Zukunft und Vergangenheit / Alter und Jugend
Remus apparierte mit Marty zurück zum Haus der Dolohows und ihm fiel auf, dass Marty sich sofort in der Straße umsah, aber wohl nicht das entdeckte, wonach auch Remus Ausschau gehalten hatte: den knallgelben Schulbus.
„Sie sind wohl noch nicht zurück", erkannte Houdini und er klang empört darüber, dass er noch warten musste, bevor er mit Phillis sprechen konnte.
„Bestimmt sind sie bald zurück", sagte Marty eine Spur zu heiter – seine Stimme klang nicht wie üblich, sondern eher so, als würde er sich bemühen, so zu klingen, als wäre alles in Ordnung.
Wesley und Houdini musterten dementsprechend irritiert ihren Begleiter.
„Gut – gehen wir ins Haus", schlug Wesley vor und scheuchte Edgar, Lily und Remus regelrecht weiter, während Marty einfach vor dem Haus stehenblieb und in den Himmel starrte, als würde er schon auf die Ankunft der anderen Gruppe warten.
Sara Dolohow kam aus der Küche, um sie in Empfang zu nehmen und ihr herzliches Lächeln war für Remus sehr willkommen, nachdem er einen sehr verwirrenden Tag hinter sich hatte. Beinahe musste er sich selbst daran erinnern, dass Sara die Mutter seiner Ex-Freundin war und er sich nicht allzu sehr auf sie als Mutter-Ersatz fixieren sollte, aber wann konnte man solche Fixierungen schon kontrollieren.
„Wie war die Suche nach Antworten?", fragte Sara heiter.
Houdini ging einfach an ihr vorbei ins Wohnzimmer und sagte nur scheinbar schlecht gelaunt: „Erfolglos."
Sara schien sich davon nicht stören zu lassen. „Wollt ihr Tee oder Kaffee? Und– oh... war Marty nicht bei euch?"
„Er wartet draußen auf die anderen", erzählte Wesley mit einem vielsagenden Blick, aber für Remus war nichts daran wirklich „vielsagend" und er verstand kein Wort.
„Oh...", machte Sara und blickte besorgt zur Haustür, als könnte sie durch sie hindurch Marty sehen, „Ich hoffe, es geht den anderen gut..."
„Warum sollte es ihnen nicht gut gehen?", fragte Lily leicht nervös – James war bei dieser anderen Gruppe dabei und nach dem Fiasko letztes Mal mit Pirro, Voldemort und einem vergifteten Messer, war es wohl kein Wunder, dass Lily sich ein wenig mehr Sorgen machte.
„Das wird sich noch zeigen...", murmelte Wesley, „vielleicht täusche ich mich auch, aber Marty wirkt wie jemand, der im Moment zu viel weiß..."
Der Schulbus tauchte am Horizont auf und auffällig war, dass, wer auch immer ihn flog, ziemlich unfähig war.
Der Bus schlenkerte unbalanciert in der Luft herum wie die Auto-Personifikation eines Betrunkenen und beim Landeanflug ging er nicht sanft und gleichmäßig nach unten, sondern sackte immer ein paar Meter ab.
Schließlich krachte er auf die Straße und quietschend fanden die Räder Halt auf der Straße, während der Fahrer wohl die Handbremse vergessen hatte und sie erst lösen musste – der Bus machte einen mächtigen Satz nach vorne, bevor er abrupt abbremste und dann immer meterweise weiterrückte.
Schließlich kam er vor dem Haus zum Stehen und Sirius öffnete mit einem stolzen Grinsen die Türen.
„Alles aussteigen! Wir sind da!"
Seine Passagiere taumelten mit bleichen Gesichtern aus dem Bus heraus. James hielt sich den Bauch, als würde er sich bald übergeben müssen.
„War doch gar nicht so schwer, wie ich gedacht habe!", rief Sirius heiter und sprang selbst leichtfüßig heraus – ihm schien die Fahrt als einziges nichts ausgemacht zu haben.
Birget benutzte zwei ihrer Speere als Krücken und hielt sich so auf den Beinen – sie hatten sie einfach wiederbeleben können mit einem simplen Zauber.
Laertes hingegen war von Phillis während der Fahrt geheilt worden und zusammen mit einer Menge Nektar und Ambrosia war er wieder zu Bewusstsein gekommen, war aber noch schwach, sodass Phillis und er sich beim Aussteigen gegenseitig stützten.
Remus eilte aus dem Haus, als er sah, dass die anderen angekommen waren und die kryptischen Worte von Wesley hatten ihn etwas beunruhigt, weswegen er einen Moment lang panisch war, als er James und Peter (nach der Fahrt von Sirius) in einem so schlechten Zustand sah, nicht wissend, dass ihnen einfach nur übel von der Fahrt war.
Marty war ihm schon voraus und sobald er Laertes auf den Beinen erblickte, warf er sich um seinen Hals und drückte seinen Ehemann ganz fest an sich, schluchzend und weinend vor Erleichterung.
Laertes löste sich von Phillis, um Marty zurück zu umarmen und mit einem leichten Lächeln tätschelte er ihm den Rücken.
„Es tut mir leid", schluchzte Marty, „Ich habe es gewusst – ich habe es gesehen! Ich habe davon geträumt, aber ich–"
„Shh", machte Laertes beruhigend, „Dich trifft keine Schuld. Es tut mir leid, dass du es gesehen hast."
„Ich– Ich habe nicht– nicht gewusst, ob du– ob du überlebst", weinte Marty und drückte Laertes noch fester an sich, „Ich habe nur– nur gesehen, wie du getroffen wirst und ich– ich–"
„Nein, nein, nein, bitte nicht weinen, Schatz", bat Laertes ihn schnell, „Ich lebe, siehst du? Ich bin hier. Aber ich bin ziemlich fertig... hilfst du mir ins Haus, Babe?"
Remus blinzelte verwirrt und sah dem Paar hinterher, als Marty Laertes ins Haus brachte und sich immer wieder entschuldigte, aber Remus hatte keine Ahnung, warum. Marty war mit ihnen in Hogwarts gewesen – selbst, wenn etwas passiert wäre, hätte er es nicht beeinflussen können.
„Das erklärt, warum er in letzter Zeit so schlecht geschlafen hat", sagte Phillis zu niemand besonderen, aber plötzlich fand Remus sich in der Situation, allein mit ihr noch draußen zu stehen.
Phillis fiel das wohl auch gerade auf und sie sah sich überrascht um, als wäre ihr noch gar nicht aufgefallen, dass alle anderen schon ins Haus gegangen waren und sie wollte sich wohl ebenfalls beeilen, ihnen hinterher zu kommen, aber die schwankte, als wäre sie betrunken.
„Woah! Geht es dir gut?", fragte Remus sie besorgt und breitete schon vorbereitet seine Arme aus, sollte sie auf einmal umkippen.
„Ich brauche nur einen Kaffee", winkte Phillis ab und humpelte weiter. Sie sah wirklich sehr müde aus, als wäre sie schon seit Tagen auf den Beinen oder wie Remus nach einer Vollmondnacht.
Zum Glück kam Sara aus dem Haus geeilt, der wohl ebenfalls aufgefallen war, dass ihre Tochter in keinem guten Zustand war und sie eilte einfach in Wollsocken über die Straße zu ihnen und legte schützend einen Arm um Phillis, um sie zu stützen.
„Komm ins Haus, Baby! Ich habe schon eine ganze Kanne voll Kaffee gemacht, aber wir müssen uns beeilen, bevor Houdini alles austrinkt", motivierte Sara sie amüsiert.
„Nein!", krächzte Phillis mit kratziger Stimme, „Nicht mein Kaffee!"
Sara kicherte und sie gingen zusammen ins Haus – Remus folgte ihnen mit ein wenig Abstand.
In der Küche hatte Marty Laertes schon in eine Decke gewickelt und ihn dick eingepackt. Vor ihm stand eine Tasse heißer Tee und Marty rührte gerade eine seltsame Flüssigkeit aus einer Feldflasche hinein.
„Das solltest du lieber nicht tun", warnte Phillis ihn und ließ sich auf einen Stuhl fallen, „Ich habe ihn schon zu viel gegeben."
„Er ist noch so blass", bemerkte Marty mit einem besorgten Blick auf Laertes, „Was ist das für ein Zauber gewesen?"
„Wir wissen es auch nicht", gestand James beunruhigt, „Dolohow hat irgend so einen... einen violetten Zauber auf ihn geschossen."
„Ich weiß", sagte Marty überraschend genervt und ungeduldig, „Wozu seid ihr Zauberer eigentlich gut, wenn ihr euch nicht einmal in eurem eigenen Gebiet auskennt?"
„Schon gut, Schatz." Laertes legte beruhigend eine Hand auf Martys Arm und Marty atmete ein paar Mal tief durch, um sich wohl zu beruhigen.
Sara ging zu Laertes und legte eine Hand auf seine Stirn. Sie summte besorgt und meinte: „Er ist ein wenig heiß."
„Nektar-Überdosis", diagnostizierte Phillis bestimmt, „Er braucht jetzt eher Ruhe."
Marty seufzte und nickte geschlagen. „Du hast Recht, Hintern... Ich..."
„Eine schnelle Lösung ist nicht immer die Beste", sagte Phillis ernst, „Das hast du zu mir gesagt, Marty."
„Benutz nicht meine eigenen weisen Worte gegen mich", warnte Marty sie mit Humor in der Stimme und er zeigte anklagend auf sie.
„Kommt, geht ein bisschen rauf", schlug Sara sanft vor, „Ich bringe euch euren Tee. Oben habt ihr Ruhe und Laertes kann sich ausruhen."
Marty nickte und half Laertes beim Aufstehen. Laertes wirkte tatsächlich noch nicht wirklich gesund, obwohl Phillis ihn offenbar so sehr mit ihrer Kraft geheilt hatte, dass sie selbst erschöpft war.
„Ich sehe später nach euch", versprach Phillis.
„Du solltest dich selbst ein wenig hinlegen", schlug Marty vor mit einem besorgten Blick auf seine jüngere Schwester, „Du hast viel für Laertes gegeben."
„Nicht genug, um mich umzuhauen", grinste sie.
„Übernimmst du dann heute Nacht die Nachtwache?", fragte Marty amüsiert und hob eine Augenbraue.
„Ha, ha!", lachte Phillis trocken, „Halt die Klappe!"
Marty, Laertes und Sara gingen nach oben und Phillis rührte sich einige Löffel Zucker in ihren Kaffee.
Es war unangenehm still, aber vielleicht empfand nur Remus diese Stille als unangenehm.
„Scheiße, was für ein Tag", seufzte Sirius schließlich und legte seinen Kopf auf dem Tisch ab, „Es fühlt sich an, als wäre ich schon seit Tagen auf den Beinen, aber eigentlich waren es nur ein paar Stunden!"
„Willkommen in unserem Leben", seufzte Phillis müde und schlürfte geräuschvoll an ihrem Kaffee.
„Ich habe keinen ruhigen Tag mehr gehabt, seit... seit...", Birget runzelte die Stirn, als sie überlegte, wann das gewesen war.
„Überfordere dein Gehirn nicht, indem du versuchst, an etwas zu denken, das länger als vierundzwanzig Stunden zurückliegt", schnaubte Houdini spöttisch.
„Was hat Marty gemeint?", fragte Peter kleinlaut, als hätte er Angst, die Frage zu stellen, „Er hat gesagt, er hat gewusst, dass wir in einen Hinterhalt laufen?"
„Umzingel-halt", korrigierte Sirius ihn grinsend.
„Was?", fragte Houdini empört über diese blasphemische Wort-Neuschöpfung.
„Es war eine Vision, oder?", fragte Lily, „Er hat so etwas angedeutet, dass er die hat."
„Wahrscheinlich", murmelte Phillis besorgt, „Der Arme... und er hat es mit niemanden besprechen können. Es ist immer am schlimmsten, wenn es Leute betrifft, die wir kennen."
„Was macht ihr, wenn das passiert?", fragte Lily leise, „Wenn ihr seht, dass jemand, den ihr kennt verletzt wird oder... oder stirbt?"
Kurz antwortete Phillis nicht und sie starrte in ihren dunklen Kaffee, als würde sie dort ihr Spiegelbild sehen. „Wie sehen zu, wie sie sterben", sagte sie schließlich mit gleichgültiger Stimme, als würde sie von dem Gesagten distanzieren wollen, „Immer und immer wieder... sie sterben in Visionen, in Träumen und Albträumen, bis wir nicht mehr wissen, was Vision, was Traum und was Realität ist... und dann passiert es wirklich und wir wissen nicht, ob wir erleichtert sein sollen, weil mit der Tat endlich die Träume aufhören, ob wir schuldig sind, weil wir nichts dagegen unternommen haben."
„Zum Glück hat Laertes also überlebt", erkannte Edgar leise, „Stellt euch vor, wie er sich gefühlt hätte, wenn er seinen Tod vorhergesehen hätte, aber nichts dagegen tun konnte..."
Phillis sah wieder Ruth vor sich – zerfetzt und in Stücke gerissen, gerade noch so lange am Leben, um zu Hause im Camp Half-Blood zu sterben. Sie dachte an die vielen, vielen Träume, die sie über ihren Tod gehabt hatte und die Tatsache, dass sie jede Nacht dabei zugesehen hatte, wie ihre Schwester starb, aber sie es nicht verhindern konnte.
Phillis rückte ein wenig zu energisch ihren Stuhl zurück und stand auf. „Entschuldigt mich, ich... ich...", stammelte sie, bevor sie regelrecht aus der Küche flog.
Die anderen sahen ihr besorgt hinterher und James war schon dabei, sich zu erheben, um ihr zu folgen, aber es war Remus, der ihm zuvor kam und seiner eigentlich Ex-Freundin hinterher rannte.
„Moony hat den Verstand verloren", bestimmte Sirius ungläubig, „Wie oft muss sie noch mit ihm Schluss machen, damit er versteht, dass er nicht mehr immer so besorgt wegen ihr sein muss."
„Ich gebe ihnen noch zwei Wochen", bestimmte Birget und alle sahen fragend zu ihr, „Was ist? Jeder sieht doch, dass sie noch etwas füreinander empfinden."
„Ich glaube, es dauert länger", winkte Houdini in einem gelangweilten Ton ab, „Noch mindestens, bis Phillis nicht mehr in der Pubertät ist und nicht mehr ständig so dramatisch sein muss. Das ist wirklich ermüdend."
„Ziemlich vorlaut für jemanden, der noch nicht einmal in der Pubertät ist", spottete Sirius.
„Das einzige, das diese Veränderung in meinem Leben mit sich bringen wird, ist ein Wachstumsschub und eine tiefere Stimme", sagte Houdini faktisch, „Dieser ganze sinnlose Quatsch mit verrückten Hormonen wird einfach an mir vorbeiziehen, dafür denke ich viel zu rational."
„Wie alt bist du jetzt?", fragte Edgar, „Zwölf?"
„Dreizehn!", verbesserte Houdini ihn scharf, „Dreizehn Jahre und ungefähr fünf Monate!"
„Wenn man die Monate mitzählt, weiß man, dass man noch zu jung ist", grinste James.
„Ich bin keineswegs zu jung! Mein Verstand ist noch formbar und flexibel – die perfekte Zeit, um so viel wie möglich zu lernen", widersprach Houdini ernst.
„Ich kann nur daran denken, dass Zaubererkinder in deinem Alter gerade einmal in der dritten Klasse in Hogwarts wären", sagte Edgar ungläubig, „Da hat man noch nicht einmal die ZAGs hinter sich!"
„Wenn man eine so geringe Lebenserwartung hat wie Demigötter, würde ich nicht sagen, dass Houdini wirklich jung ist", meldete sich Wesley dazwischen, „Eigentlich ist er in einem sehr guten Alter – in seinem Alter wird der Geruch stärker, die Monster werden auf einen Aufmerksam und man findet seinen Weg ins Camp oder wird von Satyrs wie mir gefunden."
„Das... was?", fragte James verwirrt, „Ich... in diesem einen Satz waren gerade so viele verwirrende Informationen, ich weiß gar nicht, was ich fragen soll."
„Ihr Zauberer solltet einfach lernen, dass Alter keine Rolle im Leben eines Demigottes spielt", sagte Birget genervt, „Lady Artemis sieht aus wie vielleicht zwölf und ihre Jägerinnen sind unsterblich; Wesley wie siebzehn, ist aber eigentlich doppelt so alt; Chiron wie vielleicht... vierzig? Apollo zeigt sich als Teenager; Dionysus als Trunkenbold mittleren Alters – sie alle sind aber schon Jahrtausende alt. Wie soll das Aussehen und das Alter noch eine Rolle spielen, wenn sich niemand seinem wahren Alter entsprechend verhält oder aussieht?"
„Ihr habt es noch leicht", schnaubte Houdini und er klang ziemlich beleidigt, „Albus zum Beispiel sieht aus, als wäre er schon mindestens fünfzig – ist er auch–"
„Du schätzt ihn auf fünfzig?", fragte Edgar erschrocken, „Ich... ich bin fünfzig..."
„– aber die Götter kennen diese Regeln nicht! Da höre ich davon, dass Phillis stirbt und bei ihr ist ein blonder Typ, den ich noch nie gesehen habe und Marty nennt ihn auf einmal „Dad", obwohl Marty älter aussieht! Das war verwirrend."
„Und wenn für Houdini etwas verwirrend ist, dann ist es auch verwirrend", unterstrich Wesley ernst nickend.
„Ihr... ihr habt ja wirklich Probleme im Leben", erkannte Peter.
„Und das ist erst der Anfang!", stimmte Birget ihm zu, „Sprechen wir lieber nicht von den unsterblichen Monstern, die immer wieder zurückkehren! Oder den erst neulich wieder auferstandenen eigentlich-Sterblichen, die jetzt wieder durch die Gegend wandern, als wäre es ganz normal!"
„Ihr habt noch nicht einmal die Hälfte von dem gehört, das ich innerhalb des letztes Jahres gelernt habe", sagte Houdini ernst, „Wir haben vielleicht an der Oberfläche gekratzt."
„Klingt wirklich lustig", murmelte Edgar, „Langsam verstehe ich, warum Albus das alles so lange geheim gehalten hat..."
„Es vergeht kein Tag, an dem ich mir nicht wünsche, er hätte es für sich behalten", jammerte Peter, „Ich habe schon wieder Kopfschmerzen!"
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