Epilog

Auch sechs Jahre später bin ich glücklich. Absolut und bedingungslos.

Seit dem einen Tag, der mir noch heute haargenau in Erinnerung geblieben ist, auch wenn mit bitterem Nachgeschmack, ging es für mich bergauf. Seitdem bin ich gewachsen, Tag für Tag, Minute für Minute. Auch wenn natürlich nicht alles leicht war.

Greta ist vor zwei Jahren gestorben. Es war einer der schlimmsten Tage meines Lebens und ich habe unendlich lange geweint. Doch meine unerbittlichen Tränen waren nichts im Vergleich zu denen von Sally und Damian. Mein Dad und ich taten unser Bestes, um die Wunden, die bei den beiden entstanden sind, zu heilen, doch es dauerte und noch heute sind sie nicht ganz verheilt. Die Narben werden immer bleiben. Ich erwische Damian noch heute, wie er ab und zu durch seine Fotogalerie im Handy geht und alte Familienfotos mit Sally anschaut. Doch es war uns ein großer Trost, dass Gretas gesamte Beerdigung in  ihrer Lieblingsfarbe gehalten wurde: Knallgelbe Blumen, gelbe Kleidung (selbst der Priester hatte sich etwas Gelbes angesteckt!), gelbe Deko, sowohl in der Kirche als auch beim Essen hinterher und Dad hatte es sogar geschafft einen gelb angehauchten Sarg zu organisieren. Dass die Sonne an diesem Tag grell geschien hat, hat uns nicht weiter gewundert. Es schien Greta gefallen zu haben, redeten wir uns ein und das hat die schreckliche Zeit erträglicher gemacht. Wenn auch nur ein wenig.

Leah lebt mittlerweile in Amerika. Nach ihrem Abschluss, denn sie nur mit Ach und Krach geschafft hat, beschloss sie ein Auslandsjahr in den  USA zu machen, passend zu den amerikanischen Wahlen und Trumps begonnene Amtszeit. Zu dieser Zeit bekam ich mehrmals täglich wütende Nachrichten von Leah, in denen sie sich so politisch engagiert wie noch nie über diese ,,Schimmel-Orange", wie sie ihn nennt, aufregte, was wir wiederum sehr amüsant fanden. Daraufhin kam sie für ein Jahr zurück nach England,  trennte sich irgendwann von Justin und entschied schließlich mit ihrem Studium in Amerika anzufangen. Zunächst war ich entsetzt, denn nach Lily wollte meine andere beste Freundin einfach aus dem Land verschwinden, doch dann  freute ich mich für sie. Selten war Leah so Feuer und Flamme gewesen und  ihre Besuche, die sie wann immer es geht einplant, trösten mich.

Justins und Leahs Trennung war mehr oder weniger einvernehmlich. Irgendwann trafen die beiden die Entscheidung,  dass ihre Gefühle (und der Sex) nicht mehr so explosiv und intensiv waren, wie es  sein sollte und seitdem gehen sie getrennte Wege - jedenfalls was die Beziehung anbelangt. Ich bin froh, dass man sie trotzdem gemeinsam an  einen Tisch setzen kann und die beiden weiterhin gemeinsam lachen und  angeregt über Sexpraktiken diskutieren können, wobei Letzteres schon  lange nicht mehr so merkwürdig ist. Selbst mein Dad reißt nicht mehr  geschockt die Augen auf und das soll was heißen.

Dad und Sally leben immer noch in derselben Straße, im selben Haus, wie auch vor sechs Jahren. Sally hat nach ihrer zweiten Fehlgeburt (da sie vor Damian bereits ein Kind verloren hatte) gemeinsam mit Dad an Therapiestunden teilgenommen und eines Tages habe ich meinen Mut zusammengenommen und sie gefragt, wie sie damit klar käme. ,,Gar nicht", hat sie geantwortet, doch dann lächelte sie. ,,Aber ich lerne langsam wieder, es zu akzeptieren." Ich glaube, jetzt, wo sich die beiden ausschließlich auf sich selbst konzentrieren können, sind sie glücklicher denn je.

Das ist auch bei Damian und mir der Fall. Mittlerweile bin ich bei meinem letzten Semester angelangt, denn ich habe mich nach meinem Abschluss dazu entschlossen Grafikdesign zu studieren. Es ist lange nicht so einfach, wie es sich anhört und tatsächlich war ich des Öfteren dem ein oder anderen Nervenzusammenbruch nahe, besonders in den Klausurphasen, doch ich habe meine Entscheidung nie bereut. Damian dagegen hat nach seinem Abitur tatsächlich eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger begonnen. Seine Sozialstunden, die er damals wegen seiner Schlägerei mit einem seiner Internats-Kameraden machen musste, hatten ihm wohl besser gefallen als er zugeben wollte. Ich glaube, es lag hinterher auch nicht an den inkontinenten Alten oder an den Gebissen, die er täglich säubern musste, sondern eher an der teilweisen belastbaren Emotionalität mit der er nicht klar kam, sodass er die Ausbildung nach seinem ersten Lehrjahr abbrach. Als Grund schob er die ,,vollgeschissenen Buchsen" und ,,den Sabberfaden vom gebisslosen Mund bis zum Arsch" vor, doch ich wusste, dass das nicht stimmte. Dennoch habe ich nichts gesagt, sondern half ihm weitere Bewerbungen zu schreiben bis er um die fünfzig versendet hatte. Zu seinem Glück bekam er kurz vor Ausbildungsbeginn noch eine Ausbildungsstelle zum Mediengestalter in Bild und Ton, die kurzfristig frei geworden war. Und nun, drei Jahre später, arbeitet er in einem ziemlich gut besuchten Tonstudio auf dessen Stelle sich der sonst so faule Damian bereits ein Jahr vorher beworben hatte und die ihn ziemlich glücklich macht, wenn auch auslastet.

Außerdem leben wir seit fast genau zwei Jahren nun schon in unserer gemeinsamen, kleinen Wohnung, die mein ganzer Stolz ist. Nachdem uns Sally nämlich mehr oder weniger beim Sex erwischt hatte, beschloss ich kurzerhand, dass es mit fast 21 Jahren Zeit war, auszuziehen. Damian wollte von dieser Idee erst nichts hören, doch als ich ihm drohte halt alleine auszuziehen, überlegte er es sich schnell anders. Bei Dad und überraschenderweise besonders bei Sally war es dagegen nicht ganz so einfach, aber irgendwann musste auch sie einsehen, dass Damian seine Wäsche nun alleine waschen konnte, sodass sie uns schweren Herzens ihren Segen gaben.

Nun starre ich in den hohen Wandspiegel vor mir und betrachte mich. Ich betrachte meine kurzen Beine in der dunklen, zerissenen Jeans. Meinen flachen Bauch in meinem weißen T-Shirt; ich weiß, dass sich ein oder wahrscheinlich zwei Speckfalten auftuen würden, wenn ich mich hinsetze. Ich betrachte meine blassen Arme, dessen Beugen langsam, aber sicher wieder mit Neurodermitis bedeckt sind, jetzt, wo es wieder so heiß wird. Meine Brüste, die mir immer ein wenig zu klein und zu unformig vorgekommen sind. Und zum Schluss betrachte ich mein Gesicht: Mein Gesicht, von dem ich immer gedacht habe, es wäre ohne jegliche Schönheit. Meine langweiligen, blauen Augen; meine unförmigen Augenbrauen; meine Hamsterbäckchen, die von mittellangen, blonden, wenn auch dünnen Haaren umrandet werden und mein kleiner Mund. Mein Doppelkinn, das sich immer auftut, wenn ich meinen Kopf auch nur ein Centimenter nach unten verlagere, war einer der schlimmsten Dinge an mir.

Damals.

Nun, sechs Jahre später, stehe ich in meinem Schlafzimmer vor dem Spiegel und denke daran, wie unglaublich lang sechs Jahre sein können und wie wenig man die Veränderungen realisiert.

Rückblickend hat sich bei mir vieles verändert. Nicht nur, dass ich in einer Woche meinen 23. Geburtstag feiere und älter geworden bin. Ich habe mich verändert, bin zugleich aber immer noch dieselbe Aria, die ich auch zuvor war.

Meine Denkweise und vorallem meine Einstellung zu meinem Körper haben sich über die Jahre hinweg nocheinmal grundlegend verändert, noch mehr als nach meiner Deutschlandreise damals. Natürlich habe ich schlechte Tage und finde an diesen noch immer Makel an meinem Körper. Mal sind es meine Beine, die ein wenig dünner sein könnten, mal ist es mein Bauch, der vorauszustechen scheint oder sogar die seltsame Biegung meiner Augenbraue. Es gibt sogar Tage, wo ich mich in mein sechszehn-jähriges Ich zurück versetzt fühle und einfach nur weinen möchte, weil ich ich bin. Doch diese Tage sind selten geworden.

Über die Jahre hinweg habe ich gelernt, dass ich gut so bin, wie ich bin. Dass vier, fünf Kilo mehr auf den Rippen keinen Unterschied für andere macht, solange ich daraus keinen Unterschied mache. Und das Letzteres ohnehin das Wichtigste ist. Denn in erster Linie geht es darum, dass ich in den Spiegel gucken kann und erkenne, dass ich besonders bin. Trotz meiner Beine, meines Bauches oder der komischen Biegung meiner Augenbraue. Oder auch gerade deshalb.

Doch trotz all dieser Erkenntnisse, denke ich, dass die vergangenen Jahre, die schlechten Zeiten und die unzähligen Niederschläge wichtig für mich waren. Nicht, dass ich nicht darauf hätte verzichten können, aber ich denke, dass all der Hass auf mich selbst - durch mich und durch andere - mich letztendlich dazu gebracht hat, zu wachsen und mich selbst zu finden. Und ich bin wahnsinnig stolz sagen zu können, dass ich es endlich geschafft habe.

Im Großen und Ganzen bin ich also sehr zufrieden mit meinem Leben, ich habe nichts, was ich ändern wollen würde (außer Gretas Tod natürlich). Doch auch, wenn ich mit meinem Leben glücklich bin, bin ich es im Moment nicht.

,,Lily, komm schon", rufe ich durch die gesamte Wohnung. In meiner Stimme liegt eine kleine Spur von Angst und eine große Spur von Nervosität. ,,Ich halte es nicht mehr aus."

Ich höre, wie Lily barfuß über den Laminatboden tippelt. Das ist eine weitere erfreuliche Sache: Lily ist dieses Jahr wieder zurück nach England gezogen und arbeitet nun in derselben Firma, in der ihr Dad vor einigen Jahren gearbeitet hat. Nebenbei unterichtet sie Kinder in einer Tanzschule und seitdem scheint es als würde sie jeden ihrer Bewegungen einfach nur tanzen und das mit einer Leichtigkeit, die ich gleichzeitig bewundere und beneide. Doch nachdem Leah wegzogen war, war ich doppelt so froh, Lily wieder bei mir zu haben, denn sie hat mir in all den Jahren furchtbar gefehlt. Irgendwie ist es erstaunlich, dass sich nach all der Zeit und der riesigen Entfernung rein gar nichts an unserer Freundschaft geändert hat.

,,Okay", murmelt sie als sie sich neben mich stellt und mich im Spiegel mitfühlend anschaut. ,,Willst du oder soll ich?"

Als Antwort strecke ich ihr bloß meine Hand entgegen, kneife dabei aber die Augen zu. Sekunden später spüre ich ein leichtes Plastikteil in meiner Hand, doch es scheint als würde meine ganze Hand abfallen, so schwer erscheint es mir plötzlich. Dieses Ding kann mein ganzes Leben verändern.

Nach einer gefühlten Ewigkeit atme ich aus und öffne endlich meine Augen. Doch noch bevor ich sehen kann, was auf dem verdammten Plastikstab steht, weiß ich es bereits.

,,Scheiße", flüstere ich und die ersten Tränen kullern mir über die Wange.

***

Am nächsten Morgen wache ich mit gemischten Gefühlen auf. Mein erster Gedanke ist wieder: ,,Und was nun???", doch ich will mir diesen Tag nicht versauen lassen. Also stelle ich den nervigen Wecker, der um punkt zehn Uhr geklingelt hat, aus und drehe ich mich laut gähnend zur Seite.

Da Damian nach drei Nackenklatschern nicht aufwacht, setze ich mich auf und mit meinem ganzen Gewicht auf ihn. ,,Hey Schlafmütze", flüstere ich in sein Ohr und ich sehe, wie er sein müdes Gesicht verzieht. ,,Heut ist der Tag, der Geschichte schreiben wird!"

,,Kann er nicht auch noch später Geschichte schreiben?", murmelt er verschlafen, doch er zieht mich mit einem Arm von ihm runter und an seine warme, nackte Brust. ,,Müde."

Ich lache. ,,Es ist schon zehn Uhr. Wir müssen noch duschen und so!"

Er öffnet ein Auge. ,,Darf ich diesmal mit?"

Ich tue so als würde ich mir das durch den Kopf gehen lassen, aber nicke schließlich ergeben. ,,Von mir aus. Aber nur, wenn du jetzt deinen Arsch aus dem Bett bewegst."

Stöhnend nickt er, richtet sich jedoch auf, weshalb er mich nach hinten schubst. Ohne überhaupt die Augen vollständig zu öffnen, steigt er aus dem Bett und stößt dabei fast die Nachttischlampe um, bevor blind ins Badezimmer neben an schlürft.

,,Komm!", ruft er mich auffordernd, also folge ich ihm. Er hat seine Boxershorts schon ausgezogen und steigt gerade in die Dusche. ,,Versuch gar nicht erst, dich wieder unauffällig aus dem Staub zu machen, Benson! Diesmal steige ich klitschnass aus der Dusche und leg mich so ins Bett!", droht er mir, weil ich wieder ins Schlafzimmer gehen will.

,,Aber die Dusche ist so eng!", nörgel ich, doch ich sehe nur, wie Damian einen nackten Arm aus der Dusche hält, als Zeichen, dass ich kommen soll. Also ziehe ich das mir viel zu große weiße Nike-T-Shirt von Damian und meine immer noch heißgeliebten ,,Suck my dick"-Socken aus und leiste Damian in der Dusche Gesellschaft.

,,Na, Augen aufbekommen?", frage ich als ich sehe, wie Damian mich grinsend mustert, von oben bis unten.

,,Ja, jetzt schon", erwidert er und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.

,,Bist du aufgeregt?", frage ich ihn neugierig als er anfängt mir meine Haare einzushampoonieren. Ich liebe es, wenn er das tut, denn auch wenn niemand gedacht hätte, dass Damians Kloschüssel-Hände es schaffen konnten sanft zu sein, würde ich für eine Kopfmassage von ihm sogar Geld bezahlen. Das war jedoch etwas, was ich leider erst vor Kurzem herausgefunden habe, doch seitdem zwinge ich ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit meinen Kopf zu massieren.

,,Eher besorgt, dass ich einschlafe", sagt er. ,,Aber endlich können wir uns wieder so richtig abschießen! Wann haben wir uns das letzte Mal so richtig besoffen? Bei Justins Geburtstag vor paar Monaten?"

,,Was war als du vorgestern besoffen mit ihm nachhause gekommen bist und er auf der Couch schlafen musste?", erinnere ich ihn. Damian ist nicht oft betrunken - ich habe das Gefühl, er kann gar nicht betrunken sein und wenn es tatsächlich mal der Fall ist, ist er immer noch der Nüchternste von allen.

,,He, Schnecke, jetzt mach mal halblang", stoppt er mich. ,,Er war besoffen! Nicht ich! Und er schlief auf dem Boden."

Ich rolle bloß mit den Augen. Dass ich mich nicht besaufen würde, erzähle ich ihm nicht. Vielleicht würde er es später auch gar nicht merken. Das hoffe ich jedenfalls. Die Nachricht, dass ich schwanger bin, wollte ich ihm erst morgen verkünden.

,,Er steht übrigens auf Lily."

,,Was?!"

,,Was?"

,,Wer?!"

,,Na, Justin", wiederholt er, während er mit einem Waschlappen über meinen Körper fährt und sich bei gewissen Stellen mehr Zeit lässt als bei anderen.

,,Seit wann? Wieso erzählst du das denn nicht?"

,,Hab ich doch jetzt", verteidigt er sich. ,,Naja, was heißt stehen. Er findet sie jedenfalls süß."

,,Oh Gott! Er meinte doch immer, sie sähe aus wie ein kleines Kind! Das muss ich Lily erzählen!" Am liebsten würde ich schon jetzt aus der Dusche steigen und sie anrufen.

,,Ganz sicher nicht! Willst du den Bro-Code brechen oder was?", hält er mich auf.

Ich schaue ihn flehend an. ,,Den hast du selber gebrochen. Bitte!"

,,Nein, habe ich nicht. Du bist auch sein Bro. Das kannst du ihm nicht antun, also halt deine wundervolle, süße Klappe."

Ich seufze. Er hat ja Recht. ,,Wir starten heute Abend eine Verklupplungsaktion."

,,Glaub mir, nach den ersten vier, fünf Bechern startet Justin die bestimmt selber."

,,Hoffentlich. Ich schwärme Lily schon seit Ewigkeiten vor, wie perfekt Justin für sie wäre. Aber sie will einfach nicht", erzähle ich. Irgendwann ist mir nämlich tatsächlich die Einsicht gekommen, dass sie wirklich ein süßes Paar abgeben würden. Natürlich bin ich dabei unauffällig sicher gegangen, dass Leah damit kein Problem hat. Und später wäre der perfekte Zeitpunkt um der Sache auf den Grund zu gehen.

,,Ich weiß nicht", sagt er nachdenklich und dreht sich um, damit ich dasselbe Waschprozedere bei ihm durchführen kann. ,,Sind sie nicht zu unterschiedlich?"

,,Sind wir das nicht auch?", kontere ich und fahre ihm mit dem Waschlappen über seinen braunen Rücken.

,,Ja, okay", seufzt er und dreht sich wieder um. Bevor er weiterspricht drückt er mir einen kleinen Kuss auf die Stirn.

,,Dann haben wir heute wohl Einiges zu tun."

***

Damians POV:

,,Ich wette 'n Zehner, dass er ohnmächtig wird", ruft Justin in die Runde.

,,Ich wette 'n Zehner, dass er anfängt zu heulen und dann ohnmächtig wird", korrigiert Lev ihn und erhält Bestätigung von Patrick und Matt.

,,Dann schuldet der Kerl mir aber 100 Tacken, die hab ich nämlich für diesen Fummel ausgegeben", sage ich und deute dabei auf meinen brandneuen schwarzen Anzug samt Krawatte - dazu hat mich nämlich Aria gezwungen. Eigentlich war ich der Meinung, dass mein alter Anzug noch völlig pasabel aussieht, aber nachdem sie ihre weltberühmte Schmollschnute zog, habe ich nur noch die Augen verdreht und ergeben geseufzt. Das Mädchen hat mich um den Finger gewickelt.

,,Was sollen wir denn sagen?", mischt Lily sich ein, die direkt neben uns mit Aria und Jeremys Freundin am quatschen war. Ich beäuge ihr hellblaues, schulterfreies Kleid, welches sich erstaunlicherweise nicht mit ihrem knallorangenen Haar beißt und sehe dann zu Aria rüber. Sie trägt ein rosa-farbenes (laut ihr war es nude, aber ich kann mit diesem Wort nichts anfangen) langes Kleid, welches im oberen Bereich mit tausenden von Pailetten bestickt ist. Ihre brustlangen Haare fallen ihr in leichten Wellen über die Schulter und sie hat heute Vormittag im Bad all ihr Repertoire von Youtube-Tutorials ausgepackt, um sich zu schminken. Sie sieht wunderschön aus, aber das habe ich ihr heute mindestens schon zehn Mal verbunden mit anzüglichen Bemerkungen gesagt. Und ja, sie wird bei manchen Bemerkungen noch immer rot.

,,Selbst Schuld, wenn ihr eure gesamte Existenz wegen diesen Fetzen aufs Spiel setzt", erwidere ich nur, weshalb sie mir frech wie immer die Zunge herausstreckt und sich wieder zu den Mädels dreht. Aria schaut mich nur kopfschüttelnd, aber lächelnd an.

,,Wir sollten rein gehen. Ich will den Zusammenbruch noch miterleben", sagte Lev und richtet seine Anzugsjacke. Mittlerweile ist Lev fast 21 und genauso groß wie ich. Somit sind wir die Größten unter uns Jungs, was Lev besonders freut, denn so kann er sich gegen Sid behaupten, wenn er mal wieder Sprüche über sein junges Alter macht - mit seinen ein Meter 75 war Sid nämlich relativ klein.

Die Jungs folgen ihm, doch ich gehe zu Aria. ,,Werte Dame, darf ich zum Aufbruch bitten? Der Moment aller Momente findet in naher Zukunft statt."

Aria lacht und legt mit einer beeindruckenden Miene ihre kleine Hand in meine. Das Armband, welches ich ihr letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt habe, glitzert an ihrem Handgelenk.

,,Habe ich dir schon gesagt, dass du heute ziemlich heiß aussiehst?", flüstere ich ihr ins Ohr als wir die große Kirche betreten, die bereits ordentlich gefüllt ist.

,,Ja, mein Ego ist beinahe schon so groß wie deins", erwidert sie im normalen Ton, weshalb Lily hinter ihr leise kichert. Ich rolle bloß mit den Augen und folge Aria in die zweite Sitzreihe. Neben ihr sitzen die Jungs, die weitere Wetten abschließen und laut lachen. Ich sehe, wie Jers Freundin ihm einen Klaps auf den Hinterkopf verpasst und er sofort verstummt. Die Frau hat ihn ziemlich in ihren Händen.

,,Hast du die Ringe auch wirklich eingepackt?", fragt Aria mich zum zwölftausendsten Mal, sodass ich ihr diesmal die Schachtel präsentiere.

,,Möchtest du vielleicht eine Lupe rausholen, um zu schauen, ob es auch genau die Richtigen sind und ich nicht ausversehen eine von deinen eingepackt habe?"

,,Schaden würde es nicht ... ", überlegt sie.

,,Ich gehe mal schauen, wie sich der Herr so macht. Nicht, dass er tatsächlich kalte Füße bekommt. Sonst krieg ich meinen Zwanni nicht", sage ich.

,,Sag bloß, du hast auch gewettet? Mit wem?", fragt sie vorwurfsvoll.

,,Mit Lily", sage ich grinsend und gebe ihr einen letzten, langen Kuss, bevor ich nach vorne gehe. Im Hintergrund höre ich noch, wie Aria entrüstet Lily fragt, ob sie wirklich mit mir gewettet hätte.

,,Hey, man", begrüße ich ihn als ich das winzige Pfarrhaus betrete. ,,Alles klar? Oder hast du doch spontan entschieden schwul zu werden? Noch kannst du nach Timbuktu oder so auswandern."

,,Viel zu teuer. Hab gerade schon recherchiert: Ein One-Way-Ticket in die Tiefen Australiens wären nur halb so teuer. Ich könnte Gladiatoren-Kämpfe machen, damit verdient man bestimmt 'ne Menge Asche."

Ich lache. ,,Alter, du hast dir letztens in die Hose gepisst und fast einen Unfall gebaut, weil diese riesige Monsterspinne vor deine Windschutzscheibe gekrochen ist. Die Ehe wäre 'ne bessere Alternative, findest du nicht auch?"

Doch er seufzt nur und fragt: ,,Bist du bereit?"

Ich klopfe ihm brüderlich auf die Schulter. ,,Das sollte ich besser dich fragen. Denk dran, 'ne zweite Anzugshose haben wir nicht dabei."

,,Ihr wartet doch ohnehin nur darauf, dass ihr meinen Prachtarsch sehen dürft", erwidert er.

,,Als hätten wir das nicht schon längst. Wobei ich wünschte, es wäre nur bei dem Prachtarsch geblieben."

Sid grinst nur.

***

Arias POV:

Alle Unterhaltungen verstummen als plötzlich die Kirchenglocke anfängt zu leuten. Selbst die Jungs hören auf zu quasseln und sehen gespannt nach hinten.

Ich sehe noch, wie Damian sich schnell zu Sid rüberbeugt, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern und dann, wie Sid breit grinsend nickt. Ich kenne dieses Grinsen mittlerweile sehr gut und es bedeutet nie etwas Gutes. Argwöhnisch sehe ich die beiden an, doch ihre Blicke richten sich nun ebenfalls zur Braut, die gerade die Kirche betritt.

Cathy sieht wunderschön aus in ihrem strahlendweißen Hochzeitskleid, besonders in Kombination mit ihren leuchtend roten Haaren, die elegant hochgesteckt worden sind. Ihr Gesicht trägt dasselbe glückliche Lächeln, welches sich plötzlich auch auf Sids Gesicht ausgebreitet hat als er sie erblickt.

Nachdem ihr Vater, dessen rote Haare mittlerweiler ergraut sind, Cathys blasse Hand in Sids legt, verschwindet er von der Bildfläche und der Pfarrer fängt an zu sprechen. Über Gott, Gottes Liebe und die Welt. Ich merke, wie die Konzentration der Jungs neben mir nach zwei Minuten langsam erlischt. Und auch Sid dreht sich nach spätestens drei Minuten zu uns um und rollt gelangweilt mit den Augen. Justin, der neben mir sitzt, stupst mich leicht an.

,,Kannst du dir vorstellen auch mal dort oben zu stehen?", fragt er mich leise flüsternd.

Ich denke über seine überraschende Frage nach. Eigentlich lege ich keinen Wert aufs Heiraten, doch das kann ich mir noch eher vorstellen als Kinder zu kriegen. Aber obwohl heiraten für mich kein Muss ist, kann ich mir jetzt, genau in diesem Moment, wo ich Sid und Cathy vorne vor dem Altar sitzen und ihre Hände eng umklammert halten, vorstellen, dass auch Damian und ich irgendwann dort oben stehen.

,,Vielleicht", flüstere ich zurück. ,,Und du?"

,,Wenn es irgendwann erlaubt ist, seine rechte Hand zu heiraten schon", erwidert er grinsend, wird dann aber wieder ernster. ,,Wer hätte gedacht, dass Sid der Erste von uns allen sein wird?"

Da kann ich ihm nur zustimmen. Wir alle dachten anfangs es wäre nur wieder eines seiner Scherze als er uns verkündet hat, er wäre bald ein waschechter Ehemann und dass Pats heiße Stiefmutter nun entgültig ihre Chanchen verpasst hat. Wir lachten ihm auch alle ins Gesicht als er erzählte, er wäre bereits verheiratet, zumindest vor dem Gott in Las Vegas. Das Lachen verging uns aber schnell als er uns verwackelte, im Suff entstandene Handyvideos von ihm und Cathy zeigte, wie sich das Ja-Wort zulallten und Cathy dabei fast auf ihn kotzte.

Die beiden wohnen, ähnlich wie Damian und ich, seit ungefähr zwei Jahren in ihrer eigenen Wohnung, sogar in unserer Nähe. Letzten Sommer waren Sid und Cathy in Amerika, da Leah sie auf den Geschmack gebracht hat und die gesamten zwei Wochen über haben wir kein Sterbenswörtchen von Sid gehört und das, obwohl er ansonsten mindestens jeden zweiten Tag bei uns in der Wohnung auf der Matte stand - wenn nicht öfter. Irgendwann hat Damian ihm sogar unseren Ersatzschlüssel gegeben, damit wir nicht immer dieses nervtötende Klingeln hören mussten, doch nachdem er uns zweimal beim Sex erwischt hat, hat Damian ihm den Schlüssel wieder abgenommen, weshalb er beleidigt war und eine Woche mit keinem von uns sprach bis er es dann irgendwann vergessen hatte und wieder anfing, täglich Sturm zu klingeln.

Jedenfalls waren die beiden im Urlaub anscheinend wild unterwegs gewesen und landeten warum auch immer, ziemlich filmreif in einer kleinen Kirche in der ein unseriöser, angeblicher Priester in Biker-Boots und Lederjacke ihnen mitten in der Nacht das Ja-Wort abnahm. Sid überraschte uns dann aber tatsächlich damit als er Cathy daraufhin wirklich einen Heiratsantrag machte und es überraschte uns noch mehr als sie auch noch 'Ja' sagte.

Und nun sitzen wir hier in einer Kirche, seine Familie und Freunde in fast allen Reihen verteilt und die beiden vorne vor dem Altar, während Damian neben Sid steht und gelangweilt wartet bis der Pfarrer seine langweilige Rede beendet hat.

Das gab mir irgendwie die Hoffnung, dass auch bei mir alles gut laufen wird. Denn ich habe  wirklich Angst Damian von meiner Schwangerschaft zu erzählen. Keiner von uns wollte je ein Baby - daran hat sich über die Jahre hinweg nichts geändert. Wir hatten sogar darüber gesprochen, aber wir beide kamen zu dem Schluss, dass wir ohne nervige Kinder glücklicher sein würden. Natürlich läuft nun alles auf eine Abtreibung hinaus; so unmoralisch und ethisch nicht vertretbar das auch sein mag, ich fühle mich einer Kindererziehung nicht gewachsen und erst recht jetzt nicht, wo ich noch mittem im Leben stehe. Trotzdem habe ich Angst es ihm zu erzählen. Oder ich habe einfach nur Angst es laut auszusprechen, denn ab dem Moment an würde es zu unserer schrecklichen Realität werden.

Ich verschiebe diesen Gedanken nach hinten und schaue wieder zu Damian, dessen Gesicht in freudiger Erwartung glänzt, kaum fängt der Pfarrer an die berühmte Frage zu stellen.

,,Und so frage ich Sie, Sidney Chester" - hier geht lautes Gelächter der Jungs durch die Reihen, das sie sich aber schnell wieder zu verkneifen versuchen - ,,Lawson, möchten Sie die hier anwesende  Catherine Eve Garcia Munoz zur Braut nehmen? Dann antworten Sie mit ,,Ja, ich will"."

Ich sehe, wie Damian nun seine Hand vor den Mund schlägt und sich so sein lautes Lachen verkneift. ,,Sí, quiero la carne asada",  spricht Sid stolz aus und schaut zu seiner spanischen Verlobten. Cathy blickt aber nur verwirrt zurück, genauso wie der Pfarrer.

Anscheinend versteht er Spanisch, im Gegensatz zu uns und man erkennt deutlich, wie er versucht die Situation mit Humor zu nehmen, damit die Trauung nicht in Peinlichkeit endet. ,,Ich bin mir sicher, nachdem Sie Ihre Verlobte zur Frau genommen haben, erwartet Sie eine Menge Roast Beef auf Ihrer Feier."

Nun kann Damian sich nicht mehr halten und fängt an zu lachen. Es scheint ihn nicht sonderlich zu stören, dass ungefähr 100 Menschen ihm dabei zuschauen, was vielleicht auch daran liegt, dass Lev, Matt, Jer, Pat, Justin und sogar Lily es ihm mit dem Lachen gleich tun. Das sind solche Witzbolde, denke ich, muss aber auch lachen, denn Sid verwirrt zu sehen erlebt man nur selten.

,,Da wir uns in einer heiligen, von Gott gesegneten Kirche befinden, verzichte ich auf die unzähligen Flüche, die ich dir an deinen Quadratschädel werfen möchte", sagt Sid zu Damian, der versucht sich zu beruhigen. ,,Aber ich bin mir sicher Lucifer hört uns, du Dämon!"

Der Pfarrer räuspert sich. ,,In 20 Minuten kommt das nächste Paar. Vielleicht sollten wir uns beeilen, bevor Ihr Roast Beef kalt wird."

Sid nickt und erdolcht Damian nochmal mit einem letzten Blick, bevor er laut und deutlich sagt: ,,Ja, ich will."

Der Pfarrer nickt und Damian geht ein Schritt auf seinen besten Freund zu, um ihm den Ring für seine Braut zu übergeben.

,,Dann frage ich auch Sie, Catherine Eve Garcia Munoz, möchten Sie den hier anwesenden Sidney Chester Lawson zu Ihrem Mann nehmen?"

,,Ich weiß nicht, ob das so eine kluge Entscheidung ist", sagt Cathy trocken, aber mit einem scherzenden Unterton in der Stimme. Wahrscheinlich bereut der Priester gerade heute arbeiten zu müssen. ,,Aber ja, ich will."

Der Pfarrer seufzt und wartet bis Cathys Trauszeugin ihr den Ring für Sid übergeben hat, bevor er laut verkündet: ,,Damit erkläre ich Sie mit dem mir von Gott verliehenden Amtes zu Mann und Frau. Sidney, Sie dürfen Ihre Braut nun küssen."

Und das tun sie. Und wie. Die Jungs fangen an wild zu johlen und genau wie der Rest der Gäste stehen wir alle auf, um laut zu klatschen.

Als Sid sich nach einer halben Ewigkeit von seiner frischen Ehefrau trennt, bekomme ich tatsächlich Gänsehaut. Der stets scherzende und niemals ernstzunehmende Sid mit seinen grünen Augen, in denen immer ein oder mehrere Spuren Spott zu sehen waren, sieht so glücklich aus, wie noch nie. In seinen Augen ist nun nichts als pures Glück und Liebe zu sehen, so, wie er Cathy anschaut.

Ich glaube, das ist der Moment, wo ich begreife, dass es keine übereilte, unbedachte Sidney-Entscheidung ist, die er mit der Hochzeit getroffen hat - er liebt Cathy einfach und sie ihn und das ist alles.

,,Okay, jetzt alle raus hier - ROAST BEEF RUFT!", schreit Sid plötzlich, hebt dabei seine linke Faust in die Luft, womit er Cathy beinahe eine verpasst und scheucht all seine Gäste heraus, während ich sehe, wie der Priester nach oben schaut und vermutlich für diesen verrückten Jungen betet.

***

,,Wenn ich das mal so sagen darf, deine Möpse sehen in diesem Kleid wirklich betörend aus!", flüstert Damian mir das hundertste Kompliment an diesem Tag ins Ohr, während wir auf der Tanzfläche tanzen.

Ich verdrehe erfreut die Augen. ,,Betörend also, ja?"

Er nickt aufgeregt und hebt seinen Arm in die Luft, um mich einmal drehen zu lassen. ,,Ja, sehr betörend. Sind sie gewachsen?"

,,Das liegt vermutlich an dem überdemensionalen Push-Up, den ich trage", erkläre ich, wobei ich mich insgeheim frage, ob das vielleicht wirklich mit der Schwangerschaft zusammenhängen kann oder ob Damian mal wieder mir zuliebe übertreibt.

,,Ich habe dir doch damals schon gesagt, dass du Push-Up nicht nötig hast", sagte er lächelnd und streicht mir eine verirrte blonde Strähne aus der Stirn.

,,Meinst du als Ina mir zu meinen speckigen Brüsten gratuliert hat?" Damals in der Schule hat Ina, die eine von Mikes Freunden war, mich vor versammelter Schülerschaft gefragt, ob meine Brüste gewachsen seien oder ob das nur an meinem Speck oder Push-Up-BH liegen würde. Schwach oder einfach nur emotional am Ende, wie ich war, bin ich heulend weggelaufen bis Damian mich fand, mich umarmte und mir deutlich überfordert mit der Situation versicherte, dass ich keineswegs einen Push-BH brauchte. Wieder einmal wird mir bewusst, wie lächerlich diese Menschen und ihre widerlichen Aktionen waren, aber genau diese es sind, die einen Menschen von Tag zu Tag neu zerstören konnten.

,,Genau", bestätigt er. ,,Diese kleine Schlampe soll lieber nicht so reden. Wahrscheinlich ist sie heute sogar eine Prostituierte, so schlampig, wie sie sich damals immer verhalten hat."

,,Ich weiß nicht, wieso, aber mich würde es interessieren, was aus Mike geworden ist", gebe ich zu und schaue zu ihm hoch. Verständnislos erwidert er meinen Blick.

Das Lied ist zu Ende und wir gehen zurück zu unserem Tisch, den wir uns mit Dad, Sally und Justin teilen, der gerade aber leer ist.

,,Es ist doch egal, was aus dem Bastard geworden ist. Wieso denkst auf einer Hochzeit ausgerechnet an ihn?", murrt Damian und gießt sich ein Schluck Wein ein. Als er mir ebenfalls ein Glas anbietet, schüttele ich nur den Kopf und hoffe, dass er nicht nachfragt. Es ist heute Abend schon das dritte Mal, dass ich den Alkohol ablehne. Eigentlich ist es ja auch egal, denn ich würde das Baby ohnehin nicht behalten, aber irgendwas in mir strebt sich trotzdem dagegen.

Er trinkt einen Schluck und sieht mich an. ,,Hat er dir nicht genug angetan? Du solltest diesen Kerl für immer aus deinen schönen Kopf schlagen."

Und ich weiß, dass er Recht hat. Seit dem Tag, wo ich ihm die Meinung gesagt und endlich verstanden habe, wieso er mich all die Jahre so gedemütigt hat, habe ich kein einziges Wort mehr mit ihm gewechselt. Zwar hat er noch immer versucht, mich mit immer lahmer werdenden Sprüchen zu nerven, doch ich bin nie wieder darauf eingegangen und habe ihn guten Gewissens ignoriert. Und obwohl Sid und Damian ihm an ihrem letzten Schultag nocheinmal kräftig die Spindtür gegen seine Nase gepfeffert haben, nachdem er mir wieder einen lausigen Spruch hintergerufen hat, hatte ich den Eindruck, dass er sich seit dem Tag nicht mehr so viel Mühe gab bis es irgendwann ganz aufhörte. Irgendwann verschwand er einfach ganz aus meinem Leben und ich bin mehr als glücklich darüber. Damian hat absolut Recht.

,,Ich sehe deine Stirnfalten aus ein Kilometer Entfernung. Was ist los, hat Damian dich falsch gefickt?", fragt Sid, der gemeisam mit Cathy an unseren Tisch kommt und sich auf die freien Stühle setzen. Sid hat seine Fliege mittlerweile geöffnet, genauso wie die ersten Knöpfe seines weißen Hemdes. Seine roten Haare klebten feucht an seiner Stirn und er sah leicht atemlos aus.

,,Na, das sollte man eher dich fragen", erwidert Damian. ,,Oder wieso läuft dir der Schweiß aus allen Löchern? Bereitet dir die Ehe schon so viel Anstrengung?"

,,Madame hier zwingt mich dazu das Tanzbein zu schwingen", sagt er genervt, wobei er zwinkernd hinzufügt: ,,Dabei würde ich am liebsten etwas ganz anderes schwingen."

Cathy haut ihm lachend auf die Schulter. Dann erzählt sie: ,,Matt und Jer sind schon dicht. Lev ist draußen, um sich um die beiden zu kümmern."

Ich lache. ,,Eigentlich sollte man meinen, Lev wäre das Kind."

,,Endlich einer, der mich versteht!", jubelt Sid. ,,Der kleine Pimpf denkt auch, dass er mit seinen 1,85 auch genauso große Eier hat."

Wie gerufen klatscht Lev ihm nun auf den Hinterkopf, die restlichen Jungs samt Lily und Jers Freundlich plötzlich direkt neben uns. ,,Chester, nachdem du uns im Suff deine behaarten Wachteleier präsentiert hast, denke ich das nicht nur, sondern ich weiß es auch!"

Cathy fängt lauthals an zu Lachen. ,,Er hat was getan?"

,,Na, jedenfalls habe ich sie NICHT präsentiert!", ruft Sid eilig.

Obwohl Patrick sich von Sid einen warnenden Blick einfängt, räuspert er sich dramatisch und erklärt: ,,Tatsächlich ereignete sich diese wunderbare Geschichte erst vorgestern bei Sids Junggesellenenabschied."

,,Nachdem wir mit dem Puff, den Stripperinen und der Lesbenbar fertig waren natürlich", fügt Matt zwinkernd hinzu und streckt Cathy und mir frech die Zunge heraus. Es scheint ihm deutlich besser zu gehen.

Ich höre Damian neben mir amüsiert lachen und verpasse ihm einen kleinen Schubser. Obwohl ich mir das mit den Stripperinnen und der Lesbenbar vorstellen kann, glaube ich trotzdem, dass die Jungs noch gerade so viel Anstand gehabt haben, um das Bordell auszulassen.

,,Falls er überhaupt nachhause gekommen ist, Cathy, weißt du ja, wie hart besoffkski er war", sagt Pat nun, was ihm kräftigtes Kopfnicken von Lev, Matt, Jer, Justin und Damian einbringt.

,,Sein Kopf war genauso rot wie seine Haare", bestätigt Justin.

,,Alter, die sind rot-blond, wie oft denn noch?!", beschwert Sid sich und zeigt wie zum Beweis auf seine roten Haare, die einfach nicht zu bändigen sind: Sie stehen mal wieder an allen Seiten ab.

,,Sid, wenn deine Haare blond sind, dann sind meine und Cathys neongelb", gibt Lily zu Bedenken und zeigt auf ihre und Cathys knallorangenen Haare, die beinahe zu leuchten scheinen.

,,Du hast höchstens da blonde Haare, wo du sie nicht haben solltest", sagt Cathy und prompt droht Sid damit seinen nagelneuen Ehering vom Finger zu nehmen, sodass Cathy nur abwehrend die Hände hebt.

,,Das können wir leider bestätigen", murmelt Lev leise.

,,Na jedenfalls sind wir von Bar zur Bar gewandert und in der letzten musste er dann auf die Toilette. Er ging also, wir warteten geduldig mit unseren Chicas", wieder zwinkert Matt, ,,und als er dann wiederkam, bemerkten wir, dass seine komplette Hose auf war."

Damian hat mir nichts von der Geschichte erzählt, weshalb ich nun auch echt gespannt bin. Vorallem, weil Jer sich nun an mich wendet. ,,Aria, weißt du noch als wir vor Jahren mal campen waren?"

,,Natürlich weiß sie das. Sex im Zelt zwischen Killerkaninchen und Monsterspinnen vergisst man nicht so einfach", wirft Sid ein und grinst.

,,Shitney, sei ruhig, damit wir endlich erfahren, warum du mal wieder die Hose runtergelassen hast", erwidere ich und grinse zuckersüß. So wie es aussieht hat Sid es allmählich aufgegeben und hält widerwillig die Klappe, denn er zieht eine beleidigte Miene und hebt seinen Mittelfinger.

,,Jedenfalls", wiederholt Jer nun, ,,hat Sid Matt auf unserer Nachtwanderung ja in den Arsch gebissen, während er am pinkeln war. Woraufhin Matt sich ja so gut wie erneut in die Hose ge-"

,,Und da hab ich mir Rache geschworen", unterbricht Matt seinen Freund. ,,Also hat Damian ihn abgelenkt, wobei das auch mit 'nem Staubkorn geklappt hätte und ich habe mich von hinten angeschlichen, ihm die Jeans heruntergezogen und ihm in die linke Pobacke gebissen."

,,Gebissen? Was für?", ruft Sid entrüstet, sodass sich ein paar Partygäste trotz der lauten Musik nach uns umdrehen. Sid zieht nur eine Gramasse und schnell drehen sie sich wieder weg. ,,Du hast dich festgebissen, wie so ein Piranja oder so! Ich kann auf meiner Arschbacke immer noch erkennen, dass dir die Weisheitszähne fehlen, du Wichser."

Damian lacht. ,,Ihr hättet mal hören sollen, wie der geschrien hat", sagt er zu Lily, Cathy und mir. ,,Justin hat sich fast bepisst vor lachen!"

,,Nee, erst als sich Sid dann vor lauter Schreck die Boxershorts runtergerissen hat", lacht Justin.

,,Da kullerten sie dann", schwelgt Pat mit angewidertem Gesichtsausdruck in Erinnerungen. ,,Und mit ihnen kullerten auch Sids Beteuerungen, er hätte einen großen Schwanz, in weite Ferne ... "

,,Hey!", rief Sid entrüstet. ,,Jetzt lügst du aber! Cathy, sag dass er lügt!"

,,Möchte irgendwer tanzen?"

,,Kann man eine Ehe eigentlich auch stornieren oder so?", fragt Sid dann in die Runde und ich muss grinsen.

Damian haut ihm brüderlich auf die Schulter. ,,Da du ja jetzt ein verheirateter Mann bist brauchst du niemanden mehr beeindrucken, also keine Sorge." Mein Grinsen wird breiter als ich sehe, wie Sids Mordgedanken förmlich in seinem Gesicht stehen.

,,Anscheinend ist Aria auch nicht so beeindruckt von dir oder wieso hält sie nach sieben Jahren Beziehung noch immer schüchtern deine Hand?" Nun zwinkert Sid und haut seinem besten Freund genauso brüderlich auf die Schulter wie er zuvor, bevor er sich wortlos, aber grinsend von uns entfernt und seiner Großmutter in die Arme läuft, die zum fünften Mal mit ihm tanzen möchte.

Plötzlich sehe ich, wie Justin mich anschaut und fragend auf die Tanzfläche deutet. Mit einem kurzen Blick auf Damian, der mich augenrollend und widerwillig in Justins Hände abgibt, begebe ich mich in die Mitte des Saals.

Es läuft gerade ein langsamer Song und ich erkenne, dass Dad und Sally am anderen Ende des Saals engumschlungen tanzen. Sids Eltern dagegen nehmen mit ihren Tanzmoves gefühlt die gesamte Tanzfläche ein, so motiviert sind sie, was mich zum Lachen bringt. Unverkennlich sind sie Sids Eltern.

,,Ich habe gehört, du hast deine Augen auf ein gewisses rothaariges Mädchen geworfen", sage ich als ich meine blassen Arme um Justins gebräunten Nacken lege und wissend lächele.

Justin dagegen zieht eine gespielt verwirrte Miene. ,,Falls du es nicht mitbekommen hast, Cathy ist frisch verheiratet. Und falls du Sid meinst - er ist leider nicht mein Typ."

Ich rolle mit den Augen. ,,Damian hat es mir erzählt."

,,Warum dachte ich mir das schon?" Nun war er mit dem Augenrollen an der Reihe. ,,Aber ja, sie ist schon ganz süß."

Ich grinse als wir uns langsam im Kreis drehen. ,,Natürlich ist sie süß, das ist Lily. Hast du schon Andeutungen gemacht? Überhaupt, wieso tanzt du mit mir und nicht mir ihr?"

,,Ruhig, Blonde", lacht Justin. ,,Du bist halt immer noch meine Number One, vergiss das nicht."

,,Da fühle ich mich aber geehert", erwidere ich grinsend.

,,Ich fühle mich glaube etwas schlecht, wenn ich mich immer an deine besten Freundinnen ranmache. Erst Leah, jetzt Lily, ich weiß nicht ... "

,,Hey, falls du denkst, das würde mir etwas ausmachen, stimmt das nicht", werfe ich eilig ein. ,,Ich will, dass du glücklich bist. Jetzt bist du mal an der Reihe."

Breit lächelnd streicht er mit die nervige, blonde Haarsträhne aus der Stirn, die sich immer wieder aus meinem Zopf löst. Ich hoffe, Damian hat das nicht gesehen, obwohl er natürlich längst verstanden hat, dass Justin nie etwas von mir wollte und wollen wird. ,,Seit wann so sentimental?", fragt er.

,,Es ist eine Hochzeit. Wird man da nicht immer sentimental?"

,,Wahrscheinlich hast du Recht. Okay, wenn du unbedingt möchtest, werde ich gucken, was sich machen lässt." Er zuckt betont desinteressiert die Schulter, weshalb ich ihm einen Klapser auf die Schulter gebe.

,,Guck mal, sie steht noch immer bei Damian und unterhält sich mit ihm", sage ich als ich sehe, wie die beiden lachen. ,,Das ist deine Chance!"

,,Du bist echt unerbittlich geworden, Aria", lacht er, lässt sich aber von mir zurück zu Damian und Lily ziehen.

,,Aria ist mir eine zu schlechte Tänzerin, will also jemand von euch mit mir tanzen?", fragt Justin als wir ankommen und schaut sowohl Lily, als auch Damian an, der gespielt angewidert ablehnt. Lily wirft Damian einen argwöhnischen Blick zu, woraufhin Damian nur wissend grinst. So viel zum Thema Bro-Code. Dennoch stimmt Lily zu meinem Erfreuen zu und die beiden verschwinden.

Und kommen für lange Zeit auch nicht mehr wieder. Ich sehe, wie die zwei sich amüsieren und werfe Lily und Justin immer mal wieder grinsende Blicke zu - wahrscheinlich bin ich die peinliche, zu offensichtliche Freundin, die niemand haben möchte, aber was soll's.

Auch ich selbst tanze noch mehrere Runden - mal mit Sid, der mir dann wahrscheinlich erfundene, peinliche Story von Damian erzählt, mal mit meinem Dad, der bereits ziemlich angetrunken ist und schließlich auch mit Lev, dem ich wie Damian gerade nur bis zur Brust reiche. So lustig es auch ist, so froh bin ich auch als Lily mich vor dem betrunkenen, quasselnden Pat rettet und fragt, ob wir eine Runde raus gehen wollen.

,,Es ist so heiß da drin!", rufe ich als ich endlich die frische Nachtluft einatmen kann.

Lily lacht. ,,Ja, mir ist auch ziemlich warm."

,,Woran das wohl liegt?" Genau, wie ich es mir bei Damian abgeschaut habe, ziehe ich nun anzüglich meine Augenbrauen hoch, aber Lily verdreht nur ihre braunen Augen.

,,Das war doch euer Plan!"

,,Natürlich war es das!", bestätige ich. ,,Aber gib zu, er gefällt dir. Also sowohl der Plan, als auch Justin."

Lily zuckt nur die Schultern, doch ich sehe, wie sich ein kleines Lächeln um ihre rot geschminkten Lippen schmiegt. ,,Ein bisschen vielleicht", gibt sie zu.

,,Ha!", rufe ich.

,,Jaja", winkt Lily ab. ,,Wann hast du vor, es ihm zu sagen?"

Verwirrt von dem plötzlichen Themenwechsel frage ich: ,,Wem was sagen?"

Lily sieht sich suchend um, bevor sie beinahe flüstert: ,,Na, Damian. Das mit deiner Schwangerschaft."

Ich wünsche sie hätte dieses Thema gar nicht erst erwähnt, denn in den vergangenen Stunden habe ich es tatsächlich geschafft, es zu vergessen. Anscheinend erkennt sie meinen abrupten Stimmungswechsel. ,,Sorry", entschuldigt sie sich. ,,Ich weiß, es ist schwer für dich."

,,Ich wollte es ihm morgen erzählen", murmele ich. Allein der Gedanke daran macht mir Angst. Das war eigentlich schwachsinnig, denn natürlich würde Damian mir nicht den Kopf abreißen - es ist schließlich nicht nur meine Schuld.

,,Und deine Entscheidung steht fest?"

Ich nicke. ,,Ja. Was soll ich mit einem Baby? Kannst du dir mich als Mutter vorstellen?"

Lily zuckt mit ihren schmalen Schultern. ,,Wieso nicht? Ich glaube, du wärst eine hervorragende Mutter. Jeder würde dich unterstützen, ich sowieso! Was macht dir so Angst?"

Darüber muss ich erst nachdenken, eheich ihr antworten kann. ,,Diesse Verantwortung. Ich meine, ich würde dieses Baby dein Leben lang begleiten. Es liegt an uns, ob es sich gut oder schlecht entwickelt und so weiter. Außerdem komme ich mit Kindern nicht zurecht. Sie hassen mich und ich hasse sie."

Sie seufzt. ,,Und ich will doch so unbedingt Patentante werden! Tante Lily, das hört sich doch super an! Ich wäre die coole Tante, die jeder liebt, mehr als dich wahrscheinlich." Grinsend stupst sie mir in die Seite und ich lehne müde lächelnd meinen Kopf an ihre Schulter.

,,Versucht Lily dich schon wieder von Kindern zu überzeugen oder was?"

Lily und ich schrecken erschrocken hoch und mein Herz ballert mir gegen die Brust. Damian steht an der Außentür und schaut amüsiert zu uns herüber - wieso grinst er? Sollte er nicht eigentlich aufgebracht sein? Wie viel hat er mitbekommen?

,,He, weißt du nicht, dass man Frauengespräche nicht belauschen sollte?", versucht Lily die verzwickte Situation aufzulockern und streicht ihr Kleid glatt. ,,Wie lange stehst du da schon?"

,,Lange genug, um zu wissen, dass du Aria mal wieder überzeugen willst", lacht er und will zu mir kommen, doch Lily hält ihn davon ab und schubst ihn sanft wieder in Richtung Tür.

,,Weißt du nicht, dass Frauengespräche nicht unterbrochen werden dürfen?", fragte sie ihn erneut und lächelt dabei. Doch Damian achtet gar nicht mehr auf sie, sondern sieht mich verwirrt und besorgt an. Wahrscheinlich aufgrund meines erschrockenen, ertappten Gesichtsausdrucks, welchen ich trotz aller Bemühungen nicht lockern kann.

,,Wieso guckst du so erschrocken, Baby?"

Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Die Worte bleiben mir einfach im Hals stecken.

,,Was ist denn?", fragt er erneut.

,,Hey, Granny hat mich endlich gehen lassen! Sie hat mich die ganze Zeit Pipi Langstrumpf genannt, aber selber hat die so Haare, wie ein Drachen - he, findet hier 'ne Orgie statt?" Plötzlich steht auch Sid neben Damian an der Tür und schaut uns gespannt an.

Lily seufzt als keiner etwas sagt. Mit einem letzten Blick auf mich, scheucht sie Sid wieder rein, der sich nur unter widerwilligem Protest mitschleppen lässt und sie verschwinden.

Damian kommt nun zu mir und setzt sich neben mir auf die Bank. Besorgt blickt er mich an, nimmt meine Hände und fragt erneut: ,,Was ist los, Aria?"

,,Ich bin schwanger", platze ich heraus. Andere, behutsamere Worte gibt es dafür nicht. Mein Plan es ihm morgen mitzuteilen ist nun ohnehin hinfällig.

,,Was?"

,,Ich bin schwanger", wiederhole ich erstaunlich ruhig. Ich beobachte seine Reaktion, doch die zeigt sich im ersten Moment nicht.

,,Schwanger?"

Ich nicke nur. Plötzlich lässt er meine Hände los, steht auf und geht haareraufend auf und ab. Natürlich gefällt es ihm nicht. ,,Fuck", murmelt er vor sich her. ,,Fuck, fuck, fuck."

,,Damian, ich -"

Doch er hört mir gar nicht zu. Anscheinend ist er so in einen eigenen Gedanken versunken, dass er mich nicht einmal hört.

,,Seit wann weißt du es?", fragt er mich aufeinmal.

,,Seit gestern."

,,Seit gestern?"

Ich nicke.

,,Und wann wolltest du es mir sagen?"

,,Morgen", antworte ich leise, schaue ihm direkt in die besorgten, verzweifelten, wunderschönen Augen.

,,Und wieso erzählst du es dann Lily zuerst?"

,,Sie war dabei als ich es herausfand", erkläre ich schnell, da ich bemerke, wie wütend er wird. Ich weiß, dass er seine Wut in Momenten wie diesen vorschiebt, da er hilflos und ohne jeglichen Plan ist, dennoch finde ich es unfair. Mich betrifft es doch ebenso sehr.

,,Und wieso wolltest du es nicht mit mir herausfinden?", fragt er vorwurfsvoll und sieht mich zum ersten Mal direkt an.

,,Weil ich genau vor dieser Reaktion Angst hatte", verteidige ich mich. ,,Ich wollte erstmal in Ruhe nachdenken. Ich meine, wir beide wollen keine Kinder, also ist Abtreiben für mich die einzige Lösung - "

,,Warte mal", unterbricht er mich. ,,Du hast dir also schon einen Plan gemacht? Ohne mir auch nur ein einziges Wörtchen zu sagen?"

,,Läuft es nicht nur darauf hinaus?", frage ich ebenso wütend zurück. Natürlich kann ich verstehen, dass er aufgebracht ist, das habe ich ja schließlich erwartet, doch nun, wo er wütend und sauer war, entfacht dies auch meine Wut. ,,Kinder sind in unserem Leben nicht vorgesehen, weißt du noch?"

Doch Damian schüttelt nur seinen Kopf. ,,Ich - ich brauch kurz Ruhe, okay?" Und mit mehreren langen Schritten lässt er mich alleine in der Dunkelheit.

***

,,Aria?!"

Ich antworte nicht, sondern starre weiter in die endlose Dunkelheit vor mir. Ich habe mich in der Parkanlage, in der Sid seine Hochzeit ausrichtet, verlaufen, doch mir noch keine Mühe gegeben, zurück zu finden. Wahrscheinlich sitze ich hier schon seit einer Stunde auf dieser gammeligen Parkbank und mir sind mindestens schon zwei Käfer über mein Kleid gekrochen, doch im Moment ist es mir herzlich egal.

,,Aria!" Das ist definitiv Damians Stimme. Es macht keinen Sinn vor ihm wegzulaufen, da er mich nun ohnehin entdeckt hat und geradewegs auf mich zusteuert.

,,Da bist du ja", ruft er erleichtert als er nur noch wenige Schritte von mir entfernt ist. Als er meinen Gesichtsausdruck sieht wird sein Blick weicher. Dabei habe ich nicht einmal geweint, doch vielleicht sehe einfach zu fertig aus. Er setzt sich nah neben mich und schlingt einen Arm um mich.

,,Ist dir kalt?", fragt er, aber ich schüttel nur den Kopf. Die Nachtluft ist gerade noch angenehm, um nicht frieren zu müssen. Daraufhin folgt ein seltsames Schweigen, welches nur selten bei Damian und mir auftaucht.

,,Hör zu", sagt er plötzlich und schiebt mich ein Stück weit von sich, um mich anschauen zu können. ,,Es tut mir wirklich leid, dass ich einfach so weg gelaufen bin. Und auch, dass ich so wütend war."

Ich sehe ihn nur an und nicke. Er rauft sich durch seine unendlich vielen, braunen Haare, ehe er weiterredet.

,,Ich war dabei nicht einmal wütend auf dich. Eher auf die ganze Situation. Und du bist dir wirklich sicher?"

Erneut nicke ich. ,,Nach dem ersten Test haben Lily und ich noch zwei weitere gemacht. Alle positiv."

Er atmet tief aus, erspart sich diesmal aber alle Flüche. ,,Okay. Krass."

,,Das kannst du laut sagen", sage ich.

,,OKAY. KRASS." Das Damian diesen Witz jedes Mal aufs Neue macht, bringt mich immer wieder zum lachen. So auch jetzt. Er registriert dies mit seinem schiefen Lächeln.

,,Ich stelle dir jetzt eine Frage, Aria. Und ich möchte, dass du sie offen und ehrlich beantwortest, ohne dabei an irgendwen anderen außer an dich selbst zu denken, okay?"

,,Du fragst mich jetzt aber nicht, ob ich dich heiraten möchte?", frage ich, halb scherzend.

,,Ich glaube, Sid wäre ziemlich sauer, wenn wir ihm jetzt die Show stehlen würden. Nein, ich will von dir wissen, ob du dir vorstellen kannst ein Baby mit mir zu haben."

Etwas perplex schaue ich ihn an. Mit dieser Frage habe ich nun wirklich nicht gerechnet und es fällt mir schwer, sie zu beantworten. Ein Baby mit ihm zu haben? Ein echtes, kleines, schreiendes Baby, das in meinem Bauch heranwächst und schließlich aus mir herausgepresst wird? Will ich mir das überhaupt vorstellen? Eher nicht. Ich möchte nicht über und über mit Babyspucke besabbert werden, ich möchte nicht angekotzt werden oder mitten in der Nacht aufstehen müssen, weil es keine fünf Stunden durchschlafen kann. Ich möchte nicht, dass es an meinen Brüsten nuckelt und ich möchte auch nicht schmerzlich miterleben, wie es irgendwann Zähne bekommt, es irgendwann laufen lernt und ständig wegläuft, es komisches Zeug anfängt zu brabbeln und schließlich mit ihren Teenangern-Problemen meinen letzten Nerv raubt.

Was ist es also, warum so gut wie jeder Mensch unbedingt Kinder haben möchte?

Zum ersten Mal kommt mir der Gedanke an die entfernte Zukunft. Irgendwann werden Damian und ich alt und hoffentlich mit unserem Leben glücklich und erfüllt sein und was dann? Würden wir es vielleicht bereuen keine Kinder bekommen zu haben? Würden wir uns einsam fühlen? Wären Kinder vielleicht das unentdeckte Etwas, welches unser Glück perfekt machen würde?

,,Ich weiß es nicht", antworte ich ehrlich.

,,Da haben wir ja schonmal was gemeinsam", erwidert Damian. ,,Ich weiß es auch nicht. Aber wir haben doch noch Zeit, oder? Hat man da noch Zeit?"

Ich muss ein wenig lachen. ,,Ja, ein wenig Zeit haben wir noch."

So ernst wie selten schaut er mich an. ,,Aber Aria, bitte, egal, wofür wir oder du dich entscheidest - bitte treffe keine Entscheidungen von denen zu denkst, ich würde sie so treffen. Als du mir vorhin gesagt hast, dass du schwanger bist war mein erster Gedanke nämlich nicht, dich sofort in eine Abtreibungsklinik zu fahren."

,,Was war denn dein erster Gedanke?", will ich neugierig wissen.

Etwas beschämt schaut er weg, doch dann grinst er wieder. ,,Ehrlich gesagt tauchte eine schwangere Aria, die ständig irgendwelche Nutella-Gurken in sich hineinfrisst und sich schließlich ein Football großes Etwas aus ihr herauspresst."

,,Nutella-Gurken? Ernsthaft?" Angewidert verziehe ich das Gesicht. Ich weiß ja, dass Schwangere besondere Gelüste hegen, aber Nutella-Gurken kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

,,Ihr seid ja noch schlimmer zu finden als ich, wenn Cathy mir den Abwasch aufdrückt", ruft Sid plötzlich und ehe wir uns versehen, ist er schon an unserer Bank angekommen.

,,Okay, keine Tränen, keine Kratzspuren, alle noch am Leben", sagt er beeindruckt. ,,So weit so gut."

Bevor ich was sagen kann, erreichen uns auch Lily und Justin, die anscheinend ebenfalls nach mir gesucht haben.

,,Hast du direkt einen gesamten Suchtrupp nach mir losgeschickt?", frage ich Damian überrascht.

,,Na klar, er hatte Angst, dass du dir wen Besseres suchst und dem dann das Kind unterschiebst, hab ich Recht, Kumpel?" Feixend stupst Sid Damian am Hinterkopf an, doch er beschenkt ihm mit einem bösen Blick.

,,Ihr wisst es also alle?", frage ich Lily, Justin und Sid - nicht wütend, eher erschöpft. Ich habe mir Sids Hochzeit echt anders vorgestellt.

,,Tut mir leid, dass ich an deinem Tag so ein Drama mache, Sid."

,,Drama? Das ist die zweitbeste Nachricht des Tages", erwidert er begeistert. ,,Die erste war, dass es Roastbeef gibt."

,,Du vergleichst gerade ein Baby mit Fleisch, Sid, ist das dein Ernst?", fragt Lily ihn entrüstet, auch wenn es sie nicht wirklich zu überraschen scheint.

,,Ehm, ja? Ein Braten in der Röhre ist längst nicht so schmackhaft wie Roast Beef auf meinem Teller."

Lily schüttelt nur ihren Kopf und wendet sich an Damian und mich. Ich bemerke, wie sie ihre Worte zurecht legt, um nichts Falsches zu sagen. ,,Ich hoffe ihr beide wisst, dass egal wie ihr euch entscheiden werdet, ihr habt meine vollste Unterstützung."

Mit diesen Worten setzt sie sich neben mir auf die Bank und drückt meine andere Hand, da Damian bereits meine linke in seiner hält.

,,He, meine natürlich auch!", bestätigt Justin und setzt sich ebenfalls zu uns auf die Bank.

,,Es ist natürlich klar, dass ich Patenonkel werde!", ruft Sid plötzlich aus, woraufhin Justin sich kräftig beschwert. Aber Sid ignoriert ihn gekonnt.

,,Und wenn ihr euch gegen den Braten entscheidet, verspreche ich hoch und heilig keine Witze über Babys zu machen", verspricht Sid, in gewisserweise ernsthaft. ,,So niveaulos bin nicht mal ich."

,,Da habe ich so meine Zweifel, aber gut", wendet Damian ein.

,,Ich werde immer babysitten, wann du willst", bietet nun auch Justin an.

,,Hey, jetzt hör mal auf dich einzuschleimen", beschwert Sid sich. ,,Es ist schon geritzt, dass ich Patenonkel werde."

,,Hat deine Tante Cassie dir das Babysitten ihres Sohnes nicht verboten, weil du ihn 24 Stunden in seiner vollgeschissenen Windel gelassen hast?", fragt Justin und als Sid darauf keine Antwort mehr hat, grinst Justin triumphierend. Schließlich sitzen wir drei Minuten einfach schweigend und gequetscht auf der Bank. Keiner sagt etwas, es war mucksmäuschenstill, sogar Sid hält die Klappe.

,,Nur damit das mal klar ist", ruft Sid in die einvernehmliche Stille und springt auf, bevor er drohend auf Damian und mich zeigt. ,,Wenn es ein Mädchen wird, heißt es DEFINITIV Daria, verstanden?!"

***

Nachdem uns Sid halbwegs das Versprechen abgenommen hat, dass wir das Baby, wenn es ein Mädchen werden sollte, zumindest als Zweitnamen Daria nennen, lässt er es zu, dass wir zurück auf seine Hochzeit gehen. Da ich zu 90% ohnenin nicht vorhabe, das Baby zu behalten, stimmte ich seinem Versprechen einfach zu. Sid kann man ohnehin nichts abschlagen.

Cathy empfängt uns oder eher gesagt Sid schon ziemlich angepisst, da wir so lange weg waren. Anscheinend weiß sie von meiner Schwangerschaft nichts, denn sie guckt uns alle ziemlich streng an, bevor sie ihre Arme in die Hüften stemmt und verkündet: ,,Wir haben das Brautstrauß-Werfen vergessen, Leute! Lily, Aria - in fünf Minuten seid ihr wieder draußen!"

Somit rennt sie weg und scheucht alle anderen Single-Ladies auf. Mittlerweile sind schon so ziemlich alle betrunken. Ich sehe, wie Verwandte von Sid beinahe von den schön-geschmückten Stühlen fallen, wie irgendwelche Freunde von ihm in einer Ecke rumknutschen und wie Jers Freundin Jer anscheinend zur Sau macht - er jedoch nur verträumt in die Ferne starrt.

Sids kleine Cousinen, die genauso rote Haare haben, wie er selbst, hocken in irgendeiner Ecke und spielen auf ihrem Nintendo DS. Prompt kehren meine Gedanken zurück zu meiner Schwangerschaft. Wie konnte das überhaupt passieren? Damian und ich waren immer übervorsichtig was die Verhütung angeht. Mittlerweile nehme ich sogar die Anti-Baby-Pille, also wie zum Teufel konnte ich schwanger werden? Wäre ich irgendwie religiös, würde ich wahrscheinlich denken, es wäre ein schicksalhaftes Zeichen von Gott, aber nun denke ich einfach nur, er will einen schlechten Witz machen.

Aber was, wenn es wirklich irgendein Zeichen ist? Ich bin selber überrascht von mir, dass ich nicht mehr so überzeugt von einem Schwangerschaftsabbruch bin, wie zuvor. Natürlich spricht noch alles dafür, aber nach dem Gespräch mit Damian, der ebenfalls nicht 100% abgeneigt zu sein scheint, hat sich ein kleines Engelchen zu dem Teufelchen auf meiner Schulter gesellt und flüstert mir ständig Dinge zu. Was, wenn ich es bereue?

Ich stelle mir vor, wie ich gemeinsam mit Damian auf dem alten, wenn auch sehr gemütlichen Sofa in unserem Wohnzimmer sitze und ein kleines,  blondes Baby auf meinem Schoss sitzt und uns mit blauen Augen, die Damian so ähneln würden, anschaut. Eigentlich ist diese Vorstellung gar nicht so schlimm.

Cathys reißender Griff löst mich aus meinen Gedanken, indem sie mich und Lily nun nach draußen zerrt. Ein Haufen betrunkener, unverheirateter Frauen drängen sich aneinander, kichern und schwanken hin und her, sodass einige beinahe auf ihren meterhohen High-Heels hinfallen. Schnell verliere ich Lily aus den Augen, die sich nach hinten gequetscht hat und nun stehe ich neben irgendeinem Blondchen ziemlich weit vorne. Als ich Damian suche, der hinter der Frauenmenge mit Sid steht und uns grinsend zuschaut, werfe ich ihm einen Blick zu und grinse zurück. Wahrscheinlich lästern die beiden gerade über die Menge an verzweifelten Frauen, die an irgendwelche Klischees und Aberglauben festhalten. Ich würde mich liebend gerne zu ihnen gesellen.

,,Bereit?!", schreit Cathy, dreht sich um und hebt ihren riesigen, bunten Brautstrauß in die Höhe.

Das zustimmende Schreien der ganzen Weiber dröhnt mir in die Ohren und ich zucke zusammen. Meine Chancen den Strauß in der ersten Reihe zu fangen, sind ziemlich gering, weshalb ich mir gar nicht erst die Mühe mache die Arme zu heben und lieber einer ziemlich motivierten Frau ausweiche, die mich beinahe mit ihren Armen umhaut. Doch da Cathy anscheinend ziemlich kräftig werfen kann, fliegt der Strauß weit nach hinten. Als ein großes Raunen durch die Menge läuft, drehe ich mich um und stelle mich auf die Zehenspitzen, um sehen zu können, wer die Blumen gefangen hat. Wenn es Lily ist, dann kann sie sich schon auf unzählige Scherze von Damian und mir bezüglich einer bevorstehenden Hochzeit mit Justin gefasst machen.

Doch als ich sehe, wer den Strauß tatsächlich gefangen hat, fang ich an laut zu lachen.

Es ist Damian, der die Blumen überrascht mindestens eine Armlänge von sich entfernt hält.

Ich versuche mich durch die Menge zu kämpfen, die sich langsam enttäuscht wieder auflöst und gehe auf Damian zu, der noch immer die Blumen in der Hand hält. Als er mich sieht, hebt er den Strauß in die Höhe und grinst mich verschmitzt an, wobei seine blauen Augen aufleuchten.

Okay, mehr Zeichen brauche ich nicht. Ich bin plötzlich sehr überzeugt davon, dass alles so kommen musste, wie es gekommen ist und meine Verzweiflung über die ungewollte Schwangerschaft verschwindet. Wie schlimm kann das Risiko schon sein? Ist es verrückt? Begehe ich einen großen Fehler?

,,Muss ich dich jetzt auch heiraten?", fragt er scherzend und drückt mir einen Kuss auf die Stirn.

Ich lache. ,,Wenn du nicht willst, dass unser Kind unehelich geboren wird, dann ja."

Damian lässt die Blumen wieder sinken und sieht mich mit großen, verwirrten Augen an. ,,Wie? Also - wie? Wir behalten das Baby?"

,,Wenn - wenn es für dich in Ordnung ist. Ich meine, wir müssten noch sehr viel besprechen und es wird garantiert nicht einfach und auch ich habe eine Heidenangst, aber - wie schlimm kann ein schreiendes, kotzendes Baby schon sein?" Erwartend schaue ich zu ihm hoch und bin gespannt auf seine Reaktion. Natürlich hat er auch noch was dazu zu sagen, aber so, wie sich langsam ein vorsichtiges Lächeln auf seinen vollen Lippen ausbreitet, denke ich, dass er ganz meiner Meinung ist. Mein Herz beginnt vor Aufregung und Freude ganz schnell zu schlagen.

,,Wir bekommen also ein Baby?", fragt er grinsend.

,,Wir bekommen also ein Baby", bestätige ich und schmiege mich an seine warme Brust.

,,SIE BEKOMMEN EIN BABY!", schreit Sid plötzlich, der noch immer neben uns steht und Lily und Justin, die sich gerade unterhalten, schauen zu uns rüber. Ich sehe, wie Lilyaufgeregt auf und ab springt, sodass ihre roten Locken wackeln und ihr breites Grinsen zeugt von großer Freude auf ihr zukünftiges Amt als Patentante. Auch Justin schaut mich breit grinsend an, haut mit seiner Hand zweimal auf sein Herz und nickt mir stolz zu.

Und ehe ich mich versehe, fängt Sid an zu klatschen. Laut. Lily und Justin folgen ihm, daraufhin Lev, der gerade vorbeikommt und dreißig Sekunden später klatscht die Hälfte von Sids Hochzeitsgesellschaft im stetigen Einklang, obwohl sie nicht einmal wissen, wieso.

Lachend sehe ich zu Damian hoch, dessen Augen bereits auf mir liegen. Glücklich küsst er mich vor allen Gästen direkt auf den Mund und hebt mich schließlich hoch, um mich durch die Luft zu wirbeln.

Doch plötzlich lässt er mich auf den Boden ab und starrt mich erschrocken an. Sein Daumen zeigt auf Sid, der hinter seinem Rücken steht und bereits breit grinst als würde er ahnen, was Damian so eben klar geworden ist.

,,Dir ist schon klar, dass wir unser Mädchen jetzt Daria nennen müssen?!"

Ich lache, während Sid einen triumphierenden Schrei auslässt und Damian einfach nur seufzt, wenn auch stolz lächelnd.

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LEUTE!

DAS WARS!

Ich bin wirklich, wirklich traurig! Aber ich wollte euch nochmal ein schönes, langes Ende geben - es sind einfach 10060 Wörter geworden!! Das dreifache mehr als sonst :D

Ich hoffe, das Ende gefällt euch so, denn ich bin eigentlich recht zufrieden mit dem Ende von #Daria :D wie immer könnt ihr mir euer feedback dalassen, ich bin immer froh zu sehen, wie ihr mitfiebert!

zum schluss habe ich nochmal ,,all of me" von john legend hinzugefügt, da mich dieses lied immer an damian und aria verbindet :)

es folgt ein letztes kapitel, wo ich mich bei euch bedanke! denn das würde den rahmen hier definitiv sprengen :)


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