Kapitel 7

Li seufzte und sah uns dann an. Er konzentrierte sich mehr auf mich, vor Xiao schien er Angst zu haben.

"Auch unsere Gruppe an Schatzräubern wurde gefragt, ob wir die Mission ausführen wollen. Uns wurde nur erzählt, dass wir eine Lieferung klauen müssten, die an einen Käufer in Liyue gehen sollte. Es hieß, wir würden eine große Summe Mora für diesen Auftrag bekommen."

Ich nickte verstehend und dachte nach. "Warum habt ihr die Mission abgeschlagen?", fragte ich, denn es war offensichtlich, dass die Gruppe die Mission nicht angenommen hatte. Li wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als uns plötzlich jemand unterbrach. "Wer seid ihr?", fragte eine feindliche Stimme hinter uns und Xiao und ich drehten uns zeitgleich herum. Die anderen Schatzräuber der Gruppe standen hinter uns und sahen uns an. Sie mussten gerade zurück gekommen sein. Es waren vier weitere Männer.

Neben mir spürte ich, wie Xiao in Angriffshaltung ging, doch ich hielt ihn zurück, indem ich sanft eine Hand auf seinen Arm legte. Dabei ließ ich die Schatzräuber nicht aus dem Auge. "Li, was hat das zu bedeuten", fragte einer der Männer und Li stand auf. "Es ist alles gut, sie tun uns nichts. Die Beiden möchten nur reden... richtig?", fragte Li und sah mich eindringlich an. Ich war erstaunt, dass er uns in Schutz nahm, nachdem wir ihn regelrecht überfallen hatten.

Die Augen der restlichen vier Schatzräuber lagen nun auf mir und ich nickte langsam. "Richtig", bestätigte ich. Es lag eine gewisse Spannung in der Luft, während wir uns alle ansahen. Xiaos ganzer Körper war ebenfalls angespannt und zum Kampf bereit. Er misstraute den Schatzräubern deutlich. Ob wir gleich gegeneinander kämpfen würden oder normal reden würden hing nun von den vier Neuankömmlingen ab. Nach kurzem Blickkontakt fiel schließlich die Spannung der Schatzräuber ab und einige atmeten sichtlich aus. Mir fiel ein Stein vom Herzen und auch Xiao neben mir schien sich ein Stück weit zu entspannen.

"Worum geht es?", fragte einer der Schatzräuber und Li erklärte knapp was Xiao ihn bis jetzt gefragt hatte. Die anderen Schatzräuber nickten verstehend und ließen sich dann auf dem Boden oder auf Fässern, die sie hier stehen hatten, nieder. Auch ich setzte mich ins Gras und zog Xiao an seinem Arm zu mir herunter. Ich wollte keinen Konflikt mit Li und den anderen anfangen nur weil XIao ihnen misstraute.

"Also, warum habt ihr die Mission abgeschlagen?", griff ich nun die Frage von vorhin wieder auf. Ich hatte das Gefühl, dass die Antwort auf die Frage ziemlich entscheidend war. Einer der Schatzräuber, der einen Hut über seinen blonden Haaren trug, sah mich an, bevor er anfing zu sprechen. "Die Frau, die diesen Auftrag ins Leben gerufen hat, war La Signora." Mir blieb für einen Moment die Luft weg. Ich wusste nicht viel von La Signora. Sie war die achte unter den elf Fatui. Sie hatte ein vornehmes Auftreten, doch schien nicht immer besonders freundlich zu sein.

"La Signora hat nicht immer die besten Absichten und wir wussten nicht, in was wir da verwickelt werden würden, vorallem wenn so eine hohe Summe an Mora angesetzt ist. Etwas an dieser Sache schien nicht richtig zu sein...", erklärte ein Schatzräuber mit schwarzen Haaren. Li nickte zustimmend. "Das Seltsame war, dass Signora wirklich beunruhigt schien, fast schon ängstlich und aufgewühlt", Li starrte nachdenklich in die Luft. Die Sache schien suspekt zu sein.

"Warum wollt ihr das wissen? Was habt ihr für einen Nutzen von den Informationen?", fragte der mit dem Hut nun und ich blickte wie automatisch zu Xiao, unschlüssig, ob ich den Grund nennen sollte. Doch der Ältere nahm mir die Entscheidung ab, nachdem er mich kurz mit seinen gold-gelben Augen angesehen hatte. "Mei ihr Vater ist Händler und sie liefert etwas für ihn aus. Sie wurde von einer wirklich großen Gruppe an Schatzräubern überfallen, die sehr gierig auf das Mora zu sein schienen, denn sie wollten sich nicht ergeben, wir mussten sie bekämpfen. Sie hatten einen Sack voller Mora mit dem Logo der Fatui bei sich", schilderte Xiao die Situation und trotz dessen, dass ich noch sauer auf ihn war, war ich genauso dankbar, dass er nicht erwähnt hatte, dass ich gar nicht mit gekämpft hatte. Die Gruppe der Schatzräuber schien zwar ganz freundlich zu sein, aber sie mussten ja nicht direkt wissen, dass ich nicht kämpfen konnte.

Einer der Schatzräuber nickte verstehend. Ich sah mich in der Runde um und hatte plötzlich das Gefühl, den Schatzräubern die Lieferung zu zeigen. Sofort zog ich meine Tasche nach vorn und kramte darin nach dem in Stoff eingewickelten Holzstück. Xiao warf mir einen Blick zu, der mir deutlich machen sollte, dass ich die Lieferung den Männern besser nicht zeigen sollte. Doch in dem Moment war es mir egal, was er wollte. Ich tanzte schon die ganze Zeit nach seiner Pfeife, jetzt wollte ich einmal selbst entscheiden. Ich stand auf und ging näher zu den Männern um ihnen die Lieferung zu zeigen. Ich wickelte das Holzstück aus und reichte es dann an die Schatzräuber.

"Kann jemand von euch etwas damit anfangen oder hat jemand eine Ahnung, was das sein oder wofür man das brauchen könnte?", fragte ich und hatte die Hoffnung, ein paar Antworten zu bekommen. Doch die Hoffnung verwehte schon einige Augenblicke später im Wind, als jeder der fünf Männer mit dem Kopf schüttelte. Enttäuscht wickelte ich die Lieferung wieder ein und verstaute sie sicher in meiner Tasche. Danach stand ich erneut auf und diesmal tat Xiao es mir gleich.

"Ich danke euch für eure Hilfe", Ich neigte wahrheitsgemäß meinen Kopf und lächelte jeden der fünf Schatzräuber dankbar an. Einige lächelten zurück und Li stand sogar auf. "Wenn ihr jemals wieder unsere Hilfe benötigen solltet, dann stehen wir zur Verfügung", gab Li bekannt und lächelte mich sanft an. Seine Augen strahlten ehrliche Freude aus. "Ich dachte nie, dass Schatzräuber auch freundlich sein können", gab ich wahrheitsgemäß zu und Li lachte. "Nicht alle Schatzräuber sind böse. Und letztlich sind wir auch nur Menschen", der Ältere lächelte mich wieder sanft an.

Ich konnte nicht anders als zurück zu lächeln und winkte dann leicht zum Abschied. Die Schatzräuber winkten und lächelten zurück, bevor sie sich untereinander unterhielten. Ich blickte noch kurz zu den Männern, bevor Xiao und ich uns von ihnen entfernten und schon nach kurzer Zeit hatte uns die Dunkelheit verschluckt, da wir keine Laterne bei uns trugen.

Zwischen mir und Xiao herrschte eine eigenartige Stille. Xiao schwieg mich zwar so gut wie immer an, doch diesmal war es anders. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er sauer auf mich war. Vermutlich lag es daran, dass ich den Schatzräubern das Holzstück gezeigt hatte. Meine Wut hatte ich schon längst wieder begraben, denn es fühlte sich falsch an, lange auf jemanden wütend zu sein. Doch dass Xiao nun wütend auf mich zu sein schien sorgte dafür, dass ich eine gewisse Unsicherheit verspürte. Sein Schweigen schien diesmal so abweisend zu sein und ließ kein Raum, eine Konversation mit ihm anzufangen.

Ich beschleunigte meine Schritte etwas um ein Stück vor Xiao zu laufen. Es war das erste Mal, dass es für mich nicht angenehm war, neben ihm zu laufen. Ich versank in meinen Gedanken und dachte darüber nach, wie lang Xiao wohl noch sauer sein würde. Ich wurde in meinem Gedankenfluss unterbrochen, als Xiao sich völlig unerwartet zu Wort meldete.

"Warum hast du das vorhin getan?"

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