> Part 53

,,Damiaaan", jammerte ich, als wir vor einem großen Lokal angekommen waren. ,,Was sollen wir denn hier?"

,,Ein bisschen Spaß haben", gab er zurück und schaute auf, um das Haus näher zu betrachten. Ich seufzte und wollte durch die Eingangstür gehen, als er mich am Ellbogen zu sich drehte.
,,So ungerne ich das auch zugebe, aber dieser Idiot hat recht. Du wirst nicht jeden Tag 16."

,,Erstens - Justin ist kein Idiot! Ich hab keine Ahnung, wieso du ihn nicht leiden kannst", verteidigte ich Justin und sah zu ihm auf. ,,Und zweitens, ich bin nicht gut im Feiern. Es ist ja echt nett, dass du dich dazu bereiterklärst, aber-"

,,Jaja, wie auch immer und jetzt beweg deinen Arsch darein."

Ich sah ihn empört an, er grinste aber nur, weswegen ich mich schnaubend abwandt und durch die Tür trat. Es sah genauso aus, wie von draussen. Alt. Etwas heruntergekommen. Aber zu meiner Überraschung waren erstaunlich viele Leute und vorallem Jugendliche hier.

Der Boden war mit Holz vertäfelt und auch die große Bühne, die in der Mitte des Raumes stand und auf der gerade eine jung aussehende Band anfing zu spielen, war aus Holz. Daneben befand sich eine riesige, gut ausgestattete Theke mit zwei Barkeeperinnen und in der Ecke waren verschiedene Spielautomaten aufgebaut.

,,Es sieht ganz nett aus", meinte ich, als Damian neben mich trat.
,,Ganz okay", stimmte er zu und setzte sich an ein Tisch.

,,So - und was hast du jetzt vor, wenn ich fragen darf?"

Er zuckte die Schultern und rief eine großbusige Kellnerin zu sich, die sofort herbeigeeilt kam.
,,Was kann ich euch bringen?", fragte sie mit einem freundlichen Lächeln.

,,Zwei Bier", sagte er und nickte ihr zu, bevor sie wieder verschwand.
,,Ich trinke nicht", widersprach ich.

,,Es gibt immer ein erstes Mal."

,,Das letzte mal als ich was getrunken habe, hast du's mir aus der Hand gerissen", erinnerte ich ihn mit einem kleinen Grinsen. Er hatte sich auf Justins Party in dem Moment wirklich wie mein großer Bruder aufgeführt.

,,Da warst du ja auch noch 15." Als ob das jetzt viel ausmachen würde.

,,Mit 16 darf ich auch noch nicht trinken."

Damian stöhnte entnervt und beugte sich auf seinem Stuhl vor. ,,Sie werden dich hier nicht nach deinem Alter fragen. Und jetzt bitte tu mir einen Gefallen und versuch wenigstens einen Abend Spaß zu haben. Du wirst nie mehr die Chance haben deinen 16. zu feiern, also solltest du das Beste daraus machen. Okay?"

Ich schaute einen Moment lang in seine blauen Augen und fragte mich, wieso es ihm so wichtig war, dass ich an meinem Geburtstag Spaß hatte. Aber er hatte ja Recht ... irgendwie.

,,Okay. Von mir aus."

***

Drei Stunden und dreieinhalb Flaschen Bier später wurde ich etwas albern. Ich lachte über Damians Geschichten und Witze, die eigentlich nur halb so witzig waren, wie ich dachte und hatte endlich geschafft, den widerlichen Geschmack des Bieres zu ignorieren, sodass ich es wirklich anfing irgendwie zu mögen.
Obwohl mir hätte klar sein sollen, dass ich nicht so viel Alkohol vertrug.

,, ... und dann hab ich ihm mein Mittelfinger gezeigt, während ich weggelaufen bin. Aber irgendwann bin ich hingefallen und sie haben mich trotzdem abgeführt", beendete Marc seine Erzählungen und ich brach in Gelächter aus, was ich definitiv nicht getan hätte, wäre ich einigermaßen bei Sinnen. Marc kannte ich übrigens nicht - oder besser gesagt, ich hatte ihn erst gerade kennengelernt. Er war ungefähr so alt wie wir, war etwas dicker, hatte kurzgeschorene Haare und ich hatte keine Ahnung mehr wie Damian und ich mit ihm ins Gespräch gekommen waren, was noch ein Zeichen für meine leichte Angetrunkenheit war.
Bevor wir uns an die Bar gesetzt hatten, haben Damian und ich mindestens 20 Runden Airhockey gespielt, welches bei den anderen Automaten stand. Jedoch konnte ich mich nicht mehr daran erinnern, wer gewonnen hatte. Hm.

Ich sah zu Damian, der mich anblickte und ebenfalls lachte, aber eher über mich.

,,Wieso lachsu!"

Er schüttelte lachend seinen Kopf und ich lächelte ebenfalls, weil er so süß dabei aussah.

Oh.

,,Ich werd' dann mal geh'n, Leute", lallte Marc leicht hinter uns und ich drehte mich schmollend zu ihm um.

,,Wiesooo?" Ich musste fast schreien, denn im Laufe des Abends war die Musik immer lauter geworden und es sind immer mehr Leute gekommen.

,,Reis' morgen früh wieder ab." Er packte sich an seine Cap und machte eine Geste, dann verschwand er ein wenig wacklig in der Menge. Er war wirklich nett.

,,Ich bin müde", murmelte ich seufzend. Ich hörte mich an wie ein kleines Kind.

,,Ich ruf ein Taxi, okayyy?"

Ich nickte, machte eine Handbewegung und trank den Rest meines Bieres aus. Mein Kopf drehte sich immer und immer mehr. Oh Gott.
Ich wusste nicht wie ich die nächsten 15 Minuten verbrachte, bis das Taxi kam, wahrscheinlich hab ich nur Scheiße geblabbert. Jetzt jedenfalls saß ich im Taxi neben Damian, schaute aus dem Fenster und versuchte die Sterne zu zählen.

,,Einsss..", zählte ich laut und ich bekam mit, wie der Taxifahrer mir einen komischen Blick im Rückspiegel zu warf. ,,Zweeii.. dreeii.."

,,Du wirst sie nicht zählen können", meinte Damian und stieß mir leicht in die Seite, worüber ich kichern musste.
Wir stiegen in der Innenstand aus, da wir nicht mehr genug Geld fürs Weiterfahren hatten. Während Damian also bezahlte, stieg ich aus und versuchte nicht auf den Boden zu knallen, da meine Beine nämlich seeehr wacklig waren.

Damian ging in Richtung Hotel, aber ich hatte keine Lust dazu, also ging ich in die andere Richtung, zum Strand.

,,Hey, wo willst du hin?", rief er hinter mir her.

,,Schwimmen", schrie ich zurück und stolperte weiter. Ich musste so schlimm aussehen. ,,Es is' sooo heiß."

,,Es is' halb zwölf, das Wasser is' eiskalt."

Ich murmelte irgendwas Unverständliches und ging weiter, bis ich das Wasser sah. Als ich mich umdrehte, sah ich Damian, der mir gefolgt war. Ich lief die Sandhügel hinunter - und bin dabei fast hingefallen - bis das kalte Wasser meine Schuhe durchweichten.
Ich drehte mich zu Damian, grinste ihn an und für das, was ich dann als nächstes tat, würde ich mir im Nachhinein am liebsten eine reinhauen. Sehr dolle.
Ich zog meine Schuhe aus und dann mein Shirt, schmiss beides hinter mir. Beim Gürtel wurde ich ungeduldig, weswegen ich die Hose einfach anließ. Zum Glück hatte ich noch ein schwarzes Top an und zum Glück war ich noch nicht so benebelt, um das auch noch auszuziehen.
,,Aria, was zum Teufel machst du da?!", fragte Damian hinter mir, aber ich antwortete nicht, sondern atmete einmal tief durch, um mich dann in das Wasser zu stürzen. Es war nicht tief und auch nicht ganz so kalt, wie angenommen, aber im ersten Moment hatte ich einen Schock. Und dann fing ich an dämlich zu kichern.
Ich war klitschnass, in meinen Klamotten und lachte wie ein kleines Kind. Oder halt wie eine besoffene 16-jährige.

,,Es is' so schön hier, du solltest auch reinkommen!", rief ich zu Damian, dessen Mund offen stand.

,,Was -  nein, danke."

Ich lachte und tauchte einmal im Wasser unter, bevor ich prustend wieder auftauchte. Ich hatte vergessen die Luft anzuhalten.

,,Vielleicht solltest du rauskommen, es ist ganz schön kalt", meinte Damian und sah mich skeptisch vom Land aus an.

,,Warsu nich' derjenige, der meinte ich solle Spaß hab'n? Und den hab ich gerade - ich hab den Spaß meines Lebeeens."

".. vorallem bist du hackedicht. Also komm raus, bevor du untergehst wie ein Mehlsack."

Ich stutzte und sah ihn an. ,,Ich weiß, ich bin nich' gerade die Dünnste, aber.."
Ich wusste, dass es nicht so gemeint war, aber in diesem Moment war ich verletzt. Und beleidigt.

Ich stampfte aus dem Wasser, verschränkte die Arme vor der Brust und ging schmollend an Damian vorbei, wobei ich die Kälte, die an meinem Körper heftete, ignorierte.
,,So war das gar nicht gemeint", rief er und rannte hinter mir her.

,,Weissu, ich war nie besonders dünn gewesen", sagte ich und richtete meinen Blick auf meine nackten Füße, während ich durchs Sand ging.

,,Ich -"

,,Und ich hab mich nie drum gekümmert,  bis ich auf die McHigh bekomm'n bin und das alles anfing", ich hörte mich an wie ein jammerndes Kleinkind. Ich ließ mich ins Sand plumpsen und legte mich hin, schaute auf den großen, runden Mond im Nachthimmel.
,,Ich weiß noch, als was ich das erste mal beleidigt wurde", fuhr ich fort, war mir dabei aber nicht mal sicher, ob Damian überhaupt zuhörte. Vielleicht redete ich auch einfach nur mit mir selbst. ,,Specki. Das hat Tyler Works in der Fünften zu mir gesagt, als ich in die Pause gehen wollte."

Ich schloss kurz die Augen und sah die ganze Situation vor mir, als wäre das nicht schon Jahre her. Ich schulterte gerade meine türkise Tasche, auf die ich damals so stolz gewesen war, und ging durch die Tür, als Tyler mir ein Beinchen stellen wollte und Specki rief. Ich wich seinem Bein aus und schaute ihn zunächst nur sprachlos an, obwohl ich mit Sicherheit rot angelaufen war. Dann lief ich einfach weg. Zuhause hatte ich es dann meiner Mum erzählt, die meinte, es würde immer gemeine Leute geben und es wäre das Beste, sie einfach zu ignorieren. Denn das ist das, was sie nicht erwarteten.
Gemeine Leute - damals hätte ich nie geahnt, dass es so viele davon geben würde.

,,Ich wa' auch nie sehr beliebt gewesen, hatte nich' sehr viele Freunde und die, die ich hatte, haben sich mit der Zeit von mir abgewandt, als Mike in der Siebt'n zu uns kam und es dann richtig losging. Nur weil ich fett un' hässlich bin - "

,,Du bist nicht hässlich. Und fett auch nicht. Das vorhin meinte ich nicht so, ich wollte damit nur sagen, dass du wirklich sehr betrunken bist ...", unterbrach Damian mich.

,,Natürlich bin ich fett und hässlich", sagte ich und lächelte, als sich eine dunkle Wolkendecke über den Mond zog. ,,Aber das is' schon okay."
Ich grub meine Zehen in den Sand und faltete meine Hände über der Brust, guckte weiterhin in den dunkelblauen Himmel.
Damian wollte etwas erwidern, aber ich sprach einfach weiter - oder lallte, was auch immer das passende Verb war.

,,Ich meine, klar tat es weh, wenn mir gesagt wurd', dass ich zu fett für die Welt wär' oder dass ich mir am Besten eine Tüte über'n Kopf zieh'n sollte und es tut noch immer weh, aber ich hab nich' mehr diesen Stich in der Brust, weissu, welcher so weh getan hat -"

"Aria-"

"Und ja, es tut immer noch weh, wenn Mike mir irgendwelche Sprüche hinterher ruft, von wegen wer is' fett und rennt immer flennend weg oder dass er mein Tagebuch klaut und daraus vorliest oder dass ich ignoriert werde, als wäre ich nichts als Luft oder -"
Jetzt fing ich doch tatsächlich an zu heulen. Alkohol machte mich wirklich emotional oder vielleicht war einfach nur die Situation dran Schuld.

,, Bitte -"

,,Manchmal hab' ich echt Angst in die Schule zu geh'n. Nich' wegen Mike oder so", Aria, halt's Maul ,,sondern weil ich Angst hab, endgültig mit den Nerven am Ende zu sein, dass ich innerlich zerbreche. Aber es is' ja nich' so, dass das jemanden interessiert, bin ja nur ich, das hässliche, wertlose Schweinchen Dick."

Ich konnte mich selbst kaum verstehen vor lauter Schluchzen. Du benimmst dich echt lächerlich.
Ich warf ein Blick zu Damian, der sich nun neben mich niederließ und mein Shirt und meine Schuhe, die er mitgenommen hatte, neben ihm in den Sand legte (da fiel mir ein, dass ich nur ein dünnes Top anhatte).
Ich lächelte gequält, wobei mir die Tränen immer noch über die Wangen liefen.
,,'tschuldigung", murmelte ich, als er nichts sagte. ,,Vermutlich bin ich wirklich sehr betrunken."

,,Vielleicht bist du aber auch einfach nur.. traurig."

,,Und besoffen", kicherte ich und da war es wieder. Diese dümmliche Kichern, wofür ich mir selber eine reinhauen könnte.
Ich wandte den Blick erneut dem Mond zu. ,, Aber was soll's. Ich hab ja noch Dad ... und Leah, aber sie wär' auch enttäuscht von mir. Ich würd' sie auch verlier'n, wenn ich ehrlich zu ihr wär'. Und Dad hat Sally und ich bin alleine."
Diese Feststellung kam plötzlich und sie tat mir im Herzen weh. Dieser Stich war wieder da.

,,Du hast mich", sagte Damian plötzlich und ich schaute ihn lächelnd an. Er lag in der selben Position wie ich, nur dass er mir den Kopf zuwandte und mich ernst anschaute.

,,Du gehörst Leah, du Dummkopf", erwiderte ich kichernd, auch wenn diese Wörter schwer auszusprechen waren. Aber er war nun mal mit Leah zusammen.

Überraschte beobachte ich, wie Damian anfing zu lachen, nur wusste ich nicht wieso.
,,Ich mag dein Lachen", sagte ich, als wäre es das Normalste der Welt.

,,Ich mag deins auch", gab er lachend zurück. ,,Du solltest es viel öfters tun."

Leider hab ich nicht so viele Gründe um zu lachen. Und  hatte er mir grade wirklich ein Kompliment gemacht?

,,Du bekommst dann immer so Hamsterbäckchen."

,,Ich hasse sie", gab ich zurück.

,,Ich mag sie."

Oh.

,,Und deine Augen mag ich auch, sie sind so.. so unschuldig und so voller - ich weiß nicht, Verunsicherung? Irgendwie ist das süß."

Ich musste lachen. ,,Ich liebe deine Augen, ich bin so neidisch auf dieses Blau.." Wieso hab ich das gesagt?

Ein Teil von mir nahm gar nicht war, dass er mir gerade zwei Dinge gesagt hatte, die er an mir mochte. Dinge, die ich an mir hasste oder zumindest nicht sehr mochte.

Damian hob grinsend eine Augenbraue. ,,Ach ja?" Ich nickte.

Wir sagten einen langen Augenblick lang gar nichts, sahen uns einfach nur an, wobei mich seine Schönheit mal wieder faszinierte. Dass er sich überhaupt mit mir abgab..

,,Du bist so schön, Aria."

Was - ,,Was?"

,,Ich sagte ,du bist so schön, Aria'."

Passierte das gerade wirklich? Ich meine.. oh.

,,Du - du musst nich' lügen, damit ich mich besser fühle. Ich sagte doch, es wär' schon okay", murmelte ich und sah weg. Ich meine, es war ja nett, dass er mich glücklich machen wollte, aber später würde ich mir noch auf irgendwas Hoffnungen machen.. und - und das wäre nicht gut.

,,Was, ist es so schwer zu glauben?", fragte er.

Ich überlegte kurz, obwohl ich die Antwort natürlich längst wusste. ,,Ja", sagte ich ehrlich, ,,is' es."

,,Wieso sollte ich dich anlügen?"

,,Wieso solltest du es nicht tun?"

,,Ich hab keinen Grund, dich anzulügen", erwiderte er.

,,Aber auch keinen Grund, es nich'  zu tun."

,,Manchmal bist du echt nervig", sagte er, aber ich ignorierte ihn, zog meinen Bauch ein und atmete tief durch. Ich sah, wie er ein Arm unter seinen Kopf legte und mit der anderen Sand durch seine Finger laufen ließ.

,,Ich will dir mal was erzählen", sagte er dann. "Ich hatte mal eine.. Freundin."

Wusst ich ja gar nicht.

,,Ich hatte ein paar Kurse mit ihr im Internat und sie war.. naja, ich mochte sie. Aber sie wurde immer gehänselt, warum auch immer. Sie war hübsch, hatte eine tolle Figur, sie war lustig und all das. Aber trotzdem wurde sie ständig verarscht, weil sie angeblich zu dick war, weil sie eine Außenseiterin war und so weiter", er warf mir einen Blick zu. ,,Ich hab gedacht, es mache ihr nichts aus, weil sie sich nichts anmerken ließ. Aber irgendwann hab ich dann erfahren, dass sie eine Essstörung hatte. Sie sagte es mir, als ich sie weinend im Bad der Turnhalle gefunden habe. Wie gesagt.. wir waren Freunde. Und dann zeigte sie mir ihre Narben." Er stoppte kurz, schien sich sammeln zu wollen. ,,Sie hatte sie am ganzen Arm und natürlich hab ich versucht, ihr klarzumachen, dass sie das nicht zu tun brauchte, dass sie nicht auf das Gerede der Anderen hören sollte, weil es nicht stimmte. Zwar sagte sie, sie würde versuchen aufzuhören, aber ich wusste, das sagte sie nur so. Sie hatte sich schon längst selber aufgegeben. Und ich wusste auch nicht, wie ich ihr helfen sollte, ich meine, wir waren beide erst 15. Natürlich hab ich versucht, ihr beizustehen, aber es wurde immer schlimmer mit ihr. Sie wurde immer dünner und dünner und dass die Anderen sie immer noch fertig machten, obwohl sie sahen, wie schlimm es um sie stand, trug auch nicht dazu bei, dass es ihr besser ging. Und dann musste sie in eine Klinik. Ab da sah ich sie nie wieder mehr", er klang nicht so, als würde ihm dass das Herz zerbrechen, vielleicht hatte er ja mit der Geschichte schon abgeschlossen. Aber das Mädchen tat mir leid. Ich konnte sie zu gut verstehen. Was sie durchmachen und wie sie sich wohl fühlen musste.

,,Was ich dir damit sagen will, ist, dass die Leute immer irgendetwas sagen werden, bei manchem mehr als bei anderen. Sie sagen du wärst hässlich, obwohl du wunderschön bist. Sie sagen du bist fett, obwohl du es nicht bist. Sie werden sagen, du bist es nicht wert, geliebt zu werden, obwohl du schon längst geliebt wirst", sagte er und es zerbrach mir das Herz. Im guten Sinne. Sowas hatte noch nie jemand zu mir gesagt.

,,Von wem?", murmelte ich so leise, dass ich mich selbst kaum verstand. Aber es war nunmal ruhig hier, keiner war da, also war es kein Problem für ihn, mich zu verstehen. Jedoch sagte er nichts. Ich setzte mich aufrecht hin, verkreuzte die Beine ineinander und sah erst auf das Meer und dann zu ihm. ,,Sag es mir. Bitte." Wie verzweifelt ich doch klang. Aber ich wollte es wissen.

Er setzte sich ebenfalls auf, schaute mich an, seufzte und nahm dann meine Hand. Ich sah hinunter, sah wie seine meine ganz bedeckte. Aus irgendeinem Grund fing mein Herz an zu rasen. Er lächelte; vielleicht konnte er ja meinen Puls spüren.

,,Ich mag deine Hände. Sie sind so klein und immer so kalt", sagte er und strich kurz über meine Hand, bevor er seine an meine Wange legte. ,,Ich mag deine Sommersprossen", sagte er und strich mit dem Daumen über meine Wange.

,,Und ich liebe es, wenn du wegen mir rot wirst", lachte er, ,,so wie jetzt."

Ich träume.

,,Ich liebe es, wie du blinzelst, wenn dir etwas peinlich ist. Und wie du deine Haare immer hinters Ohr klemmst, wenn du nervös oder so bist", er grinste leicht, ,,ich würde noch unendlich so weitermachen, aber ich fürchte, du bist jetzt schon so verlegen, weil du sagst nichts..?"

,,Ich - du -", ich verstummte. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. War das wirklich passiert?

,,Immer, wenn du nich' weißt, was du sagen sollst, guckst du mich so an."

,,Wie gucke ich denn?", fragte ich und sah auf die Hand, die wieder in seiner ruhte.

,,So, als würdest du unheimlich gerne etwas sagen, du dich aber nicht dazu überwinden kannst."

Ich lächelte, weil er verdammt nochmal recht hatte. ,,Was soll ich schon sagen?"

Er zuckte die Schulter und zog seine Hand weg und ich hatte das Gefühl, dass er ein wenig verletzt war. War es das?

Ich atmete tief durch und sagte es dann einfach: ,,Sowas - sowas hat noch nie jemand zu mir gesagt. Und das ausgerechnet du es bist, der sowas zu mir sagt..." Ich senkte den Blick und auf meine nackten Füße,  umfasste meine Zehen mit der Hand; ich musste irgendwas mit meinen Händen anstellen.

,,Gut, dass ich der Erste bin", sagte er. Dann legte er zwei Finger unter mein Kinn und zwang mich so, ihn anzuschauen. Ich merkte erst wie nah wir uns waren, als es schon zu spät war. Und dann überbrückte er die kleine Lücke zwischen uns und legte seine Lippen auf meine.

Sofort fing mein Bauch an zu kribbeln und mein einziger Gedanke war, dass es sich richtig anfühlte. Ich legte ihm meine Hände um den Hals und ging auf die Knie, einfach, weil er selbst im Sitzen größer war als ich. Ein Teil von mir glaubte nicht, dass das schon wieder passierte. Dass ich ihn schon wieder küsste. Er schmeckte nach Alkohol und nach ihm.

,,Ach, und ich liebe deine Lippen", murmelte er in den Kuss hinein. Ich musste lächeln, so glücklich war ich. Wie konnte man von albern zu sentimental und selbstmitleidig zu glücklich überwechseln?

Damian fuhr mit einer Hand durch meine Haare, die voller Sand waren. Ich legte meine Hände an seinen Wangen, er war so warm und oh mein Gott.

Wieso ist es so unvorstellbar, dass ich Damian küsste? Ich meine, es passierte gerade wirklich und es war nicht das erste Mal, trotzdem fühlte sich das irgendwie.. unwirklich an. Weil er das komplette Gegenteil von dir ist, Aria.

Aber ich konnte nichts für meine Gefühle tun.. ich liebte das hier. Und ihn.. wahrscheinlich auch. Ich liebte ihn auch. Es war irgendwie komisch, dass ich mir es endlich eingestand. Aber ich wusste, es stimmte.

Ich liebte ihn.

,,Ich mag deine Haare", sagte er und wickelte eine Strähne um seinen Finger, während er mich immer noch küsste. Mein ganzer Körper kribbelte. Und ich mag dich.

,,Ich liebe es, wenn du mich berühst", fuhr er fort. Und ich liebe dich. Plötzlich lehnte er sich zurück und zog mich mit sich, sodass ich auf ihn lag. Irgendwie war das wie ein doppeltes Déjá-Vu, aber ich beschwerte mich nicht, obwohl ich die Sorge hatte, ihn zu erdrücken.

Er fuhr meinen Rücken runter und ich ignorierte es, dass ich 'nur' ein Top anhatte.. wobei mir leicht in den Ausschnitt gucken konnte.. aber er hatte seine Augen ja sowieso geschlossen..

Und wenn schon, sei nicht so verklemmt. 

Ich quiekte auf, als er mir am Hintern fasste und lachte. ,,Und deinen Arsch liebe ich auch."

Ich merkte, wie rot ich wurde und murmelte ein ,,du Idiot", aber es brachte mich nicht davon ab, mich von ihm zu lösen. Er drückte mich an sich und am liebsten würde ich für immer hier so liegen bleiben.. oder zumindestens für eine ziemlich lange Zeit.

Es dauerte seine Zeit, bis wir uns voneinander lösten und ich mich neben ihm legte. Er legte mir einen Arm um meine Schulter und zog mich an sich.

,,Irgendwie hab ich mir meinen Geburtstag anders vorgestellt", sagte ich.

,,Wenn's nach dir ginge, hättest du den ganzen Tag verschlafen", gab er zuück und warf mir einen Blick zu. ,,Außerdem hast du nicht mehr Geburtstag. Es ist halb eins."

,,Was, echt? Dad und Sally fragen sich bestimmt wo wir sind.."

,,Oder sie sind selber miteinander beschäftigt", meinte er und drückte mir ein kurzen Kuss auf die Lippen. Ich lächelte über die Geste, verzog dann aber die Nase.

,,Sag das nich', irgendwie ist der Gedanke, dass sie.. dass sie -"

,,ficken?", half er mir aus, aber das war vielleicht nicht gerade das Wort, was ich benutzen wollte.

,,- echt verstörend."

Er lachte und es war so ein schönes Geräusch.

Wir lagen dann einfach nur da, keiner sagte etwas - so wie gestern, als wir hier lagen. Irgendwann schlossen sich meine Augen von automatisch, denn ich war wirklich, wirklich müde.

Ich war schon fast weggedriftet, als ich erneut seine Stimme hörte, zwar ganz leise, aber ich hörte sie.

,,Und um deine Frage zu beantworten", sagte er, ,,von mir, schätze ich."

Ich hatte das Gefühl, er dachte ich schlafe schon und er redete eher mit sich selber, als mit mir, weshalb ich die Augen auch geschlossen hielt. Ich brauchte kurz, bis mir klar wurde, was er meinte.

Oh Gott, oh mein Gott..

,,Sie werden sagen, du bist es nicht wert, geliebt zu werden, obwohl du schon längst geliebt wirst."

,,Von wem?"

,,Von mir, schätze ich."

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