Remus wünscht sich den Tod
Remus verband schon erstaunlich viele Erinnerungen mit dem Dolohow-Haus, was überraschend war, denn so oft war er gar nicht da drin gewesen und wenn, dann hatte er nur den Eingangsbereich, die Küche und das Wohnzimmer gesehen. Er hatte zum Beispiel nicht einmal eine Ahnung davon, wie Phillis' Zimmer aussah und er war auch noch nie wirklich lange zu Besuch gewesen.
Als er das letzte Mal da gewesen war, war er von Marty traumatisiert worden, der wohl das seltsamste Morgen-Ritual hatte, von dem Remus je gehört hatte (und er hatte sich sieben Jahre lang mit Sirius einen Schlafsaal geteilt).
Als er das letzte Mal mit James, Sirius und Peter hergekommen war, hatten sie nach Phillis gesucht und erfahren, dass sie irgendeinen Auftrag erledigte und nicht einmal sicher war, ob sie überhaupt zurückkommen würde. Damals war Remus geschockt davon gewesen, wie scheinbar selbstverständlich das gewesen war – heute wusste es, dass es wohl wirklich so selbstverständlich für Phillis war, obwohl Remus noch nicht ganz realisiert hatte, was es bedeutete, ein Demigott zu sein.
Dumbledore hatte alle Mitglieder vom Orden kontaktiert und ihnen gesagt, wo sie sich treffen würden und Remus hatte sofort die Adresse von Phillis erkannt.
Eigentlich sollten sie erst zu Mittag dorthin kommen, aber die Rumtreiber waren schon eine Stunde früher appariert, nachdem James darauf bestanden hatte, dass sie (Remus) mit Phillis reden sollten, bevor das offizielle Treffen stattfand.
Remus hätte das lieber noch etwas aufgeschoben, aber er war noch nie gegen James und Sirius angekommen.
Viel zu früh also klopften sie viel zu früh an der Tür und kurz darauf öffnete ihnen Mrs Dolohow.
Einen Moment lang wirkte sie überrascht, aber dann lächelte sie einladend. „Ich kenne euch! Seid ihr hier für das Treffen heute? Ich habe gedacht, es wäre erst später!"
„Wir wollten –", begann James, wurde aber unterbrochen, als Laertes hinter Mrs Dolohow die Treppe hinunter stürmte, sein Schwert in der Hand und damit ein sehr bedrohlich aussehender Anblick.
„Aus dem Weg, Sara! ich hab das im Griff!", brüllte er kampfbereit und die Rumtreiber wichen sichtlich verängstigt einen Schritt zurück, aber Sara Dolohow rührte sich nicht von der Stelle, sondern lächelte nur gutmütig und amüsiert.
„Keine Sorge, Laertes", beruhigte sie ihn und hob eine Hand zu seiner Stopp-Geste. Schliddernd kam Laertes zum Stehen und blickte verwirrt auf die Rumtreiber, bevor er sie wohl erkannte und sein Schwer wieder sinken ließ.
„Oh", machte er und sah die vier noch immer etwas unzufrieden an, als hätte er es bevorzugt, sie mit seinem Schwert zu köpfen. Dann wandte er sich an Mrs Dolohow und sein Blick wurde weicher – so sanft, es war überraschend, diesen Blick in dem Gesicht mit all den Narben zu sehen, das die Rumtreiber gerade noch so bedrohlich angesehen hatte. „Sara, du solltest nicht einfach die Tür öffnen – es hätte jeder sein können."
„Komm schon, Laertes", Sara legte liebevoll eine Hand auf Laertes' Wange, „Ich kann mich auch ganz gut allein wehren – immerhin hab ich Phillis allein aufgezogen, da werde ich mit allem fertig."
„Wahrere Worte wurden noch nie gesprochen", Marty war aus der Küche gekommen, einen dampfenden Kaffee in der Hand und einem amüsierten Lächeln im Gesicht, „Komm schon, Schatz – lasst unsere Gäste nicht da draußen warten!"
Es war eine Überraschung, als Laertes gehorchte – er sah nicht wirklich zufrieden damit aus, aber er und Sara Dolohow traten zur Seite, damit die Rumtreiber eintreten konnten.
Sie waren alle schon einmal in diesem Haus gewesen, aber trotzdem bewegten sie sich vorsichtig, als wären sie das erste Mal da.
„Hey, ihr", begrüßte Marty sie mit einem herzlichen Lächeln, „Ihr seid ein wenig früh, wisst ihr das?"
„Remus hier hat gehofft, mit Phillis sprechen zu können", James schlug Remus auf die Schulter. Remus hätte James am liebsten erwürgt und wurde leicht rot.
„Da musst du dich wohl noch ein bisschen gedulden, Houdini und Phillis sind gerade im Wohnzimmer und besprechen nächste Schritte", entschuldige Marty sich, ohne zu hinterfragen, was Remus von ihr wollte (vielleicht konnte er es sich auch denken).
„Kommt doch inzwischen in die Küche", bot Sara mit einem breiten Lächeln an, „Wollt ihr einen Kaffee oder Tee?"
„Das ist doch nicht nötig", lehnte Remus aus Höflichkeit ab.
„Das macht doch keine Umstände!" Sara lotste sie in die Küche, Laertes und Marty folgten ihnen.
Ein großer Tisch, eigentlich zu groß für den Raum, stand in der Mitte der Küche mit viele Stühlen darum herum und auf einem der Stühle saß Birget, eine große Tasse mit Kaffee vor sich und eine Karte mit verschiedenen bunten Markierungen vor sich.
Als sie eintraten, blickte sie auf, funkelte die Neuankömmlinge einen Moment lang finster an, bevor sie sich wieder ihrer Karte zuwandte und sie ansonsten ignorierte.
„Setzt euch einfach", bot Sara an, während Marty sich schon Plätze nebeneinander suchten. Einen Moment länger standen die Rumtreiber noch unsicher herum, bevor sie sich möglichst unauffällig auf den nächstbesten Stühlen niederließen.
„Was wollt ihr trinken? Tee? Kaffee?", fragte Sara Dolohow.
„Ein Wasser reicht", winkte James ab.
„Das ist eine inakzeptable Antwort", lachte Sara, „Ich mach euch einfach eine Kanne von beidem."
„Wie geht es dir, James?", fragte Marty ihn, „Hast du dich ausgeruht?"
„Klar", log James – sie waren noch die ganze Nacht bei Remus geblieben und hatte vielleicht drei Stunden geschlafen.
Marty grinste. „Das war eine Lüge – jetzt sag schon!"
James hatte keine Ahnung, wie Marty wohl gleich wie Phillis einfach durchschauen konnte, wann er log, aber vielleicht war das so eine Halbgott-Sache.
„Ich hab nicht viel geschlafen", gestand James also, „aber es geht mir besser, als gestern. Wirklich gut."
„Das glaube ich dir sogar", bestätigte Marty nickend, „Ich spüre keine gravierenden Schäden mehr an dir."
„Du spürst das?", fragte Peter verwirrt.
„Demigott-Kräfte", antwortete Marty und zuckte mit den Schultern, „Ich hab einfach ein sehr gutes Gespür dafür, wann es jemanden gut geht und wann nicht."
Sara Dolohow stellte – wie versprochen – Tee und Kaffee auf den Tisch zusammen mit ein paar Tassen.
Marty lehnte sich vor, fischte sich eine Tasse vom Tisch, füllte diese mit Kaffee (obwohl er schon einen hatte), gab noch viel Milch und Zucker dazu, trank ihn dann aber nicht selbst, sondern stellte ihn vor Laertes. „Du solltest nicht andauernd so angespannt sein, Honey. Brauchst du eine Massage zum Entspannen?"
„Ahhhh!", brüllte Birget plötzlich los und schlug auf die Tisch, „Ich will das nicht hören!"
Marty grinste schelmisch – dieser Blick bedeutete sicherlich nichts Gutes. „Friede, Schwester! Ich habe noch nicht einmal angefangen, davon zu erzählen, wie Laertes und ich –"
„Halt die Klappe!", schrie Birget.
„– erst gestern zusammen –"
Birget schnappte sich eine Tasse und warf sie mit erstaunlicher Zielgenauigkeit auf Marty. Dieser machte nicht einmal Anstalten, auszuweichen, aber nur wenige Zentimeter vor seinem Gesicht fing Laertes die Tasse auf und stellte sie wieder auf den Tisch.
„Kommt schon Leute, etwas leiser", bat Mrs Dolohow sie und kümmerte sich anscheinend überhaupt nicht darum, dass mit ihrem Geschirr herumgeworfen wurde, „Wesley schläft noch und Houdini und Phillis brauchen auch etwas Ruhe."
„Dann soll er aufhören, über ihr Sexleben zu sprechen!", beschwerte Birget sich und zeigte anklagend auf Marty, der nur unschuldig lächelte und an seinem Kaffee nippte, als wäre nichts passiert.
„Marty", sagte Sara nur müde.
„Ich mach's nicht mehr", versprach Marty scheinheilig.
Birget schnaubte, trank einen großen Schluck von ihrem Kaffee und wandte sich dann wieder ihrer Karte zu.
Die Rumtreiber waren von dieser scheinbar ganz alltäglichen Interaktion etwas überrascht – auf einmal waren Marty, Laertes und Birget nicht mehr diese übernatürlichen, göttlichen Wesen, sondern einfach nur drei weitere Chaoten.
Remus fragte sich, ob er Phillis irgendwann wieder wie ihr altes Ich sehen konnte, bevor er erfahren hatte, dass ihr Dad ein verdammter Gott war.
Remus schenkte sich Kaffee ein, die anderen wählten Tee.
„Ihr beide seid also...", Sirius deutete zwischen Marty und Laertes hin und her.
„Verheiratet", beendete Marty den Satz mit einem zufriedenen Lächeln und er warf seinen Arm um Laertes' Hals und drückte dessen Kopf an seine Brust.
„Oh", machte Sirius und klang überrascht.
„Probleme damit?", fragte Laertes gefährlich ruhig und auch Birget sah nun von ihrer Arbeit wieder auf – Remus wusste, dass sie ebenfalls eine gleichgeschlechtliche Beziehung mit Ruth, Phillis' Schwester geführt hatte.
„Nein, nein – wir spielen für dasselbe Team", sagte Sirius schnell, „Ich habe mir gestern nur an einem Punkt gedacht, dass Marty und Phillis–"
Remus prustete in seinen Kaffee und verschluckte sich. „Sirius, sie sind Geschwister", brachte er irgendwo zwischen seinem Husten und Gelächter heraus.
Sirius – und auch James und Peter – sahen Marty mit nun ganz anderen Augen an.
„Ah...", machte James und nickte bedächtig, „Jetzt sehe ich es..."
„Halbgeschwister – wir teilen uns einen göttlichen Dad", erklärte Marty.
„Sie sehen sich sogar ziemlich ähnlich – hast du sie dir einmal angesehen?", fragte Remus amüsiert, „Sie benehmen sich wie Geschwister!"
„Entschuldige, dass ich meine Mitmenschen nicht ausspioniere wie du, Moony!", beschwerte Sirius sich.
„Das ist nicht ausspionieren, das ist beobachten und kombinieren!", verbesserte Remus ihn.
„Sie sehen beide sehr wie ihr Vater aus", gestand Sara Dolohow, „Blond, blauäugig, sonnengebräunt und wirklich, wirklich gutaussehend."
„Ich gehe Wesley wecken", beschloss Birget, „bevor ich mir auch noch anhören muss, wie es zu Phillis gekommen ist!"
„Wenn du früh genug zurückkommst, hörst du noch die richtig dreckigen Details!", rief Marty ihr lachend hinterher.
Birget fluchte laut.
„Nicht doch", tadelte Sara ihn, aber sie konnte es kaum ernst meinen, nachdem sie leicht schmunzeln musste, „Das gehört sich doch nicht!"
„Denkt ihr, Houdini und Phillis werden fertig, bevor noch weitere vom Orden kommen?", fragte sich Laertes und wechselte damit erfolgreich das Thema, „Ich will mich denen nicht ohne sie stellen."
„Was besprechen die eigentlich, das so geheim ist, dass nicht einmal ihr dabei sein dürft?", fragte Sirius leicht misstrauisch, wobei er versuchte, nicht-misstrauisch zu klingen, was ihm aber nicht ganz gelang.
„Oh, es ist nicht geheim", winkte Marty ab, „und wahrscheinlich auch nicht wichtig. Manchmal helfen sie sich nur gegenseitig beim Denken oder sie lenken sich ab. Phillis hat überhaupt nicht gut geschlafen."
„Vielleicht hat sie wieder eine Vision gehabt", überlegte Laertes schulternzuckend, „Die Arme... hoffentlich war es dieses Mal nicht wieder so etwas schlimmes..."
„Wahrscheinlich nur die üblichen Albträume", vermutete Marty, „Sie hat keinen Goldenen Raum einberufen..."
„Ich wünschte nur, ich könnte ihr helfen", seufzte Sara und klang selbst sehr müde, „aber Schlaf und Phillis haben noch nie wirklich zusammen gepasst... Schon als kleines Kind hat sie nicht geschlafen!"
„Hat... Phillis häufig Albträume?", fragte Remus vorsichtig. Er wollte nicht so klingen, als würde er sich noch immer riesige Sorgen um Phillis machen, obwohl sie gar nicht mehr zusammen waren, aber die Zuneigung und Sorgen verschwanden nicht einfach, weil eine Seite Schluss machte und Remus konnte einfach nicht anders, als nachzufragen, obwohl er am liebsten die Klappe gehalten hätte, damit niemand bemerkte, dass er noch immer ziemlich, ziemlich beeindruckt von Phillis war.
„Frag sie doch einfach selbst", schlug Marty amüsiert vor, „Wir haben schon zu viel gesagt – Phillis mag es nicht, wenn wir über so etwas reden."
Sie hörten, wie Birget wieder die Treppe hinunterkam, gefolgt von dem Geräusch von... Stöcken? Als würde jemand vielleicht auf Stelzen hinuntergehen, aber vielleicht auch Stöckelschuhe. Remus konnte das Geräusch nicht wirklich zuordnen.
Kurz darauf betraten Birget und Wesley den Raum und Remus erkannte, was das so seltsam geklappert hatte – Wesley waren Hufe gewachsen.
Der Turban-Junge vom Vortag trug im Moment – nach seinem Mittagsschläfchen – keinen Turban und stattdessen konnte man einen Schopf krauser Locken sehen und irgendwo dazwischen waren kleine Hörner.
Statt den seltsam abgewinkelten Beinen waren da nun pelzige Schenkel mit Hufen statt Füßen.
Peter stieß einen erstickten Laut aus und fragte leicht verzweifelt: „Ist... passiert das, wenn der Animagus-Zauber schief geht?"
„Alter, was ist mit deinen Beinen passiert?", fragte Sirius ebenfalls verstört, „Hat dich jemand verhext?"
„Wes ist ein Satyr", erklärte Laertes in einem Ton, als wären sie dumm (und in seinen Augen waren sie das auch), „Halb Mensch, halb Ziege. Das ist doch offensichtlich!"
„Das gehört so?", fragte Peter perplex und starrte auf die Beine, als könnte er nicht glauben, dass es solche Wesen wirklich gab.
„Ihr habt Chiron mit seinem Pferdehintern kennengelernt, findet Wesley mit seinem Ziegenhintern aber seltsam?", fragte Marty amüsiert und verwirrt und er hob eine Augenbraue, „Ihr Zauberer seid schon ziemlich schräg..."
Wesley hatte zu der Unterhaltung nichts beigetragen. Als er den Raum betreten hatte, hatte er begonnen, herumzuschnüffeln wie ein Drogenfahndungshund auf heißer Spur. Er war wohl einem Geruch gefolgt, bis zu Remus.
Erschrocken riss er die Augen auf, während Remus einfach nur verwirrt war, als Wesley einen riesigen Satz zurücksprang und nervös – tatsächlich wie eine Ziege – meckerte. „Was bist du? Du riechst nach Monster!"
Die Demigötter reagierten schnell.
Birget und Laertes hielten ihre Waffen in nicht einmal einem Herzschlag in den Händen und richteten diese gegen Remus, noch bevor jemand anderer reagieren konnten und erst mit Verspätung zückten James, Sirius und Peter ihre Zauberstäbe, um ihren Freund zu verteidigen, während Remus nur etwas überfordert seine Hände hob.
„Wer und was bist du?", zischte Birget, „Rede! Eine Art Gestaltwandler?"
„Nein! Natürlich nicht!", verteidigte sich Remus, „Warum sollte– Ich weiß nicht, was hier los ist!"
„Du riechst nach Monster – bist du eines?", fragte Wesley alarmiert.
„Kommt schon, Leute – entspannt euch", versuchte Marty die Situation aufzulösen, „Das ist Remus – Phillis hat von ihm erzählt."
„Das hier kann nicht Remus sein, wenn er wie ein Monster riecht!", widersprach Birget, „Sei nicht immer so verdammt naiv, Marty!"
„Ich rieche vielleicht wie ein Monster für Wesley, weil ich ein Werwolf bin!", rief Remus aufgebracht, „Hat Phillis euch nicht davon erzählt?"
Einen Moment lang war es still.
„Ein Werwolf", zischte Laertes voller Hass in der Stimme, sodass ein Schaudern Remus den Rücken hinunterlief, „Wir haben einen Werwolf in unser Heim eingeladen."
„Rührt ihn nicht an!", befahl Sirius mit kühler Stimme und richtete seinen Zauberstab gegen Laertes, „Remus ist mehr wert als zehn von eurer Sorte! Ihr habt kein Recht –"
„Er ist ein Monster!", schrie Birget, den Speer gegen Remus gerichtet und eine schnelle Bewegung von ihr würde reichen, um ihn umzubringen, das wusste Remus. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal so in Lebensgefahr gewesen war, nachdem er sich nicht einmal daran erinnern konnte, wie Greyback ihn als kleines Kind gebissen hatte. Vermutlich war es auch besser so.
„Ich... ich will keinen Ärger", stammelte Remus unsicher, „Ich... ich werde gehen."
„Monster wie du sollten sofort ausgemerzt werden", zischte Birget – noch nie hatte jemand Remus so hasserfüllt angesehen.
„Birget!", rief Sara nun aus, „Lass ihn in Ruhe – er hat euch nichts getan! Ich bin mir sicher, Remus ist ein lieber Junge!"
Das ließ Birget einen Moment lang zögern, aber Laertes nicht.
„Wir werden dich beschützen, Sara", versprach er – kam es Remus nur so vor, oder zitterte seine Stimme bei diesen Worten ein wenig?
„Ich muss doch nicht beschützt werden, Liebling", seufzte Sara, „Schau doch – er ist lieb. Er wird euch nichts tun, das weiß Phillis und deswegen weiß ich es auch."
„Was weiß ich?" Phillis und Houdini betraten die Küche und nahmen das Chaos in sich auf. „Was geht hier vor? Was macht ihr?"
„Du hast uns nie erzählt, dass dein Ex ein Werwolf ist!", warf Laertes ihr vor, „Du bist doch besser als das, Phil! Wie blind warst du?"
„Hol das Silber – Himmlische Bronze tut diesen Biestern nichts!", wies Birget sie an.
Da verstand Phillis wohl und sie reagierte schneller, als Remus es je erlebt hatte.
Aus einem Messerblock schnappte sie sich zwei kleinere Messer und Remus erwartete schon, dass er nun sein Ende durch Phillis Dolohow erfahren würde, aber das passierte nicht.
Stattdessen trat sie Laertes ins Knie, sodass sein Bein einknickte und Phillis sich an ihm vorbeiquetschte und sich dann zwischen Remus und ihren Freunden positionierte, die Messer wie zum Wurf bereit in der Hand.
„Keiner rührt ihn an!", bestimmte Phillis mit einem Ton in der Stimme, der so unüblich für Phillis war, Remus musste noch einmal sichergehen, dass das wirklich Phillis war. „Niemand tut ihm weh, oder – das schwöre ich bei allen Göttern – ich werde schneller sein als ihr."
„Phillis!", rief Sara tadelnd aus.
„Du stellst dich gegen uns?", zischte Birget ungläubig, der Schmerz des Verrats in ihr Gesicht geschrieben, „Für... für dieses Monster?"
Remus zuckte zusammen – sie hatte recht.
„Schau ihn dir an, Birget!", bat Phillis sie noch immer mit kühler – eigentlich eisiger – Stimme, „Er trägt dicke Wollsocken, weil seine Füße immer zu kalt sind, und er kann ohne seine Kuschel-Eule nicht einschlafen!"
Remus wurde rot. „Das hätte eigentlich gerne unter uns blieben können, Phil", murmelte er peinlich berührt trotz der für ihn eigentlich lebensbedrohlichen Situation.
„Lächerlich", sagte Houdini mit einer für ihn typischen emotionslosen Stimme, „Du lässt dich von deinen irrationalen Gefühlen blenden, Phillis. Könntest du bitte aufhören, diesen Werwolf zu verteidigen und dein eigentlich moderat arbeitendes Gehirn wieder einschalten?"
„Remus hat euch gar nichts getan!", verteidigte James ihn, „Er hat noch nie jemanden etwas getan!"
„Einmal hat er heulen angefangen, weil ein Vogel direkt vor ihm gegen ein Fenster geflogen ist – dabei hat der Vogel überlebt", erzählte Phillis.
„Das... hätte auch gerne unter uns bleiben können", meinte Remus, „Phillis, bevor du alle meine peinlichen Geschichten erzählst: Lass sie mich einfach töten!"
„Wäre auf jeden Fall weniger langwierig", stimmte Peter ihm zu, „Hast du wirklich heulen müssen?"
„Remus ist nicht wie die anderen Werwölfe, denen wir begegnet sind!", rief Phillis frustriert, „Chiron denkt, dass die Werwölfe der Zaubererwelt sich weiterentwickelt haben –"
„Das klingt ja wirklich nett", schnaubte Sirius, „Nicht alle Werwölfe sind primitive Mörder!"
„Doch! Das sind sie!", widersprach Birget ihm scharf.
„Sie alle folgen nur Lycaons Befehlen", zischte Laertes, „und wenn sie das nicht mehr können, dann laufen sie wie Bestien herum und zerfleischen alles, was ihnen in den Weg kommt."
„Das ist nicht wahr!", quickte Peter, „Remus nicht!"
„Die Werwölfe der Zaubererwelt können sich nicht jederzeit verwandeln!", zählte Phillis auf, „Nur zu Vollmond verspüren sie diesen Blutdurst! Und Werwölfe wie Remus sperren sich dann ein, um niemanden zu verletzen – dabei verletzen sie nur sich selbst! Klingt das für euch wirklich nach einer Gefahr für uns?"
„Er ist ein Risiko, das wir nicht eingehen sollten", bestimmte Houdini ruhig, „Denk doch nur an all die Probleme, die wir mit Werwölfen gehabt haben: Dieser Werwolf in Aberdeen, der Kinder umbringt und uns bestimmt auch liebend gern umgebracht hätte, wenn wir ihm nicht überlegen gewesen wären;–"
„Ja, schon, aber –", begann Phillis, aber Houdini ließ sich in seiner eigenen Rede nicht unterbrechen.
„–oder die Werwölfe in Knockban – da haben sogar die Kinder versucht uns umzubringen und es beinahe geschafft, dabei waren die noch nicht einmal ausgewachsen –"
Remus schluckte schwer – das waren einige negative Erlebnisse, die Phillis mit Werwölfen gehabt hatte und Houdini war noch nicht einmal fertig.
„–oder Lycaons Rudel! Das war wirklich ein Spaß, wie der uns überrannt hat, oder nicht? Hättest du ihn nicht frühzeitig ausgeschaltet –"
„Denk doch an Ruth!", schrie Birget wütend einen Moment lang war es still, alle waren zu überrascht von dem Schmerz in der Stimme dieser eigentlich unbesiegbar wirkenden Kriegerin. „Denk an Ruth, deine eigene Schwester! Du weißt, wie sie gestorben ist!"
Remus wollte es nicht hören.
„Werwölfe haben sie regelrecht zerrissen! Hast du gesehen, wie sie zugerichtet war? Sie ist in ihrem eigenen Blut ertrunken und nicht einmal Marty hat sie retten können! Und du verbündest dich mit einem von ihnen?"
Das ließ Phillis tatsächlich einen Moment lang zögern und Remus konnte es ihr nicht übelnehmen. Aber dann hob Phillis stolz ihren Kopf und sagte mit fester Stimme: „Remus ist nicht gefährlich! Ich habe geforscht und habe viele Leute gefragt und sie alle haben mir bestätigt, dass ich keine Angst vor Remus haben muss: Chiron, meine Professorin – sogar Mr D hat ihn letztendlich akzeptiert!"
„Das ist schon einmal eine Leistung", murmelte Marty beeindruckt.
„Auch Dumbledore vertraut Remus vollkommen und hat ihn in seinen Orden aufgenommen!", rief Phillis und sah nun direkt Houdini an, „Blut von deinem Blut, Houdini! Bedeutet euch das gar nichts?"
Es schien ihnen nichts zu bedeuten, denn sie behielten ihre Waffen noch immer gegen Remus und Phillis gerichtet.
Phillis holte tief Luft und Remus sah in ihrem Gesicht diesen einen Blick, der besagte, dass sie irgendeine Dummheit anstellen würde. „Ich vertraue Remus. Vollkommen. Und ich schwöre beim Fluss Styx, er wird euch niemals absichtlich verletzen, wenn er es verhindern kann!"
Remus wusste nicht, was das für ein Schwur gewesen war, aber er schien gravierend zu sein, denn Birget und Laertes senkten ihre Waffen unsicher und sahen Phillis ungläubig an.
Houdini schnaubte empört. „Wenn sich herausstellt, dass das wirklich nur irgend so eine dämlich blind-vor-Liebe-Geschichte ist, werfe ich dich persönlich in den Tartarus. Wenn wir jetzt alles für unsere Gäste vorbereiten könnten?"
Houdini ging einfach.
Birget funkelte Remus noch immer finster an. „Das bedeutet aber noch lange nicht, dass ich ihn mögen muss", bestimmte sie stur und stolzierte dann aus der Küche. Laertes und Wesley folgten ihr.
Marty seufzte und tätschelte Remus ermutigend auf die Schulter, bevor er ebenfalls ging.
„Keine Sorge, die beruhigend sich schon noch", versprach Sara, „Ich schau drauf, dass Birget nicht schon wieder ein Sofa ersticht."
Phillis blieb mit den Rumtreibern allein in der Küche zurück und einen Moment lang blieb Phillis noch mit dem Rücken zu ihnen stehen und starrte weiterhin auf die Stelle, an der gerade eben noch ihre Freunde gewesen waren, als wäre sie zu Stein erstarrt.
„Phillis?", fragte Remus vorsichtig und riss sie wohl damit aus dem Reich ihrer Gedanken.
„Hu?", fragte sie und drehte sich um, „Oh – tut mir leid... ich... ich bin noch nicht dazu gekommen, es ihnen zu sagen, das hätte anders laufen sollen. Es war meine schuld."
„Dieser Schwur", sprach Remus ernst an, „er hat eine besondere Bedeutung, oder?"
„Ein Schwur unter Göttern und Demigöttern", bestätigte Phillis, „Er ist sehr heilig – man sollte ihn nicht brechen."
„Was passiert sonst?" Remus schluckte nervös.
Einen Moment lang starrte Phillis ernst in die Ferne, als würde sie sich die Konsequenzen ausmalen. Dann lächelte sie sanft. „Ich vertraue dir wirklich, Remus. Und du bist ein Softie."
Und Remus wusste, dass es ein sehr gravierender Schwur gewesen war und Phillis sehr viel riskiert hatte, um ihn zu verteidigen.
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