> Part 33
Am Samstagmorgen wachte ich früh auf - es war grade mal halb acht, als ich die Treppen runterstieg und in die Küche ging. Überraschenderweise fand ich Damian dort vor. In nichts als Boxershorts. Ich unternahm den Versuch unauffällig rückwärts rauszugehen, einerseits weil ich nicht in Verlegenheit gebracht werden wollte, da mein halbnackter Stiefbruder vor mir stand und ich nicht ständig auf seinen muskolösen Bauch oder Arme oder sonst was schauen wollte. Und andererseits, weil ich nicht wusste, wie ich auf ihn - nach Leahs Bedenken - reagieren sollte, obwohl er ja eigentlich gar nicht wusste, dass ich es wusste. Vielleicht wusste er es ja nicht einmal selbst. Gott, das war eindeutig zu kompliziert für halb acht am Morgen.
"Zu spät, ich weiß, dass du da bist", sagte er, ohne von seinem Glas Wasser aufzusehen, indem er gerade eine Tablette auflöste. Vielleicht lag ich mit der Vermutung, dass er Feiern gewesen war, ja richtig.
"Ehm, ich wollte nicht -", ich unterbrach mich. Was solltest du nicht, Aria, hm?
"Natürlich nicht", erwiderte Damian und drehte sich zu mir um, das Glas in der Hand. "Wieso schon so früh wach?"
"Weil ich aufgewacht bin", gab ich nicht sehr geistreich zurück und wühlte in den Schränken nach Toast oder sowas, damit ich ihn (oder besser gesagt, seinen Körper) nicht anstarren musste. "Und du?"
"Kopfschmerzen", sagte er lediglich und als ich mich mit den Toasts wieder umdrehte, prostete er mir mit dem Glas zu und trank das Wasser in zwei Zügen aus. "Ich geh mich dann mal wieder hinlegen."
"Damian?", platzte es aus mir heraus und er blieb in der Tür stehen. Wenn ich schon meine beste Freundin belog, sollte ich da nicht wenigstens versuchen, sie glücklich zumachen? "Kann ich dich was fragen?"
"Und was?"
"Meinst du es ernst mit Leah?", zwang ich mich zu fragen und wollte lieber gar nicht wissen, wie ich mich anhörte.
Es enstand diese peinliche Stille, die ich so sehr hasste. Damian schaute mich an wie ein bedröppeltes Pferd und ich zwang mich zurück zustarren. Irgendwann gab ich jedoch auf.
"Damian?"
"Wieso willst du das wissen?", fragte er nun. "Und komm mir nicht mit 'sie ist meine beste Freundin'."
Ich drehte mich zum Toaster um und steckte zwei Toastbrote in die Öffnungen. "Weil ich sie gestern angelogen habe und ich nicht will, dass sie unglücklich ist, eben weil sie meine beste Freundin ist", erklärte ich ihm.
"Angelogen weswegen?"
"Sie hat mich gefragt, ob zwischen uns was lief und ich hab nein gesagt", murmelte ich leise und hoffte, er würde nicht weiter nachbohren.
"Und das wollte sie wissen, weil ... ?" Natürlich, warum sollten meine Wünsche auch erhört werden?
Ich antwortete nicht, starrte bloß auf die orangene, kleine Lampe am Toaster.
"Aria, hast du deine Zunge verschluckt oder sowas?" Ja, hätte ich am liebsten geantwortet, aber dann hätte ich mich ja selber verraten. Natülich hätte ich auch einfach rausrennen können, aber das machte es ja nicht besser und es wäre nur kindisch. Er würde sowieso nachfragen, so hartnäckig wie er war.
Aber was sollte ich sagen? Ich entschied mich für die kurze und knappe Antwort, die ich bestimmt bereuen würde.
"Sie hat gesagt, ihr hattet Sex und mittendrin hättest du meinen Namen gesagt und das hat sie total verunsichert und mich übrigens auch, und ich weiß auch nicht, wieso ich dir das eigentlich gesagt habe, weil das total peinlich ist und sie sich bestimmt nur verhört hatte, aber trotzdem ändert das nichts an der Tatsache, dass ich sie belogen -"
"Aria, vergiss Punkt und Komma nicht", unterbrach Damian mich und ich konnte nicht sagen, wie er klang: amüsiert oder entsetzt oder sonst was.
Okay, ich hatte mir vorgenommen, die Antwort kurz und knapp zu halten, was wohl nicht ganz geklappt hat, aber bereuen tu ich sie auf jeden Fall. Jetzt tigerte ich in der Küche herum, holte da einen Becher raus und hier einen Teller, dann lief ich zurück zum Toaster um meine Toasts auf den Teller zuknallen und das alles nur, weil ich Damian nicht in die Augen schauen wollte. Das war alles so verdammt peinlich!
Doch als ich einen kurzen Blick über die Schulter warf, stand Damian da, die Arme vor der Brust verschränkt und sah mich belustigt an.
"Was gibt's zu grinsen?", fragte ich bissig, da er sich scheinbar über mich lustig machte.
"Du verhältst dich wie ein aufgescheuchtes Huhn", erklärte er grinsend.
"Na, vielen Dank auch. Ich hab dir gerade etwas gesagt, was mir total schwer über die Lippen kam und du solltest eigentlich gar nicht wissen, dass ich es weiß, weswegen Leah mich wahrscheinlich umbringen wird. Und dir fällt nichts Besseres ein, als mich zu beleidigen?"
Ich weiß nicht, warum ich aufeinmal so viel und schnell redete. Hängt wohl mit meiner Nervosität zusammen.
"Und was, wenn es so wäre?", meinte er plötzlich.
"Hä?"
"Wenn ich beim Sex mit deiner besten Freundin an dich gedacht habe?", gab er zurück und war dabei so locker, als ginge es nicht gerade über seine Beziehung ... oder Sex. Und dann wurde mir klar, was er da gerade gesagt hatte. War das sowas wie eine Bestätigung?
Ich ließ den Käse fallen, den ich gerade auf meinen Toast tuen wollte und drehte mich zu Damian um.
"D-dann würde ich dich fragen, wieso", antwortete ich und schaute kurz zu ihm auf.
"Was würdest du denn gerne hören?", fragte er, als würde er mir gerne ein gutes Angebot machen.
"Ich würde gerne etwas hören, was Leah nicht verletzt. Denn sie verdient sowas nicht und ich würde mir auch Gedanken machen müssen, was ich ja eigentlich gar nicht will und es wäre auch mies gegenüber Leah und, äh, komisch." Aria, einfach mal die Klappe halten!
"Ich hab nie behauptet, ich wäre der nette Nachbar vom Haus nebenan. Oder der nette Stiefbruder vom Zimmer nebenan", sagte er und ließ die Arme sinken. Automatisch fiel mein Blick auf sein Six-Pack, ich schaute schnell weg, wurde aber trotzdem puterrot, was Damian natürlich bemerkte.
Er grinste nur blöd und kam einen Schritt auf mich zu. Am liebsten wäre ich einen Schritt zurück gegangen, aber dann müsste ich auf die Arbeitsplatte klettern.
Als er dann direkt vor mir stand, hatte ich die Auswahl zwischen: in seine Augen zugucken oder auf seine Brust. Was fiel ihm eigentlich ein?
Er grinste mir kurz zu, wahrscheinlich wegen meinen immer röter werdenden Wangen und dann streckte er einen Arm nach mir aus und kam mir so nahe, dass seine nackte Brust fast meine berührte; ich konnte seine Wärme sogar spüren. Vermutlich konnte er mein rasendes Herz hören, welches gerade drohte, mir aus der Brust zu springen. Ich zwang es, sich zu beruhigen, aber natürlich machte es nicht, was ich wollte. Aber dann griff Damian neben mir und schnappte sich mein belegtes Käse-Toast, ohne den Blick von mir abzuwenden.
Er rückte von mir weg und biss in mein Toast. "Du bist nervös", stellte er fest, als er schluckte.
"Nein, ich bin höchtens sauer. Ich muss mir jetzt ein neuen Toast machen", erwiderte ich und drehte mich wieder zum Toaster. Die Wahrheit war: wir beide wussten, dass ich nervös wurde und das störte mich gewaltig, weil es hieß, dass irgendwas an ihm mich nervös machte.
Ich hörte, wie er antworten wollte, wurde aber dann von einem lauten Poltern unterbrochen. Wenige Sekunden später stand Leah in ihrem Schlaftop und Shorts und mit mit ihren verwuschelten, schwarzen Haaren in der Küche und sah uns überrascht an - vermutlich weil Damian so gut wie nackt war und ich mich so mit ihm unterhielt.
"Hi", begrüßte ich sie, als wäre nichts gewesen. "Willst du auch ein Toast?"
"Nein", sie schüttelte den Kopf. "Muss gleich sofort wieder gehen. Mum will, dass ich nachhause komme. Ist alles okay bei euch?"
"Also bei mir ist alles mehr als okay", antwortete Damian heiter.
Ich antwortete einfach nicht und holte den Toast aus dem Toaster, klatschte eine Scheibe Käse darauf und drehte mich dann mit dem Teller in der Hand zu den beiden um.
"Ich geh in mein Zimmer", sagte ich und setzte ein Lächeln auf. Als ich die Treppen raufstieg, dachte ich an zwei Dinge:
Dass Damian Leah hoffentlich nichts über unser Gespräch erzählte.
Und zweitens: er hatte meine eigentliche Frage immer noch nicht beantwortet und das ganze Gespräch war eigentlich total unnötig gewesen. Na super.
***
Nachdem Leah weg war, schrieb ich Lily an. Ich hatte seit der Party nichts mehr von ihr gehört und vielleicht sollte ich mich erkundigen, wie es ihr so geht. Sie war ja ziemlich niedergeschlagen, als sie gegangen war.
Hi, Lily. Hier ist Aria. Ich wollte mal fragen, wie es dir so geht..? :)
Und - senden. Wenige Minuten später kam ihre Antwort:
Hab mich schon gefragt, ob du mich vergessen hast, haha. xx
Mir gehts gut & selbst? Hast du dich inzwischen von deinem Kater erholt?
Ob ich sie auf das Ganze ansprechen soll? Was hat sie an Mikes und Miras Anblick so verstört? Schließlich schrieb ich:
Ein Kater wäre in meinem Fall noch das weniger Schlimme gewesen, aber egal. Was war denn los? Ich meine, du bist einfach abgehauen.
Diesmal dauerte es, bis sie zurückschrieb. Ich fragte mich, ob das was zu bedeuten hatte, als dann schließlich ihre Nachricht ankam.
Ich glaube, mir war einfach nur schlecht, keine große Sache. :)
Natürlich wusste ich, dass es nicht nur das gewesen sein konnte. Sie wurde zwar blass im Gesicht, ja, aber da lag auch mehr Ausdruck in ihrem Gesicht. Sie sah verletzt und irgendwie erschrocken aus. Aber trotzdem beschloss ich, sie einfach in Ruhe zu lassen; anscheinend will sie nicht darüber reden. Also fragte ich sie, was sie so mache und all diesen Kram, bis Sally schließlich an meiner Tür klopfte und mich informierte, dass wir jetzt allesamt in den Möbelladen fahren würden.
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