> Part 35
Am Abend, als Dad und Damian die Einkäufe nach oben brachten, bestellte Sally Pizza. Ich hatte eigentlich keinen Hunger (jedenfalls nicht auf Pizza), aber Sally beharrte darauf, dass ich mitaß. Was war heute nur los mit ihnen?
Ich saß hier jetzt also am Küchentisch und kaute auf ein Stück Salamipizza rum, als Dad sich räusperte.
"Und was läuft bei euch so?", wollte Dad wissen.
"Was soll bei uns los sein?", fragte Damian, während ich die Pizza runterschluckte.
"Wie läufts mit Leah? Ich hab sie lange nicht mehr hier gesehen", sagte Dad.
"Sie war doch erst gestern hier, Dad", mischte ich mich ein, allerdings ohne von meiner Pizza aufzusehen.
"Es ist alles gut zwischen uns, falls du das meinst", sagte Damian und ich konnte nichts gegen das komische Gefühl in meinem Magen tun, welches sich ausbreitete.
"Und bei dir, Schatz? Wie gehts Justin?", wandte Dad sich nun an mich und ich warf ihm einen warnenden Blick zu.
"Er ist nur ein Freund", entgegnete ich.
"Das hab ich doch auch gar nicht bezweifelt", sagte Dad und zwinkterte. "Ich hab ja nur gefragt, wie es ihm geht."
"Er ist ein netter, junger Mann", pflichtere Sally ihm bei. Das wusste ich selber.
"Ich schätze, es geht ihm gut", sagte ich. Vielleicht hatte er sich ja sogar mit Riley vertragen.
Dad nickte. "Hast du ihn denn mal wieder gesehen?"
Also für meinen Geschmack war Dad viel zu neugierig. Ich wette, er dachte es lief was zwischen uns. Deswegen log ich ihn auch an. "Nein."
"Wer war denn dann der Typ mit dem du so schön romantisch in der Eisdiele gegessen hast?", sagte Damian und ich schaute ihn fassungslos an, was er allerdings nicht bemerkte, da sein Blick auf seine Pizza gerichtet war. So eine Petze.
"Was meinst du?", fragte ich, als wüsste ich von nichts.
"Vergiss es", erwiderte er genervt und ich schnaubte nur. Weiß der Teufel, was er jetzt schon wieder für ein Problem hatte.
Dad und Sally warfen sich erst gegenseitig fragende Blick zu und dann uns, sagten jedoch nichts, wofür ich sehr dankbar war.
Irgendwann gabelte Dad ein neues Thema auf.
"Hast du an deinem Geburtstag schon was vor?", fragte er und ich sah ihn überrascht an.
Ich hatte erst in zwei Wochen meinen 16. Geburtstag und bis dahin war doch noch viel Zeit.
"Ich schätze nicht, nein. Wieso?"
Sally übernahm das Wort. "Dein Vater und ich dachten uns, dass wir in den Sommerferien in den Urlaub fahren könnten. Es wäre bestimmt eine tolle Gelegenheit uns ein wenig besser kennenzulernen, oder?"
Ich ließ meine Pizza auf den Teller fallen und auch Damian sah auf. Um uns ein bisschen besser kennenzulernen? Das hätten sie sich überlegen sollen, bevor wir zusammen gezogen waren und einen auf Familie taten. Ich sagte aber nichts; ich wollte Sally und Dad nicht verletzten, schließlich meinten sie es als gute Idee und wollten uns eine Freude machen, glaubte ich jedenfalls. Und Urlaub hatte ich auch schon lange nicht mehr gemacht.
"Und wohin genau?", wollte ich wissen und lächelte.
"Nach Bournemouth. Ich hab gehört, es ist ganz schön dort", sagte Dad. Wir würden zum Strand fahren... Ich hasste es zu schwimmen. Vorallem weil ich dann ein Badeanzug tragen müsste und all das.
Aber bevor ich irgendwas sagen konnte, sagte Sally:
"Und diesmal fahren wir alleine, als Familie", und warf mir und Damian einen warnenden Blick zu.
Wir sagten beide nichts. Ich weiß ja nicht, wie Damian die Idee fand, aber ich war hin und her gerissen. Einerseits wollte ich nach Bournemouth, mal wieder in die Sonne und mich am Strand entspannen können. Aber andererseits wollte ich auch nicht dort hin. Eben weil wir meistens nur am Strand wären und ich würde mich sicherlich unwohl fühlen, wenn ich entweder in einem Badeanzug da rum liegen würde (Bikinifigur nirgends in Sicht) oder mich stattdessen in Jeans und T-Shirt quetsche (die Leute würden nur starren).
"Ihr sagt ja nichts", stellte Dad fest und schaute mich prüfend an.
"Wollt ihr etwa nicht? Ich dachte es wäre eine schöne Idee", sagte Sally und sah ernsthaft bedrückt aus.
"Also ich wäre dabei", sagte ich schnell und ihre Miene erhellte sich wieder.
"Was ist mit dir?", fragte sie Damian.
"Obwohl ich nicht gefragt wurde, ob ich Zeit habe - von mir aus", murmelte er, klang dabei aber alles andere als glücklich.
"Toll", Sally klatschte in die Hände und sah begeistert zu Dad, "dann werden wir uns darum kümmern, nicht wahr, Toby?"
Und ich muss mich in den nächsten zwei Wochen darum kümmern, irgendwo eine Topfigur herzubekommen.
***
"Ich hab gehört die Innenstadt soll geil sein", rief Leah durch das Handy. Es war mittlerweile nach zehn Uhr und ich hab ihr soeben erzählt, wo ich mein Geburtstag verbringen würde.
Dann seufzte sie. "Mum und ich fahren nach Bristol zu ihrer Freundin. Was würde ich geben um mit dir tauschen zu können."
Ich seufzte auch. "Du würdest auch eher an einen Strand passen. Mit dir verglichen seh' ich in einem Badeanzug aus wie ein gequetschter Elefant im -"
Leah unterbrach mich. "Halt, halt, bevor du weiterredest: geh mal bitte zu deiner Wand."
"Was?"
"Geh zu deiner Wand. Bist du?"
"Ja?", log ich.
"Gut, und jetzt schlag dein Kopf dagegen, vielleicht vertreibt dir das ja deine lächerlichen Gedanken."
"Oah, Leah, du bist blöd", jammerte ich, musste dann aber doch grinsen. "Aber ich mein das ernst: ich will mich da nicht in so einem Fummel am Strand legen."
"Fummel? Ich bitte dich, Aria, zieh doch einfach so ein Alte-Oma-Badeanzug an. Du weißt schon, mit Blümchen und so", scherzte sie, obwohl ich mir nicht ganz sicher war, ob es wirklich ein Scherz war. "Wir gehen Montag shoppen, okay?"
"Mal schauen."
"Jetzt mal im Ernst: sei froh, dass ihr dort hinfährt und du wenigstens etwas Sinnvolles in den Sommerferien vorhast. In der Woche in der ich in Bristol bin, werden mir die Ohren abfallen, dank dem ganzen Geplapper von Mum und Susanna. Und ich werd' nichts Besseres zu tun haben, als zu warten bis die Zeit vergeht und ihr wieder da seid. Wie lange bleibt ihr eigentlich?"
"Ich weiß es nicht, Dad und Sally wollten das alles noch regeln", antwortete ich und als sie nichts sagte, fuhr ich fort. "Ich weiß ja, dass du recht hast. Ich schätze ich bin einfach nur aufgeregt."
In diesem Moment vibrierte mein Handy als Zeichen, dass ich eine Nachricht bekommen habe. "Warte kurz", murmelte ich und nahm mein Handy vom Ohr um zu schauen, wer mir geschrieben hat.
Lily; hast du morgen Zeit? Wir könnten was zusammen machen. :) x
"Aria, alles okay?", ertöhnte Leahs nun leise Stimme aus meinem Handy.
"Ja, warte doch mal kurz", rief ich etwas lauter, damit sie auch was verstehen konnte und schrieb Lily zurück.
Ja, das wäre schön! :) Was willst du denn machen?, schrieb ich.
"So", sagte ich als ich mein Handy wieder an meinem Ohr hielt. "Wo waren wir?"
"Du schätzt, du bist einfach nur aufgeregt", beantwortete sie meine Frage und dann seufzte sie. "Kannst du mich nicht mit in deinen Koffer quetschen?"
"Ich nehm dich als Handgepäck mit", sagte ich und musste bei der Vorstellung Leah in eine kleine Tasche zu quetschen, lachen.
"Alles ist besser als Bristol", jammerte sie.
***
Am nächsten Morgen schien die Sonne. Und gerade die war Schuld, dass ich schon um kurz nach zehn Uhr aufstand. Da ich nicht mehr einschlafen konnte, beschloss ich einfach früher in die Stadt zu gehen, wo ich mich mit Lily treffen wollte. Ich ging duschen, putzte mir die Zähne, kämmte mir durch die Haare, zog mich an und schnappte mir ein trockenes Toast, bevor ich mir die Schuhe zuband, den Hausschlüssel einsteckte und mich auf den Weg machte.
Es war ein typisches Sommerwetter. Der Himmel war wolkenfrei und babyblau und die Sonne war selbst um diese Uhrzeit schon ungewöhnlich warm - selbst ein paar Schmetterlinge waren aus ihren Verstecken gekommen.
Um kurz nach halb zwölf kam ich am Marktplatz an, in deren Mitte sich ein riesiger, quadratischer Steinbau befand, wo auf jeder Seite drei Bänke eingelassen wurden. Es war relativ leer in der Stadt, was wohl daran lag, dass es Sonntag war und die ganzen Geschäfte geschlossen hatten. Trotzdem setzte ich mich auf einer der Bänke, zog die Beine an meinen Körper und beobachtete die wenigen Leute, die durch die Passagen liefen, während ich auf Lily wartete.
"Sorry, ich musste überlegen, ob ich eine Jacke mitnehmen sollte oder nicht", begrüßte Lily mich, als sie ein paar Minuten nach zwölf zu mir hereilte und mich überschwänglich umarmte. Die Jacke hatte sie weggelassen. "Wartest du schon lange?"
"Ne", log ich und lächelte. "Und was möchtest du jetzt machen?"
"Kennst du das Café gleich da drüben?", sie deutete mit dem Finger nach Osten. "Es gehört meiner Tante Penelope. Es ist zwar offiziell geschlossen, aber sie ist meistens auch an Sonntagen da und macht Büroarbeiten und all das. Wir können dort hingehen, sie wird uns bestimmt reinlassen."
***
"Was war denn am Freitag los? Wir haben uns Sorgen gemacht, Leah und ich. Du warst so plötzlich weg und sahst irgendwie, ich weiß nicht, traurig aus?", fragte ich, als Lily hinter der Theke stand und versuchte, die Kaffeemaschine zum Laufen zu bringen. Als ich sie das fragte, hielt sie inne und schaute stirnrunzelnd zu mir auf.
"Ich hab dir doch gesagt, dass mir schlecht war", antwortete sie und wand schnell den Blick von mir ab, um sich wieder der Maschine zu widmen.
"Ja, ich weiß. Aber bist du sicher, dass da nichts anderes war? Ich meine, wenn du nicht darüber reden möchtest, okay, aber ich hatte das Gefühl, dass da noch mehr war", sagte ich und stützte mich mit den Armen an der Theke ab.
"Da war nichts", beharrte sie bestimmt, nahm mit einem Lächeln aber die Härte. Nachdenklich sah ich sie an, unsicher ob ich ihr glauben sollte oder nicht, beschloss jedoch aber, es gut sein zu lassen. Ich wollte ihr nicht zu nahe treten oder ihr auf die Nerven gehen.
"Und was war bei dir?", fragte sie und schaute auf, als sie unter die Maschine zwei hellbraune Tassen gestellt hatte. "Du sagtest, ein Kater wäre in deinem Fall noch das weniger Schlimme gewesen."
Sie lächelte und schaute mich fragend an, während ich kurz seufzte und anfing von dem Abend zu erzählen.
Ich hatte ihr alles erzählt - sogar das mit dem Kuss und so. Ich wusste nicht wieso ich das getan habe; ich kannte sie doch so gut wie gar nicht. Ich wusste nur, das es gut tat endlich mal mit jemanden darüber zu reden.
Lily schüttelte ihre roten Locken aus und schien nachzudenken. "Magst du ihn?"
Ja, Aria, was willst du jetzt antworten?
Mag ich ihn? Ja, kann schon sein. Aber es war klar, dass Lily nicht das 'normale' mögen meinte.
Nein!, wollte ich antworten, aber irgendwas in mir zögerte. Ich zuckte nur mit den Schultern.
"Mag Leah ihn?", fragte sie nun.
"Ja", antwortete ich ohne zu Zögern.
"Das ist echt scheiße", sagte sie und trank einen Schluck ihres Kaffees. "Aber er hat dich geküsst, also kannst du ihm nicht egal sein."
"Das hat nichts zu bedeuten. Er war betrunken, hat er selbst gesagt. Und überhaupt, wieso sollte er Leah einem Mädchen wie mich vorziehen?"
Sie hob eine Augenbraue. "Ein Mädchen wie dich?"
"Leah ist bildhübsch. Neben ihr sehe ich aus wie eine vergammelte Kartoffel", antwortete ich.
"Das ist doch gar nicht wahr", meinte Lily und stellte ihre Tasse ab. "Du bist sehr wohl hübsch!"
Ich gab nur ein abfälliges Schnauben von mir - ich wusste selber, wie ich aussah.
Plötzlich schien Lily eine Idee zuhaben, jedenfalls setzte sie sich gerade auf und sah mich direkt an.
"Hast du das leere Buch noch, was ich dir geschenkt habe?", fragte sie.
Ich nickte. Das Tagebuch steckte immer noch in meiner Schultasche, ich hatte es noch gar nicht herausgeholt.
"Ich weiß es klingt kindisch und altmodisch, aber ich schreib meine Probleme und Sachen, die mich bedrücken immer in mein Tagebuch. Es hilft wirklich, man fühlt sich irgendwie befreiter, wenn du verstehst was ich meine. Und vielleicht findest du beim Schreiben ja eine Lösung für dein Problem", schlug sie vor und sah mich abwartend an.
"Tagebuch schreiben? Ich könnte es ja mal versuchen", sagte ich und versuchte optimistisch zu klingen, was ich eigentlich gar nicht war. Tagebuch schreiben würde mir wohl kaum bei meinen.. ganzen Problemen helfen.
Sie grinste mich an, als wüsste sie, dass ich nicht ganz darauf vertraute, sie sagte aber nichts mehr zu dem Thema.
"Und sonst kannst du doch eigentlich nur abwarten", sagte sie.
Während ich über ihre Worte nachdachte, schaute ich aus dem Fenster. Abwarten.. worauf eigentlich? Was erhoffte ich mir insgeheim?
Das war doch alles totaler Unsinn. Oder?
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& dann hab ich noch eine Frage: wie findet ihr Lily? Ich weiß, sie kam bis jetzt noch nicht sooft vor, aber ich möchte mal gerne wissen, was für ein Eindruck sie auf euch macht? :D
xoxo.
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