> Part 109


Vier Tage vor meinem 17. Geburtstag wurde Leah aus dem Krankenhaus entlassen. Justin und ich gingen sie am selben Nachmittag besuchen und brachten ihr ganz viel Schokolade mit.

,,Leute! Ich muss doch auf meine Linie achten, sonst pass ich nicht mehr in das Kleid rein!", rief sie als sie die Schokoladentafeln sah. Jedoch riss sie sofort eine auf. ,,Aber danke!"

Ich grinste und umarmte sie erfreut. Dass sie Appetit hatte war ein gutes Zeichen, obwohl sie ja schon sehr viel besser aussah; so wie sie auf ihrem (inzwischen aufgeräumten) Bett thronte. Auch Justin gab ihr eine Umarmung und dann setzten wir beide uns vor ihrem Bett auf den Boden. Justin pustete ein Staubhäschen zur Seite und blickte dann amüsiert auf. ,,Putzen ist nicht so deins, oder?"

,,Oh, glaub mir: Hier sah es schon viel schlimmer aus", sagte ich lachend und Leah verdrehte bloß ihre großen Augen.

,,Das Chaos ist meine Ordnung. Apropos Ordnung: Wie geht es deinen Eltern?" Sie blickte zu Justin.

Er machte eine wedelnde Handbewegung. ,,Ach, da ist alles wieder okay. Ein Küsschen hier, eine teure Halskette da und der Streit ist vergessen."

,,War es ein großer Streit?", fragte ich, doch Justin schüttelte den Kopf.

,,Nee. Es ging nur um unsere Haushälterin, die ausversehen eine Vase kaputt gemacht hat."

,,Das klingt so, wie in diesen Filmen, wo die Reichen immer eine unglaublich teure Vase besitzen, die dann umgestossen wird ... kennt ihr das nicht?" Skeptisch guckte ich die beiden an, die mich komisch anschauten. ,,Naja, ist ja auch egal."

,,Und wie geht's dem Geburtstagskind?", fragte Justin.

,,Prächtig", gab ich zurück.

,,Wie ich dich kenne hast du nichts geplant?", wollte Leah wissen.

Ich zuckte mit den Schultern. ,,Nö. 17 ist außerdem auch kein besonderes Alter."

,,Das hat sie mit 16 auch gesagt", berichtete Justin ihr.

,,Irgendwie ist es krass, dass wir uns schon über ein Jahr kennen", sagte ich zu ihm, da mir das gerade erst bewusst geworden war. Als ich vor ungefähr einem Jahr 16 wurde hatte er mich angerufen, um mir alles Gute zu wünschen und hat mich dazu ermutigt, meinen Geburtstag zu feiern. Was ich dann auch getan hatte, und zwar mit Damian.

,,Wenn man so darüber nachdenkt; ja, oder?" Er grinste mich an.

,,Dabei konnte ich dich anfangs gar nicht so wirklich leiden. Weißt du noch, Leah?"

Sie lachte. ,,Oh ja. Sie fand dich schräg, weil du dich auf meine Geschichte eingelassen hast."

,,Welche Geschichte?" Er zog seine Augenbrauen zusammen und schaute uns abwechselnd an.

,,Wir waren ungeladen auf deiner Party aufgetaucht. Der Türsteher wollte aber unsere Einladungen sehen, daher hab ich so getan als hätte ich sie einfach vergessen. Dann kamst du heraus und ich bin dir doch so um den Hals gefallen, weißt du nicht mehr? Du wusstest genau, dass du mich nicht kanntest, hast aber trotzdem so getan als ob."

Justin kratzte sich am Hinterkopf und verwuschelte damit seine blonden Haare. ,,Ah stimmt. Irgendwas war da ... Und deswegen mochtest du mich nicht? Dafür hast du aber sehr lange mit mir getanzt!"

,,Ja, dann fand ich dich eben komisch", gab ich zurück.

,,Das warst du ja irgendwie auch", neckte Leah ihn.

,,Aber jetzt liebt ihr mich!", lachte er.

Während Leah bloß die Augen verdrehte, grinste ich und sagte: ,,Klar lieben wir dich."

Dabei warf ich Leah einen Blick zu, was Justin jedoch nicht mitbekam, da er sich gerade einen Lutscher aus der Hosentasche zog. Leah zeigte mir ihren Mittelfinger.

Als Justin sich den roten Lutscher in den Mund steckte, fiel ihm plötzlich etwas ein. ,,Jetzt, wo ich auf diesem Ding hier rumlutsche, fällt mir was ein! Aria, du hast doch sicherlich von Miras Geburtstagsparty gehört, richtig?"

,,Ja. Damian war da. Du etwa auch?"

,,Nein. Aber ein Freund von mir. Und rate mal, auf wessen Lolli Mira rumgelutscht hat?" Er begann zu lachen und das hörte sich irgendwie erstickend an. Schnell ging ich sicher, dass er seinen Lutscher nicht verschluckt hatte, bevor ich angewidert das Gesicht verzog.

,,Wieso erzählst du uns sowas? Ist doch eklig."

,,Auf dem deines Freundes?", riet Leah.

,,Bingo!"

,,Oh Gott", kommentierte ich und wollte ganz schnell diese Bilder aus meinem Kopf loswerden.

Justin erzählte uns noch mehr Dinge, die dann aber zum Glück nicht mehr ganz so widerlich waren und am späten Nachmittag verabschiedeten wir uns von Leah, damit sie sich ein wenig ausruhen konnte.

Zuhause entdeckte ich Damian in der Küche. Er stand tatsächlich am Herd und briet irgendwas in der Pfanne, was wie Fleischstücke aussah.

Die Situation zwischen mir und ihm war etwas außergewöhnlich. Denn ich wusste nicht, ob er überhaupt noch wusste, was er mir am jenen Abend erzählt und ob ihm klar war, was für ein Geständnis er mir gemacht hatte. Er hatte mich nicht mehr darauf angesprochen und verhielt sich sonst auch nicht viel anders als sonst ... konnte es sein, dass er wirklich so besoffen gewesen war, dass er sich an nichts mehr erinnern konnte?

,,Ja, ich koche!", sagte er ohne aufzuschauen.

,,Seltener Anblick", sagte ich und setzte mich an den Tisch.

Er warf mir einen mitleidigen Blick zu. ,,Das habe ich alles Mum zu verdanken. Weißt du, was sie gesagt hat?"

Er wartete gar nicht meine Antwort ab, sondern sprach sofort weiter: ,,Sid war vorhin hier und dann hat er einen Kommentar zu ... den Mädchen abgeben mit denen ich zu tun hatte und das vor meiner Mum! Nicht dass mir das peinlich war, aber das muss ja echt nicht sein, oder? Später meinte sie dann 'Wenn du dich mit Mädchen vergnügen kannst, solltest du auch mal lernen vernünftig zu kochen, damit du eventuelle Kinder auch anständig ernähren kannst. Bei dir weiß man ja nie'."

Etwas verstört schaute ich ihn an. Ich weiß nicht wie ich - wie wir alle - reagieren würden, wenn Damian plötzlich mit einem von ihm geschwängerten Mädchen auftauchen würde. Vermutlich würde ich in der Nervenklinik landen.

,,Ja, so habe ich auch geguckt." Er wedelte mit der Bratgabel in der Luft herum, sodass ein paar Tropfen Öl auf den Boden tropften. ,,Ich bin schließlich nicht doof und weiß, wie man Kinder vorbeugt."

,,Als wären sie 'ne fiese Krankheit oder sowas", sagte ich lachend.

,,Sowas Ähnliches." In gewisser Weise konnte ich ihm da zu stimmen; ich war auch kein Fan von Kindern.

,,Okay, und was kochst du da?"

,,Schnitzel. Dahinten ist Kartoffelbrei." Er deutete erneut mit dem Bratdingen auf die Arbeitsfläche hinter ihm und wieder flogen Öltropfen umher.

,,Oh, ich dachte das wäre ... irgendwas anderes", meinte ich und sah mir den Kartoffelbrei nochmal genauer an. ,,Bisschen zu klumpig, findest du nicht auch?"

,,Hey, ich bin Anfänger!"

Ich grinste bloß und schnappte mir einen Stampfer, um den Kartoffelbrei tatsächlich zu einem Kartoffelbrei zu machen. Damian kümmerte sich währeddessen um seine Bratpfanne bis er mich fragte, wie es denn Leah ginge.

,,Ganz gut", sagte ich. ,,Ihren Verband hat sie inzwischen abgemacht, doch der Pflaster an der Stirn und der Gips sind noch dran. Sie ist fast ausgeflippt als sie erfahren hat, dass sie mit einer ziemlich auffälligen Wunde an der Stirn zur Hochzeit gehen muss."

,,Vorallem der Gips! Damit kann sie ja gar nicht auf Tische klettern, wenn sie betrunken ist", meinte Damian.

,,Wenn sie will, dann bekommt sie das schon hin", grinste ich. ,,Hast du schon einen Anzug?"

,,Ja", sagte er. ,,Und du?"

,,Ich glaub, Anzüge stehen mir nicht so."

,,Ha-ha!" Er lachte gekünselt. ,,Hast du schon ein Kleid, meine ich? Oder willst du, so wie ich, in Unterwäsche gehen? Hätte nichts dagegen!"

Ich verdrehte die Augen, was er aber nicht sah, da er ja am Herd stand und ich scherzte: ,,Ich glaube, ich habe nichts was Sallys Stilvorstellungen entspricht."

,,Wir können ja zusammen losgehen und was kaufen." Er lachte und ich seufzte, grinste aber dennoch.

,,Ja, ich habe schon ein Kleid."

,,Ich hoffe es ist farblich perfekt auf den Lidschatten meiner Mum abgestimmt!"

,,Darauf habe ich besonders viel Wert gelegt", gab ich zurück und stellte die Schüssel mit dem Brei schließlich auf den Tisch. ,,Mir graut es schon vor den ganzen Fotos und so."

,,Ich bring dir auch 'ne Tüte mit. Die können wir uns dann überziehen", sagte er. ,,Ich wusste auch nicht, dass die beiden zusammen 50 Leute kennen. Ist das für dich eine kleine Hochzeit?"

Ich zuckte mit den Schultern. ,,Ja, irgendwie schon."

,,Oh Gott." Er stellte den Herd ab. ,,Für mich ist eine kleine Hochzeit etwas mit ... keine Ahnung, 15 Personen? Höchstens."

,,Du bist ja auch ein Mann!", argumentierte ich.

,,Zum Glück! Kannst du mir mal 'n Teller geben?"

Ich nickte und reichte ihm einen Teller aus dem Schrank, worauf er dann das Fleisch platzierte. ,,Sieht doch gar nicht so schlecht aus", meinte er zufrieden. ,,FAMILIE, ESSEN IST FERTIG!"

,,Au", murmelte ich und rieb mir über die Ohren, bevor ich mich auf meinen Platz setzte.

,,Ich fühle mich wie eine Hausfrau", sagte er und setzte sich mir gegenüber. ,,Oh, ich hab das Besteck vergessen."

Ich seufzte. ,,Ich mach schon." Ich öffnete die Schublade und holte für jeden ein Messer und eine Gabel heraus als ich plötzlich spürte, wie mir etwas über die Füße kroch. Mit einem lauten, erschrockenen Schrei ließ ich das Besteck krachend zu Boden fallen als ich sah, dass es eine dicke fette Spinne war und sprang von einem Fuß zum anderen, damit ich sie abschüttelte und sprang dabei fast auf eine der Gabeln.

,,Shit, was hat dich heimgesucht?", rief Damian erschrocken und sprang auf.

,,Spinne", keuchte ich außer Atem und zeigte auf das fette Viech, welches jetzt versuchte über das ganze Besteck zu kommen.

,,Oh. Ih." Mehr sagte er dazu nicht, sondern griff nach einem Stück Papier, um die Spinne zu entfernen. Eigentlich hatte ich ja nicht so Panik vor Spinnen, doch wenn so ein schwarzes Ding dann über deine Füße läuft, würde sich wahrscheinlich jeder erschrecken. Ich legte das Besteck in die Spüle und nahm neues aus der Schublade, dankbar dass ich mir meinen Fuß nicht aufgespiest hatte.

Dad und Sally kamen in die Küche und fragten besorgt: ,,Was ist kaputt gegangen, Aria?"

,,Nichts", seufzte ich. ,,Essen ist fertig."

,,Damians Gebrüll war ja nicht zu Überhören", sagte Sally.

,,Ich wollte dich imitieren", erwiderte Damian trocken als seine Mutter neben ihm Platz nahm und Dad neben mir.

,,Kartoffelbrei und Fleisch ist für den Anfang ja nicht schlecht", sagte sie dann und klopfte ihm zufrieden auf die Schultern. Ich erwähnte nicht, dass ich den Brei nochmal bearbeitet habe.

,,Wieso warst du gerade eigentlich nochmal weg?", fragte Dad Sally, die sich den Kartoffelbrei auf ihren Teller auftat.

,,Ich musste das Kleid nochmal anprobieren. Es musste dreimal geändert werden, doch ich denke jetzt passt es endlich", antwortete sie mit einem glücklichen Ausdruck in ihrem Gesicht.

,,Aria und ich haben uns überlegt in Unterwäsche zu gehen", sagte Damian und ich sah ihn erschrocken an.

Dad jedoch sah amüsiert aus. ,,Dann werde ich aber auch in Jogginghose kommen."

,,Gut, dann kann ich mein Kleid ja auch weglassen und mir einen Kartoffelsack überziehen!", stimmte Sally mit ein und irgendwie war die Vorstellung lustig, dass Damian und ich in Unterwäsche, Sally in einem Kartoffelsack und Dad in seinen Trainingssachen vorne vor dem Altar standen, während sich unsere Eltern ihr Jawort gaben.

,,Wie lange werdet ihr überhaupt weg sein? In den Flitterwochen, meine ich." Ich schaute die beiden an, während ich auf einem Fleischstückchen herumbiss.

,,Eine Woche", sagte Sally. ,,Ihr kommt bestimmt klar, nicht wahr?"

,,Sind wir das jemals nicht?", gab Damian die Frage zurück ohne aufzublicken.

,,Ich frag ja nur ... " Das restliche Abendessen verging ziemlich ruhig und als wir fertig waren, übernahm ich freiwillig den Abwasch, doch Dad half mir dabei. Danach ging ich rauf in mein Zimmer und fing mit der Serie Teen Wolf an von der ich schon nach drei Folgen wusste, dass sie echt gut war. Kurz bevor die dritte Folge beendet war, hörte ich aus Damians Zimmer zarte Gitarrengeräusche und sofort kamen die Erinnerung an Damians Gitarrenspiele zurück. Wie er versucht hatte, es mir in diesem kleinen Café beizubringen und wie toll dieser Vormittag war; da war es mir auch egal gewesen, dass wir die Schule geschwänzt hatten. Oder wie Damian mir kurz vor meiner Abreise ein paar Lieder vorgespielt hatte, da Sid und die Jungs ihm eine Gitarre zum Geburtstag geschenkt hatten. Ob er mein Plektrum, das ich ihm geschenkt hatte, noch hatte und vielleicht sogar benutzte?

Ich stoppte die Serie und hörte genau hin. Ich kannte das Stück, welches er spielte nicht, doch es hörte sich nach etwas Klassischem an. Er hörte immer wieder mitten drin auf und fing etwas Neues an und das vierte Lied erkannte ich dann. Und bei meinem Glück spielte er es auch zu Ende.

Es war River Flows In You, was ich so eigentlich nur als Klavierstück kannte, doch auf der Gitarre hörte es sich fast genauso gut an. Ich griff nach meinem Handy und schrieb eine Nachricht an Damian.

Aria: Das war echt gut

Ich schaute auf das Display, um zu gucken, ob er vielleicht antwortete, doch es kam nichts. Jedoch hatte er mit dem Gitarrespielen aufgehört. Gerade als ich das Handy wieder gesperrt hatte, vibrierte es.

Damian: zu irgendwas müssen die ferien ja gut sein

Damian: danke :-)

Damian: was machst du so?

Aria: Teen Wolf gucken :)

Damian: ist das das mit den übergroßen hunden?

Aria: Ja ...

Damian: guckst du mit mir american horror story?

Aria: Hab das mal angefangen, ich weiß nicht ...

Damian: die 1. staffel ist echt ein bisschen lahm

Damian: der rest auch aber die 1. ist mir einfach zu kitschig

Aria: Dann will ich die erste gucken

Damian: boah

Damian: aber ja ok :-P

Er ging offline und wenige Sekunden später kam er ohne zu Klopfen in mein Zimmer, das Handy hielt er dabei in seiner Hand.

,,Von Folge eins an oder wo du aufgehört hast?", fragte er sofort und tippte kurz etwas in sein Handy ein, bevor er es in die Taschen seiner Jogginghose steckte.

,,Hab zwei Folgen oder so geguckt, aber ich habe keine Ahnung mehr, worum es ging", gestand ich und sah zu ihm auf.

,,Gut, dann gucken wir von vorne", meinte er. ,,Rück mal 'n Stück."

Also rückte ich bis ganz an die Wand, sodass Damian neben mir passte. Ich achtete darauf, dass wir uns nicht berührten, denn ich wusste, dass ich mich dann auf nichts anderes konzentrieren konnte.

,,Wenn du Angst hast, dann sag Bescheid", sagte Damian und lachte dabei. Als ich ihn anschaute, zwinkerte er mir übertrieben zu, sodass ich wusste, dass das ein Spaß gewesen war.

,,Du hörst mich dann ja schreien", scherzte ich ebenfalls, denn eigentlich bekam ich bei Horrorfilmen nicht schnell Panik.

Wir schauten die erste Folge ohne peinliche Zwischenfälle. Ich erschrak mich zwar ein, zweimal, doch gerade so viel, dass ich nur leicht zusammenzuckte. Auch die zweite und dritte Folge schauten wir uns an und ich muss sagen, dass es echt spannend war. Ich bekam langsam eine Ahnung, warum Damian die Staffel als "kitschig" beschrieb, doch so schlimm war es nun wirklich nicht.

Ich klickte gerade die vierte Folge an und sagte dabei: ,,Irgendwie ist Tate voll süß. Zwar ein Psycho, aber süß."

Da ich keine Antwort bekam, schaute ich zu Damian und sah, dass er ein wenig zusammengesunken war und schlief. Ich musste grinsen. Seine Hand lag unter seiner Wange und seine Unterlippe war ein wenig vorgeschoben.

Ich drehte den Laptopdisplay mehr zu mir, da er ja nicht mehr mitschaute und schaute mir die vierte Folge alleine an. Ich fragte mich, wieso Damian von den Geräuschen nicht wach wurde, die, obwohl ich den Ton schon sehr leise hatte, ziemlich laut wurden.

Es war schließlich gegen halb drei als ich langsam müde wurde und gerade nur noch so den Laptop zuklappen konnte und dann auch schon eingeschlafen war.

***

Eine Bewegung auf meiner linken Seite riss mich aus meinen friedlichen Schlaf. Ich öffnete ein Auge und blickte in die klaren, blauen Augen von Damian, die mich geradewegs anstarrten. Erschrocken zuckte ich zusammen und rutschte nur noch mehr an die Wand.

Auch im Schlaf war ich auf Abstand geblieben, was ziemlich untypisch für mich war, da ich mich normalerweise immer hin - und herwelzte. Lediglich unsere Ellbogen berühten sich.

,,Spinnst du?", fragte ich und drehte mich dabei auf den Rücken, wobei ich bemerkte, dass der Laptop immer auf meinen Beinen lag. Ich setzte mich auf, nahm ihn in die Hand und beugte mich kurz über Damian, sodass ich ihn auf den Boden ablegen konnte.

,,Wie spät ist es?", wollte ich nun wissen.

Er gähnte, hielt sich dabei die Hand vor den Mund. ,,Erst sieben Uhr."

Müde sank ich in mich zusammen und drehte mich dabei mit dem Körper zur Wand, sodass er auf meinen Hinterkopf schaute. ,,Dann kann ich ja noch schlafen", murmelte ich und war sofort wieder eingeschlafen.

***

Damians POV:

,,Dann kann ich ja noch schlafen ... ", nuschelte sie vor sich hin und sprach nicht mal mehr richtig das letzte Wort aus, da war sie auch schon wieder weg.

Auch ich war hundemüde. Ich konnte mich noch daran erinnern, dass ich irgendwo in der dritten Folge von American Horror Story eingeschlafen war. Dabei wollte ich eigentlich darauf warten, dass sie sich erschreckte, damit ich einen der Kommentare ablassen konnte, bei denen sie immer lächeln musste. Doch Aria war eine harte Nuss und bis auf ein paar kleine Zuckungen, hatte sie sich kein Stück erschrocken. Ich ebenfalls nicht, was wohl auch der Grund für mein plötzliches Einschlafen war.

Ich gähnte erneut und blickte dann auf das Gewirr von blonden Haaren, welches neben mir auf den Kopfkissen lag. Irgendwie war es wie früher. Aria und ich schliefen zusammen in einem Bett, nachdem wir am Abend zuvor einfach eingeschlafen waren.

Aber natürlich war mir bewusst, dass es nicht wie früher war. Ich hatte gemerkt, wie sie versuchte, mich nicht zu berühren und Abstand zwischen uns zu bringen. Dabei würde ich gerade nichts lieber tun als sie in den Arm zu nehmen oder so. Bis auf die kurze Umarmung, die sie mir bei ihrer Ankunft gegeben hatte, war ich ihr über ein halbes Jahr lang nicht mehr nahe gekommen. Sie hatte mir sehr gefehlt und das wurde mir nun wieder bewusst, jetzt, wo sie neben mir lag. Eigentlich konnte ich noch ziemlich froh sein. Jedes andere Mädchen hätte mich nach all dem, was ich abgezogen hatte, schon längst gehasst. Jedes andere Mädchen hätte sich nach all dem, nicht mit mir in ein Bett gelegt und irgendwelche dummen Serien geguckt. Aber jedes andere Mädchen war auch nicht Aria und auch das wurde mir gerade wieder klar.

Ich sollte dankbar sein, redete ich mir ein.

Und als ich schließlich wieder die Augen schloss und ihre Wärme neben mir spürte, auch wenn ich sie nicht berührte, dann war ich es auch. Dankbar.

***

Arias POV:

Als ich diesmal viel später aufwachte, war Damian schon weg. Ich breitete mich im Bett aus und starrte an die Decke. Ich war nicht einmal drei Wochen hier und schon hatten wir schon wieder in einem Bett geschlafen.

Doch es war freundschaftlich gewesen. Wir hatten zusammen eine Serie geschaut und sind dabei einfach eingeschlafen. Nichtmal berührt haben wir uns. Aber wem machte ich da was vor? Ich vermisste die Zeiten von früher. Natürlich tat ich das.

Seufzend stand ich auf und mein erster Weg ging ins Bad. Dort setzten auch meine Bauchkrämpfe ein und mein Seufzen steigerte sich. Ich hasste die Zeit im Monat.

Unten in der Küche fand ich einen Zettel von Sally und Dad wieder, auf dem stand, dass sie mit Freunden minigolfen waren. Ich fragte mich, wieso unbedingt Minigolf, aber ich machte mir keine weiteren Gedanken, sondern machte mir stattdessen einen Tee und eine Wärmflasche, legte mich damit schließlich wieder zurück in mein Bett. Aufeinmal rief Leah mich an und ich nahm ab.

,,Halli hallo, was geht ab?", rief sie mir ins Ohr.

,,Du hast gute Laune", stellte ich mürrisch fest.

,,Ja, du nicht. Was ist los?"

,,Das sollte ich dich eher fragen", sagte ich und platzierte die warme Wärmflasche auf meinem Bauch.

,,Ich bin grundlos gut drauf", erklärte sie einfach. ,,Was ist los?"

,,Hab Bauchschmerzen."

,,Oh oh! Da kann ich dir leider nicht bei helfen, da muss jede Frau durch. Was machst du jetzt an deinem Geburtstag? Immer noch nichts?"

,,Ich werde in meinem Bett liegen und Teen Wolf weiterschauen."

,,Komm zu mir und wir gucken zusammen Teen Wolf. Scott ist heiß und ich find Stiles so süß!"

,,Seit wann guckst du das?", fragte ich überrascht.

,,Hab die ersten drei Folgen geguckt. Liefen im Fernseher", erklärte sie und ich hörte ein Rascheln im Hintergrund. ,,Mum, mir geht es gut!", hörte ich Leah genervt sprechen.

,,Boah, ich versteh ja, dass sie sich um mich sorgt und so, aber sie kommt wirklich jede fünf Minuten rein und fragt, ob ich noch dies und jenes brauche", sagte sie, als ihre Mum anscheinend wieder aus dem Raum war. ,,So ist sie doch sonst nie."

,,Vielleicht hat sie ein schlechtes Gewissen", gab ich zu Bedenken.

,,Hä, wieso?"

,,Soll ich ehrlich sein?", fragte ich.

,,Ja."

,,Ich denke, sie hatte Angst, dass du das alles nicht überlebst. Das hatte ich auch, denn keiner wusste in dem Moment, wie es um dich steht. Und deine Mum arbeitet viel, ihr macht nicht so viel zusammen und streiten tut ihr euch auch oft. Wäre ich an ihrer Stelle gewesen, dann hätte ich mir vielleicht vorgeworfen ... zu wenig Zeit mit meiner Tochter verbracht und mich so wenig um sie gekümmert zu haben. In dem Moment wurde ihr vielleicht bewusst, dass sie etwas ändern möchte. Verstehst du?"

Leah seufzte. ,,Ja, ich verstehe. Aber Mum weiß, dass ich sie liebe und ich weiß auch, dass sie mich liebt. Mir macht es nichts aus, dass sie viel arbeitet. Ich bin ohnehin nicht oft zuhause. Also jetzt ja schon, aber sonst, meine ich."

,,Sei froh, dass du sie hast", sagte ich. Daraufhin folgte eine kurze Stille, doch dann änderte Leah das Thema.

,,Also kommst du am Freitag? Du könntest bei mir schlafen. Ich kauf Chips und Cola und alles! Das haben wir ewig nicht mehr gemacht."

Ich überlegte kurz, doch schließlich bejahte ich es. Wieso alleine rumgammeln, wenn man es auch zu zweit konnte?

,,Okay, gut. Oh, ich muss jetzt auflegen. Justin ruft an", sagte sie, plötzlich hastig.

Ich grinste. ,,Hast du's dir überlegt? Gehst du mit Justin zur Hochzeit?"

,,Blabla", machte sie und schmatze ins Handy, bevor sie auflegte. Ich hatte absolut keine Ahnung, wo es mit den beiden hinführen würde, doch gespannt war ich jetzt schon.

Ich schnappte mir meinen Laptop und überlegte mir, ob ich American Horror Story oder Teen Wolf weitergucken sollte. Schließlich warf ich eine Münze und die Wahl fiel auf Teen Wolf.

Zwei Stunden später fand ich mich bei Folge 8 wieder. Es war echt schlimm, wie süchtig gute Serien machen konnten. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass Dad und Sally wieder da waren bis sie uns zum Mittagessen riefen. Ich lief puterrot an als ich in meinem peinlichen Gammelsachen nach unten ging und plötzlich den Freunden der beiden gegenüber stand.

,,Oh, ehm ... hey", sagte ich und lächelte höflich, versuchte Dad nebenbei einen Todesblick zuzuwerfen. Wenn ich jetzt nach oben gehen würde, um mich umzuziehen, wäre das ein bisschen auffällig, also behielt ich einfach das an, was ich schon trug. Die Leute waren ohnehin ungefähr vierzig und älter.

Sie grüßten mich zurück und grinsten breit. Einer sagte: ,,Sie sieht Liz ein bisschen ähnlich" und ich war überrascht, dass dieser Mann meine Mutter gekannt hatte. Ich lächelte ihn an, da ich nichts zu erwidern wusste.

,,Kannst du Damian holen, Aria?", bat Sally mich und ich nickte, ging wieder nach oben und klopfte an Damians Zimmertür, wo ich schließlich auch hinein ging.

,,Du sollst essen kommen", sagte ich. ,,Dads und Sallys Freunde sind da."

Er stöhnte. ,,Denkst du, ich kann im Zimmer essen?"

,,Wehe, du lässt mich da unten alleine!"

,,Na schön", murmelte er, rappelte sich dann von seinem Bett auf und zog sich eine dunkelblaue Strickjacke über sein verdrecktes T-Shirt. Wir gingen zusammen die Treppe herunter und er sagte:

,,Du siehst echt assozial aus, Benson."

,,Ich weiß", seufzte ich.

,,Ich wette, mindestens einer von denen ist voll der Schnösel."

Ich lachte als wir das Wohnzimmer betraten, wo nun alle Platz genommen hatten. Dad schaute zu uns und musterte uns, wahrscheinlich wegen unserem nicht gerade vorzeigbaren Outfit. Ich sah, wie Damian mit großen Augen in die Runde schaute und sofort wusste ich, was er dachte: Es waren alle Schnösel.

,,Kommt, setzt euch, Kinder", rief Sally, die gerade zwei weitere Stühle in den Raum trug. Das Essen lag bereits auf dem Tisch und auch die drei Freunde unserer Eltern haben sich bereits etwas davon genommen.

Damian murmelte irgendeine Begrüßung wir nahmen nebeneinander auf den Stühlen Platz.

,,Das muss ja dann dein Sohn sein, oder Sally?", sagte wieder jemand, jedoch nicht derselbe wie bei mir vorhin. Wieso sprachen sie denn nicht direkt mit uns?

,,Ja", erwiderte Sally und strubbelte dabei Damian wild durch die Haare, der sich sofort wegduckte. Böse schaute er sie an, doch sie lachte nur und setzte sich neben Dad.

,,Darius, oder?"

,,Damian, Sir", erwiderte Damian selbst, jedoch mit einem gewissen Ton in der Stimme, woraus ich schloss, dass er sich über ihn lustig machte.

,,Ah, genau. Damian und Aria."

,,Nun lass doch mal die Kinder in Ruhe, Marvin", sagte die Frau, die anscheinend die Ehefrau von Marvin war und lächelte uns fast entschuldigend zu. Obwohl sie auch äußerst schick angezogen war und eine gewisse Arroganz ausstrahlte, war sie mir gleich viel symphatischer.

Sie begannen sich untereinander zu unterhalten und ich konzentrierte mich ganz aufs Essen. Irgendwann beugte sich Damian zu mir rüber und fing an, sich über jeden Einzelnen von Dads und Sallys Freunden lustig zu machen, aber natürlich so leise, dass nur ich es verstand.

Als er ein Kommentar zur der Schmalzlocke des Einen machte, musste ich so laut lachen, dass die Aufmerksamkeit auf mich gerichtet war.

,,Was ist so lustig?", fragte Dad erheitert.

,,Nichts", gluckste ich. ,,Nichts." Mein Gesicht war rosa angelaufen und ich musste mich zusammenreissen, um Marvin und seine Schmalzlocke nicht anzuschauen und laut loszulachen. Damian fand die kleine Blamage sichtlich witzig und ich gab ihm unter dem Tisch einen leichten Tritt.

Als sich alle wieder unterhielten, spürte ich noch immer Dads Blick auf mir, doch ich schaute extra nicht hin, sondern biss konzentriert auf meinem Spargel herum.

***

Ich half Dad, die Spülmaschine einzuräumen, während Sally seit zehn Minuten die Gäste verabschiedete. Damian hatte sich schnell verzogen, was ich ihm nicht verübeln konnte.

,,Darf ich dir was sagen, Aria?", fragte Dad plötzlich und ich schaute ihn verwundert an, sagte jedoch: ,,Ja, natürlich."

,,Ich wollte dich nicht sofort darauf ansprechen, aber - " Er lächelte herzlich. ,,Ich bin froh, dass ich dich nach Deutschland hab gehen lassen."

,,War wohl schön mal 'ne Auszeit von mir zu haben, was?"

,,Ach, Quatsch", meinte er entrüstet. ,,Aber ich habe das Gefühl, dass es dir um einiges besser geht. Ich hab dich die Tage beobachtet. Du wirkst verändert."

Ich zuckte mit den Schultern und steckte das Besteck in die Spülmaschine. ,,Ja, mir geht es auch besser", war meine Antwort.

,,Das freut mich. Wirklich. Ich hab dich echt vermisst, aber dann sagte ich mir immer: ,,Wenn es ihr hilft, dann gönn ich es ihr". Ich hab mir wirklich gewünscht, dass du ein bisschen selbstbewusster wiederkommst."

Ich war ein wenig gerührt von Dads Aufrichtigkeit. ,,Danke, Dad."

Er lächelte und räumte den Rest des Geschirrs ein. ,,Du kannst gehen, wenn du willst. Ich mache den Rest schon."

Das lies ich mir nicht zweimal sagen, also ging ich hastig nach oben, um duschen zu gehen. Ich kam gerade wieder frisch aus dem Bad und war dabei, mir meine Haare mit einem Handtuch trocken zu rubbeln, als ich Damians Stimme aus seinem Zimmer hörte, da die Tür nur angelehnt war.

,,Jaja, Leah", sagte er gerade, vermutlich in sein Handy. ,,Bis später."

Hatte ich wieder was verpasst?

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Hi Leuteee! Das Ende kommt immer näher ... ich glaub, es wird mir echt schwer fallen, es zu schreiben. Aber bis dahin sind es ja noch ein paar. :)

Ich hoffe es ist alles gut bei euch und dass ihr ein schönen Tag habt! xx

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