> Part 120
Dad rief am nächsten Morgen an und verkündete, dass Sally noch ein bis zwei Tage im Krankenhaus verbringen musste. Er hatte die Nacht bei ihr verbracht und wollte gegen Mittag wieder nachhause kommen und nochmal mit mir reden.
Als ich das Gespräch beendete, seufzte ich und ließ mich zurück in Damians Kissen fallen, mein Handy irgendwo neben mir ins Bett geschmissen. Damian, der noch tief und fest schlief, drehte sich um, sodass er mit dem Rücken zu mir lag.
Es war gerade mal halb zehn, aber mir lag schon ein breites Lächeln auf den Lippen. Obwohl der Tag gestern wegen Sallys Fehlgeburt so schrecklich gewesen war, hatte er dennoch ein gutes Ende genommen - jedenfalls für uns, so egoistisch das auch klingen mochte. Ich war einfach nur erleichtert, dass wir nicht mehr so tun mussten als wären Damian und ich bloß Stiefgeschwister. Wobei mir einfiel ... Damian und ich waren nun offiziell Stiefgeschwister und offiziell ein Paar. Wow.
Ich schlug die Decke beiseite und tapste barfuß aus dem Zimmer, wobei ich leise die Tür hinter mir zu zog, damit Damian noch weiterschlafen konnte - wir waren gestern Nacht erst gegen drei Uhr eingeschlafen. Nachdem ich mich im Badezimmer ein bisschen frisch gemacht hatte, ging ich in mein Zimmer und schaute das erste mal seit gestern Morgen wieder auf mein Handy.
Ich hatte vier verpasste Anrufe von Leah, eine SMS von Justin und auch Lily und Granny hatten mich mehrmals versucht anzurufen. Seufzend setzte ich mich auf meinen Bettrand und wählte erstmals die Nummer meiner Oma. Natürlich dauerte es wieder eine Ewigkeit bis sie ranging und als sie es tat, schaute sie selbstverständlich nicht auf die Anruferkennung - das tat sie nie.
,,Wer ist da?", fragte sie direkt, ohne eine Begrüßung.
,,Granny, du solltest wirklich mal auf die Anruferkennung achten", sagte ich. ,,Ich bin's. Aria."
,,Ahhh, Ria. Endlich rufst du an! Ich habe deinen Vater gerade auch schon angerufen", erzählte sie. ,,Ist alles in Ordnung bei euch?"
,,Ja und bei euch?"
,,Alles bestens. Aber ich musste ja auch keine Fehlgeburt durchleiden. Armes Ding. Wirklich."
,,Damit hatte keiner gerechnet", stimmte ich ihr zu. ,,Wir wussten ja nicht einmal, dass sie schwanger war."
,,Wirklich keiner von euch?"
,,Nein."
,,Was?"
,,Nein", wiederholte ich etwas lauter. ,,Also Dad wusste es schon. Nur Damian und ich nicht."
,,Braucht ihr Hilfe? Sally muss ja noch ein bisschen im Krankenhaus bleiben, habe ich gehört und Toby wird sicherlich die Hälfte der Zeit dort verbringen. Soll ich vorbeikommen?"
,,Granny, du sagst das so als würdest du eben mal ein Katzensprung entfernt wohnen", lachte ich. ,,Ihr seid doch bestimmt erst vor ein paar Stunden wieder in Wales angekommen. Wir kommen schon zu recht."
,,Aber wenn was ist, dann ruf an, Schätzchen."
,,Mach ich. Ich muss jetzt auflegen und Leah noch anrufen. Hab dich lieb, Granny."
,,Ja-ja. Ich dich auch, Ria."
***
Ich rief also nacheinander Leah, Lily und dann sogar Justin an und es verging eine Stunde bis ich mein Handy endlich weglegen konnte und mich rückwärts auf mein Bett fallen ließ.
In knapp einer Woche war wieder Schule. Dachte ich daran, bekam ich sofort wieder schlechte Laune und ein wenig Angst mischte sich mit in meine Gefühle. Schule bedeutete Mike. Und ich konnte mich dafür schlagen, dass ich nach all dem, was ich in Deutschland gelernt und für Erfahrungen gemacht hatte, immer noch glaubte, dass Mike mir alles wieder nehmen konnte. Doch ich konnte nichts dafür - der Gedanke blieb.
Plötzlich bemerkte ich, dass Damian in meiner offenen Zimmertür stand. Er trug eine schwarze Jogginghose und ein weißes VANS-Shirt, seine Haare hatten diese typische Bettfrisur und seine Augen wirkten noch verschlafen klein und sein Gesicht zerknirscht. Trotzdem grinste er mich müde an und kam zu mir rüber.
,,Du guckst als hättest du in 'ne saure Zitrone gebissen", teilte er mir mit.
,,Fast."
,,Hey, du solltest das breitestes Grinsen aufsetzen, das du auf Lager hast."
Mit hochgezogen Augenbrauen schaute ich ihn an. ,,Ach ja?"
,,Ja und soll ich dir verraten warum?"
,,Wäre super freundlich von dir."
,,Weil ich jetzt das - ", er beugte sich zu mir rüber, legte eine Hand an meinen Hinterkopf und zog mich zu sich, bevor er mir einen Kuss gab, ,,machen kann, obwohl die Zimmertür offen steht und Greta jeden Augenblick aus ihrem Zimmer kommen könnte."
,,Tja, der Augenblick ist jetzt wohl gekommen", hörten wir Greta plötzlich vom Flur aus sagen und als wir aufblickten, schloss sie gerade die Tür zum Gästezimmer, in dem sie geschlafen hatte und ging schnurstracks ins Bad, ohne uns bloß einen weiteren Blick zu schenken.
Ich musste mir ein lautes Lachen verkneifen, grinste Damian stattdessen nur an und sagte: ,,Jap, das ist wirklich ein Grund zum Lachen." Als ich das sagte, fielen mir plötzlich seine Socken auf.
,,Oh mein Gott, die hab ich ja fast vergessen", rief ich und lief eilig zu meinem Schrank, wo ich nach diesen Socken suchte. Ich musste zwar ganz tief wühlen, doch schließlich hielt ich triumphierend meine "Suck my dick"-Socken heraus, die ich zusammen mit Damian damals in Bournemouth gekauft hatte.
Ich setzte mich neben ihn zurück auf die Bettkante, zog sie mir über meine nackten Füße und hielt diese neben Damians Kätzchen-Socken.
,,Perfekt", sagte er lächelnd und legte dabei einen Arm um mich. Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter und betrachtete unsere kindischen Socken, dachte dabei darüber nach, wie viel wir seit diesen Socken schon durchgemacht hatten.
,,Denkst du gerade auch darüber nach, ob du deine Socken wohl ernstnehmen solltest?", fragte Damian mich plötzlich und es dauerte ein paar Sekunden bevor ich seine dreckige Anspielung verstand. Grinsend schlug ich ihm in die Seite, doch er packte meine Hände, hielt sie fest und ließ sich nach hinten fallen, wobei er mich auf sich zog.
,,War nur 'n Spaß, Baby. Ich musste gerade erstmal meine Morgenlatte beseitigen, noch eine Latte wär mir innerhalb von zehn Minuten dann doch etwas zu viel." Er strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. ,,Obwohl, wenn du unbedingt willst ... "
Als ich ihn verdattert anschaute, grinste er und küsste mich erneut. Ich konnte nicht anders als es zu erwidern und fünf Minuten später wich ich ein wenig zurück, um zu Atem zu kommen.
,,Rummachen am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen", sagte Damian als er sah, wie fertig ich war. Genau als er das sagte, hörte ich wie unten die Haustür zu geschlagen wurde.
,,Das wird dann wohl Dad sein ... ", sagte ich und rappelte mich auf, reichte Damian danach die Hand, um ihm auch aufzuhelfen. Während Damian nochmal kurz ins Zimmer gehen wollte, ging ich schon mal nach unten, aber gerade als ich laut ,,Hallo" schreien wollte, hörte ich, wie Dad Greta fragte: ,,Sind die Kinder noch am Schlafen?"
,,Nein, die sind oben." Nichts an Gretas Stimme ließ darauf hindeuten, was sie soeben zwischen uns beobachtet hatte, doch trotzdem schien es Dad dazu zu bringen, zu fragen.
,,Kann ich dich was fragen?"
Es dauerte einen kleinen Moment, wo Greta anscheinend Dads ernste Tonlage registrierte, bevor sie sagte: ,,Klar."
In dem Moment kam Damian die Treppe hinunter, doch ich legte eilig meinen Finger auf die Lippen und bedeutete ihm, nicht in die Küche zu gehen, sondern sich neben mich zu stellen und die Klappe zu halten. Er war zwar verwirrt, hörte aber auf mich.
,,Wusstest du, dass ... dass Aria und Damian was am ... Laufen haben?" Scheinbar schien es Dad unangenehm zu sein, darüber zu reden.
,,Ach das ... Ja, das wusste ich. Schon länger, um ehrlich zu sein."
,,Wieso hast du nichts gesagt?", fragte Dad, vielleicht ein bisschen zu barsch. Doch Greta war nicht der Typ, der sich leicht von sowas einschüchtern ließ.
,,Weil es ganz offentlich war, dass die beiden nicht wollten, dass es irgendwer erfährt", antwortete sie ruhig und so als wäre das ganz selbstverständlich.
,,Du hättest es uns sagen sollen ... wir hätten es wissen sollen." Diesmal klang Dads Stimme tatsächlich ein wenig verzweifelt. Beschäftigte ihn das wirklich so sehr?
,,Und was hätte es euch gebracht? Was hättest du dann getan? Es verhindert?"
Dad gab keine Antwort.
,,Sie lieben sich, Toby. Das sieht doch jeder Blinde mit 'nem Krückstock."
,,Ich habe es nicht gesehen."
,,Sally und du hattet sie auch jeden Tag vor der Nase. Da ist es schwer sowas zu erkennen."
,,Findest du das nicht ... ein bisschen komisch?", fragte Dad. Irgendwie wurde mein Herz ein wenig schwerer. Fand er uns wirklich komisch?
,,Was sagt Sally dazu?", stellte Greta die Gegenfrage.
,,Naja. Sie findet es jetzt auch nicht optimal, aber sie möchte, dass die beiden glücklich sind."
,,Und du willst das nicht?"
,,Doch, natürlich will ich das. Ich will nichts mehr als dass Aria glücklich ist. Endlich mal, nach all der Scheiße, die sie durchmachen musste."
,,Und wo liegt dann dein Problem? Nur weil sie Stiefgeschwister sind bedeutet das doch nichts. Es ist weder verboten noch komisch. Sie lieben sich", wiederholte sie.
,,Es ist nur so ... komisch. Wir sind eine Familie."
,,Das ändert doch nichts daran." Gretas Stimme wurde sanfter. ,,Schließlich hat sich auch nichts in der Zeit geändert als ihr es noch nicht wusstet."
Ich hätte gerne gewusst, was Dad dazu gesagt hatte, doch ich spürte, dass ich niesen musste also lief ich schnell ins Wohnzimmer, damit wir nicht entdeckt wurden. Damian folgte mir und sagte:
,,Er wird uns schon noch akzeptieren. Vielleicht ist es für ihn nur ein bisschen schwerer zu verstehen als für andere."
Ich fuhr mir hastig über die Nase. ,,Ja. Ich weiß."
,,Sid hat mir vorhin geschrieben. Er und ein paar der Jungs wollten campen gehen, bevor es wieder mit der Schule losgeht."
,,Campen?" Erstaunt schaute ich ihn an. Ich hätte nicht gedacht, dass seine Freunde und er der Typ fürs Zelten wäre.
Er nickte grinsend. ,,Ich weiß, was du denkst. Aber es könnte ganz lustig werden, meinst du nicht? Und wir können ja auch Leah und von mir aus auch Justin fragen, ob sie mitkommen wollen."
Jetzt war ich mit dem Grinsen dran. ,,Aha? Justin fragen? Du magst ihn also doch ganz gerne, was?"
,,Nö. Also?"
Ich zuckte mit den Schultern. ,,Von mir aus. Wann denn?"
,,Morgen. Da kommt Mum sowieso nachhause und wenn wir weg sind, hat sie ihre Ruhe und kann sich ausruhen."
,,Wieso hat sie ihre Ruhe?", fragte Dad, der plötzlich mit einer Kaffeetasse ins Zimmer kam und sich auf die Couch setzte, Greta folgend.
,,Aria und ich gehen mit Freunden campen", verkündete Damian.
,,Campen?", fragte Dad genauso erstaunt wie ich eben.
,,Das macht ihr Teenies heutzutage noch?", wollte Greta wissen. ,,Das haben wir früher auch gemacht! War 'ne geile Zeit."
,,Wir dürfen doch, oder, Dad?"
Dad schien ernsthaft darüber nachzudenken, doch dann schien er aufzugeben, seufzte und nickte. ,,Von mir aus."
***
Am nächsten Vormittag holte ich zusammen mit Dad Sally aus dem Krankenhaus ab, während Damian noch mit packen beschäftigt war. Ich musste zugeben, dass ich tatsächlich etwas aufgregt war: Ich war noch nie campen. Zwar waren wir mindestens zu neunt (wir wussten nicht, ob Sids Freundin auch mitkam), da alle Freunde von Damian und Sid (also Matt, Patrick, Jeremy und Levin) und Justin und Leah mitkamen, doch trotzdem konnte vieles schiefgehen. Obwohl Damian mir immer wieder sagte, ich solle aufhören immer alles zu überdenken, konnte ich nichts daran ändern. Jedoch freute ich mich auch darauf. In wenigen Tagen fing wieder die Schule an und es war die letzte Gelegenheit sich mal von der bevorstehenden stressigen Zeit abzulenken.
Auf der Rückfahrt nachhause, sprach eigentlich nur Dad. Ich hatte das Gefühl, dass er Sally ablenken wollte, denn obwohl sie sich bemühte unbeschwert auszusehen, konnten wir alle sehen, dass dies nicht der Fall war. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen und war sehr blass um die Nase, was nicht mal das Make-Up, das sie extra benutzt hatte, verbergen konnte. Zudem sah es so aus als wäre sie allmählich ziemlich genervt von Dads Gequatsche, was er jedoch nicht wirklich wahrzunehmen schien. Als wir in unsere Einfahrt parkten, hatte sie ihre Ohren so ziemlich auf Durchzug gestellt und antwortete nur noch mit Nicken oder einem hier und da gemurmelten ,,Mhm".
,,Na komm, ich helfe dir raus", sagte Dad und lief ums Auto, um Sally die Tür zu öffnen und ihr die Hand zu reichen, die sie ihm nur widerwillig gab.
,,Ich bin kein kleines Kind, Toby."
,,Ich weiß, ich weiß", murmelte er, wobei er seinen Arm um Sallys Taille legte, um sie zu stützen und mit dem anderen Arm ihre Reisetasche nahm. Während ich beobachtete, wie Sally mit einem leicht gefrusteten Blick die Treppen hochstieg, wobei Dad sie keine Sekunde aus den Augen ließ, klappte ich den Kofferraum zu und schloss mit dem Schlüssel, den Dad mir eben in die Hand gedrückt hatte, das Auto zu. Im Hausflur umarmte Damian gerade seine Mutter und drückte ihr einen Kuss auf die Wange und ich sah, dass ihr ein kleines Lächeln auf die Lippen kroch.
,,Und ihr geht heute also campen, was?", fragte sie.
Damian und ich nickten. ,,Aria kriegt schon einen Nervenzusammenbruch, wenn sie bloß daran denkt, dass die bösen, bösen Bären sie nachts holen können."
Finster schaute ich ihn an. ,,Guckst du eigentlich keine Filme? Wie oft ist da beim Campen schon was passiert."
,,Willst du dich hinlegen, Liebling?", fragte Dad gerade als er die Treppe wieder herunterkam, diesmal ohne Sallys Koffer in der Hand. Doch Sally schüttelte bloß ihren blonden Haarschopf, der mit leichten grauen Strähnen durchzogen war.
,,Nein, ich würde mir gern erstmal 'ne Tasse Tee machen."
,,Das kann ich auch übernehmen. Der Arzt meinte doch, du sollst dich erst noch ein paar Tage ausruhen."
,,Sich einen Tee zu kochen ist jetzt nicht gerade eine Schwerstleistung."
,,Trotzdem solltest du sich lieber gleich hinlegen ... "
Während die beiden diskutierten, schaute ich Damian besorgt an und sagte leise: ,,Deine Mum sieht nicht besonders glücklich aus."
,,Ich glaube, dein Dad meint es zu gut."
Ich blickte zurück zu den beiden und sah, dass Sally sich ergeben hatte und mit einem müden Lächeln, das sie uns zuwarf, die Treppe zu ihrem Schlafzimmer hochging.
,,Dad, sie ist kein Kind", sagte ich zu meinem Dad, der in die Küche ging, um Sally einen Tee zu machen.
,,Das weiß ich doch. Aber sie muss sich ausruhen. Das, was sie durchlitten hat ist nicht gerade ein Klacks. Ihr geht es nicht gut."
,,Aber wenn du sie bemutterst, fühlt sie sich auch nicht besser", mischte Damian sich ein. Dad schaute nicht einmal hoch.
,,Das tue ich doch nicht. Sagt mal, braucht ihr noch was für heute? Geld? Batterien für die Taschenlampen? Pfefferspray?" Da blickte er kurz zu mir rüber, um mich anzugrinsen.
Gerade als ich antworten wollte, dass ich das Pfefferspray sehr gerne nehmen würde, unterbrach Damian mein Vorhaben.
,,Wir haben alles, was wir brauchen", sagte er und schob mich sanft aus der Küche.
,,Pfefferspray könnte nicht schaden", argumentierte ich als wir die Treppe hochgingen. ,,Ich meine, nur um Nummer sicher zu gehen."
Damian stöhnte. ,,Aria, das ist eine ruhige Gegend. Bis auf ein paar Vögel und Insekten wirst du da nichts finden."
,,Das beruhigt mich jetzt aber auch nicht viel." Bei dem Gedanken an Spinnen und Käfer in meinem Schlafsack bekam ich eine Gänsehaut und musste mich zusammenreissen nicht vor Ekel zu erschaudern.
,,Ich wüsste da was, was dich beruhigen würde ... ", sagte Damian mit einem dreckigen Grinsen und drückte mich sanft an meine Zimmertür, die wir somit von innen verschlossen. Meine Gedanken verschwammen ein wenig als er seine Lippen auf meine legte und seine Zunge in meinen Mund führte, aber ich kam nicht umhin, den Kuss zu erwidern. Erst als er sich leicht von mir abwand, um zu Atem zu kommen, duckte ich mich unter seinen Armen hervor mit denen er sich rechts und link von meinem Kopf an der Tür abstützte und sagte:
,,Das beruhigt mich nicht. Eher das Gegenteil. Außerdem muss ich jetzt packen." Ich ging zu meinem Kleiderschrank. ,,Denkst du, es wird nachts kalt?" Ich betrachtete den grauen Pulli und das beschriftete, blaue T-Shirt, die ich beide in den Händen hielt.
,,Ich sorg schon dafür, dass dir warm ist", grinste er und kam zu mir rüber, um mir einen weiteren Kuss auf die Lippen zu drücken. Etwas in meinem Magen begann ziemlich zu flattern.
,,Damian, dafür ist jetzt echt keine Zeit ... ", sagte ich, allerdings mit recht wenig Überzeugung.
Er seufzte. ,,Ich weiß. Aber der Gedanke, dass du nun offiziell meine Freundin bist, bringt mich nun mal zu, dauerhaft geil auf dich zu sein."
,,Oh Gott." Hastig drehte ich mich zu meinen Klamotten um, damit er mein dunkelrot angelaufenes Gesicht nicht sah. Er fing laut an zu lachen.
,,Ich glaub, ich mach jetzt öfters solche Bermerkungen. Würde mich interessieren, wie rot du werden kannst."
,,Du bist echt 'n Arsch", fuhr ich ihn an und schlug ihn mit meinem Pulli.
,,Das leugne ich nicht", grinste er. ,,Okay, aber im Ernst. Nimm lieber was mit langen Ärmeln mit. Und Socken."
,,Geht doch."
,,Ich geh jetzt mal kurz zu Mum rüber. Vielleicht findet sie mich ja witzig." Er drückte mir einen kleinen Kuss auf meinen Scheitel und ging dann aus dem Raum über den Flur und dann hörte ich, wie er die Tür von Dads und Sallys Schlafzimmer öffnete und wieder schloss.
Ich seufzte. Selbst wenn er nervte, konnte ich einfach nicht aufhören zu lächeln.
***
,,Wird auch mal Zeit. Solange wie ihr braucht, um fertig zu werden, hat Lev schon längst sein erstes Sackhaar bekommen", rief Sid durch das offene Autofenster als Damian und ich aus dem Haus gingen. Er holte uns zusammen mit Lev und Jeremy, dem das Auto gehörte, ab, da Dad sich geweigert hatte, Damian sein Auto auszuleihen.
,,Immer noch eher als du", erwiderte Lev, woraufhin Sid ihm eine Kopfnuss verpasste.
,,Sag das Mrs. Ich-hab-vergessen-mir-die-Beine-zu-rasieren-und-muss-das-in-den-letzten-fünf-Minuten-nachholen", meinte Damian als er unsere Taschen in den Kofferraum hievte und sich neben Lev und mir auf die Hinterbank des Autos quetschte. Lev begrüßte er mit einem Handschlag, genauso wie Jeremy undund Sid.
,,Ein bisschen Fell könnte dir nachts nicht schaden", sagte Sid zu mir.
,,Ich dachte, es wird nicht soo kalt?!"
,,Ich meinte auch nur, falls ein Bär kommt ... vielleicht würde er dich mit haarigen Beinen eher als seinen Artgenossen ansehen, weißt du?"
Während Damian und Jeremy, der langsam unsere Straße herunterfuhr, anfingen laut zu lachen, verdrehten Lev und ich nur die Augen. Ich glaube, Lev, der zwei, drei Jahre jünger war als der Rest der Jungs, war hundertmal reifer als sie alle zusammen und ich war froh, dass sich wenigstens einer auf dieser Fahrt befand, der kein völliger Vollidiot war.
Irgendwann sah ich, dass sich uns ein weiteres Auto angeschloss, indem sich Leah, Justin, Patrick und Matt befanden. Sie hupten mehrmals hintereinander und als Antwort bekamen sie von Jeremy mindestens genauso viele Huper zurück.
,,Wie kommt's eigentlich, dass Hello Cathy nicht dabei ist?", fragte Damian irgendwann Sid, der nur mit den Schultern zuckte.
,,Ihr geht's nicht so gut. Dünnschiss, Magendarm oder so."
,,Jungs, denkt ihr dasselbe, was ich denke?", rief Damian mit großen Augen.
,,Oh Gott", sagte Lev.
,,Ich hab's kommen sehen", bestätigte Jeremy, der sich mit einer Hand an die Strin fasste und den Kopf schüttelte.
,,Was?!", fragte Sid verwirrt und schaute von den Jungs zu mir, doch ich konnte auch nur mit den Achseln zucken. Was weiß ich, was sich gerade in den Köpfen von den Jungs abspielte. ,,Was habt ihr kommen sehen?"
,,Sidney Chester wird Daddyyyy!", rief Damian laut und mit einem Schlag wurde Sids sonst so spöttische Miene kreidebleich.
,,Weißt du nicht, wie man mit Gummis umgeht oder was?", witzelte Jeremy ohne den Blick von der Straße zu nehmen.
,,Ey, das ist nicht witzig!", rief Sid aufgeregt. Anscheinend wühlte ihn der Gedanke ziemlich auf.
,,Das war nur 'n Spaß, Mann." Damian verdrehte die Augen und Sid sagte: ,,Spaß ist, wenn beide drüber lachen können." Wie, es um unterstreichen, schaute Sid Damian so ernst wie noch nie zuvor an.
Das veranlasste Damian dazu noch lauter zu lachen und auch ich musste schmunzeln. Sid mal ernst zu erleben war ein Weltwunder.
,,Beruhig dich! Nur weil sie über der Kloschlüssel hängt heißt es doch nicht gleich, dass sie schwanger ist", sagte Jeremy und haute Sid zweimal brüderlich auf den Oberschenkel. ,,Ihr habt doch immer aufgepasst, also kann's doch gar nicht sein."
,,Habt ihr doch, oder?", hakte Lev nach und beäugte Sid mit seinen kleinen, braunen Augen.
,,Ja ... eigentlich schon ... "
Lev und Damian sowie Jeremy fingen an zu stöhnen.
,,Oh, heilige Mutter Gottes! Ich werde einen zweiten Sid nicht ertragen können", klagte Damian und schlug sich beide Hände vors Gesicht.
Noch während Damian das sagte, hatte Sid bereits sein Handy aus der Hosentasche gezogen und hastig Cathys Kontakt ausgewählt. Aufeinmal wurde es still, nur das Geräusch des fahrenden Autos und das stetige Tuten aus Sids Handy war noch zu hören.
,,Was ist los, Si - ", meldete Cathy sich, konnte aber nicht aussprechen, da Sid schon herausplatzte:
,,Bist du schwanger?!"
Ruhe auf der anderen Seite der Leitung. Dann sprach sie so laut, dass wir das alle deutlich verstehen konnten. ,,Was?! Hast du schon was gesoffen?"
,,Ich will wissen, ob du schwanger bist!"
,,Um Himmels Willen. Nein?! Wieso sollte ich schwanger sein?"
,,Weil du dich doch die ganze Zeit übergeben musst und so ... "
,,Diesen Scheiß haben dir die Jungs wieder eingeredet, ne? Ihr seid doch alle nicht mehr ganz sauber." Dann sagte sie etwas sanfter: ,,Ich war vorhin beim Arzt. Er hat mir versichert, es ist Magendarm."
Damian klopfte Sid erleichert auf die Schulter und lehnte sich zurück in den Sitz, während Sid und Cathy weiter miteinander redeten.
,,Ich hab schon befürchtet, dass ich in eine andere Stadt ziehen muss."
,,Oder in ein anderes Land", fügte Jeremy hinzu.
,,Oder auf ein anderes Kontinent", überlegte Levin.
Sie seufzten und Sid tat gerne so als würde er ihnen nicht zuhören.
Damian griff nach meiner Hand und fuhr mit seinem Daumen über meinen Handrücken. ,,Im Moment habe ich echt genug von Schwangerschaften."
,,Wir haben das von deiner Mum mitbekommen", sagte Lev. ,,Das tut mir leid, Mann."
,,Tut uns leid", berichtige Jeremy und blieb vor einer roten Ampel stehen, weshalb er sich zu Damian umdrehte und fragte: ,,Wie geht es dir?"
,,Es geht", sagte er. ,,Ich denk, das wird seine Zeit brauchen bis sie erneut darüber hinweg ist."
Keiner der Jungs fragte, wieso er 'erneut' sagte, also vermutete ich, sie wussten, dass dies nicht Sallys erste Fehlgeburt gewesen war. Aus irgendeinem Grund fand ich es süß, dass Damian seinen Freunden sowas erzählte - und es fühlte sich gleich viel richtiger an mit ihnen hier in diesem Auto zu sitzen und die nächsten zwei Tage mit ihnen zu verbringen, denn wenn Damian ihnen vertraute, konnten sie nur gute Menschen sein.
Nach ein paar Minuten legte Sid endlich auf und atmete tief aus. Dann setzte er sein Alltagsgrinsen auf und sagte: ,,Und ich dachte, ich muss jetzt bald schon anscheißen lassen. Da hab ich wohl nochmal Glück gehabt."
,,Nicht nur du, Kumpel", seufzte Lev und ich grinste ihn an.
,,Ey, ganz ruhig da auf den billigen Plätzen. Wenigstens hab ich schonmal 'ne Pussy gesehen im Gegensatz zu dir", sagte Sid und gerade als Lev zum Konter ansetzen wollte, sagte Damian:
,,Hey, wir haben hier noch ein Mädchen sitzen!"
Lev und Sid schauten mich an und schlossen dabei ihre Münder. ,,Sorry, Ar", sagte Sid und drehte sich auf seinen Sitz wieder um. ,,Okay, dann was anderes: Wie machen wir das mit der Zeltverteilung?"
,,Wieso?", fragte ich. Eigentlich dachte ich, dass wir genug Zelte und Schlafsäcke haben, dass sich jeder so verteilen konnte wie er wollte. Zwar mochte ich Damians Freunde, was aber nicht gleich hieß, dass ich gerne mit ihnen Rücken an Rücken schlafen würde ...
,,Wir sind zu neunt, haben aber nur drei Zelte, da das zweite von meinem Alten vorhin auseinander gefallen ist wie 'ne alte Weihnachtsgans und das andere ist auch nicht besonders groß. Das heißt", Sid unterbrach sich, um nachzudenken.
,,Drei pro Zelt und eine Gruppe muss sich zusammenquetschen", sagte Jer. In dem Moment überholte Matt uns mit seinem Auto und hupte dabei laut, wobei Jer ihm nur lachend den Mittelfinger zeigte. ,,Wobei ich finde, Matt kann draußen schlafen."
,,Ich seh's schon kommen", jammerte ich und ließ meinen Kopf auf Damians Schulter fallen. ,,Die Kleinste bekommt das kleinste Zelt."
,,Aber ich bin einer der Größsten", wandt Damian ein.
,,Wer sagt, dass du mit ihr in ein Zelt kommst?" Sid drehte sich mit erhobenen Augenbrauen um.
,,Wir wollen nachts schlafen ohne eurer ... wie sagtest du letztens, Damian? Geschrei mitzubekommen?" Er grinste breit und dann noch breiter als Damian ihm lachend den Mittelfinger zeigte.
,,Wir müssen bedenken, dass Justin und Leah auch noch da sind ... ", gab Damian zu bedenken.
,,Wenn's nicht anders geht, kann ich auch mit ihnen in einem Zelt schlafen", bot ich an.
,,Klar und nachts kuschelst du dich noch schön an Justin, was?"
,,Das war mein Plan", erwiderte ich sarkastisch.
,,Dann kann ich ja Leah nehmen, wenn mir nachts doch kalt wird."
Mit offenen Mund schaute ich ihn an. ,,Das ist nicht fair."
,,Du warst nicht besser."
,,Fick dich", sagte ich und richtete meinen Blick stur nach vorne. Ich wusste, ich hatte mit Justin angefangen, aber nur wegen seinem kindischen Kommentar, aber das er jetzt ausgerechnet Leah damit reinzog, war wirklich unnötig gewesen.
,,Du hast mit Justin angefangen!"
,,Ja, aber im Gegensatz zu Leah und dir, haben wir nicht gevögelt."
,,Ey, das ist doch jetzt schon tausend Jahre her! Wieso holst du jetzt diese alten Geschichten raus?" Aufgebracht warf Damian die Hände in die Luft.
,,Vergiss es einfach", sagte ich und drehte mich so gut wie es eben ging, wenn man in der Mitte saß, von ihm weg.
,,Ich glaube, der Preis für den größten Vollidioten des Jahrzehnts geht aaaan", Sid trommelte einen Trommelwirbel auf seine Oberschenkel. ,,Damian Lucas Nowak. Herzlichen Glückwunsch. Dein Preis ist das tödliche Schweigen deiner Freundin."
,,Halt's Maul."
***
Eine halbe Stunde später waren wir endlich da und ich war froh, Damian nun offziell meine kalte Schulter zeigen zu können. Ich hatte nicht vor, dass die ganze Zeit durchzuziehen, aber solange er nicht einsah, dass es scheiße von ihm war mit Leah anzufangen, hatte ich vor, ihn zu ignorieren.
Es war schön hier. Es war ein großer Platz vor einem angrenzenden Wäldchen, jedoch versicherten mir sowohl Jeremy als auch Patrick, ein großer, schwarzhaariger Typ, dass es hier schon lange keine wilden Tiere mehr gab. Außerdem gab es einen kleinen See, der überraschend klar war, wenn auch arschkalt. Die Jungs führten Justin, Leah und mich zu einem freien Platz, wo wir unsere Zelte aufschlagen konnten; sogar ein Lagerfeuer konnten wir hier machen. Jetzt war ich doch irgendwie froh, dass ich mitgekommen war, auch wenn mich die Sache mit Damian ziemlich aufregte.
,,Sooo - wir haben schon gerade im Auto darüber gesprochen", sagte Jer laut. ,,Wer teilt sich mit wem ein Zelt?"
,,Ich würde sagen, die kleineren von den Jungs in das kleine, die großen in das Große und Justin und Leah in das dritte?", schlug Matt vor.
,,Und was ist mit mir?", fragte ich.
,,Okay, wartet. Also gehen Damian, Patrick und Sid in das große Zelt, Jer, Lev und ich in das Kleine und dann ... müssten Leah, Justin und Aria in das dritte Zelt gehen. Ist das für alle in Ordnung?"
Ich schaute zu Damian, der mich direkt anschaute, doch ohne die Miene zu verziehen, drehte ich mich wieder weg zu Leah und Justin, die mich verwirrt anschauten. ,,Willst du gar nicht mit Damian in einem Zelt schlafen?"
,,Geht halt nicht anders, ne?", sagte ich und hievte meine Tasche hoch, um sie beiseite zu stellen. Die Jungs fingen an die Zelte aufzubauen, wobei sie sich eher mit allen möglichen Krims Krams bewarfen und Leah und ich gingen in das Wäldchen um Äste zu suchen. ,,Ich komm mir vor wie im Film", sagte Leah lachend. ,,Eine Gruppe Jugendliche geht Campen, die Jungs bauen auf, die Mädchen sorgen für's Feuer ... "
,,Nachts kommt ein gesuchter Serienmörder oder eine Bande wilder Bären und nur einer kann entkommen, um Hilfe zu holen ... "
,, ... doch alle Hilfe kommt zu spät und er findet nur die zerstückelten Körperteile seiner Freunde vor", beendete Leah die Story und ich grinste.
,,Ich wette um einen Zehner, dass es so kommen wird."
,,Bestimmt."
,,Was ist eigentlich los mit Damian und dir?"
,,Ach, nichts besonderes. Wir haben uns im Auto nur ein bisschen gestritten", erklärte ich, da ich auf Genaueres nicht eingehen wollte.
,,Ich sag's dir: Die Versöhnung ist dafür umso schöner." Sie zwinkerte mir zu und ich boxte sie lachend auf ihren Oberarm, da sie mich verschwörerisch anschaute.
,,Was denn?", lachte Leah. ,,Irgendwann wirst du dein erstes Mal auch haben! Ob du's glaubst oder nicht."
Ich schwieg und bückte mich, um weitere Äste aufzuheben.
,,Aria?!", rief Leah erschrocken. ,,Sag mir nicht -" Ich schaute sie an. Ihr Grinsen ging von einem Ohr bis zum anderen und sie ließ ihr Häufchen Holz augenblicklich auf den Boden fallen.
,,Ihr habt miteinander geschlafen?! Wann? Wie war es? Wieso erzählst du mir das denn nicht?"
,,Ist noch nicht allzu lange her", gab ich verlegen zu. ,,Wieso lässt du das ganze Holz fallen?"
,,Wen juckt das Holz?! Erzähl mir Details!" Sie stoppte sich. ,,Obwohl nein. Keine Details, bitte. Oh Gott, das hab ich jetzt so gar nicht erwartet!" Sie kam auf mich zu und umarmte mich. ,,Ich freu mich für dich."
Ich musste lachen. Bei sowas konnte auch nur Leah so aufgeregt und glücklich sein. ,,Danke. Und bevor du vor Neugierde platzt. Es war in der Nacht der Hochzeit. Und ja, es war toll."
,,Ohhh, ich sagte doch, du willst das Zimmer nur aus Eigeninteresse für euch haben!" Sie stupste mich in die Seite und grinste, bevor sie ihre Äste wieder vom Boden aufsammelte. ,,Dann wird eure Versöhnung erst recht genial!"
,,Ist das nicht komisch für dich, darüber zu sprechen? Ich meine, wegen Damian und dir früher ... " Irgendwie fragte ich mich, ob sie das nicht insgeheim verletzte, wenn ich ihr erzählte, dass Damian und ich miteinader geschlafen hatten. Andererseits sah sie nicht so aus als würde ihr das etwas ausmachen. Und sie hatte ja auch Justin...
,,Quatsch mit Soße. Ich bin über ihn hinweg. Ich freue mich für dich, ohne Scheiß! Aria Benson hatte Sex!"
Ich lachte und wir gingen weiter. ,,Und wie läufts mit dir und Justin? Ist es jetzt ein bisschen mehr ... offiziell geworden?"
Sie grinste. ,,Ja. Wir versuchen es miteinander."
Das wiederum hatte ich nicht erwartet. Mit großen Augen schaute ich sie an. ,,Echt? Und wieso erzählst du mir das nicht???"
,,Ist noch nicht allzu lange her", ahmte sie mich nach. ,,Genauer gesagt, haben wir das gestern Abend beschlossen. Eher gesagt Nacht."
,,Wurde auch mal Zeit!", sagte ich.
,,Das musst du gerade sagen", erwiderte sie.
,,Bei uns war das ... was anderes."
,,Ja, weil du ein hoffnungsloser Fall bist!", sagte sie lachend.
,,Ich weiß", sagte ich seufzend. ,,Damian und ich sind nicht mal 'ne Woche so richtig offziell zusammen und schon kriegen wir uns die Haare."
,,Worum ging es denn? So schlimm kann es doch gar nicht sein, sonst würde er dir nicht so sehnsüchtig hinterherschauen, wie gerade eben."
,,Hat er wirklich?"
,,Würde ich es sonst sagen?" Sie zwinkerte.
,,Ehrlich gesagt, ging es um dich."
Verdattert schaute sie mich an und blieb stehen. ,,Hä?"
,,Wir haben über die Zeltverteilung gesprochen und ich hab halt vorgeschlagen, dass ich mit Justin und dir in ein Zelt gehen kann und er hat dann wieder so einen dämlichen Kommentar von wegen "willst dich ja nur an Justin kuscheln" losgelassen und weil ich das total idiotisch fand, hab ich halt gesagt, dass genau das mein Plan war und dann meinte er: ,,Dann kann ich ja zu Leah gehen" oder sowas und ja - das fand ich irgendwie mies." Jetzt, wo das raus war, fühlte ich mich kein bisschen besser. Eher wie ein kleines Kind, die gerade bei seiner Mami gepetzt hatte.
Aber Leah machte nur eine wegwerfende Armbewegung. ,,Ach, das ist doch nur Kinderscheiße. Ich geb euch vier Stunden, dann ist alles wieder gut."
,,Wenn du das so sagst."
,,Ich weiß es."
,,Wie lange braucht ihr eigentlich um ein bisschen Holz zu finden?!", hörten wir plötzlich Matts Stimme weiter entfernt hören.
,,Habt ihr die Zelte schon aufgebaut?", fragte Leah ohne auf seine Frage einzugehen.
,,Nö..?", sagte er beim Näherkommen.
,,Wie lange brauchen sieben Jungs eigentlich um drei Zelte aufzubauen?"
Als ich Matts überraschten Gesichtsausdruck sah, musste ich grinsen und nochmehr als Leah an ihm vorbeilief und ihn somit einfach stehenließ. Jedoch entging mir nicht, dass er ihr aufmerksam hinterherschaute, doch als er meinen Blick bemerkte, lächelte er nur und ich lief Leah hinterher.
***
Als alle Zelte endlich mehr oder weniger aufgebaut waren und das Holz an der passenden Stelle lag, beschlossen die Jungs bis auf Justin und Lev erstmal eine Abkühlung zu nehmen. Weil das Zelte aufbauen so stressig war, meinten sie. Also zogen sie sich ihre Klamotten aus und sprangen ohne weiternachzudenken mit ihren Boxershorts ins kalte Wasser.
Ihre quiekenden Aufschreie zeigten wohl, dass es keine gute Idee war, aber sie blieben trotzdem drinne.
,,Wieso geht ihr nicht?", fragte ich Lev und Justin, die neben uns auf dem trockenen Boden saßen und Damian und Sid beim Kämpfen zusahen.
,,Ich kann nicht so gut schwimmen", gestand Lev, was ich rührend fand. Irgendwie faszinierte dieser Junge mich, obwohl ich ihn kaum kannte. Er war irgendwie erwachsen, gleichzeitig aber noch so ... jung.
,,Und was ist deine Ausrede?", fragte Leah Justin mit einem Anstupser.
,,Ich hab meine Tage", sagte er, weswegen Lev grinsen musste. Das war nämlich Leahs Grund nicht ins Wasser zu gehen, obwohl sie gerne wollte (sie ist 'ne echte Wasserratte). Tja und ich ... ich hatte einfach nichts zum Schwimmen eingepackt. Ziemlich bewusst aber, um ehrlich zu sein.
Gerade nahm Jer Damian und Patrick Sid auf die Schulter und dann fingen sie an, zu versuchen sich gegenseitig von den Schultern des anderen zu schubsen. Matt gab dabei äußerst laute Kommentare und Jubelstoße ab, sobald jemand begann zu schwanken.
,,Wie kommt's eigentlich, dass du mit solchen Idioten befreundet bist?", fragte ich Lev mit einem Lachen, da mich das schon immer interessiert hatte.
Er hob eine Augenbraue. ,,Wie das kommt? Du meinst, wieso ich so blöd bin?"
Ich grinste. ,,Ja, genau das meinte ich."
Er zuckte mit den Schultern. ,,Ich kenne Pat und Matt vom Fußball. Irgendwann haben wir angefangen miteinander abzuhängen und ja, das obwohl ich drei Jahre jünger bin als sie. Dann hab ich Jer und Sid kennengelernt." Nochmal das Schulterzucken. ,,Sie haben mich einfach aufgenommen. So wie wir es auch bei Damian gemacht haben."
,,Ich vergesse immer, dass Sid und Damian sich erst kennen seitdem er hier wohnt." Ich schaute zu den beiden wie sie grölend versuchten sich unter Wasser zu ziehen. Es wirkte so, als würden sie sich seit Jahren kennen.
,,Ja, das liegt daran, dass beide 'n Knacks weghaben. Obwohl - das ist eigentlich bei allen so." Er grinste. ,,Deswegen verstehen wir uns auch so gut."
Lev fuhr sich durch sein dunkelblondes Strubbelhaar, sprang auf und lief zu unseren Taschen. ,,Will jemand 'n Bier?", fragte er uns drei laut und kam mit drei Bierflaschen wieder, für Justin, Leah und sich selber. Es war immer wieder komisch ihn mit Alkohol oder sowas zu sehen.
So saßen wir also da, unterhielten uns und Lev erzählte uns einige kleine Geschichten über die Jungs bevor diese wieder klatschnass aus dem Wasser kamen und sich vor uns das Wasser aus den Haaren schüttelten. Sid nahm sich Lev vor und umarmte ihn sogar, sodass er am Ende aussah wie angeklatscht. Als Lev ihn boxen wollte, lief Sid weg und Lev hinterher mit dem Bier in der Hand, das er Sid übergoß. Ich sah, dass Damian mir einen kurzen Blick zuwarf, jedoch direkt wieder wegschaute. Sauer unterdrückte ich ein Schnauben und holte mein Handy heraus, um Dad zu schreiben, dass wir gut angekommen waren, während die Jungs wieder nur Blödsinn im Kopf hatten.
Es dauerte nicht lange bis die Sonne anfing unter zu gehen und es tatsächlich ein bisschen frischer wurde. Zum Glück hatte ich wirklich mehr als nur ein T-Shirt eingepackt, woran Leah allerdings nicht gedacht hatte. Also schmiss ich mir einfach meinen dünnen Pulli zu, den ich eingepackt hatte, da ich über meinem Shirt, das ich anhatte, sowieso noch eine Strickjacke trug. Inzwischen hatten die Jungs mehr als nur Bier herausgeholt. Wir hatten das Lagerfeuer angezündet und saßen nun drum herum, jeder redete mit jedem, Sid riss hier und da seine Witze und Matt ließ seinen Blick öfters als er in Justins Gegenwart sollte zu Leah.
Irgendwie erinnerte mich die Siutation ein wenig an die Lagerfeuerparty, wo ich damals mit Damian gewesen war. Dort saßen Damian und ich auch mit Leah, Justin und Lily am Lagerfeuer und haben uns locker unterhalten, wobei das Verhältnis zwischen uns alles andere als locker gewesen war. Ich wusste noch ganz genau, wie Damian Mike eine geknallt hatte, weil er wieder irgendeine Scheiße über mich, über uns geredet hatte und ihm dort das erst Mal aufgefallen war, das Damian wohl ein wenig mehr als nur brüderliche Gefühle für mich hatte. Er war einfach schon immer ein Arsch gewesen und ich wusste, dass sich seit Deutschland auch nichts daran geändert hatte. Allein der Gedanke an ihn bereitete mir ein unwohles Gefühl in der Magengegend, weshalb ich einfach versuchte, daran zu denken, dass jetzt alles besser war. Ich hatte Damian, obwohl wir gerade ein bisschen rumzickten. Leah und Justin waren zusammen. Wir hatten Spaß. Ich sollte keine schlechte Laune haben.
Aber ich wusste ganz genau, dass ich es solange haben würde bis ich das mit Damian geklärt hatte. Als ich aufsah und mein Blick sich mit seinem kreuzte, fing mein Herz an schneller zu schlagen. Ich machte eine Kopfbewegung nach hinten und er nickte. Da es nicht möglich war, zu zweit irgendwie unauffällig zu verschwinden, mussten Damian und ich uns ein paar Kommentare und Hinterhergepfeife anhören, was mich jedoch nicht sonderlich störte. Ich nahm all meinen Stolz zusammen und sagte, als wir weit genug von den anderen entfernt standen, in dem Schatten des angrezenden Wäldchens: ,,Können wir uns wieder vertragen?"
,,Okay."
,,Okay?", fragte ich verblüfft. ,,Okay?"
Damian zuckte nur mit den Schultern und schaute auf mich herunter. Selbst in dem nur noch schwachen Tageslicht konnte man sehr deutlich erkennen, wie blau seine Augen waren. ,,Okay."
Ich seufzte, obwohl ich erleichtert war, dass wir das so schnell klären konnten. ,,Okay." Ich wollte mich umdrehen, um wieder zurück zu den anderen zu gehen als Damian nach meiner Hand griff und sagte: ,,Warte."
Abwartend schaute ich ihn an, doch er sagte einfach nichts. Ich schnippte vor seinen Augen herum als er mich nur anschaute, meine Hand nicht losließ und weiterhin schwieg.
,,Erde an Damian."
,,Mir gefällt's aber immer noch nicht, dass du mit Justin in einem Zelt schläfst."
Frustiert schaute ich ihn an und warf die Hände in die Luft. ,,Damian. Justin ist mit Leah zusammen."
Er wirkte ein klein bisschen überrascht, fing sich aber wieder schnell und meinte: ,,Heißt ja nichts."
,,Oh mein Gott, Damian! Denkst du wirklich, ich werde mich an Justin reinschmeißen oder was?"
,,Nein, aber er ... "
,,Guck dir doch mal an, wie er Leah anschaut! Er ist verliebt. Er will nichts von mir, begreif es doch endlich. Und ich nichts von ihm, weil ich dich habe!"
Er seufzte und nahm erneut meine Hand, zog mich an sich und legte die Arme um mich. ,,Okay, okay. Ich bin ein Idiot. Es tut mir leid."
,,Du bist ein Vollidiot."
,,Ein "Ich nehme deine Entschuldigung sehr gerne an" hätte mir auch gereicht, aber man nimmt, was man kriegt."
Er ließ mich los, gab mir einen Kuss auf die Wange und schon bin ich ihm wieder verfallen. Ich wusste, dass das nicht gut war, doch Damian war eben Damian und ich konnte nicht anders.
Zusammen gingen wir wieder zurück und als wir uns setzten, diesmal nebeneinander, packte er mir vor allen Leuten an den Hintern, bevor er sich selbst niederließ. Die Jungs fingen laut an zu klatschen und zu johlen, während Leah mich angrinste und mir zuflüsterte: ,,Ich sagte doch. Vier Stunden."
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Ich habe das Gefühl, dass ich mehr als zu oft schreibe "Sorry Leute, dass ich erst nach einer Ewigkeit wieder was hochgeladen habe" ... es tut mir wirklich, wirklich leid! :'D
Aber hier ist das neue Kapitel und das nächste habe ich sogar fast fertig ... ich glaube, das ist ein gutes Zeichen. ^^
Lasst mir bitte ein Feedback da! :D
xoxo.
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