> Part 75

,,Ich habe mich so gefreut dich kennenlernen zu dürfen, Aria", sagte Greta am frühen Morgen als ich schlechtgelaunt aus dem Badezimmer kam.
 Ich rang mir ein Lächeln ab und erwiderte ihre feste Umarmung. Zwar kannte ich sie nicht sehr gut, doch ich war ihr immer noch dankbar, dass sie unser kleines Geheimnis für sich behielt. ,,Ich mich auch", sagte ich, als sie mich losließ um sich von Damian zu verabschieden.

Da ihr Zug heute Vormittag fuhr, würden wir sie nicht mehr wiedersehen, da wir ja in der Schule waren.

,,Dass du mir ja keinen Ärger machst, Mäuschen", sagte sie zu ihm und bedeutete ihm sich herunterzubeugen, damit sie ihn umarmen konnte.

,,Wieso nennst du mich Mäuschen? Ich werde bald 18 und bin ein Mann!" Unwillkürlich musste ich lachen, was aber in Gretas Lachen unterging.

,,Du bist ein Mann, wenn du dich auch so verhältst", meinte sie. ,,Oder was sagst du dazu, Sally?"

,,Solange er seine Wäsche nicht selber waschen kann und seine Mutter alles machen lässt ist er immer noch mein kleines Baby", sagte diese und grinste.

,,Ich muss los", sagte ich dann zu Dad, der etwas abseits stand und alles amüsiert beobachte. Er nickte mir bloß zu und winkte, als ich mir meine Tasche schnappte, aus der Haustür ging und mir meine Kopfhörer in die Ohren stöpselte. Als ich mich auf dem halben Weg umdrehte sah ich Damian, der einige Meter hinter mir ging, doch ich sagte nichts zu ihm.

Insgesamt verlief der Tag viel zu langsam und ich wünschte mir einfach, ich könnte in meinem Bett liegen und schlafen. In Sport liefen wir dreimal um das Schulgebäude, was meine Laune noch verschlechterte. In Englisch musste ich meine Hausaufgaben vor der Klasse vortragen und mir nebenbei noch Mikes Sprüche anhören, die mich völlig aus dem Konzept brachten, sodass ich permanent stotterte.  Was mich aber am meisten störte, war, dass ich auf dem Weg nachhause bei Starbucks anhielt und mir einfach einen Muffin kaufte, den ich dann aß. Ich wollte es nicht, wollte mir lieber einen Apfel zuhause nehmen, doch meine schlechte Laune und mein Hunger siegten letztendlich.

Gegen Abend saß ich an den Mathehausaufgaben, die ich mal wieder nicht kapierte. Ich wäre zu Damian gegangen, damit er mir helfen konnte, doch ich wollte nicht so tun als wäre nichts passiert. Frustiert stopfte ich meine ungemachten Hausaufgaben zurück in die Tasche, gerade als Dad an meiner Tür klopfte und sie kurz darauf aufdrückte.

,,Weißt du wo Leah ist?", fragte er und hielt das Telefon, das er in der Hand hielt von seinem Ohr weg.

Verwundert schüttelte ich den Kopf. ,,Wieso?"

,,Sie ist seit gestern nicht mehr nachhause gekommen", erklärte er und mein Herz sank in die Hose.

,,Deine Tante und sie haben sich gestritten und dann ist Leah abgehauen. Sie geht auch nicht an ihr Handy und Isabelle hat jetzt Angst, dass ihr irgendwas passiert ist.."

Abgehauen.. dann war das also schon vor unserem Streit. Ich erinnerte mich daran, dass sie eine große Tasche dabei hatte. Wahrscheinlich war sie gekommen, um hier zu übernachten.. wo war sie denn nun? Wo hatte sie sonst eine Bleibe gefunden, wenn nicht hier oder bei sich zuhause?

,,Ich hab keine Ahnung, Dad", murmelte ich.

,,Sie weiß es nicht - ja klar, wir melden uns, falls sie hier auftaucht - bis dann." Dad legte auf und wandte sich dann wieder zu mir.

,,Vielleicht könntest du versuchen, sie anzurufen, ja? Isa macht sich echt Sorgen um sie", als ich nickte, wollte er schon die Tür zumachen, doch er kam nochmal herein. ,,Ach und weißt du, wo unser Ersatzschlüssel ist? Er liegt nicht mehr im Blumentopf."

,,Ich glaube, Leah hat ihn", sagte ich. Wie sonst sollte sie gestern hereingekommen sein? Wahrscheinlich hatte sie ihn ausversehen eingesteckt.

,,Leah?"

,,Ja, ich sag ihr, sie soll ihn wieder mitbringen." Was wohl in nächster Zeit nicht passieren wird.

Als Dad ging, setzte ich mich auf mein gemachtes Bett und schnappte mir mein Handy. Ich gab ihre Nummer ein, verharrte dann aber doch kurz. Sie wird eh nicht rangehen, dachte ich mir. Aber dann hatte ich es wenigstens versucht. Also rief ich sie doch an, doch wie erwartet ging nur ihre Mailbox dran und ich legte wieder auf. Was wenn ihr etwas zugestoßen war? Oder wenn sie sich etwas angetan hatte? Leah war zwar nicht der Typ dafür, aber wer weiß?

Vermutlich hatte sie bei anderen Freunden Unterschlupf gefunden und kam morgen wieder nachhause, versuchte ich mir meine Sorgen herauszureden.

Das Klingeln meines Handy riss mich aus meinen Gedanken. Kurz dachte ich, dass es  Leah gewesen sein könnte, doch es war Lily.

,,Hiii", begrüßte ich sie und ließ mich dabei rückwärts auf meinem Kopfkissen nieder.

,,Hey. Sorry, dass ich mich erst jetzt melde, aber wir hatten so viel Stress", sagte Lily. Sie klang müde, erschöpft.

,,Ist denn alles okay bei euch? Wie ist eure Wohnung? Und die Schule?"

Lily lachte leise. ,,Es ist ganz schön hier. Nur regnet es andauernd. Und ja, die Wohnung ist ganz okay. Nur ein Bad, aber dafür ist mein Zimmer riesig. Ich hab sogar einen eigenen, kleinen Balkon - wie du!"

,,Du musst mir unbedingt Bilder schicken!", sagte ich. ,,Und wie ist es mit der Schule? Alles gut?"

Jetzt seufzte sie auf. ,,Joa, ich bin jetzt nicht beliebt geworden und massenhaft Freunde habe ich auch nicht. Es ist ganz okay, aber was erwarte ich? Heute war erst der erste Tag. Aber mich hat ein Junge aus meiner Klasse beide Pausen durchs Gebäude geführt und mir alles gezeigt, also war ich wenigstens nicht alleine."

,,Wie heißt er?", erkundigte ich mich.

,,Jonas. Ich glaube, er ist in der Schach-AG."

Ich lachte. ,,Aber wenn er nett ist, ist doch alles gut."

,,Mhm. Und weißt du was? Wir haben hier keine Zicken. Jedenfalls nicht in der Klasse. Wenn ich an meiner alten Schule denke - Tussis und Bitches soweit das Auge reicht. Aber hier sind alle nett zueinander."

,,Auch zu dir, hoffe ich?"

,,Nett schon, aber ich glaube nicht, dass ich so schnell Freunde finden werde, Aria."

,,Du brauchst Geduld." Wir unterhielten uns noch eine Weile und als sie nach mir fragte, wie es mir so ginge und wie es lief, log ich und sagte alles wäre gut, erzählte ihr nichts von dem großen Streit mit Leah und dem kleinen Streit mit Damian. Ich wollte nicht über mich reden aus Angst, ich würde wieder anfangen zu heulen und  ich wusste, dass ich dann wieder eine schalflose Nacht haben würde.

***

Der nächste Schultag verlief ähnlich wie der vorherige. Ich ging jedem so gut es ging aus dem Weg, verkroch mich in der einen Pause in der Bibliothek, wo ich nochmal versuchte meine Mathehausaufgaben zu vervollständigen und die andere verbrachte ich auf dem Mädchenklo. Ich saß dort also auf dem Klodeckel und starrte auf meine breiten Oberschenkel, die meines Erachtens immer dicker wurden und traf die Entscheidung etwas Anderes dagegen zu unternehmen. Wenn Hungern nicht viel half, vielleicht brachte zusätzlich Sport etwas? Ich dachte dabei an das einmalige Boxtraining zu dem Damian mich geschleppt hatte.

Zwar hatte ich ohne Damian ein wenig Angst dort hin zu gehen, doch ich überwand mich am Nachmittag. Nervös betrat ich das Gebäude und hatte Glück, dass mir als Allererstes Ian über den Weg lief. ,,Hey, Ian!", rief ich kleinlaut.

Er war auf dem halben Weg, sodass er bei seinem Namen stoppte und sich umdrehte.

,,Hi.. Aria, richtig? Oder war es Anna?"

,,Aria ist schon richtig", sagte ich lächelnd. ,,Ich wollte fragen, ob ich.. bei dem Boxtraining mitmachen könnte?"

,,Klar doch! Bist du diesmal alleine?" Ich nickte und auch er bewegte dann seinen Kopf. ,,Alles klar. Dann komm mal mit, wir fangen gleich an."

***

Als ich am späten Nachmittag nachhause kam, überraschte es mich, dass Dad und Sally schon da waren.

,,Ich hab dir tausend mal was dazu gesagt", hörte ich Sally laut rufen. Ich sah, dass Dad im Wohnzimmer saß und sich irgendwas im Fernseher anschaute und als ich in die Küche ging, platzte ich anscheinend in einen Streit von Damian und seiner Mutter. Beim wieder Rausgehen sah ich die Zigarettenschachtel, die auf dem Küchentisch lag, also vermutete ich mal Sally hatte herausgefunden hatte, dass Damian rauchte.

,,Leah ist wieder zuhause", berichtete Dad als ich mich zu ihm gesellte. Mir fiel bei seinen Worten ein Stein vom Herzen.

,,Wo war sie?", fragte ich ihn.

,,Bei einer Freundin, glaube ich. Isa meinte, sie wäre heute Morgen einfach so nachhause gekommen und hätte getan als wäre nichts geschehen."

,,So ist sie halt", murmelte ich und massiere mir die leicht geröten Fingerknöchel.

,,Hat sie dich noch nicht angerufen? Mich wundert's, dass du noch nicht Bescheid wusstest", sagte Dad ohne den Blick vom Fernseher zu wenden. Ich hörte Sallys leicht schrill werdende Stimme aus der Küche und dann, wie Damian ruhig weitersprach.

,,Ich hatte noch keine Zeit sie anzurufen", log ich. Wenn ich ihm erzählte, dass ich mich mit Leah gestritten hatte, würde er wissen wollen wieso und dann müsste ich ihn auch anlügen, denn ich konnte ihm ja schlecht die Wahrheit sagen. Damian kam aus der Küche, er wirkte genervt, doch nicht wütend im Gegensatz zu Sally, die ihm hinterher kam. Er ging nach oben, während Sally sich zu uns setzte.

,,Womit hab ich das verdient?", stöhnte sie und ließ ihren Kopf auf die Rückenlehne des Sofas fallen. Dad tätschelte ihr die Knie, ließ sich aber nicht von dem Film ablenken.
 Ich lächelte ihr bloß zu und ging dann nach oben, um zu duschen, doch Damian hatte das Bad schon besetzt, weswegen ich mir frische Klamotten nahm und unten duschen ging.

Doch schnell merkte ich, dass es keine gute Idee war, denn wie es aussah klaute Damian mir das ganze warme Wasser, sodass ich unter einer fast kalten Dusche stand und zitterte. Ich wollte rausgehen und warten bis Damian fertig war, doch ich fand kein Handtuch mit dem ich mich abtrocknen konnte, weswegen ich unter dem Wasserstrahl stehen blieb. Klasse.

,,Daaad!", rief ich laut.

,,Ja?", kam es zurück.

,,Kannst du mir bitte ein Handtuch von oben holen?"

Er sagte: ,,Klar", und kam eine Minute später wieder. ,,Damian macht nicht auf."

,,Wieso nicht?"

,,Hört mich anscheinend nicht", sagte Dad und ich hörte dann, wie er wegging. Langsam fing ich an zu bibbern. Ich stand vor der Entscheidung: Entweder unter der kalten Dusche stehen bleiben, frieren und eine erneute Erkältung in Kauf nehmen oder aus der Dusche steigen, frieren und trotzdem eine Erkältung in Kauf nehmen. Ich entschied mich für Letzteres, stellte das Wasser aus und verließ zitternd die Dusche. Ich zog mir meine Unterwäsche an, die zwar nass wurde, doch besser als nackt zu warten. Bibbernd stellte ich die Heizung an, lehnte mich an ihr und band meine nassen Haaren zu einem Dutt, während Wasserperlen meine Haut runterkullerten. Ich wettete, dass hier sonst immer Handtücher hingen, doch ausgerechnet wenn ich hier duschte, keines vorhanden war.

Ich wartete zehn Minuten und unter mir hatte sich schon eine kleine Pfütze gebildet, als es endlich an der Tür klopfte und Dad mir zwei große Handtücher brachte, die ich mürrisch entgegen nahm. In eines wickelte ich mich ein und mit dem anderen trocknete ich die Pfütze auf dem Fußboden. Danach schnappte ich mir meine übrigen Klamotten und lief so schnell ich konnte nach oben in das Bad, wo ich die Tür abschloss und mich endlich unter warmes Wasser stellen konnte.

***

Gerade schaute ich mir ein paar Fotos an, die ich entwickeln lassen hatte (auf den meisten waren Lily und ich zu sehen, aber es gab auch ein paar mit Leah), als mein Handy vibrierte.

Damian: lily hat angerufen

Aria: Okay

Damian: wo warst du heute?

Aria: Nicht hier

Das Kickboxen verlief übrigens richtig gut. Noch immer stellte ich mich ziemlich blöd an und anfangs fühlte ich mich auch richtig unwohl zwischen all den erfahrenen Jungs und Mädchen, doch sie zeigten mir viel, sodass ich mir wenigstens nicht wie ein völliger Vollidiot vorkam.

Damian: du hast kein grund beleidigt zu sein

Aria: Meinst du?

Damian: ach leck mich doch

Aria:

Darauf antwortete er nicht mehr, also legte ich das Handy weg. Eigentlich wollte ich mich ja entschuldigen, also wieso tat ich es nicht? Gerade bei sowas war mir meine Sturheit im Weg.

Ich ging runter, um Sally und Dad gute Nacht zu wünschen und hoffte dabei nicht Damian über den Weg zu laufen, was ich letztendlich auch nicht tat. Ich putzte meine Zähne, zog mich um und griff nach meinem Handy, um Lily anzurufen. Ich brauchte ihren Rat oder wenigstens jemanden, der mich verstand, also erzählte ich ihr alles, was sie verpasste hatte seitdem sie in Deutschland war.

,,Ich würde dir eine Kopfnuss verpassen, wenn ich bei dir wäre; sei froh, dass ich es nicht bin! Verfluchte Scheiße, JA! Entschuldige dich bei ihm. Oder benimm dich wenigstens normal", ich konnte mir bildlich vorstellen, wie Lily gerade den Kopf über mich schüttelte. ,,Er hat sich für dich eingesetzt. Leah wollte die Wahrheit wissen, er hat ihr die Wahrheit gesagt, aber es ist doch nicht seine Schuld, dass sie sie nicht verkraftet."

Seufzend wickelte ich mich in meine Bettdecke ein. ,,Weiß ich doch."

,,Wo liegt dann dein Problem?"

,,Weiß ich nicht."

,,Ich glaube meine Abwesenheit bekommt dir nicht", sagte Lily.

,,Hast Recht", seufzte ich und schlug die Bettdecke beiseite, drehte sie auf die kalte Seite um und wickelte mich wieder ein. Nach wenigen Minuten legte Lily auf, da sie noch essen musste und ich legte das Handy weg,starrte dann an meine weiße Decke. Als ich beschloss, dass es mir nicht half wie blöd auf eine Stelle zu glotzen, nahm ich mir das Buch, welches neben mir lag und fing an zu lesen. Es war schließlich kurz nach elf, als ich die letzten Seiten las und endlich durch damit war. Also klappte ich es zu, legte es wieder weg und starrte dann mindestens zwei Minuten lang mein Handy an. Ich hasste es mich zu Entschuldigen, doch nach einer weiteren Minute nahm ich mein Handy, entsperrte es und schrieb Damian:

Aria: Es tut mir leid

Eigentlich wollte ich noch mehr schreiben, aber ich beließ es dabei. Ich wartete eine Minute, wollte sehen, ob er antwortete, aber wahrscheinlich schlief er, denn ich bekam keine Antwort.

Ich beschloss heute mit Musik einzuschlafen, weswegen ich mein Handy neben mir legte und die Kopfhörer einstöpselte. Schnell merkte ich, dass heute wieder eins dieser unruhigen Nächte war, denn ich wälzte mich ständig hin und her, stellte die Musik mal aus, dann wieder an und wieder aus, wechselte die Bettseite, legte mich auf den Bauch und dann auf den Rücken, aber nichts half, obwohl ich totmüde war. Als es schließlich ein Uhr morgens war, stand ich auf - vielleicht würde ein Schluck Wasser ja helfen, dachte ich - was allerdings ziemlich schiefging, da ich mich so ziemlich in meine Decke verhendert hatte und da ich so ruckartig aufstand, die ganze Decke mitnahm, sodass ich stolperte und samt ihr auf den Boden flog. Es gab einen dumpfen Aufprall und gleichzeitig spürte ich einen Stich in meiner Schulter, auf die ich flog.

,,Autsch", flüsterte ich immer noch am Boden liegend. Vielleicht sollte ich hier einfach liegen bleiben, dachte ich müde, bis auf die schmerzende Schulter hatte ich es eigentlich ziemlich bequem. Aber bevor ich meine Idee wirklich ernst nehmen konnte, rappelte ich mich auf und schmiss meine Decke zurück aufs Bett, öffnete dann meine Zimmertür und ging die Treppe runter. Nachdem ich mir ein Glas Wasser eingegossen hatte, setzte ich mich an den Küchentisch, trank ein Schluck und bettete meinen Kopf dann auf meine Arme, die ich auf den Tisch legte. Ich war so müde. Ich trank noch einen Schluck Wasser, ließ meinen Kopf erneut sinken. Ich wollte wieder hoch ins Bett gehen, doch irgendwie war der Küchentisch gar nicht so ungemütlich. Ich schloss die Augen, nahm mir vor, sie nur kurz auszuruhen um dann wieder in mein Bett zu kriechen unter meine warme Decke, aber irgendwie schlief ich ein.

***

Damians POV:

,,Ich weiß nicht, es soll ja Menschen geben, die bevorzugen harte Tische anstatt warme Betten", sagte ich, als Toby und ich Aria in der Küche vorfanden. Schlafend.

,,Sieht auch sehr gemütlich aus", meinte Toby skeptisch und starrte Aria an, die halb sitzend an dem Küchentisch saß und die Hälfte ihres Gesichtes in ihren Armen verbag. Ich schnappte mir den blau-roten Staubwedel von der Anrichte, kniete mich vor Aria auf den Boden und streifte mit dem Ding ihre Nase. Ich wiederholte das, während ich grinsend zu Toby blickte, bis sie sich immer noch schlafend die Nase kratzte. Mann, sie schlief echt tief. Also ging ich mit dem Staubwedel über ihr ganzes Gesicht, sodass sie endlich die Augen öffnete und ein verwirrtes Blau mich anschaute. Bevor ich unbewusst lächeln konnte, stand ich auf und verließ die Küche, um meine Tasche zu holen, hörte Aria aber noch mehrmals hintereinander niesen und Toby ihr Gesundheit wünschen.

Ihre Nachricht hatte ich heute Morgen gelesen. Nach zwei Tagen wurde es, fand ich, auch mal Zeit, dass sie irgendwie mal wieder anfing mit mir zu reden. Auch wenn es jetzt nur 'ne Nachricht war. Eigentlich hatte ich eine Entschuldigung überhaupt nicht erwartet, ich war nicht sauer oder angepisst - obwohl, doch. Ich war es. Doch dass sie sich entschuldigte bewies immerhin, dass unsere kleine 'Auseinandersetzung' ihr nicht egal war, oder?

 Über den Punkt, wo ich mir einzureden versuchte, dass es mir egal sein konnte ob sie nun beleidigt war oder nicht, war ich schon lange hinaus, denn ich wusste: Es war mir eben nicht egal.

Meinen schwarzen Rucksack locker über die Schulter geworfen, wollte ich eigentlich schon das Haus verlassen als mein Handy anfing zu klingeln.

,,Was?"

,,Dir auch einen wunderschönen, guten Morgen", sagte mein Kumpel Sid.

,,Es ist nicht mal acht, also ist der Morgen auch nicht schön. Was gibt's?", wollte ich wissen und gähnte.

,,Bringst du mir einen Kaffee mit?"

,,Seit wann trinkst du Kaffee?", fragte ich ihn, fassungslos über den Grund seines frühen Anrufs. Als würde ich extra für ihn zum Bäcker gehen.

,,Kumpel, ich bin schon seit viertel vor sieben in der Schule, weil McLion Mike und mich so früh hat antanzen lassen, nur damit wir die - wortwörtlich - beschissenen Toiletten sauber machen", sagte er.

Ich lachte. ,,Selbst Schuld, wenn ihr alles bemalt."

,,Wir mussten die Toiletten im ersten Stock sauber machen und nach der 8. Stunde dann noch die im Zweiten. Hast du jetzt genug Mitleid mit mir um mir diesen verdammten Kaffee zu bringen? Sonst schlaf ich gleich in Geschichte ein und darf zur Strafe dann die Toiletten in der Turnhalle säubern."

,,Schon gut", sagte ich mit einem Blick auf die Uhr. Es war eh erst kurz nach halb acht.

,,Wenn du schon mal da bist, kannst du auch zwei mitbringen? Für Mike."

,,Nö, der kann seinen auch selber holen. Bis später", sagte ich und legte auf. Da ich immer noch mitten in der Haustür stand, schloss ich die Tür und ging zurück in die Küche um mir Geld zusammen zu kratzen. Da soll mir jemand mal sagen, ich wär kein guter Freund.

,,Daaaad, wie spät ist es?", hörte ich Arias hektische Stimme von oben.

,,7:37 Uhr!", rief Toby zurück.

,,Scheiße", hörte ich sie und dann, wie eine Tür zuschlug und sie die Treppe runtergepoltert kam. Sie hatte zwei verschiedene Socken an und hatte noch eine Haarbürste in der Hand, die sie auf den Boden warf, als sie sich ihre schwarzen Vans anzog. Es war gerade mal zwanzig vor, also fünf Minuten später als sie sonst immer losging, wieso also die Hektitk?

 Als sie sich lautstark verabschiedete und in ihrer übertriebenen Hast fast die Außentreppe runtergefallen war, fing sie sich und ihre Tasche gerade noch so auf. Ich grinste, was sie jedoch nicht sah, da sie ja vor mir war und gerade dabei war ihre verknoteten, blonden Haare zu bürsten. Während sie mit ihren kurzen Beinen eilig ging, lief ich langsam und entspannt ohne dass sich der Abstand zwischen uns groß vergrößerte. Zwar glaubte ich nicht, dass ich es rechtzeitig zur ersten Stunde schaffen würde, da ich ja auch noch Sids Kaffee besorgen musste, aber dann ging ich halt eben mit Verspätung in Geschichte oder halt zur Zweiten.. aber dann würde Sid seinen Kaffee ja nicht bekommen, überlegte ich. Dass er mittem im Unterricht einschlafen würde, so wie er es vorrausgesagt hatte, war ihm wohl zuzutrauen, vorallem weil er das schon des Öfteren gebracht hatte. Einmal hatte er sogar geschnarcht.                                  
Wir hatten gerade eine Kreuzung überquert als Aria sich plötzlich umdrehte, sodass ich beinahe in sie reinlief, die hellblau-gestreifte Haarbürste immer noch in ihren Händen. Fragend sah ich sie an.

,,Hast du meine Nachricht gelesen?", fragte sie, etwas zu leise, doch ich verstand.

,,Welche Nachricht genau?", fragte ich zurück, obwohl ich genau wusste, welche sie meinte.

Sie zögerte. ,,Die 'Tut-mir-leid'-Nachricht."

,,Ja."

,,Ja?" Sie schaute mich verwirrt an. ,,Was ja?"

,,Hab sie gelesen."

,,Und?"

,,Wenn du vor mir auf die Knie gehst, verzeih ich dir", sagte ich so ernst wie ich konnte. Eine Sekunde lang überlegte sie, ob ich es nun ernst meinte oder nicht, doch dann verschränkte sie mit der Bürste in der Hand die Arme vor der Brust.

,,Sonst noch was?"

,,Wenn du schon da unten bist, dann kannst du mir auch gleich - "

,,Wenn du jetzt das sagst, was ich denke, was du sagen würdest, dann sag es nicht", unterbrach sie mich mit leicht geröteten Wangen. Gegen das breite Grinsen, welches auf meinem Gesicht erschien, konnte ich nichts; es passte einfach nicht zu Aria so pervers zu denken.

Ich schnalzte mit der Zunge. ,,- die Schuhe zubinden", vollendete ich meinen eigentlichen Satz, was ihr noch mehr Röte in die Wangen trieb, weshalb sie sich scheinbar beschämt wegdrehte und weiterging. Lachend legte ich ihr einen Arm um die Schulter, damit sie nicht so schnell ging.

,,Mir tut's auch leid", sagte ich.

,,Was soll dir denn leid tun?", fragte sie leicht verwirrt und ich zuckte mit den Schultern.

,,Das hören Mädchen doch immer gerne, oder nicht?"

Sie lachte. Ich mochte ihr Lachen, es hörte sich so unbeschwert an, obwohl sie selbst es meistens nicht war. Immer noch den Arm um ihrer Schulter liegend, sagte ich: ,,Ich muss noch kurz zum Bäcker. Sid möchte einen Kaffee und sieht mich anscheinend als seinen persönlichen Bediensteten an."

Etwas geschockt schaut sie erst auf ihre Handyuhr und dann in mein Gesicht. ,,In fünf Minuten fängt der Unterricht an; wir sind sowieso schon viel zu spät dran!"

,,Ja und? Dann kommen wir halt fünf Minuten zu spät", sagte ich locker und zog sie einfach mit über die grüne Ampel und durch die Tür des Bäckers. Während die Bäckerin den Kaffee in einen Pappbecher eingoss, fragte mich Aria nach Sid.

,,Ist das nicht dieser Rothaarige?"

Ich nickte. ,,Für ihn ist es rot-blond. Nur frage ich mich, wo ist da blond?"

,,Sid.. Komischer Name irgendwie", sagte sie, während ich der Frau das Geld gab. Wieder nur Kleingeld, das sie erstmal zählen musste, was Aria wieder ungeduldig werden ließ.

,,Er heißt Sidney."

,,Wie die Stadt?" Erneut nickte ich und nahm den heißen Becher in die andere Hand. Ich vergaß ihr die Tür aufzuhalten und ging einfach raus, sodass sie fast gegen die halb geschlossene Tür lief.

,,'tschuldige", lachte ich, nahm dann das Gespräch wieder auf. ,,Sids Eltern haben ihn angeblich in Sidney gezeugt, deswegen der Name. Wäre es bei meinen Eltern auch so gewesen, hieße ich jetzt Thorn."

,,Es gibt 'ne Stadt die heißt Thorn?", fragte sie verwundert und drückte auf die letzte Ampel, die uns von der Schule trennte.

,,Ne, also eigentlich heißt sie Toruń oder so. Irgendeine Stadt in Polen. Meine Eltern haben dort Urlaub gemacht und hatten anscheinend so sehr Spaß, dass so etwas Tolles wie ich dabei rausgekam", meinte ich und sie fing an zu lachen und zeigte mir 'nen Vogel. 

Wir erreichten gerade den verlassenen Schulhof (es war bereits vier nach acht), als mein Klingelton anfing zu spielen. Ich sollte mein Handy echt mal stummstellen, bevor mir sowas im Unterricht passierte. Ich reicht Aria, die genau wie ich kurz stehengeblieben war, mit einem 'halt mal kurz' Sids Kaffeebecher und kramte mein Handy aus meiner Jeansjacke. Es war Sid.

,,Ja?"

,,Wo bleibst du, Mann?", fragte er.

,,Bin gleich da. Wo bist'n du?"

,,Wurde rausgeschmissen. Bin eingeschlafen."

Ich bedeutete Aria weiterzugehen und ging zusammen mit ihr über den Schulhof. ,,Nicht dein Ernst", sagte ich. Der Unterricht hatte gerade erst begonnen. ,,Das ist dein Rekord, oder?"

Diesmal hielt ich Aria mit einer Hand die Tür auf, was sie mit einem übertriebenen Lächeln quittierte.

,,Ja", lachte er und gähnte, legte dann einfach auf.

,,Soll ich jetzt einfach reinplatzen und sagen 'Oh, tut mir leid für die Verspätung, ich war noch Kaffee kaufen'?", fragte Aria mich, immer noch Sids Kaffee haltend, wobei ich die leichte Nervosität in ihrer Stimme raushörte.

,,Sag einfach du hast verschlafen, ganz einfach", sagte ich. Aria murmelte irgendwas vor sich hin, verstummte aber als wir bei Sid ankamen, der vor unserem Klassenraum auf dem Fußboden saß und mich jungenhaft angrinste. Dann fuhr sein Blick zu Aria und er zog seine hellen Augenbrauen leicht hoch ohne sein Grinsen abzulegen.

,,Auch hier?", fragte er sie.

,,Äh.. schätze mal schon", erwiderte sie leicht verwirrt, blickte auf ihre Hand und überreichte ihm seinen Kaffee. Dann schaute sie mich an. ,,Ich werde jetzt gehen. Wehe, ich kriege Ärger."

Kaum hat sie ihren Satz beendet, rauschte sie an dem sitzenden Sidney und mir vorbei, den Gang entlang und verschwand dann mit angespannten Schultern um die Ecke. Grinsend setzte ich mich neben Sid an die Wand und streckte meine Beine, die in schwarzen Jeans steckten genauso aus, wie Sid es getan hatte.

,,Irre ich mich oder hat sie ernsthaft gezittert, als sie mir meinen Kaffee überreicht hat?", fragte dieser mich. Er trank einen Schluck des schwarzen Kaffes, schüttelte sich und lehnte seinen Kopf dann an die kahle Wand.

Ich lachte bloß. Zwar war Sid ein guter Freund von Mike (mit dem ich nichts mehr zu tun hatte), doch er war längst keiner von Mikes Gefolgschaften, die ihm ständig hinterliefen.

,,Du stinkst nach Pisse, Sid", sagte ich als mir der Geruch von Sids Klamotten in die Nase stieg.

,,Danke, ist mein neues Eau de Toilette", erwiderte er ernst, weshalb ich grinsend den Kopf schüttelte. ,,Wie läuft es eigentlich mit Leah?", fragte er mich, nachdem auch er lachen musste.

,,Gar nicht mehr."

Er schluckte seinen Kaffee runter, bevor er mich überrascht mit seinen grünen Augen anschaute.

,,Wieso erzählst du mir das nicht, Mann?"

,,Ich habe nicht geweint, keine Sorge", sagte ich grinsend. Langsam wurde es auf dem Boden echt kalt.

,,Hat sie dich sitzengelassen?", wollte Sid wissen.

,,Spielt das 'ne Rolle?"

,,Also ja", er klopfte mir hart auf die Schulter. ,,Mach dir nichts draus."

,,Ich glaube, wir haben uns beide sitzengelassen", sagte ich, meinen Blick auf meine Schuhe gerichtet, die heute anstatt meinen üblichen schwarzes Boots, normale Sneakers waren.

Sid grinste mich an, er sah wohl, dass ich wegen Leah nicht sonderlich traurig war. ,,Wer von euch beiden hat was Besseres gefunden?"

Ich seufzte. ,,Niemand, Sid", log ich.

,,Ach, komm mir nicht so", sagte er. ,,Wer ist sie?"

Er schaute mich fragend an. ,,Wer sagt, dass da jemand ist?", fragte ich zurück.

,,Ich seh's an deinem scheiß Grinsen, Kumpel", sagte er lachend. ,,Wie sieht sie aus? Ist sie blond? Hast du sie schon ins Bett bekommen? Ist sie heiß? Sie ist aber keine Zicke, oder?"

,,Pass auf, sonst muntierst du zum Mädchen."

,,Okay, dann nur die wichtigste Frage: Hast du sie gefickt?"

Ich sah Arias Gesicht vor meinen Augen. Ihr wäre dieses Gespräch sicherlich peinlich gewesen, sie hätte rote Wangen bekommen und beschämt gegrinst, wenn ich dazu etwas gesagt hätte. Irgendwie musste ich lächeln, was ich zu unterdrücken versuchte. ,,Nein, hab ich nicht", antwortete ich schließlich.

,,Ich find noch heraus, wer sie ist", meinte er und hob seinen Becher hoch, als wolle er damit sein Versprechen versiegeln. Zum Glück kam Mr Hills in dem Moment aus dem Klassenzimmer und sagte genervt: ,,Hast du ausgeschlafen, Sidney? Dann rein mit dir", bevor sein Blick auf mich fiel. Schnell rappelten wir uns auf, und ich strich mir den Dreck von den Hosen. Sid hob im Vorbeigehen seinen Becher und ich begrüßte Mr Hill übertrieben freundlich, damit er erst gar nicht auf die Idee kam zu fragen, wieso ich mitten in seinem Unterricht vor der Tür herumlungerte.

Ich setzte mich neben Timo auf meinen Platz und warf Sid, der am anderen Ende der Klasse saß einen grinsenden Blick zu. Was würde er wohl sagen, wenn er wüsste, dass Aria dieses Mädchen war?

Doch dann sagte ich mir, dass es mir egal sein konnte. Es war mir egal.

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Hi. :)

Bestimmt sind da einige Fehler drinne, entschuldigt, ich hab nur schnell drüber geschaut.

Ich hab eine Frage: Ich hab vor Kurzem ein Bild von einem Jungen entdeckt und er sah irgendwie so aus, wie ich mir Damian vorstelle. Und dann gibts da auch noch so ein Musikvideo, wo ein anderer Typ zu sehen ist und auch ihn stelle ich mir irgendwie als Damian vor.. wollt ihr es sehen? Also das Bild und das Video? Wenn ja, würde ich es beim nächsten Kapitel versuchen hochzuladen. Ich frage, weil ihr euch sicherlich schon im Kopf ein Bild von Damian gemacht habt.

Zwar sehen die beiden Jungs den Damian, wie ich ihn mir vorstelle, ziemlich ähnlich, aber das heißt ja nicht, dass ihr ihn euch auch so vorstellen müsst. Wäre dann nur ein Vorschlag. :-D

xoxo.

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