Kapitel 41
Nachdem neben Xiao zwei Leute knieten und sich um ihn kümmerten, war ich zurück getreten. Und erst als ich meine Augen von dem Krieger los riss, fiel mir mein eigener Schmerz an meiner Schulter wieder ein. Vorsichtig griff ich mit einer Hand nach der Wunde, nur um sie blutverschmiert wieder zurückzuziehen. Große Klasse.
Ich unterdrückte gerade ein schmerzvolles Geräusch, als eine Frau auf mich zukam, die meine Verletzung mitbekommen hatte. Ich wechselte ein paar Worte mit ihr und dann versorgte sie mich. Sie holte die Kugel aus meinem Fleisch und verband meine Wunde.
Als sie damit fertig war, entfernte ich mich langsam von der kleinen Menschenmenge.
Ich wollte wenigstens einen Moment Ruhe haben und brauchte ein wenig Abstand von der ganzen Sache. Mein Hirn hatte noch nicht ganz realisiert, was in der letzten Stunde alles passiert war.
Nach kurzer Zeit bemerkte ich, dass Zhongli mir schweigend folgte. "Xiao wird es schaffen", gab er von sich und ich nickte stumm, während ich immernoch von seiner tiefen Stimme überrascht war. Es würde wohl noch eine Weile dauern, bis ich mich an seine Stimme gewöhnt hatte.
Zhongli's Worte sollten mich eigentlich aufmuntern, doch ich hatte trotzdem Angst um Xiao.
Zhongli und ich liefen eine Weile schweigend nebeneinander her und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Es war keine unangenehme Stille und auch Zhongli's Gesellschaft war mir nicht unangenehm. Ich nahm den Älteren eh nur halb wahr. Meine Gedanken waren so laut, dass der Rest um mich einfach ein Stück weit verschwamm.
"Wie habt ihr es geschafft, so viele Leute zusammenzusuchen und dann auch noch eine Aktion durchzuführen, die funktioniert hat? Ich weiss, dass Qiang meine ganzen Freunde und Signora und Scaramouche umbringen wollte und war mir auch ziemlich sicher, dass er bereits Leute zum Gasthaus geschickt hatte, um das zu erledigen", gab ich von mir, ohne länger darüber nachzudenken. Die Worte waren einfach von meinen Lippen gerutscht und hatten mich selbst aus meinen Gedanken gerissen.
Zhongli nickte, während er mir zuhörte.
"Nun, Signora ahnte, dass Qiang etwas in der Richtung planen würde. Signora hat viele Fatui, die ihr treu ergeben sind. Sie hat Hilfen angefordert, wo sie nur konnte und kontaktierte auch mich, weil sie wusste, dass Xiao und Ich uns nahe stehen, zumindest irgendwie. Meine Aufgabe war es ursprünglich, Xiao davon abzuhalten, dort hin zu gehen. Nachdem sie nämlich den Brief erhalten hatten, hatte Xiao sich gemeldet, zu dem Austausch zu gehen, obwohl es gefährlich werden würde. Li hatte sich ebenfalls dazu bereit erklärt, aber Xiao wollte nicht, dass Li ging, er selbst wollte gehen. Ich meinte, er solle sein Leben nicht riskieren, solle nicht alles auf's Spiel setzen, nur für jemand anderen, doch er ließ sich nicht davon abbringen. Er meinte, er müsse sehen, dass du lebst, dass es dir gut ging."
Zhongli machte eine Pause und sah sich in der Gegend um, die so friedlich war und sanft vom Wind gestreichelt wurde, obwohl unter der Erde gerade ein Kampf tobte. Wenn man hier oben stand, konnte man nicht erahnen, was unter der Erde gerade vor sich ging und das war auch gut so. Die Menschen hier oben waren hoffentlich sicher und es wäre sinnlos, die Menschen, die keine Ahnung hatten, was hier eigentlich vor ging, unnötig in Gefahr zu bringen.
"Die Vierundzwanzig Stunden, die ihr Zeit hattet, hat La Signora nicht nur genutzt um jede Unterstützung anzufordern, die möglich war. Sie hat die Zeit außerdem dafür genutzt herauszufinden, wo Qiang's Versteck ist und wie es aufgebaut ist. Sie hatte die richtigen Kontakte, weshalb es nicht schwer war, die Informationen zu bekommen. Sie hat von den vielen Eingängen erfahren und war sich ziemlich sicher, dass Qiang in jedem der Gänge ein paar seiner Leute abgestellt hatte, für den Fall, dass du fliehen solltest. Signora teilte ihre Leute also ebenfalls in Gruppen auf, die die Männer in den Gängen ausschalten sollten. So verschaffte sie uns einen Fluchtweg, der gleichzeitig als Weg rein fungierte. Was diese Frau innerhalb dieser wenigen Stunden geleistet hat, ist unglaublich. Ich weiss nicht, ob jemand anders das so geschafft hätte, wie sie."
Ein Seufzen verließ Zhongli's Lippen und er machte einen Moment Pause. "Ich bin froh, dass alles soweit gut ausgegangen ist", gab er von sich und ich konnte nicht anders, als über seine Worte nachzudenken.
Ich war zwar gefangen genommen worden, aber wenn man es so betrachtete war alles vergleichsweise gut ausgegangen.
Dennoch gab es so viele Verluste. Xiao war schwer verletzt und unter der Erde ließen gerade viele Menschen ihr Leben. Aber wenn ich mir ausmalte, was alles hätte passieren können, dann waren die Verluste vermutlich vergleichsweise noch gering.
Ich nickte stumm, als Antwort auf Zhongli's Gesagte und ließ meinen Blick erneut über die Gegend schweifen. Ich hatte immernoch nicht wirklich realisiert, was gerade alles passiert war und ich würde den Ausmaß der Dinge vermutlich auch erst viel später realisieren.
Dennoch konnte ich nicht aufhören, darüber nachzudenken. Auch, als Zhongli und Ich wieder zu den anderen gingen, schwirrten mir die vielen Gedanken noch immer im Kopf herum.
Das erste das mir auffiel, als wir wieder bei den anderen waren war, dass Xiao mittlerweile weg gebracht worden war und ich hoffte, dass man gut für ihn sorgte. Mein Herz schmerzte bei dem Gedanken an seinen verletzten Körper, doch ich konnte jetzt nichts mehr für ihn tun.
Nachdem wir noch etwas länger vor dem Eingang gewartet hatten, kam La Signora zwischen den Felsen hervor und ich atmete erleichtert auf. Wenn sie raus kam, dann musste der Kampf vorbei sein. Und vermutlich hatte sie meine Pflanzenbarriere entfernt, sonst hätte sie nicht durch kommen können.
Ich ging auf die Blonde Frau zu und sie sah mich mit ihren eisblauen Augen an, auf ihren Lippen lag ein Lächeln. La Signora lächelte. Sie lächelte mich an. Und es wirkte aufrichtig.
Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte.
Gerade als sie etwas sagen wollte, kamen weitere Personen zwischen dem Fels hervor und ich erkannte sie als meine Freunde wieder. Sie waren alle, abgesehen von ein paar Kratzern, unversehrt und mein Herz wurde leicht wie eine Feder. Was für eine Angst ich um sie gehabt hatte.
Ich ging auf meine Freunde zu und umarmte sie alle gleichzeitig. Schniefend unterdrückte ich Tränen der Freude. Ein leises Lachen erklang von Lien und ich wollte alle Götter, die existierten, dafür küssen, dass sie meine Freunde verschont hatten.
"Du hast endlich deine Kraft entfesselt", hörte ich es von Li und musste leise lachen. Man konnte ihm anhören, wie stolz er war. Und das machte mich irgendwie auch stolz.
Langsam löste ich mich von meinen Freunden und sah einem nach dem anderen an. Alle lächelten mich an und keiner sagte etwas, da es in diesem Moment nicht nötig war. Man konnte spüren, wie erleichtert jeder war und das genügte für den Moment. Ich hatte meine Freiheit wieder und meinen Freunden ging es weitgehend gut. Oh Götter, ich wusste nicht, wie ich das verdient hatte.
Nur bei dem Gedanken an Xiao schmerzte mein Herz erneut.
Nachdem Lien mich nochmal angelächelt hatte, drehte sie sich zu Signora und ihr Gesichtsausdruck wurde bedauernd.
"Signora, es tut mir leid. Ich habe den Auftraggeber erschossen, bevor wir ihn fragen konnten, wo der zweite Würfel ist", sagte die Blonde und ich sah sie verwirrt an.
Ein zweiter Würfel? Li beugte sich zu mir und sagte: "Das erkläre ich dir später."
Signora's Mundwinkel zuckten. "Das macht nichts, ich hab ihn gefunden. Der Würfel war nicht gut versteckt. Qiang war wohl der Meinung, ihn verstecken zu müssen", gab sie von sich und holte einen Würfel hervor, der etwas heller war als der Würfel, den ich kannte.
Die Fatui Frau schmiss den Würfel in ihrer Hand spielerisch hoch und fing ihn wieder auf. Ein zufriedener Ausdruck war in ihre Augen getreten. Lien sah sie an und nickte, deutlich erleichtert.
Sobald Signora den Würfel wieder weg gesteckt hatte, drehte sie sich zu mir um und nickte respektvoll mit ihrem Kopf. "Mei, ich bin dir zu tiefem Dank verpflichtet. Ohne dich, deine Stärke, deinen starken Willen und dein Durchhaltevermögen hätte das hier schief gehen können. Deine Freunde werden dir nachher sicher erzählen, worum es bei der ganze Sache ging, aber sagen wir es so: du hast vermutlich Teyvat und seine Einwohner gerettet. Du hast auf deine Lieferung, diesen Würfel, immer aufgepasst und warst sehr mutig. Es tut mir leid, dass du entführt und mehrmals angegriffen wurdest, aber dir sei versichert, dass du nun sicher bist."
Signora deutete eine Verbeugung in meine Richtung an und ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Die mächtige Signora sprach Dank in meine Richtung aus und respektierte mich. Zu sagen, ich wäre überwältigt, war untertrieben.
"Was passiert jetzt mit den Würfeln?", fragte Bao nun und auch Lien schien neugierig darüber zu sein.
"Zuallererst werden wir damit den Raum öffnen und schauen, was genau sich darin befindet, welche Informationen. Und dann werden wir die Würfel sicher aufbewahren und dafür sorgen, dass nichts davon in die falschen Hände gerät. Was diesen Unterschlupf da unter der Erde angeht, wir werden ihn im Laufe der Zeit entfernen." Signora blickte nachdenklich drein und Bao nickte verstehend. Ich verstand nicht ganz, was sie von sich gab, aber ich würde es bald wissen, dessen war ich mir sicher.
"Nun denn, ich habe noch viele Sachen zu erledigen. Vielen Dank für eure Hilfe", sagte sie noch und sah jeden einzelnen meiner Freunde, inklusive mich, an, bevor sie sich schließlich abwandte und wieder in dem Eingang verschwand. Die Präsenz, die noch immer die Luft füllte, als sie schon längst verschwunden war, durchdrang meinen ganzen Körper.
Sobald die große Frau weg war, wandten sich meine Freunde mir zu und Li legte mir einen Arm um die Schulter. "Wir haben dir viel zu erzählen", sagte er und die anderen nickten.
"Es fing damit an, dass Lien deine Tasche fand...."
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Meine lieben Leser, das hier ist einfach schon das vorletzte Kapitel von dieser Geschichte hier.
Ich habe übermorgen meine erste mündliche Abiturprüfung und danach geht es mit dem Vorabi los. Die Zeit wurd stressig.
Aber für jetzt: habt einen tollen restlichen Dienstag! :)
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