> Part 25

Mira war die Cousine von Lily, na super. Sie sahen sich überhaupt nicht ähnlich:  Lily war rothaarig, Mira hellblond. Lily war klein, Mira war groß. Lily hatte braune Augen, Mira blaue. Und auch die Gesichtsstruktur und alles war anders. Man hätte nie gedacht, dass die beiden miteinander verwandt wären.

"Was gibt's?", fragte Mira, nachdem sie einen Blick auf mich geworfen hat. Vor ein paar Tagen hätte sie mich nicht mal eines Blickes gewürdigt und wenn, mir eine beleidigende Bemerkung hinterher geworfen.

"Ich wollte dir Aria vorstellen. Sie geht auch auf die McHigh", sagte Lily.

"Wir - wir kennen uns bereits", sagte Mira und lächelte uns kurz an. "Gibts sonst noch irgendwas? Ich war beschäftigt." Dann verschwand sie so schnell, wie sie gekommen war.

Lily schaute ihr irritiert hinterher. "Komisches Mädel", murmelte sie. "Ich hab sie noch nie so richtig verstanden."

"Mhm", machte ich nur.

"Sie schien's ja richtig eilig zuhaben. Weißt du, wir sind jetzt nicht sooo dicke, nur zwingt mich meine Mum mich ab und zu mit ihr zu verabreden, weil ich ja keine anderen Cousinen habe und so. Aber wir haben uns lange nicht mehr gesehen", erzählte sie und schüttelte dann den Kopf. "Ist ja auch egal. Komm wir holen uns was zu trinken. Ich hab mich schon lange nicht mehr richtig amüsiert!"

Ich ließ mich von Lily in die Küche ziehen, wo die Leute sogar auf den Tischen saßen. Lily schnappte sich zwei Bierflaschen aus dem Kühlschrank und reichte sie mir. Irgendwie passte das Bier nicht in mein Bild von Lily, aber ich sagte nichts, sondern nippte an der Flasche. Bis vor wenigen Tagen hatte ich noch nie in meinem Leben Alkohol getrunken und jetzt stand ich hier - wieder auf einer Party - erneut mit einer Flasche Bier in der Hand.

"Hi Aria!", rief eine laute Stimme über die Musik hinweg. Als ich mich umdrehte, sah ich Justin auf uns zukommen, ebenfalls eine Flasche Bier in der rechten Hand.

"Justin. Hey", begrüßte ich ihn und grinste. Dann hatte Damian ihn also doch eingeladen.

"Ich hab mich schon gefragt, wann wir uns wiedersehen", sagte er und ich wurde leicht rot. Hinter mir räusperte Lily sich und trat neben mir, ihre kleine Hand vor sich ausgestreckt. "Hey, ich bin Lily."

"Justin", erwiderte er, nahm ihre Hand und warf ihr einen kleinen, freundlichen Blick zu, bevor es sich wieder mir zuwandt.

"Ich gehe mal kurz - ehm, zu Mira", verkündete sie dann und ich konnte deutlich ihr Lächeln in ihrer Stimme hören, bevor sie aus der Küche verschwand.

"Nette Party", sagte Justin und stellte seine leere Bierflasche auf der Arbeitsplatte ab.

"Deine ist aber nicht zu übertrumpfen", erwiderte ich, etwas nervös, wegen dem knutschendem Paar hinter uns, denen es nicht zu stören schien, dass hier noch andere Leute waren oder es erst gar nicht wahrnahmen.

"Stimmt wohl", grinste er und ging zum Kühlschrank um sich an dem Bier zu bedienen. "Wo ist Damian denn?"

"Keine Ahnung", sagte ich schulterzuckend.

Dann warf er auch einen Blick auf die Knutschenden und meinte schließlich, ohne weiter nach Damian zu fragen: "Komm, wir gehen tanzen!"

Ich zögerte kurz: Ich hatte zwar schonmal mit Justin auf seiner Party getanzt, aber deshalb bin ich noch lange nicht besser geworden. Mit Sicherheit würde ich ihm auf die Füße treten oder sonst was ... aber dann gab ich mir einen Ruck. Ich sollte echt nicht so ein Angsthase sein.

Justin zog mich ins Wohnzimmer, wo sich Leute tummelten, die wild und ausgelassen tanzten - ohne Rücksicht auf die Einrichtung zu nehmen.

Und als dann ein gutes Lied anfing zu spielen, fingen wir an zu tanzen.

***

Zwei Stunden spätr kam ich langsam echt ins Schwitzen. Nicht, weil das Tanzen zu anstregend wäre oder so, sondern weil inzwischen noch mehr Leute gekommen waren und die Luft langsam stickig wurde, da sich die Meisten auf einem Haufen befanden - nämlich im Wohnzimmer, wo alle tanzten.

Das Tanzen mit Justin war gar nicht so schlimm gewesen - ich bin ihm nicht mal auf die Füße getreten - aber nach dem dritten Song, überließ ich ihn "großzügig" der Blondine, die ich auch schon auf Justins Party gesehen hatte und auf die Justin ein Auge geworfen hat. Ich verzog mich zu Leah, die mit Lily zusammenstand und sich angeregt unterhielt. Mittlerweile waren wir drei in einem Gespräch über eine Band vertieft, die Leah vergöttert, Lily aber nicht kannte und ich versuchte Lily über Leahs "Liebe" aufzuklären.

Als ein langsames Lied anfing zu spielen, sah ich kurz auf und entdeckte Mike, der gerade die 'Tanzfläche' betrat und Mira an der Hand hinter sich herzog. Mir hätte klar sein sollen, dass Mike auch hier war, wenn Mira es auch war. Er zog sie an sich und legte seine Hände um ihre Taille und ihre langen, blonden Haaren fielen ihr so elegant wie immer über die Schulter. Man hätte meinen sollen, dass dieser Mike gar nicht so ein Monster war, welches er nunmal war, so liebevoll wie er Mira anschaute. Er sah so harmlos aus, weit entfernt von dem gehässigen und gemeinem Kerl, den ich kannte. Ich fragte mich, warum ich solche Gefühle in ihm auslöste. War ich wirklich so schrecklich?

Ich wandt mich wieder Leah und Lily zu, aber dann bemerkte ich, dass Lilys Blick auch auf die Beiden gerichtet war. Mit einem Mal wirkte ihre Miene unglaublich gequält und traurig und sie schien mit den Gedanken weit weg zu sein - abseits einer wilden Party, mit überlauter Musik und betrunkenen Leuten.

"Lily, ist alles okay bei dir?", fragte ich zaghaft und berührte sie am Arm, worauhin sie zusammenzuckte und den Blick von Mike und Mira abwandt.

"Ja - ja, klar. Ich geh nur kurz mal raus - e-ein wenig frische Luft schnappen", sagte sie mit seltsam belegter Stimme und wandt sich dann auch schnell von uns ab, lief quer durchs Wohnzimmer, bis sie durch die Haustür verschwand.

Ich sah ihr ein wenig verwirrt und besorgt hinterher und wollte ihr gerade schon nachlaufen, als sich eine schwere Hand auf meine Schulter legte. "Hey, dat Bier is' alle!", nuschelte eine Stimme, die definitiv einem betrunkenem Mann gehörte.

"Ich seh schon nach ihr", sagte Leah und bahnte sich ein Weg durch die Menge.

Ein wenig genervt drehte ich mich zu dem Mann um, der ein wenig älter zu sein schien, als der Rest hier, aber vielleicht hat auch nur der Alkohol seine Gesichtszüge so verzerrt.

"Ich hole Neues, okay?", murmelte ich und sah abwartend auf die große Pranke auf meiner Schulter, die er schließlich wegzog. Ich ging zu der Kellertür, die neben dem kleinen Bad und angelehnt war. Dad belehrte uns immer, dass wir sie immer offen lassen sollen, wenn wir in den Keller gehen, da sie nur von außen zu öffnen war. Gerade als ich die Tür öffnete, bellte der betrunkene Typ unverschämt: "Beeil disch!"

Ich antworte nicht, als ich rein ging und die Tür wieder vorsichtig anlehnte. Im schwachen Licht der Kellerlampe tapste ich die kalte Steintreppe herunter und merkte erst, dass ich hier nicht alleine war, als ich an der Stelle angekommen war, wo wir unsere Getränke lagerten und jemanden sah, der sich über eine Getränkekiste beugte. In dem Licht konnte ich nur die braunen, verwuschelten Haare und die schwarzen Bikerboots erkennen, die eigentlich nur einer trug, den ich kannte und wollte am liebsten die Treppe wieder leise hochgehen, doch da hatte er mich schon gesehen.

"Aria, bist du das?", fragte Damian mich.

Ich drehte mich wieder um und nickte. "Ehm - ja."

"Was machst du hier?"

"Das Bier ist alle und ich wollte Neues holen?"

"Dann kannst du mir ja helfen, die Kiste hier nach oben zuschleppen."

Ich krempelte meine Ärmel ein wenig nachoben und setzte die Hände an der einen Seite der Kiste an, als plötzlich ein lautes Bumm an den Kellerwänden widerhalte und ich die Kiste vor Schreck fast losließ, hätte Damian sie nicht schnell auf dem Boden abgestellt.

"Verdammte Scheiße", fluchte er. "Die Tür ist zugefallen."

Er eilte die Treppe hoch und klopfte heftig gegen die Tür. Doch über die laute Musik schien auch sein lautes Klopfen und Gebrüll nichts zuhelfen. Einige Minuten später kam er mit entnervtem Gesicht wieder die Treppe runtergepoltert.

"Na toll", murmelte er. "Wieso lehnst du die Tür auch so wenig an?"

"Wie bitte?", sagte ich eingeschnappt. "Jetzt bin ich Schuld oder wie?"

"Wer sonst?"

"Ich hab die Tür genauso angelehnt, wie du!", giftete ich. "Wenn irgendeiner deiner dämlichen Freunde dagegen stößt ist das nicht meine Schuld!"

Damians seufzte schwer. "Na toll", sagte er wieder. "Die Nacht kann ja noch toll werden."

Ich verschränkte die Arme vor der Brust und ließ mich an der Wand auf den kalten Boden gleiten.

"Ist ja nicht so, als ob ich mir das ausgesucht hätte."

Denn das hier war ganz sicher nicht das, was ich gewollt hatte.

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