine Zimmertür auf und ich erwarte bereits Mads Gesicht, doch zu meiner großen Überraschung ist es Kay, der in mein Zimmer guckt. Erzieht aufgewühlt aus, weshalb ich mich aufrecht hinsetze und meine Serie stoppe. Er registriert, dass ich bis eben Fernsehen geguckt habe. Leider habe ich an der falschesten Stelle gestoppt, bei der mein Bruder mich hätte erwischen können. Es ist natürlich eben die Szene, in der Wilhelm und Simon nun ja... Sex miteinander haben. Oder Spaß. Wie auch immer. Jedenfalls sieht mein Bruder mich übelst entgeistert an. Was hat er denn? ER ist es doch, der die gesamte Zeit an nichts anderes denkt außer Sex mit Mille.
„Ähm ja, also..."
„Was ist? Willst du mir verbieten diese Serie zu gucken? Denn du kannst mir gar nichts verbieten!", wüte ich. Ich glaube, ich habe jedes Recht dazu, denn klein bin ich nicht mehr. Ich bin nicht viel jünger als er und genau genommen bin ich erwachsen. So.
„Nein, Kris hat mich gerade angerufen. Lennja ist krank, Anna ist weg und er braucht unsere Hilfe, weil er heillos überfordert ist."
„Was? Sag das doch gleich!"
Ich springe vom Bett auf und wühle in meinen Sachen. Eilig schlüpfe ich in ein paar Klamotten. Gerade muss ich ein merkwürdiges Bild abgeben mit dem Kleid über der schlabbrigen Schlafanzughose. Aber egal. Die Hauptsache ist jetzt gerade, dass wir rechtzeitig zu Kristoff kommen. Ich setze mir eine Mütze auf den Kopf und ziehe mir Handschuhe an. Dann ziehe ich meinen Bruder wortlos hinter mir her raus aus meine Zimmer. Wir laufen die große, breite Wendeltreppe hinunter, wobei ich fast stolpere und Kay mich vor einem Sturz bewahren muss, indem er nach meinem Arm greift und mich zu sich zieht. Für bedanken ist keine Zeit, also ziehe ich ihn weiterhin hinter mir her. Unten reiße ich die Haustür auf, die ich mir somit fast gegen die Stirn knalle. „Hej, mein kleiner Tollpatsch! Pass auf! Wenn du dir wehtust, bringt uns das gar nicht. Außerdem musst du dir noch wie ich Schuhe anziehen."
„Sorry", gebe ich zerknautscht klein bei.
„Schon gut, wir sollten uns einfach beeilen." Während er sich ganz gemächlich die Stiefel schnürt, ruft er nach oben: „Warte nicht auf uns, Liebling, wir sind drüben bei Anna."
Ich ziehe mir rasch meine Schuhe und eine warme Jacke an. „Beeil dich, Kaykay! Wir müssen endlich los", sporne ich ihn an. Was Lennja wohl hat? Ich mache mir echt Sorgen um sie. Sie ist doch noch so jung und ihr Immunsystem ist wahrscheinlich noch nicht so ausgeprägt, sodass eine Krankheit bei ihr schlimmer ausbrechen könnte. Und dann die anderen drei Kiddies, die es mitbekommen mussten... Egal. Ich darf mir jetzt nicht zu viele Gedanken machen, sondern muss mich erstmal auf den Weg konzentrieren, um dann zu entscheiden, was ihr machen. Okay... Puh... Alles ist gut... Es ist bestimmt nichts Schlimmes. Sicherlich braucht Kris nur Hilfe beim Windeln machen.Ganz bestimmt ist es nur das. Alles ist gut. Lennja wird nichts passieren... Hoffentlich....
„Warum? Was ist los?"
Warnend sehe ich ihn an. Wehe, er antwortet darauf, dann gehe ich ihm an die Gurgel, sobald ich beruhigt davon ausgehen kann, dass mit Lennja alles gut ist. „Sie ist wohl krank. Warte nicht auf uns, ich melde mich später. Liebe dich" und er wirft ihr allen ernstes noch einen Luftkuss zu.
Wirklich sauer trete ich ihm mit voller Wucht mit meinem Fuß auf seinen Fuß. Bum, das hat gesessen. Anstatt mit seiner Freundin ständig zu poppen, könnte er sich auch mal wieder seiner Familie zuwenden, die ihn echt vermisst. Und zugegeben, ich gehöre ebenso zu den Personen, die ihn ehrlich vermissen. Seine Freundin würde doch eh nur die heißen Sexeleien mit ihm vermissen, nicht ihn selbst. Wann versteht er endlich, dass sie es nicht ernst meint? Andererseits will ich nicht undankbar sein - wir dürfen schließlich in ihrer Bude hausen und irgendwie werde ich dabei das mulmige Gefühl nicht los, dass das wohl oder übel etwas bezüglich der Ernsthaftigkeit der Beziehung mit meinem Bruder und ihr zu bedeuten hat.
„Was soll das?", zischt er, aber Mille hat meinen Wutausbruch bereits life miterlebt und das nicht nur heute. Jetzt ist sie wütend, weil ich ihrem Sexspielzeug wehgetan habe. Das Sexspielzeug hat einen Namen. Kay. Und er ist mein Bruder und ich möchte nicht, dass er am Ende an Liebeskummer leidet. Und obendrein möchte ich am Ende meines Daseins nicht vollends verstört sein wegen den beiden Vögeln - ihr wisst schon, was ich meine.
Ohne ein Wort gehe ich aus der Tür und schleudere sie hinter mir zu. Dann stapfe ich eilig durch den Schnee, um von diesem verliebten Typen wegzukommen und schleunigst nach Lennja zu gucken. Sie ist jetzt gerade wichtiger als irgendsoein doofer Streit zwischen meinem Bruder und mir, der ohnehin bereits lange genug geht. Ein Tag mehr oder zwei ändert an der Situation überhaupt nichts, also kann es mir egal sein. Leide ist es mir überhaupt nicht egal. Das ist ja das Problem an der ganzen Sache. Ich liebe meinen großen Bruder und möchte nur das Beste für ihn, aber die Schneehexe ist eindeutig nicht gut für ihn. Sie hat ihn entführt und gefoltert. Wie könnte ich ihr vertrauen? Wie kann er ihr vertrauen? Wie? Ich meine, hätte sie mich gefoltert, wäre es mir egal gewesen, aber sie hat ihn gefoltert. Meinen Bruder. Und damit nebenbei unsere ganze Familie zerstört. Okay, sie war nicht schuld an dem Tod unserer Familie, das wissen wir mittlerweile, aber dennoch hat sie meinen Bruder gefoltert und ich finde, das sind wichtige Aspekte, um diese Liebelei ein für alle mal zu beenden! Punkt und Ende.
Ich höre ein Knirschen von Schnee hinter mir und drehe mich um. Kay eilt mir mit meinem Polarfuchs hinterher. „Flocke, du kommst mit? Das wird helfen", meine ich zu meinem Haustier mit dem schönen Fell, welches sich an die jeweilige Jahreszeit anpasst.
„Gerda, jetzt warte doch mal! Was sollte das eben? Musst du mir andauernd wehtun? Was hat dir mein Fuß getan?"
Ich ignoriere ihn weiterhin. Es gibt wichtigeres, als seinen schmerzenden Fuß, den ich ihm zugefügt habe. Unbeirrt stapfe ich weiter. Die Schneemassen türmen sich und ich befürchte, bald ganz darin zu versinken. Momentan gehen sie mir nur bis zum Knie, aber sofern das mit dem Sturm nicht aufhört, könnte ich bald echt nicht mehr den richtigen Weg finden. Der Schnee unter unseren Füßen knirscht und knarzt. Mit meiner Hand streife ich durch den Schnee. Er kann so wunderschön sein... so magisch und faszinierend.
„Gerda Rosenrød-"
„Sag es nicht!", donnere ich wie ein Gewitter. „Ich mag meinen Namen, aber das heißt nicht, dass ihn jeder benutzen kann, wann immer es ihm passt, um mich zu beschimpfen!!!"

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