Sybills fröhliche Prophezeiung
Im Sommer wurden die Kämpfen zwischen Zauberern, Riesen und Werwölfen immer schlimmer. Man hörte nicht alles von den Fronten, aber was man in den Zeitungen lesen konnte, war schon schlimm genug.
Dazu kam natürlich die dauerhafte Drangsalierung durch Todesser.
Ein weiteres Mal fanden Phillis und Marty einen Vorfall, für den wahrscheinlich Marsyas verantwortlich war, aber bisher hatte er sich den Demigöttern noch nicht gezeigt.
Im Mai gab der derzeitige Zaubereiminister, Harold Minchum, auf und statt ihm wurde Millicent Bagnold Zaubereiministerin in diesen schweren Zeiten.
Moody sprach nur gut über sie, die Longbottoms fanden ihre Methoden ein wenig extrem, aber Phillis war die Politik bis zu einem gewissen Grad egal.
Es war Juni, als Dumbledore sich an Phillis wandte.
„Ich fürchte, ich habe gerade eine Prophezeiung erhalten", sagte er ihr, als er plötzlich ohne Voranmeldung bei ihr zu Hause auftauchte.
„Eine Prophezeiung?", fragte Phillis und runzelte die Stirn, „Wie eine Art Traum oder –"
„Ich bin derzeit auf der Suche nach einem neuen Professor für Wahrsagerei, nachdem Professor Mopsos im nächsten Jahr schon in Pension gehen wird", erzählte Dumbledore – Phillis hatte das gar nicht gewusst, aber sie hatte auch schon lange nicht mehr an ihren alten Professor gedacht, der vermutlich tatsächlich die Gabe der Wahrsagerei beherrscht hatte, als ein Nachkomme von Apollo, „ich habe mich mit einer sonderbaren Frau getroffen, einer gewissen Sybill Trelawney."
Phillis hatte noch nie von ihr gehört.
„Zuerst hat sie nicht sehr vielversprechend ausgesehen, aber dann...", Dumbledore zögerte einen Moment, „dann hat sich ihre Stimme verändert und sie hat sonderbare Dinge gesagt..."
„Wir sollten das auch mit Marty besprechen", schlug Phillis vor, „er beschäftigt sich damit schon viel länger als ich... am besten heute Abend, nach Sonnenuntergang."
„Nach Sonnenuntergang?", fragte Dumbledore, „Kann das warten?"
„Wir berufen einen Goldenen Raum ein", erklärte Phillis ernst, „Wir werden diese Prophezeiung unter der Aufsicht von Apollo besprechen."
Dumbledore kehrte also am Abend zurück in das Heim der Dolohows.
Die anderen hatten das Haus verlassen, während Marty und Phillis das Wohnzimmer vorbereitet hatten.
Marty hatte einige große Zettel an die Wand gehängt, auf denen sie schreiben konnten – es war nicht direkt das Allerheiligste Whiteboard™, aber es war besser als nichts.
Für Snacks und Getränke hatte Sara gesorgt und in ein paar Schüsseln stand alles im Raum verteilt herum – es würde mit Dumbledore vermutlich nicht so werden, wie in Hütte sieben im Camp, aber Traditionen waren wichtig.
Um den Effekt aus Hütte sieben nachzuahmen, hatten sie Goldfolien an die Wände geklebt. Nicht überall, aber genug, dass sie die Anwesenheit von Apollo sehen würden, wenn es soweit war.
„Was ist ein Goldener Raum?", fragte Dumbledore als erstes, als sie das Wohnzimmer betraten. Die goldenen Folien an den Wänden waren wohl eine Antwort, aber wohl keine, die den Sinn des ganzen erklärte.
„Ein Ritual unter den Kinder des Apollo", erklärte Marty und wies Dumbledore an, sich auf eines der Sitzkissen zu setzen, „Wir haben häufiger Visionen von der Zukunft, können diese aber nicht ohne weiteres miteinander besprechen, immerhin dürfen wir die Zukunft nicht verändern. Um trotzdem unsere Sorgen miteinander teilen zu können, wenden wir uns entweder an Chiron oder wir berufen einen Goldenen Raum ein. Während diesem ist Apollo unter uns und kann uns warnen, bevor wir Dinge sagen, die sonst niemand wissen sollte und die für sonst keinen gedacht waren."
„Ich verstehe", sagte Dumbledore in einem Ton, der es unmöglich machte zu sagen, ob er wirklich verstanden hatte, aber er war mit der Erklärung wohl zufrieden, „Wie funktioniert das?"
„Wir hoffen, dass es generell funktioniert", gestand Phillis, „Sie sind trotz allem kein Kind des Apollo."
„Aber nur so unter uns", grinste Marty, „Wenn Dad beschließt, dass das hier nicht seine Zeit wert ist, besprechen wir es einfach ohne ihn. Wir laden ihn nur aus Höflichkeit ein."
„Zuerst opfern wir Apollo", erklärte Phillis weiter, als sie sich auf die Sitzkissen niederließen und Marty entzündete das Feuer in der Opferschale, die sie in die Mitte gestellt hatten und löschte alle anderen Lichter, sodass ihre Gesichter nur noch vom Feuer erhellt wurden. Phillis nahm aus einer Schüssel ein wenig Popcorn und warf es in die Flammen der Opferschale. „Für Apollo", sagte sie leise und statt dem Gestank von verbrannten Essen stieg ein süßlicher Geruch vom Feuer auf, den Phillis schon beinahe vergessen hatte. Sie opferte nicht mehr so häufig den Göttern, wie sie sollte.
„Nun denken wir an Apollo, sprechen ihn in unseren Gebeten an", sagte Marty und klang ein wenig so, als würde er einen lächerlichen Ritus einem außenstehenden Erklären, „aber im Moment ist es eigentlich nur wichtig, dass Apollo auf uns aufmerksam wird. Die Götter haben so viel zu tun, erhalten so viele Gebete am Tag, da müssen wir irgendwie herausstechen."
Marty schloss die Augen und summte immer wieder „ohm", wie Phillis es von ihm schon kannte.
Sie selbst versuchte sich an das Gefühl von Sonnenlicht auf ihrer Haut zu erinnern und an den Tag (oder Nacht) in der sie Apollo das letzte Mal gesehen hatte – nachdem sie von Pirro abgestochen worden war und Apollo ihr das Leben gerettet hatte.
Als wäre sie tatsächlich zurück an diesem Tag, spürte sie einen Schmerz in ihrer Magengegend und unzufrieden verzog sie das Gesicht.
Plötzlich spürte sie, wie sie von einer unnatürlichen, aber doch angenehmen Wärme umgeben wurde und erwartungsvoll öffnete sie die Augen, in der Erwartung, dass die Goldfolien an den Wänden so leuchteten, wie es die Wände taten, wenn sie einen Goldenen Raum in Hütte sieben machten, aber das taten sie zu Phillis' Enttäuschung nicht.
„Das ist eine ziemlich wichtige Prophezeiung, die du heute im Angebot hast, Albus, Sohn der Kendra", sagte plötzlich eine fremde und doch bekannte Stimme und alle drehten sich zu ihr um.
Dort stand ein Junge in Phillis' Alter, aber mit denselben blonden Locken, blauen Augen und gebräunten Haut, aber alles ein wenig perfekter. Dieses Mal trug er keine kaiserliche, goldene Toga, sondern ein gelbes T-Shirt und dazu ziemlich enge Jeans mit Turnschuhen.
Dort stand Apollo und einen Moment lang wusste Phillis nicht, was sie tun sollte, aber Marty schien zum Glück nicht so zu fühlen.
Ihr großer Bruder sprang auf und umarmte Apollo wie einen Bruder – nicht wie einen Vater.
„Hey!", rief er und klopfte Apollo ganz leger auf den Rücken, „Dich hab ich ja schon ewig nicht mehr gesehen!"
„Oh, du weißt doch, wie das ist", winkte Apollo schelmisch grinsend ab und wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, „Musikalisch gesehen passiert derzeit so viel in der Welt, ich weiß kaum, wohin ich als erstes gehen soll!"
Irgendwie schaffte es auch Phillis, aufzustehen und Dumbledore folgte ihrem Beispiel, aber zögerlicher und unsicherer – er wusste noch nicht, wer dieser Junge war.
Phillis fragte sich, wie sie auf Apollo – ihren Vater – reagieren sollte.
Sollte sie ihn so umarmen, wie Marty es getan hatte? Ihn wie einen Freund begrüßen?
Aber das fühlte sich einfach nicht richtig an, also verbeugte sie sich leicht und sagte mit etwas zu kühler Stimme: „Vater..."
Apollos Blick legte sich auf sie und er lächelte ein wenig angespannt.
„Phillis, du siehst schon wieder viel besser aus. Du hast dich wirklich gut erholt", begrüßte er sie, als hätte er sie nicht das letzte Mal gesehen, als sie am Rande des Todes gewesen war.
„Aber nicht ganz...", sagte Phillis kühl.
„Lasst uns über die Prophezeiung sprechen!", schlug Marty eilig vor, der die angespannte Stimmung gespürt hatte und er führte Apollo in ihren Kreis um die Opferschale. Apollo griff sich auf dem Weg eine Schale mit Chips, die er zu essen begann und er setzte sich zwischen Phillis und Marty auf ein Sitzkissen, Dumbledore gegenüber, der noch einen Moment länger unsicher aussah, bevor er sich ebenfalls wieder setzte.
„Albus, das ist Apollo, Gott der Sonne, der Musik –", begann Marty die Vorstellung, aber Apollo unterbrach ihn.
„Ich bitte dich, das ist doch nicht nötig", grinste er, „Ich bin mir sicher, Albus kennt mich. Und ich habe auch schon von ihm gehört – besonders von der Prophezeiung, die er heute gehört hat."
„Es war also eine echte Prophezeiung?", fragte Dumbledore.
„Natürlich!", rief Apollo aus, „Diese Sybill hat vielleicht nicht viel Ahnung von Wahrsagerei, wie ihre Vorfahren, aber hin und wieder spricht sie doch etwas Wahres aus. Und heute, Albus, hat sie eine wahre Prophezeiung ausgesprochen."
„Sie muss wichtig sein, wenn du persönlich vorbeikommst", erkannte Marty.
„Nun, sie ist nicht direkt wichtig für uns –", gestand Apollo locker.
„Das bedeutet, es betrifft die Götter nicht", klärte Phillis Dumbledore auf.
„– aber es ist für den Ausgang dieser ganzen... Angelegenheit wichtig, dass sie auch erfüllt wird und niemand in irgendeiner Weise eingreift", fuhr Apollo fort, „Deswegen war es nie gedacht, dass Albus sie hört. Sie war eigentlich nur für Marty bestimmt – aber erst später und ich hätte sie dir irgendwann gesagt."
„Danke, Mann."
„Kein Ding."
„Ihr werdet also mein Gedächtnis löschen?", fragte Dumbledore in dem Ton eines Mannes, der etwas akzeptiert hatte, darüber aber überhaupt nicht begeistert war.
Apollo und Marty tauschten unsichere Blicke aus.
„Also... nicht direkt", sagte Apollo, „aber für dich gelten einfach nur dieselben Regeln, wie für alle, die aus Versehen eine Prophezeiung hören."
Dumbledore blickte fragend zu Phillis, die seinem Blick aber auswich, also sah er zu Marty, auf der Suche nach einer Antwort.
„Wir dürfen nicht eingreifen. Wir dürfen nichts verändern. Niemanden etwas davon sagen", erklärte Marty ruhig, „Wir stehen daneben, wissen, was passieren wird, greifen aber nicht ein – niemals."
„Ich weiß nicht, ob ich das kann", sagte Dumbledore ernst.
„Es ist für das größere Wohl." Apollo zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Die Zukunft, die dadurch ausgelöst werden kann, sieht sehr rosig für euch aus – also... nicht für alle, aber... für die ganze Gemeinschaft, denke ich einmal..."
„Wenn es einen anderen Weg gibt, bevorzuge ich diesen", entgegnete Dumbledore ernst und er klang sogar etwas aufgebracht, „wenn es sich irgendwie verhindern lässt –"
„Natürlich lässt es sich kurzfristig verhindern", schnaubte Apollo, „aber auf lange Zeit gesehen, würde das alles durcheinander bringen. Am besten, man folgt einfach diesem klaren Weg und riskiert keine andere Realität."
„Das kann ich –"
Apollo richtete seinen Blick auf Dumbledore und obwohl Apollo in diesem Moment wie ein seltsamer Teenager in T-Shirt und Jeans aussah, so sah man ihm in diesem Moment an, dass er auch ein Gott war und Dumbledore verstummte.
Apollo lächelte nun wieder gutmütig, als wäre nichts passiert. „Ausgezeichnet! Dann, Albus, kannst du uns ja einmal die Prophezeiung sagen."
Dumbledore blickte zu Phillis, die ihm aufmunternd zunickte, also sagte Dumbledore ihnen die Prophezeiung, die das Geschehen in den nächsten Jahrzehnten beeinflussen würde. „Der Eine mit der Macht, den Dunklen Lord zu besiegen, naht heran. Jenen geboren, die ihm dreimal die Stirn geboten haben, geboren, wenn der siebte Monat stirbt. Und der Dunkle Lord wird ihn als sich Ebenbürtig kennzeichnen, aber Er wird eine Macht besitzen, die der Dunkle Lord nicht kennt. Und der Eine muss von der Hand des Anderen sterben, denn keiner kann leben, während der andere überlebt. Der Eine mit der Macht, den Dunklen Lord zu besiegen, wird geboren werden, wenn der siebte Monat stirbt."
Einen Moment lang war es still, während alle diese Zeilen aufnahmen.
„Nun...", sagte Marty schließlich und klatschte einmal in die Hände, „Das war... wow... es reimt sich zumindest einmal nicht – ähnelt wohl eher einem Limerick?"
„Bist du überhaupt mein Sohn?", spottete Apollo locker, „in einem Limerick würden sich einige Worte auch reimen! Was weißt du eigentlich?"
„Oh...", Marty grinste verschmitzt, „Natürlich."
„Ich habe auf die Schnelle nur eines aus dieser Prophezeiung herauslesen können", sagte Phillis überraschend ernst und sie sah Dumbledore vielsagend an, „Wer auch immer Voldemort besiegen wird... er ist noch nicht einmal geboren."
Es wurde still.
„Und ich habe gedacht, ich hätte früh mit dem Weltretter-Zeug angefangen", murmelte Marty.
„Ich kann euch noch etwas über diese Prophezeiung sagen", meldete sich Apollo, „Einer dieser... wie heißt das? Todesser? Genau! Ein Todesser hat ebenfalls einen Teil dieser Prophezeiung gehört – das macht sie zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Und ich selbst habe mich gefragt, wie sie sich erfüllen soll! Witzig, oder nicht?"
Phillis fand das zugegeben überhaupt nicht witzig.
„Wer?", fragte sie ernst und beinahe schon erwartete sie, dass es ihr Onkel gewesen war – wäre wieder einmal typisch gewesen.
„Sein Name ist Severus", sagte Apollo, „er hat es schon an seinen Meister weitergegeben – jedenfalls den Teil, den er gehört hat. Voldemort – so nennt ihr Riddle doch, oder nicht? – Voldemort wird jedenfalls versuchen, diese Prophezeiung nicht erfüllen zu lassen oder sie schon frühzeitig erfüllen, aber er kennt nicht die ganze. Er wird also losziehen und diese ganzen Ereignisse ganz allein zum Laufen bringen – unsere – oder besser gesagt eureAufgabe ist es einfach nur, daneben zu sitzen und nichts zu tun."
„Er wird ein Kind als Ebenbürtig kennzeichnen?", wiederholte Dumbledore, „Wie?"
Apollo zuckte mit den Schultern, aber vermutlich kannte er die Antwort.
„Alice und Frank Longbottom sind Voldemort schon ein paar Mal begegnet", überlegte Marty, „Ich glaube, es kommt auf die drei Mal hinaus – und Alices Termin ist im August, vielleicht auch Ende Juli. Das würde also passen."
„Lily ist auch schwanger", erinnerte Phillis ihn und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken, als sie daran dachte, dass vielleicht das Kind ihrer Freunde in dieser Prophezeiung gemeint war.
„Ich weiß nicht... es wäre ein wenig früh", überlegte Marty, „Natürlich wäre es möglich... und die Erstgeborenen kommen gern auch ein wenig früher... aber eigentlich hätte ich geschätzt, dass Lilys Baby erst Mitte August zur Welt kommt."
Es waren nur Hoffnungen – nicht mehr.
„Wir... werden es wohl erst dann erfahren", meinte Dumbledore leise.
„Aber ihr dürft nicht eingreifen!", warnte Apollo sie und zeigte warnend auf die drei, „Nicht vergessen! Ihr wisst eigentlich noch gar nichts von dieser Prophezeiung! Helft ihnen, sich zu verstecken, ohne ihnen direkt zu sagen, warum."
„Danke, Apollo, dass du uns alles gesagt hast, das wir wissen dürfen", sagte Marty dankend. Phillis verzog unzufrieden das Gesicht, nickte aber halbherzig zustimmend.
„Immer wieder gerne", grinste Apollo viel zu fröhlich, „und... noch etwas..." Er sah sie ernst an. „Das Kind aus der Prophezeiung – es muss von seinem Blut umgeben aufwachsen. Glaubt mir, das ist besser so."
„Von seinem Blut umgeben? Also bei seinen Verwandten?", fragte Phillis nun doch etwas aufgebracht, „Was meinst du damit? Werden die Eltern des Kindes sterben?"
Apollo antwortete nicht – natürlich nicht.
Er verschwand einfach und Phillis fand nicht einmal die Energie, enttäuscht deswegen zu sein. Es war eben ihr Vater... sie hatte nicht mehr erwartet – eigentlich sogar noch weniger.
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