> Part 78

Wie versprochen, ging ich nach der Schule in die Stadt, um ein Geschenk für Granny zu besorgen. Damian kam mit mir, da er mich - ich zitiere - fachmännisch beraten wollte. Wir betraten eine Bücherhandlung, wo es auch DVDs gab, während Damian mir von Mrs Wiehert erzählte, wie sie heute Zettelchen, die in Damians Klasse während ihres Unterrichtes geschrieben wurden, laut vorgelesen hatte. Das Ding war, sagte Damian, dass auf den Zettelchen lauter 'nicht jugendfreier Dinge' standen und Mrs Wiehert röter anrief als die Betroffenden selbst. Ich musste grinsen bei der Vorstellung.


,,Als ich gerade neu auf die Schule kam hab ich irgendwie mitbekommen, dass Henry - kennst du ihn? Er ist groß und schwarzhaarig, ein Kumpel von mir - jedenfalls hat Henry sich irgendwie mit 'nem anderem Typen aus der Klasse gestritten, und dann hat er - halt dich fest", er fing an zu lachen und ich beobachtete ihn amüsiert, während ich zum DVD-Stand vorrausging. ,,Also wir hatten bei der Wiehert Englisch und dann hat Henry ein Zettel geschrieben, wo draufstand 'Mrs Wieher ist ja schon 'ne geile Sau' und darunter hatte er dann - als Antwort - 'wie meinst du das?' geschrieben, mit drei Fragezeichen, hat den Zettel zusammengeknüllt und voll auffällig zu den Typen geschmissen mit dem er Streß hatte. Mrs Wiehert hat das natürlich gesehen, hat sich den Zettel geschnappt, laut vorgelesen und dann sah es ja so aus, als würde der Typ voll auf sie abfahren. Verstehst du?"


,,Also dachte die Wiehert, dass der eine auf sie stehen würde und Henry derjenige war, der die Antwort geschrieben hat"

,,Genau", sagte Damian nickend. ,,Sie hat ihren Vereher dann nach dem Unterricht zu sich gebeten. Henry hat mir später erzählt, dass Wiehert dem Typen gesagt hatte, er solle sich keine Hoffnungen machen, sie sei verheiratet - sie -", jetzt bekam er entgültig einen Lachkrampf und ich lächelte den zwei älteren Damen, die an uns vorbeigingen freundlich zu - es ist alles in Ordnung. Er ist normal, keine Panik.


Irgendwann, als Damian sich nicht mehr einkriegen konnte, musste ich auch lachen aber eher über seine Reaktion. Ich kam nicht umhin, zuzugeben, wie toll seine Lache war.


,,Okay..", sagte er schließlich und atmete tief durch. ,,Okay. Geht wieder. Hey, guck mal, da is'n Film mit Johnny."

Er griff nach einer DVD aus dem Regal. ,,Dark Shadows", las ich laut vor. ,,Ist das nicht ein Kinderfilm?"

,,Naja. Wir könnten ihr ein paar Fluch-der-Karibik Filme kaufen..", schlug er vor, aber ich schüttelte den Kopf. ,,Die hat sie schon. Kennst du noch irgendwelche Filme?"


Er überlegte. ,,Alice im Wunderland, Edward mit den Scherenhänden, Charlie und die Schokoladenfabrik und Dead Man, den fand ich aber eher mittelmäßig."

,,Also ich wär für Alice im Wunderland", sagte ich.

,,Achso, aber Dark Shadows geht nicht?", fragte er beleidigt. ,,Wir werfen 'ne Münze."


,,Okay", seufzte ich. Er kramte in seinen dunklen Hosen nach einer Münze und fragte: ,,Kopf oder Zahl?"

,,Zahl", sagte ich, er nickte und warf die Münze hoch, bevor er sie wieder auffing und die Hand öffnete. ,,Alice."


Kindisch, wie ich war, streckte ich ihm die Zunge heraus und nahm mir DVD. ,,Was, wenn sie den Film schon hat?"

Damian zuckte mit den Achseln, strich sich mit einer Handbewegung seine Haare nach hinten und ging auf die andere Seite des Laden, wo mehrere Regale standen mit der Kategorie 'Biografien'. Er suchte eine Weile, bis er ein Buch fand und es mir vor die Nase hielt. Eine Biografie von Johnny Depp.

,,Das kauf ich ihr", verkündete er.

,,Das brauchst du doch nicht."

,,Klar, schließlich ist sie meine Stiefoma", sagte er, was ich süß von ihm fand. Wir stellten uns an die Kasse, bezahlten die Geschenke für Ann und verließen dann gemeinsam den Laden. Gerade gingen wir eine Passage entlang, als Damian wieder grundlos anfing leise vor sich hinzulachen.

,,Was hast du geraucht?", fragte ich ihn deshalb.

,,Ach, ein bisschen Marihuana, sonst nichts", antwortete er lachend.

Erschrocken schaute ich ihn an und blieb stehen, was ihn dazu veranlasste auch stehen zu bleiben.

,,Mein Bruder ist ein Junkie", sagte ich und klang dabei sehr mitleiderregend.

,,Das war ein Scherz!", sagte er augenrollend und zog mich weiter.

,,Wirklich?"

,,Ja doch! Vor oder sogar während der Schule Drogen zu konsumieren geht ja mal voll nicht", wieder verdrehte er die Augen. ,,Was mich wieder an was erinnert."

,,Schieß los, ich zerplatz gleich vor Neugier."


Er warf mir wegen meinem Sarkasmus einen genervten Blick zu, was dazu führte, dass er gegen eine großgewachsene Frau mittleren Alters lief, die gerade vor ihm gegangen war. Während er sich bei ihr entschuldigte, lachte ich ihn aus.

,,Im Internat waren ein paar meiner Freunde im letzten Schuljahr voll auf dem Joint-Tripp", erzählte er, ignorierte gewissenspflichtig mein Lachen. ,,Einer kam dann auch voll zugedröhnt zur Schule, er vertrug das Zeug irgendwie nicht so und war die ersten drei Stunden dann noch so benebelt, dass er nach der zweiten Stunde zu unserer Bio-Lehrerin ging, die zugegebenermaßen echt heiß war, und sie küsste. Aber so richtig. Ich glaube, die hatte auch irgendwas intus, weil sie hat den Kuss tatsächlich erwidert. Die war wirklich sein erster Kuss."

,,Und was passierte dann?"

Er fing an zu lachen. ,,Er kotzte ihr in den Ausschnitt."

,,Scheiße", prustete ich vor Lachen los. ,,Die Arme."

,,Ja, sie fands nicht gerade komisch."


Während ich lachte, fiel mein Blick auf ein Café, an dem wir vorbeiliefen und schnell verging mein Lachen. Ich sah Leah und Leah sah auch uns. Sie saß ganz vorne an einem Tisch mit einem Mädchen, das ich nicht kannte. Wir hatten Blickkontakt, vielleicht zwei Sekunde und ich bemerkte, wie sie ihre Lippen zusammengepresst hatte, dann schaute sie wieder weg und fing an zu reden, als hätte sie uns überhaupt nicht gesehen. Damian bemerkte, dass ich etwas langsamer ging und blieb stehen, folgte meinem Blick.

,,Oh", sagte er, als er sie bemerkt hatte. ,,Schau nicht so traurig." Er berühte mich kurz unter meinem Kinn, sodass ich ihn anlächelte.

,,Geht doch", sagte er grinsend und ging weiter.

,,Warst du auch ein Kiffer?", fragte ich um unser Gespräch wieder aufzunehmen.

,,Neee", sagte er langgezogen. Ich schaute ihn mit hochgezogenen Augenbrauen von der Seite an, und er erwiderte meinen Blick.

,,Wirklich", beteuerte er. ,,Ich hab's nur einmal probiert. Mir ging's vier Tage lang total scheiße. Also lass ich's selber."

,,Ich weiß gar nicht, was an Kiffen oder Trinken und diesen ganzen Scheiß so toll sein soll", sagte ich als wir aus der Innenstadt raus waren und die erste Kreuzung überquerten.

Damian zuckte mit den Schultern. ,,Du hast das Meiste ja auch gar nicht ausprobiert."

,,Darauf leg ich auch keinen Wert", schnaubte ich.

,,Ich weiß, ich weiß. Jetzt mal was Anderes: Wie ist deine Oma so?", fragte er. ,,Wenn sie annährend so anstregend ist wie meine Familie, muss ich mich mental darauf vorbereiten. Wobei Greta sich bei ihrem Besuch eigentlich ganz gut gegeben hat." Er grinste; ich erinnerte mich daran, wie sie uns in der Küche beim Küssen erwischt hatte. Das war auch das letzte mal gewesen, bis jetzt, soweit ich mich erinnerte. Dass wir uns geküsst hatten, meine ich.

,,Sie ist anstregend geworden. Aber keine Ahnung ... ich hab meine Großeltern lange nicht mehr gesehen."

,,Warum nicht?"

,,Nach Mums Tod sind sie nach Wales gezogen. Seitdem hab ich die beiden nur zwei oder dreimal gesehen. Das letzte Mal war anderthalb Jahre her."

,,Vermisst du sie nicht?", wollte er wissen.

,,Doch schon. Ich freu mich ja auch, sie wiederzusehen", sagte ich lächelnd. ,,Ich bin richtig gespannt wie ihr Zuhause aussehen wird. Sie haben sich ein Haus gekauft."

Plötzlich fing mein Handy an zu klingeln - es war Lily.

,,Hiii", begrüßte ich sie fröhlich.

,,Einen wunderschönen, guten Tag", sagte sie und Damian drückte auf den Ampelknopf, die sofort in grün wurde.

,,So gut gelaunt?"

,,Joa, es wird langsam", meinte sie. ,,Ich geh heute mit Candice und Jonas ins Kino. Leider gibts hier keine englischen Filme, aber so schlimm wird's hoffentlich nicht werden."

,,Candice?", fragte ich neugierig. Merkwürdiger Name.

,,Ja", bestätigte sie. ,,Ich hab ihr in Sport ausversehen ein Beinchen gestellt. Ich glaube, jetzt ist sie sowas wie meine Freundin. Naja, und ich hab sie dazu überredet Jonas mitzunehmen, weißt du, weil er so nett zu mir war und so."

,,Nett.. und so", sagte ich lachend.

,,Ist wirklich so! Oh, aber ich vermisse dich so! Sogar die Luftfeuchtigkeit in England vermisse ich! Einfach alles. Wenn ich könnte, würde ich sofort wieder umziehen."

,,Die Luftfeuchtigkeit und ich vermissen dich auch", sagte ich und meinte es auch so. Ohne Lily hatte ich in letzter Zeit nicht mehr so viel zu lachen gehabt. Obwohl Damian es heute auch oft geschafft hatte, mich zum Lachen zu bringen.

,,Sag ihr hi", sagte Damian und erinnerte mich daran, dass er ja auch noch da war.

,,Hi von Damian", wiederholte ich ins Handy.

,,Oh, er ist bei dir? Wie läufts bei euch? Hi zurück!"

,,Hi zurück", sagte ich zu Damian, ignorierte dabei ihre Fragen.

,,Ignorier mich nicht, Aria! Oh, schon klar, du kannst ja jetzt nicht darüber reden. Rufst du mich heute Abend an? Dann will ich aber alles wissen, ja? Jedes. Kleinste. Detail."

,,Klar", stimmte ich zu, lachend über ihre Neugier. ,,Bis heute Abend."


Wenige Minuten später kamen wir zuhause an und Damian schloss die Haustür auf. Wir zogen unsere Schuhe im Flur aus und ich wollte gerade 'hallo' schreien, als Damian in der Wohnzimmertür ruckartig stehenblieb und rief: ,,Ihhh! Das. Ist. Eklig. Lasst das!"

Ich stellte mich neben ihn und sah, wie Sally und Dad sich gerade voneinander entfernten. Damian legte mir seine große Hand über die Augen. ,,Nichts für kleine Kinder", sagte er.

Anscheinend hatten wir sie bei Etwas gestört.. ih - gitt. Seine Eltern beim Rummachen zu erwischen war etwas, worauf wir beide - Damian und ich - hätte verzichten können. Bah.

,,Lass das!", murrte ich und schüttelte seine Hand ab. ,,Tun wir einfach so, als hätten wir das jetzt nicht mitbekommen, ja?"

,,Geht nicht", meinte Damian. ,,Ich werde heute Nacht Albträume haben."


Dad und Sally standen bloß entnervt auf und gingen weg, als wären sie genervt von ihren kindischen Kindern. Pff, als wäre das unsere Schuld.


***


Am Samstag klingelte mein Wecker um acht Uhr, da wir so früh wie möglich losfahren wollten. Wir hatten vor mit dem Auto nach Wales zu fahren und da es von London bis nach Wales ungefähr vier Stunden waren, würden wir dann gegen Mittag bei meinen Großeltern sein. Hoffte ich.

Nachdem ich unten duschen war und mich auch sonst fertig gemacht hatte, war es 8.45 Uhr. Damian war noch längst nicht fertig, da er zwanzig Minuten länger im Bett gelieben war als er sollte und Sally war gerade noch dabei Anns Geschenke einzupacken, was wir gestern vergessen hatten. Sie kam jetzt doch mit, da es anscheinend wirklich nur ein 24-Stunden-Virus war und es ihr jetzt um Einiges besser ging.

,,Wir holen dann unterwegs Frühstück", sagte Dad, als er mit zwei großen Reisetaschen die Treppe herunterkam. ,,Was schleppt ihr eigentlich alles mit? Wir sind nur zwei Tage da! Damian, beeil dich!"

,,Jaha!", rief er genervt von oben zurück.

,,Ich will um viertel nach neun auf der Autobahn sein!"

,,Oh, ja verdammt! Ich komme doch schon." Damian betrat entnervt die Küche, wo er sich seine schwarzen Boots anzog und sich dann durch seine wuschligen Haare fuhr. ,,Kann ich mir noch 'n Kaffee machen oder liegt das nicht in eurem Zeitplan?"

,,Wenn dir das hilft, deine Laune zu verbessern, klar", antwortete Sally und wuschelte im Vorbeigehen über Damians Haare.

,,Oh, Mum!", meckerte er. Während er sich also seinen Kaffee machte, lief ich nochmal nach oben, um zu überprüfen, ob alle Fenster zu waren und der Laptop aus heruntergefahren war, dann schnappte ich mir mein frisch aufgeladenes Handy und die Ohrstöpsel und verstaute beides in meine olivgrüne Jacke, die ich bereits anhatte und nahm schließlich noch ein Buch, womit ich wieder nach unten ging.


Zehn Minuten später saßen wir dann endlich im Auto, Dad fuhr, Sally saß neben ihm auf dem Beifahrersitz und Damian und ich wurden nach hinten verfrachtet. Es war kalt draußen und auch im Auto wurde es durch die Heizung nur langsam wärmer. Wir kamen zwar etwas verspätet an der Autobahn an, doch Dad war trotzdem zufrieden.


***

Viereinhalb Stunden später hatten wir tatsächlich die Grenze von Wales erreicht. Damian und Sally waren nochmal eingeschlafen und ich hatte locker zehn Minuten damit verbracht, Damian beim Schlafen zuzuschauen, bevor ich entschieden hatte, dass das zu stalkerhaft war. Also hatte ich mir die Ohrstöpsel in die Ohren gesteckt und Musik gehört, dabei aus dem Fenster geschaut, wobei mir das zu langweilig wurde und ich anfing mein Buch zu lesen. Das ging eigentlich ganz gut, obwohl viele ja meinten, dass ihnen vom Lesen im fahrenden Auto schlecht wurde.

Ich war ungefähr bei der Hälfte angekommen, als Dad auf sein Navi schaute und verkündete: ,,Wir sollten in fünfzehn Minuten ungefähr da sein."


Natürlich war ich die Einzige, die das mitbekam, also weckte ich Damian indem ich ihm mit meinem Fuß anstupste, da er wollte, dass ich ihn kurz vorher weckte, falls er einschlief, damit er seine 'mentale Vorbereitung' vollführen konnte.

Verschlafen öffnete er seine strahlendblauen Augen und runzelte dabei die Stirn, was total niedlich aussah. ,,Was grinst du denn so?", fragte er mit leicht heiseren Stimme.

,,Wir sind gleich da", erklärte ich, was nicht seine Frage beantwortete. Auch Dad weckte Sally und so saßen wir da, bis Dad in eine Straße einbog, die vor lauter schönen Häuser nur so wimmelte.

,,Oh, wow", sagte Sally begeistert und schaute - wie wir alle - aus den Scheiben. Dad blieb vor einem der schönen Häuser stehen und blickte hoch. ,,So, wir wären da."


Wir stiegen alle aus und Damian streckte sich ersteinmal, bevor er zusammen mit mir die Verandatreppen hochstieg. Dad und Sally waren hinter uns. Es war hier genauso kalt wie in London, auch wenn die Sonne ab und zu hinter den Wolken hervorkam.


Auf dem Klingelschild stand 'Ann und Samuel Might', wir waren also ganz sicher richtig hier. Zögernd drückte ich auf die Klingel und dann war es für ganze zehn Sekunden mucksmäuschenstill. Doch schließlich wurde endlich die Haustür geöffnet und das erste Mal seit Monaten sah ich meine Granny wieder.


—-


hii, everyone. wie gehts euch? :-)

bitte lasst mir feedback und eure fragen da, falls ihr irgendwelche zu der story haben solltet.


und neeein, sally ist nicht schwanger. es war wirklich nur ein kleiner virus. ;—-)


xoxo.

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