Kapitel 5

Jo. Denkst du, ich lüge?", erwidert Hunter mit einem verletzten Blick, den man ihm jedoch nicht abkaufen kann, jedenfalls ich nicht. Ich weiß genau, wie er tickt, selbst nach den vielen Jahren.
„Meistens tust du das."
„Welch Kompliment. Und du bist immer noch der schüchterne Junge von früher."
Bevor wir uns weitere Nicht-Komplimente an den Kopf werfen können und uns vielleicht noch anfangen zu streiten, kehrt Heidi zu uns zurück. In ihrem Lächeln liegt wie so oft dieses warme Strahlen. „Jungs, sorry wegen eben. Ich kann diese Stinkekuh nur nicht leiden."
„Sollen wir dir ein Geheimnis verraten, Herzchen?"
„Bitte, gerne, Hunterlein", sie spitzt die Ohren. Ich ebenfalls. Zu gerne möchte ich wissen, welches Geheimnis ich und er hüten.
„Wenn du sie nicht magst, halten wir zu dir. Wir können sie ebenfalls nicht ausstehen." Irgendwie kaufe ich es ihm nicht ganz ab, aber Heidi tut es. Es macht den Anschein, sie freut sich über seine Worte, also freue ich mich quasi mit ihr. Es ist nämlich so, dass ich Liora auch nicht leiden kann. Doch irgendwas sagt mir, dass Hunter, obwohl er angeblich auf Connor steht, schonmal was mit der Prinzessin hatte. Wer weiß.
„Liora hat mal die ganze Schule zusammen geschrien. Heißt, ich mag sie ebenso nicht. Durch sie trage ich weiterhin einen fiesen Gehörschaden. Obwohl das Jahre her ist."
Sie hält uns die geballte Faust hin und wir schlagen ein. „Danke, ihr zwei. Peter und ich hatten übrigens eine Idee. Wir ihr vielleicht wisst oder nicht wisst, haben wir eine gemeinsame Wohnung seit etwa einem Monat. Nichts besonderes. Sehr klein, aber fein. Und da wir ja hier wieder alle zusammenkommen und ihr bestimmt auch mal eure Ruhe vor eurer Familie haben wollt, beziehungsweise eure eigene Wohnung haben wollt, haben wir uns gedacht, vielleicht wollt ihr einfach zu uns ziehen. Wir teilen die Kosten und wir können wieder näher zusammenwachsen. Win-Win-Situation."
„Erstmal Glückwunsch zur Wohnung", gratulieren wir ihr wie aus einem Munde zu ihrem gemeinsamen Glück. Kann man das so nennen? Bestimmt. Eine Wohnung ist schließlich ein großer Schritt ins Unbekannte.
„Dankeschön. Und was meint ihr?", ihre Augen liegen abwechselnd gespannt auf einem von uns.
„Was ist mit Connor?", fragt Hunter.
„Der möchte sicher nicht. Wir können ihn fragen, aber seine Familie plant selbst einen Umzug aus dem Schloss in ein eigenes Haus. Ihr wisst, wie sehr er seine Familie liebt. Wobei das nicht für jeden aus der Familie gilt", den letzten Satz murmelt sie.
„Für wen denn nicht? Familie steht für ihn immer an erster Stelle. Ich kenne kein Familienausnahmemitglied."
„Mich."
„Was???", kommt es von uns beiden Jungs. Das war unvorhersehbar.
„Na ja, meine Eltern... Also fangen wir von vorne an. Habe ich das echt nie erzählt? Er auch nicht? Bei ihm war es klar. Komisch, dass es mir nie rausgerutscht ist wie jetzt gerade. Aber bitte sagt ihm nichts davon und sprecht ihn auch nicht auf mich an. Der Wolf, sein Vater, hat, während Red noch schwanger war, aus Versehen", das Wort setzt sie absichtlich in Anführungszeichen. „meine Mutter geschwängert. Tja, ich denke, ich muss nicht erklären, wie es dann weitergeht oder was passiert ist, dass sie schwanger wurde. Richtig?"
„Erkläre es besser der Jungfrau neben mir", scherzt Hunter, weswegen ich ihn grimmig in Grund und Boden starre.
„Oder erkläre dem Witzbold neben mir sicherheitshalber was Kondome und Verhütung im allgemeinen sind, so oft, wie er es schon getrieben hat.", werfe ich den Kommentar zurück. Nun bekomme ich einen wütenden Blick zurück, aber es ist mir egal. Ja, ich hatte noch keinen Sex zuvor. Na und? Dafür habe ich hart gearbeitet für mein Leben, meine Zukunft, meine Noten.
„Was ist nur aus uns geworden? Aus euch? Ihr wart Freunde. Und jetzt? Jetzt zieht ihr euch gegenseitig mit Witzen runter, die keine sind, selbst wenn ihr euch einredet, dass sie witzig sind."
„Tschuldigung", brummt er.
„Tut mir leid, Heidi", entschuldige ich mich mit gesenktem Kopf. „Erzähl bitte weiter."
„Mein einer älterer Bruder stammt auch vom Wolf. Meine Mutter und er hatten in der Vergangenheit viel Sex und anscheinend immer vergessen zu verhüten oder es gab zu dem Zeitpunkt noch keine Verhütung, was unnormal wäre, aber.... Na ja, ich schweife ab, sorry. Connor und ich sind zur Hälfte Geschwister, jedoch kann er mich nicht ausstehen."
„Ist das wahr?"
„Glaube schon. Bitte denkt jetzt nicht, dass ich euch ein negatives Bild über euren Freund geben will. Ich mag ihn und ich mag euch. Und ich hoffe, dass das irgendwann zwischen uns besser werden kann und wir die Fehler unserer Eltern in der Vergangenheit hinter uns lassen kann." Das ist die Heidi, die ich kenne und liebe, nicht auf diese Weise, wie ein Mann diese eine bestimmte Frau, seine Partnerin, liebt, sondern mehr freundschaftliche Liebe. Daher schüttel ich den Kopf. „Alles gut."
„Momentchen. Also deine Mutter hat mit dem Wolf zusammen einen deiner Brüder bekommen. Danach hat sie irgendwann dich bekommen oder war schwanger mit dir, doch zu der Zeit hatte der Böse Wolf eine neue Frau auserkoren. Diese war Rotkäppchen. Rotkäppchen war dank dem Wolf in jungen Jahren mit Connor schwanger. Habe ich das richtig verstanden?"
„Fast. Wenn ich richtig liege, waren es sogar ich und zwei Brüder, die vom Wolf sind. Die letzten drei Geißlein, also ich und zwei meiner Brüder, waren also von einem anderen Vater. Keine Ahnung, wer der Vater meiner vier anderen Brüder ist, um ehrlich zu sein. Die Geburten meiner Brüder waren vor meiner Zeit. Ich war bis vor kurzem die Jüngste und zusätzlich die einzige Tochter."
„Bis vor kurzem? Bedeutet das, es gibt mehr Geißlein?", möchte ich von ihr erfahren.
„Genau. Nach mir kamen noch drei andere. Drillinge. Zwei Jungs, ein Mädchen. Jetzt bin ich nicht mehr das einzige Mädchen, nur von den großen Kindern bin ich es noch. Ist das zu fassen? Früher wollte ich immer das große Kind sein. Ich wollte so sein wie meine Brüder - erwachsen. Dabei waren sie das gar nicht."
„Boah, heilige Scheiße, ist das kompliziert!", findet Hunterlein. Bei dem Spitznamen, den Heidi ihm gegeben hat, muss ich schmunzeln.
„Zehn Geißlein, ist deine Mutter da nicht total überfordert gewesen? Wollte sie immer so viele Kinder haben?"
„Das kann ich euch nicht beantworten, das müsst ihr sie selber fragen."
„Das werde ich", verspricht er. An ihn gewandt schüttel ich versucht unauffällig den Kopf. Sowas macht man nicht. Es klingt nicht gerade so, als war jedes Kind gewollt.
„Was denn? Sie hat gesagt, ich soll's machen. Stimmt's, Herzchen?"
Mit der flachen Hand schlage ich mir gegen die Stirn. Super gemacht, Hunterlein. Kapiert er auch mal irgendetwas?? Die Wahrscheinlichkeit liegt bei weniger als zehn Prozent. „Jayjay, es ist wirklich kein Problem. Du kannst sie gerne fragen. Es ist ihr nicht peinlich oder so. Würdet ihr in eurer Polizeiausrüstung in voller Montur irgendwann vor ihr stehen und sie das fragen, sie fände es lustig, ehrlich. Mach dir nicht immer so viele Gedanken. Worüber ihr euch aber Gedanken machen könnt, ist unsere mögliche WG."

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