Kapitel 1

Ich pustete mir eine helle Strähne aus dem Gesicht und schlenderte weiter auf dem Weg entlang. Das Wetter war schön und die Sonne schien. Das Gras und die Blumen wiegten sich leicht im Wind und ich genoss die angenehme Briese.

Es war weit und breit kein Hilichurl in Sicht, was mich erleichtert aufatmen ließ. Die Abenteurer, die immer mehr und mehr zu werden schienen, leisteten wirklich gute Arbeit. Sie garantierten Sicherheit für Bewohner oder Reisende wie mich und sorgten dafür, dass das Land sicher blieb.

Ich hatte auch einst mit dem Gedanken gespielt, ein Abenteurer zu werden. Abenteurer werden gut für ihre Aufträge bezahlt und haben in ganz Teyvat ein wirklich hohes Ansehen. Sie sind stark und haben viele Aufstiegsmöglichkeiten.
In einer Arena, die sich "gewundener Abgrund" nennt, kann man noch mehr Ansehen und eine wirklich große Menge an Mora als Preisgeld gewinnen. Man kann sich einen Namen machen. Außerdem dürfen die wirklich Guten auch neues Land erkunden.

Aber ich war definitiv nicht aus dem Holz geschnitzt, aus dem ein Abenteurer geschnitzt sein musste. Um ein Abenteurer zu werden musste man viele Prüfungen bestehen und das würde ich nicht schaffen.

Ich konnte nicht einmal kämpfen.
Alles, was ich mit meinem doofen Dendro Element konnte, was mir vielleicht ein bisschen weiterhelfen konnte, war eine Wurzel wachsen zu lassen um jemanden zum Stolpern zu bringen.

Ich würde gerne gut kämpfen können, aber es sich selbst beizubringen war keine so gute Idee. Leider gab es niemanden, der mir das Kämpfen beibringen könnte, weil ich bisher niemanden getroffen habe, der ebenfalls Dendro besitzt und das ging mir wirklich auf den Nerv.

Das Schlimmste allerdings war, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich mein göttliches Auge eigentlich bekommen hatte. Ich hatte keine Erinnerung daran, wie es passiert ist und was ich getan hatte um mein göttliches Auge zu bekommen. Aber ich musste ja irgendwie von den Göttern in Celestia für würdig erklärt worden sein, auch wenn es mir ein Rätsel war, wie. Denn ich konnte nicht einmal kämpfen.

Ich seufzte. Ich sollte wirklich froh sein, dass mein Vater mir überhaupt ein paar Aufgaben anvertraute.

Mein Vater ist Händler. Er reist durch Mondstadt und Liyue um zu handeln. Er verdient gutes Geld und wir besitzen ein schönes Haus in Mondstadt aber ich war dennoch nicht oft zu Hause.
Mein Vater kam ebenfalls nur selten heim, da er ja sehr viel herum reiste.

Und was machte ich?
Ich strich durch die Landschaft und half meinem Vater mit ein paar Aufträgen. Ich übernahm ein paar Aufträge, die nicht auf der gewöhnlichen Route lagen oder die er nicht schaffte, weil es zeitlich nicht passte.
Mir gefiel es, dass ich ebenfalls ein paar Waren austragen durfte.

Der einzige Nachteil daran war, dass ich alles immer zu Fuß laufen musste. Klar, ich hätte die Teleportationspunkte verwenden können, aber mir wurde jedes Mal schlecht und ziemlich schwindelig, wenn ich damit reiste, deswegen lief ich zu Fuß. Das Gute daran war, dass ich so mehr von der Landschaft sehen konnte.

Wenn ich herum reiste, traf ich auch ab und zu ein paar Bekannte. Ein guter Freund von mir war Diluc und ich besuchte ihn, wann immer ich Zeit hatte und in der Nähe war. Manchmal half ich ihm dabei Trauben für sein Weingut zu ernten oder ich spülte das dreckige Geschirr. Durch Diluc hatte ich Kaeya kennengelernt, der sich ebenfalls nicht selten im Weingut Morgenröte herum trieb.
Kaeya hatte mir schon oft in Situationen geholfen, in denen ich Hilichurls ausgesetzt war und ich war ihm mehr als nur dankbar dafür.
Ich wünschte mir, dass ich Diluc und Kaeya bald wiedersehen würde.

Doch leider verlief mein Weg in die genau entgegen gesetzte Richtung.
Meine Vater hatte mir wieder einen Auftrag gegeben und ich musste wieder einmal etwas ausliefern.
Ich hatte keine Ahnung, um was es diesmal ging. Aber es schien sich um einen kleinen Gegenstand zu handeln. Er war in Stoff eingewickelt und ich trug ihn nun in meiner kleinen Leder-Umhängetasche.

Ich musste den Gegenstand nach Liyue Harbor zu einem Privat Käufer bringen und er schien eine wichtige Bedeutung für den Käufer zu haben, weshalb ich den Gegenstand unbedingt unversehrt zu seinem Ziel bringen wollte.
Mein Weg führte mich von Jueyun Karst weg und verlief in Richtung Guili Ebene.

Der Weg war etwas anstrengender als sonst, da es abwechselnd bergauf und bergab ging und kleine Steine auf dem Weg lagen. Im Endeffekt störte es mich aber trotzdem nicht wirklich.
Ich genoss den Wind, der um mich herum strich. Meine langen Haare hatte ich zu einem geflochtenen Zopf zusammengebunden, der mir nun über die Schulter hing.

Es war so friedlich in diesem Moment, dass ich am liebsten stehen geblieben wäre und den Moment genossen hätte. Doch ich hatte definitiv keine Zeit dafür. Also lief ich den ansteigenden Weg weiter entlang und beobachtete dabei ab und zu Vögel, die auf einem der Felsen saßen.

Ich musste lächeln. Liyue war so wunderschön.
Mondstadt war auch wunderschön, doch auf eine ganz andere Art und Weise. Während Mondstadt fast nur aus Wiesen und Auen bestand, gab es in Liyue Berge und Felsen. Außerdem war die Bauweisen der Häuser hier ganz anders, als in Mondtstadt. Sie sahen traditioneller aus und waren nicht ganz so komplex gebaut. Doch es gefiel mir.

Das Lächeln auf meinen Lippen blieb, während ich weiter dem Pfad folgte und darüber nachdachte, wie schön es jetzt wäre, jemanden zu haben, mit dem ich mich unterhalten könnte.
Doch man konnte nicht alles haben und außerdem konnte ich mich in der Stille besser um meine Umgebung kümmern. Ich konnte sie besser aufnehmen und die Schönheit dieser intensiver genießen.

Ich schloss kurz die Augen, um meine Umgebung besser wahrzunehmen, doch öffnete sie direkt wieder, als ich ein seltsames Geräusch vernahm. Es war ein Knacken hinter mir und ich drehte mich um.

In ungefähr drei Metern Entfernung stand ein Mann mit einem Hut, der eine Armbrust auf mich richtete. Ein Schatzräuber!

Es war offensichtlich, dass der Mann mich überfallen wollte, doch er regte sich nicht. Einen Augenblick später wusste ich auch, wieso. Überall um ihn herum kamen weitere Schatzräuber und es schienen immer mehr zu werden.
Die Angst überschwemmte meinen Körper wie eine gewaltige Welle und ich griff automatisch nach meinem göttlichen Auge, dass als Anhänger von meinem Gürtel baumelte.
Ich konnte nicht kämpfen!

Und kaum hatte sich mein Körper das wieder bewusst gemacht, rannte ich los. Und die Schatzräuber folgten mir.

Ich rannte so schnell ich konnte und drückte die kleine Ledertasche fest an mich. Das einzige, was sie mir rauben konnten, war die Lieferung, die ich austrug und die befand sich in dieser Tasche.

Ich rannte einfach blind in eine Richtung und bemerkte erst später, dass ich total vom Weg abgekommen war.
Das Adrenalin breitete sich weiter in meinem Körper aus, als mir klar wurde, dass ich überhaupt keine Ahnung mehr hatte, wo ich mich befand.

Als ich dann auch noch irgendwo hingen blieb, stolperte und zu Boden fiel, nahm die Angst meinen gesamten Körper ein. Ich drehte mich um und sah die Schatzräuber die immer näher kamen. Ich rappelte mich sofort wieder auf und lief weiter, doch ich hatte keine Kraft mehr.
Nach kurzer Zeit ließ ich mich dann hinter einem Felsen nieder und lehnte mich erschöpft an diesen. Ich wusste, dass die Schatzräuber nach wie vor hinter mir waren, doch ich brauchte diese kurze Pause.

Als ich nach einem kurzen Augenblick wieder aufgestanden war und wieder los laufen wollte, bemerkte ich, dass die Schatzräuber mich eingekreist hatten und den Kreis um mich nun immer enger zogen.
Es bestand kein Fluchtweg mehr, ich war gefangen. Und kämpfen brauchte ich erst gar nicht versuchen, denn ich konnte nicht kämpfen.

"Tut mir leid, Papa. Ich konnte den Auftrag nicht ausführen", flüsterte ich leise und drückte die kleine Ledertasche noch enger an mich.

Danach stürzte auch schon der erste Schatzräuber auf mich zu.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top