Johannas Epilog

Aufgeregt knetet Jay Dearly seine Hände, die auf den ebenso zitternden Händen seines festen Freundes Hunter Hood ruhen. Gleich kommt sie. Die Zarentochter Valerya Marie. Kurz Val. Warum die Aufregung fragt man sich da. Jay und sie waren zwar nie zusammengekommen, dafür jedoch gute Freunde geworden. Heute steht ein großes Vorhaben auf dem Plan. Was es wohl ist? Glaubt mir, liebe Märchenfanatiker, ihre Idee ist für uns alle noch nicht nachvollziehbar. Viel zu verfahren und kompliziert, aber so fängt jedes gute Märchen an.
Es klopft an ihrer Tür. Die beiden Männer springen gleichzeitig auf. Sie klettern auf dem Weg zur Tür über haufenweise Kartons. Erst vor einer Woche sind sie aus der Wohngemeinschaft mit Heidi und Peter ausgezogen. Alles war irgendwie auf einmal gekommen - vor einem guten Vierteljahr hatte Jay sein Studium beendet, Hunter musste noch nachziehen. Nun war die gesamte Jägertruppe richtige Polizisten. Kurz danach kam ihnen diese Schnapsidee, die sie bis zum heutigen Tag bis ins kleinste Detail geplant hatten. Sie hatten Pro und Contra Listen geführt, die Möglichkeiten diskutiert und sich dann für diese entschieden. Jetzt hatten sie eine eigene gemeinsame Wohnung, arbeiteten als Polizisten und einen gut ausgeklügelten Plan vorbereitet. Diesen mussten sie jetzt nur in die Tat umsetzen. Und eine Hundefamilie hatten sie obendrein nun auch bei sich in der Wohnung untergebracht. Perdita hatte fünfzehn Welpen auf die Welt gebracht, nachdem sie vor Robin Hood geflohen ist. Der frühere Held hatte sie sogar gesucht, sich dann aber entschieden, sie bei seinem Sohn zu lassen, in der Hoffnung, Hunter könne ihm eines Tages verzeihen.
Hunter öffnete die Tür, nachdem sie den Kampf gegen das Umzugschaos gewonnen hatten und Natascha steckte den Kopf zur Wohnung herein. „Hallihallo, lange nicht gesehen. Ich komme, um meinen Kumpel abzuholen", begrüßte sie die beiden Männer mit einer Umarmung. Jules hatte sie mit dem Schlitten vorbeigebracht. Ihre Aufgabe war es, Hunter abzulenken. „Ich glaube, ich habe gerade die Zarentochter gesehen. Von mir viel Glück." Sie hielt ihren Daumen gedrückt und klinkte sich bei ihm unter. Dieser verabschiedete sich mit einem Kuss auf die Stirn von seinem Lebensgefährten. „Du weißt, was du tun musst, oder?"
„JAHA. Das ist nur Sex, den werde ich wohl hinbekommen."
„Da wäre ich mir nicht so sicher", kommentierte der Sohn von Robin Hood neckend. Er kannte seinen festen Freund nun Mal viel zu gut. Unsicherheit stand bei ihm meist auf der Tagesordnung.
Jay stemmte die Hände in die Hüften. „Was soll das denn heißen? Ist der Sex nicht ausreichend mit mir?"
„Er ist besser als gut und deswegen muss ich jetzt gehen, bevor ich bei der ganzen Sache einen Rückzieher mache", sagte Hood, als er sich den Weg durchs Treppenhaus nach draußen bannte, bevor er es wirklich täte. Tascha verabschiedete sich mit einer Umarmung von dem hibbeligen Jay und beeilte sich, hinter dem anderen Mann herzukommen.
Kurz darauf erschien die ebenso aufgeregte Valerya Marie im Türrahmen. Jetzt werdet ihr erfahren, was ihr Plan für heute war. „Hallo, Vater meines zukünftigen Kindes."
„Ja, h-hallo."
„Wollen wir gleich anfangen?"
„Nein, äh, ja", stotterte der Mann der Familie Dearly verunsichert. Ihm war die Idee nicht mehr ganz so geheuer. War es nicht doch eine schlechte Idee? Sie gingen ins Schlafzimmer. Die Zarentochter ließ sich aufs Bett fallen und sah ihn mit großen Augen an. Er beugte sich über sie, war gewagt, sie zu küssen, doch dann wurde es ihm bewusst. „Val, e-e-es tut mir leid. Ich kann das nicht. Ich kann das wirklich nicht. Halte mich für ein Weichei..."
„Ich halte dich nicht für ein Weichei", unterbrach sie ihn sofort. „Ich glaube, ich kann das genauso wenig."
„Blasen wir es also ab?" Jay hätte gerne Kinder. Wirklich gerne. Wirklich, wirklich gerne. Seit er sich über Familie Gedanken gemacht hat, wusste er, er wollte Vater werden. Vielleicht war es einfach zu früh.
Valerya, die sich bereits ihr T-Shirt runtergezogen hatte, zog es sich erstmal wieder hoch. „Ich habe eine viel bessere Idee, von der ich im Internet gelesen habe. Dafür sind wir erstens nicht gezwungen, Sex miteinander zu haben. Und zweitens können du und Hunter blutsverwandt mit dem Kind sein. Eine Fee verbindet eurer beiden Eizellen und pflanzt sie mir ein, damit ich das Kind für euch austrage. Sie arbeiten auch an Studien, wo ein Mann für kurze Zeit zur Frau wird, aber da Männer unter einer Geburt ohnehin schon zu viel leiden, haben sie das auf Eis gelegt", berichtete sie von dem Gelesenen.
„Denkst du...? Würdest du...?", versuchte er die richtigen Sorte zu finden. Er würde Vater werden können. Von einem Kind von sich und von Hunter. Das wäre der Wahnsinn. Auf diese Idee wäre er gar nicht gekommen. Aber die Magie in ihrem Wald musste schließlich auch mal Nutzen für ihn bringen, nicht nur für den Adel, was ihn zwar nie gestört hat, trotzdem hätte er auch gerne mal was von der Magie gespürt.
„Ja", lachte sie.
Dann wurde die Haustür brutal aufgerissen. „JAY!", donnerte Hunter. Er sprang heldenhaft über herumliegende Kisten und rannte polternd durch die Zimmer. Auf dem Weg dahin fiel er über einen der verdammten Kartons. Au, das muss wehgetan haben. Ich wollte gar nicht hinsehen, darum kniff ich meine Augen fest zu. Das ganze Geschehen betrachteten wir aus der Wohnung von Jadis, die uns ihre magische Kugel zur Verfügung gestellt hatte. Jay und Val sahen sich an. Der junge Polizist kletterte vom Bett und sprintete zu seinem Partner. „Hun, was tust du da?"
„Das sieht nicht so aus, wie du denkst. Ich habe nur eine Sache vergessen", log der andere Polizist.
„Ach ja und was? Vielleicht sollte ich eher fragen, wen du vergessen hast. Hm, lass mich überlegen. Ah, ich hab's", Jay schnipste. „N-A-T-A-S-C-H-A."
Wenn man vom Teufel sprach... Auf einmal stand die schwangere Tascha vor dem am Boden liegenden Hunter. „Du sollst dich doch benehmen", schnappte sie nach Luft.
„Du lässt eine schwangere Frau im Stich? Wie kannst du nur!", wütete das Reh.
„Es tut mir leid, Rehlein, es tut mir wirklich leid. Ich kann das nicht... Ich ertrage den Gedanken nicht, dass du mit jemand anderen außer mir Sex hast. Von mir aus adoptieren wir oder irgendwie sowas, aber nicht dieser Plan." Eigentlich war das ja süß, doch eine schwangere Frau im Stich zu lassen, die nur helfen wollte, ist nicht so der Bringer, fand ich. Eine Schwangere, die es eh gerade nicht leicht hatte, denn Jules ließ sie viel zu oft links liegen, weil er gerade mit sich selber kämpfte. Zwar hatte er in der letzten Zeit nur Gutes getan, wie zum Beispiel Jadis ihren Wunsch erfüllt, doch er hütete ein schreckliches Geheimnis. Was es wohl war? Das war eine andere Geschichte...
„Hun, wir hatten noch keinen Sex und wir werden keinen haben."
Hatte er das gerade richtig verstanden? Geschockt über diese Nachricht hielt er inne. War das sein Ernst? Prompt fühlte er sich schlecht. Hatte Jay das Ganze wegen ihm abgebrochen? „Was??"
„Wir haben eine bessere Möglichkeit gefunden."
„Ich sage nur: Die schwangere Jungfrau."
Hunter runzelte die Stirn. Tascha fasste sich kopfschüttelnd an die Stirn. „Oh nein, bitte sagt es nicht. Ihr seid verrückt."
In jenem Moment wurde Jay etwas klar. Ihm wurde die Bedeutung der Worte seines Vaters Geistes bewusst. Früher war es so üblich, dass man bei einer Frau vor einer Verlobung, den Vater um Erlaubnis bat. Sein Vater hatte seinem Freund insgeheim seine Zustimmung gegeben. Jay fiel auf die Knie und nahm Hunters Hand in seine. Dieser ahnte etwas und riss die Augen auf, dabei sah er jedoch ganz und gar nicht angewidert aus, was das Reh zu seinem Vorhaben ermutigte. „Hunter Hood, willst du mich heiraten?"
Die Frauen, die bis eben noch ein anderes Gespräch geführt hatten, bemerkten das Geschehen neben ihnen. Vor Freude jauchzte Natascha. „Ha, ja super, Jayjay!!!", feuerte sie ihn an. Valerya war zuerst verblüfft über den ungeahnten Mut von ihrem Kumpel, doch dann freute sie sich eifrig mit. Hunter hatte bis dato noch keine Antwort gegeben.

❄️

Valerya Marie klopfte mit pochenden Herzen an die Tür. Türen waren in dieser Welt wirklich zu einem Symbol geworden. Immer klopfte jemand an - aufgeregt, ängstlich, traurig. Jegliche Emotionen waren dabei. In solchen Momenten fragte ich mich, wie die Tür ein Symbol werden konnte. Wenn ich an meine große Liebe dachte, hatten wir kein Symbol, aber das war egal, denn am wichtigsten war unsere Liebe zueinander. Das wichtigste in einer Beziehung sind die Z's, sprich Zuneigung, Zusammenhalt und Zärtlichkeit, doch ich schweifte von dem eigentlichen Thema ab.
Die Zarentochter klopfte also an jene Tür. Ihr wurde von Hunter aufgemacht, der jedoch die Tür nur zur Hälfte öffnete, da sonst die vielen kleinen Welpen nach draußen gestürmt wären uns es zu schwierig war, sie allesamt einzufangen. Val hielt ihm sofort das Bild, das sie bei der Untersuchung bekommen hatte, unter die Nase. Es war eindeutig... ein Ultraschall. Dabei musste ich an meine Tochter denken. Sie werden so schnell erwachsen, doch man liebt sie für immer und ein Leben lang. Der Jäger machte riesige Augen, nahm Val in die Arme und drehte sich mit ihr. „Hun, wer ist es?"
Jay Dearly näherte sich den beiden an der Tür. Ihm folgten Freckles, Lucky, Patch, Penny, Pepper und Rolly folgten ihm schwanzwedelnd. Ihre Eltern Pongo und Perdita lagen müde in ihrer Ecke.„Was ist denn los?"
„Es ist ein Mädchen, Jayjay", antwortete ihm die hübsche frischgebackene baldige Mutter. Meine Güte, ist das eine lange Beschreibung.
Jay blieb stehen, dann umarmte er die anderen beiden. Es wurde eine lang andauernde, fast magische Umarmung. Magie ist nicht nur Magie, es steht ebenfalls für die magischen Momente, die durch Liebe entstehen. Magie ist überall, sogar in der langweiligen Menschenwelt. Man muss sie nur finden. Nein, nicht finden und nicht auf sie warten, sondern auf sie hoffen. Irgendwann wird der Hoffende belohnt und findet sein wahres Glück, seine eigene Magie... Doch genauso kann man sie auch verlieren...
Ich werde hier kein Ende drunter schreiben, wenn es noch kein Ende ist, denn jedes Ende kann bekanntlich auch ein Neuanfang sein und jeder Anfang das Ende. In dieser Welt voller Geschichten ist so viel möglich. Es gibt so viel zu erzählen, so viel Magie, die man gespürt, erlebt hat...

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top