> Part 55

Aus dem leichten Nieselregen wurde dann doch etwas mehr. Wir blieben den ganzen Nachmittag im Hotel. Sally wollte unbedingt Karten spielen, damit wir wenigstens etwas Beschäftigung hatten, also saßen wir zu viert auf unserem Bett und spielten ein Kartenspiel, welches ich nur zur Hälfe verstand. Trotzdem gewann ich öfters, was mich ziemlich stolz machte (auch wenn Damian mir hier und da etwas half). Abends - nachdem wir unsere Koffer gepackt hatten - gingen wir dann in die Innenstand, wo um 22 Uhr das Feuerwerk stattfinden sollte.

,,Weswegen veranstalten die denn das Feuerwerk?", fragte ich Dad, der bloß die Schulter zuckte.

,,Keine Ahnung."

Vor Ort waren schon ziemlich viele Leute, aber es war noch genug Platz da, um nicht zerquetscht zu werden. Wir waren auf einem großen Platz in der Nähe des Brunnens, den Damian und ich letztens gesehen hatten und man hatte hier sogar Trinkstände aufgebaut. Dad schaute auf seine Uhr und verkündete, dass wir noch fünfzehn Minuten warten mussten und fragte, ob wir was trinken wollten. Während er das Trinken holen ging, verschwand Sally auf einer der Dixiklos - und Damian und ich standen hier etwas verlassen rum.

,,Sind das nicht Mia und Ela?", fragte ich, als ich zwei Blondinen in der Nähe stehen sah.

,,Ach du Scheiße"; Damian schaute sich ein wenig panisch um und drehte sich mit den Rücken zu ihnen. ,,Gucken sie in unsere Richtung?"

Ich warf ein Blick auf sie und schüttelte den Kopf. ,,Ich glaube sie sind mit sich selber beschäftigt." Denn einer von ihnen hielt der anderen einen kleinen Taschespiegel vors Gesicht, damit sich die andere die blonden Haaren zurechtzupfen konnte. Was für Tussis.

Dad kam mit den Getränken und drückte mir meine Cola in die Hand. ,,Gleich sollte es losgehen, die Leute dort versammeln sich schon alle. Wo ist denn Sally?"

Ich deutete mit den Daumen auf die Dixiklos, vor denen sich eine kleine Schlange gebildet hatte. Dad seufzte und stellte Sallys Getränk auf einen runden Stehtisch ab, der neben uns stand.

,,Ich versuch mal ein besseren Platz weiter vorne zu bekommen", meinte Damian, der einen Blick zu Mia und Ela warf, die gerade zu uns blickten. ,,Aria, kommst du mit?"

Ich nickte und stellte meine Fanta ebenfalls ab. ,,Ist das okay?", fragte ich Dad.

,,Geht nur, wir warten hier", gab er zurück und lächelte uns zu. Ich folgte Damian, der sich irgendwie durch die große Menge boxte. Es waren inzwischen mehr Leute hier und sie alle standen so dicht beieinander, dass ich kaum durchkam - und sie wegschubsen wollte ich auch nicht.

,,Hey, warte doch mal", rief ich, ,,so schnell bin ich nicht! Kann ich hier mal durch? Entschuldigung ..."

Damian griff nach meiner Hand und zog mich durch die Menschenmasse, die sich zwar beschwerten, aber uns trotzdem durchließen. Er blieb erst stehen, als wir fast vorne an den Absperrungen angekommen waren und ließ dann meine Hande los. Wir kamen gerade rechtzeitig, denn die Leute waren schon dabei die Raketen anzuzünden.

,,Ich glaube, ich hab noch nie ein richtiges Feuerwerk gesehen", sagte ich, ,,außer an Silvester, aber da machen wir ja nichts Großes."

,,Bei uns im Internat hat man jeder Abschlussklasse ein Feuerwerk gewidmet", sagte er. ,,War ganz schön eigentlich." Zum ersten mal fragte ich mich, ob er das Internat vermisste. Ich meine, er war da ja nicht freiwillig verschwunden und er hatte da ja seine ganzen Freunde.. Bevor ich was sagen konnte, gingen die ersten Raketen in die Höhe und es wurde laut. Unzählige Farben waren im Himmel zu sehen, von hellpink und gelb bis zu dunkelblau und grün. Die Funken verteilten sich über den ganzen Himmel und fielen dann wieder auf den Boden oder zersprangen in der Luft.

Ich merkte, wie mir der Mund offen stand. Immer wieder wurden neue Raketen gestartet, in den verschiedensten Farben und Formen und mir tat langsam der Nacken weh, da ich den Kopf zurücklegen musste, um in den Himmel schauen zu können, aber das war es mir wert. Es sah einfach nur schön aus.

,,Oh, verdammte Scheiße", murmelte Damian plötzlich und ich blickte in die Richtung, in der er schaute. Ich wusste nicht, ob es Mia oder Ela war, die mehrere Meter weiter stand und ihm glücklich zuwinkte, während Ela oder Mia ihr etwas zuflüsterte.

,,Also entweder verstecke ich mich jetzt oder ich muss mir gleich die nächsten drei Stunden ihr nerviges Geklapper anhören."

,,Ich bezweifle, dass du dich mit deiner Größe verstecken kannst", gab ich trocken zurück.

,,Ha-ha", machte er und seufzte leise, als ich auch schon ihre viel zu hohen Stimmen hörte. Ich drehte mich etwas zu ihnen und sah, wie sie versuchten sich durch die Menge zu uns zu quetschen.

,,Huhu!", rief die größere der Beiden. Damian lächelte gequält. ,,Hey, Mia. Ela." Er nickte ihr zu.

,,Wir haben dich angerufen, aber es ging irgendein Angelo oder sowas dran", meinte die Große; Mia. Mich beachteten beide nicht, als stände ich nicht genau neben ihnen.

,,Ich habe mein Handy verloren."

,,Passiert mir auch ständig", kicherte Ela.

,,So siehst du auch aus", rutschte es mir leise heraus, aber sie hatten es natürlich gehört.

,,Und du bist?", fragte sie und hebte ihre viel zu dünn gezupften Augenbrauen, sah mich an als wäre ich sonst was. ,,Warst du nicht letztes mal auch bei Damian? Verfolgst du ihn oder so?"

Es trat eine kurze Stille ein, in der ich mich fragte, ob sie wirklich so dämlich war oder nur so tat.

,,Ja, genau, du hast es erfasst", antwortete ich sarkastisch. Sie drehte sich wieder von mir weg, als wäre das Thema 'Damians nervige Stalkerin' erledigt und begann wieder mit ihm zu reden.

,,Heute Nacht , nach dem Feuerwerk, gibt's so 'ne coole Party am Strand. Du kommst doch mit uns, oder?"

Ich schnaubte und wandte mich ab, ging ein paar Schritte zur Seite, um mir in Ruhe das Feuerwerk anschauen zu können. Aber natürlich hörte ich mit einem Ohr mit.

,,Nö, keine Lust."

,,Wieso denn?", fragte Ela.

,,Das wird lustig!", meinte Mia.

,,Um ehrlich zu sein", hörte ich Damian genervt sagen, ,,mag ich euch einfach nicht."

Überraschtes Aufkeuchen.

Stille zwischen den Dreien.

Eine weitere Rakete ging in die Luft.

,,Was?"

,,Ja, so ist das halt. Kommt drüber hinweg oder lasst es. Ich muss jetzt echt los", sagte Damian. Er berührte kurz meine Schulter und sagte mir, ich solle mitkommen, bevor er zwischen der Menge verschwand und die beiden hinter sich zurückließ.

Damian war vom Erdboden verschluckt und zu allem Überfluss rammte mir auch noch irgendein Idiot seinen Ellbogen in den Rücken, als ich mich an den Leuten vorbei quetschte und fiel hin. Es war viel peinlicher, als schmerzhafter - ich meine, ich hockte auf dem Boden und jeder um mich herum sah mich an.

Ein älterer Mann streckte mir seine Hand aus, um mir hochzuhelfen und ich bedankte mich peinlich berührt, bevor ich weiterging. Irgendwann sah ich dann Dad und Sally und lief zu ihnen.

,,Na, gefällt es dir, Spätzchen?", fragte Dad mich.

,,Super", brummte ich und rieb mir mein Rücken, soweit es ging. Es fing wieder an leicht zu regnen und die Sonne war fast ganz verschwunden.

,,Wo ist denn Damian?", wollte er dann wissen.

,,Was weiß ich denn", murmelte ich. ,,Ich gehe ihn dann mal suchen, ja?"

***

,,Ich nehme alles zurück, als ich sagte, dass du dich mit deiner Größe nicht verstecken könntest", rief ich, als ich ihn endlich gefunden hatte. Wir waren etwas abseits der Absperrungen und vorallem etwas abseits vorn den ganzen Menschen. Er kam auf mich zu und sah mich vorwurfsvoll an; weswegen auch immer.

,,Wo warst du? Ich hab doch gesagt, du sollst mitkommen."

,,Muss ich wohl überhört haben."

Er musterte mich kurz von oben bis unten und grinste dann.

,,Was ist?", fragte ich.

,,Nichts." Ich sah ihn fragend an, jedoch wandte er sich ab und setzte sich auf die Bank, die gleich hinter ihm stand.

,,Bist du angewachsen oder so?", meinte er dann, als ich ihm nicht folgte.

,,Nö, aber die Bank ist nass."

,,Stell dich nicht so an, bist du ein Mädchen oder was?"

,,Wie witzig", brummte ich und setzte mich dann schließlich zu ihm. Ehrlich gesagt wusste ich nicht, wieso ich gerade so schlechte Laune hatte und das schien auch Damian zu bemerken.

,,Alles okay bei dir?"

,,Klar und bei dir?"

Er warf mir einen prüfenden Blick zu. ,,Alles bestens."

,,Du bist echt ein Arsch", sagte ich dann, um das Thema zu wechseln und versuchte zu lächeln. ,,Wahrscheinlich hast du gerade ihre Herzen gebrochen."

,,Das einzige was bei denen jetzt gebrochen ist, ist ihr Ego."

,,Du warst wirklich sehr direkt", stimmte ich ihm zu.

,,Ich habe in meinem Beziehungsratgeber gelesen, dass ein glatter Bruch am besten ist."

,,Du hast einen Beziehungsratgeber?", fragte ich überrascht.

,,Natürlich nicht", gab er zurück und dann schwiegen wir. Es stiegen immer noch Raketen in die Luft und jetzt, wo es komplett dunkel war, sah es noch schöner aus. Jedoch wurde der Regen immer stärker, fast genauso wie heute Mittag, aber zum Glück wurde es deswegen nicht kälter.

,,Weißt du noch, als du mir erzählt hast, wieso du vom Internat geflogen bist?", fragte ich und er nickte. ,,Du meintest, du hast einem Typen etwas gebrochen, weil er einen von deinen Freunden beleidigt hatte. War es wegen deiner Freundin?" Ich fragte das, weil es mich schon den halben Tag beschäftigte.

Er sah mich an und atmete einmal tief durch. Wahrscheinlich traf meine Frage ihn unerwartet. ,,Er meinte, sie hätte es verdient dort zu landen wo sie jetzt ist."

,,Wie heißt sie?"

,,Sophie." Als er ihren Namen aussprach, bekam ich eine Gänsehaut. In seiner Stimme waren so viele Emotionen. Wahrscheinlich hatte ich mich mit meiner Vermutung geirrt; er hatte noch nicht mit ihr abgeschlossen. Nicht, wenn er beim Klang ihres Namens so traurig klang. Aber was hatte ich erwartet? Dache ich wirklich, dass er die ganze Geschichte so gut wie vergessen hatte?

,,Weißt du, was aus ihr geworden ist?", fragte ich vorsichtig, jedoch zuckte er nur die Schultern.

,,Sie wurde einmal entlassen, aber kurz darauf wieder in die Klinik eingeliefert. Mehr weiß ich nicht."

Er schaute auf seine schwarzen Boots und sagte nichts weiter. Am liebsten hätte ich ihn umarmt, was ich dann auch tat. Was soll's, dachte ich mir.

Ich merkte, dass er überrascht war, aber er ließ es zu. Ich hatte das Gefühl, dass die Umarmung mir besser tat, als ihm, aber sei's drum; dann war es halt so.

Aufeinmal erhellte sich der Himmel und bevor ich überhaupt hinschauen konnte, war es auch schon wieder vorbei. Sekunden später ertönte ein lautes Grollen, weswegen ich zusammenzuckte.

Damian ließ mich los. ,,Hast du Angst vor Gewitter?"

,,Nein, wieso sollte ich? Ich hab mich nur erschrocken."

,,Naja, irgendwie haben alle Mädchen Angst vor Gewitter", gab er schulterzuckend zurück.
 Seine Haare waren total nass und ich bezweifelte, dass ich anders aussah - komischerweise hatte ich es bis jetzt gar nicht wahrgenommen.

,,Ich kann ja so tun, als hätte ich Angst", grinste ich und lehnte mich an ihn.

,,Wenn du willst, dass ich dich in meinen Armen hin und her wiege und dir etwas Beruhigendes vorsinge, dann sag's nur."

,,Ich bezweifle, dass das irgendein Mädchen will; außer sie ist fünf."

,,Naja, sie wollen dann meistens was anderes zur Beruhigung." Da ich nicht wirklich wissen wollte, was er damit meinte (er grinste blöd, das erklärte schon so einiges), beließ ich es dabei. Ich genießte einfach nur die Situatuon - soweit man es genießen konnte mit nassen Klamotten - wohlwissend, dass es ab morgen wieder komplizierter werden würde; zumindestens zwischen uns.

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Endlich mal wieder ein Kapitel, wuhu.

 & es ist krass, dass das letzte Kapitel schon 140 Votes hat! Das ist woooow! Danke dafür! :) <3

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