Jonny

Langsam trudelten auch noch weitere Mitglieder des Phönixordens ein und sie versammelten sich alle im Wohnzimmer, der Basis, wo alle wichtigen Informationen der Demigötter gelagert wurden.

Ein paar sahen sich dann gleich um und musterten die aufgepinnten Notizen zu den vielen Themen, die die Demigötter angesammelt und ungefähr sortiert hatten. Houdini hatte die Zettelchen irgendwann in ein System gebracht, das aber nur er wirklich zu verstehen schien.

Dumbledore kam zusammen mit Moody als letztes – es hatten nicht alle Ordensmitglieder Zeit zu kommen, aber jene, die kommen konnten, würden die Informationen dann weitergeben.

Trotzdem war das Wohnzimmer ziemlich voll gepackt und die Sitzgelegenheiten reichten nicht aus, sodass Phillis Mum noch ein paar Stühle aus dem ganzen Haus zusammensuchte, um möglichst vielen die Möglichkeit zu geben, sich nicht auf den Boden setzen zu müssen.

„Vielleicht können wir jetzt auch bald beginnen, damit wir nicht den ganzen Tag mit solchen Lappalien verschwenden", eröffnete Houdini mit seinem üblichen genervten Ton die Versammlung und als irgendwie-Anführer der Demigott-Gruppe würde er das Sprechen übernehmen (keiner hatte sich beschwert), „Ich gehe davon aus, dass Albus euch alle gestern adäquat mit den wichtigsten Informationen zu der Welt der Götter und uns vertraut gemacht hat, also werden wir dieses Thema nur noch kursorisch behandeln. Verschwendet nicht meine Zeit mit unnötigen Verständnisfragen, die schon einmal geklärt worden sind und hört lieber zu!"

Die Ordensmitglieder warfen sich verstörte Blicke zu – sie kannte Houdini noch nicht wirklich.

„Ein bezaubernder Junge", wisperte Sirius Remus amüsiert zu.

„Ihr solltet also alle schon mit Pirro Navaja bekannt sein, dem Sohn der Eris und unser derzeitiges Hauptproblem", fuhr Houdini fort.

„Unser Hauptproblem ist im Moment der Dunkle Lord, Junge", sprach Moody dazwischen.

Birget grunzte amüsiert. „Du meinst diesen Wicht, der gestern mit Pisse in der Hose geflohen ist? Der ist wohl kaum ein Problem!"

„Lasst uns nicht überheblich werden, weil wir sie gestern überrascht haben", riet Marty ernster, „Ich bin mir sicher, normalerweise sind sie kompetenter."

„Vielleicht sollten wir alle nicht die jeweilig anderen Gegner unterschätzen", meinte Houdini, „Ihr solltet Pirro nicht unterschätzen, nur weil er erst siebzehn ist."

„Siebzehn?", fragte Phillis überrascht, „Wann ist er denn siebzehn geworden?"

„Im November", seufzte Houdini, „Könnten wir –"

„Also ist er wahrscheinlich ein Skorpion", überlegte Marty, „Das erklärt so einiges – die sind alle ziemlich hinterlistig."

„Das hat doch absolut gar nichts mit seinem Sternzeichen zu tun!", rief Houdini leicht frustriert.

„Woher weißt du eigentlich, wann er Geburtstag hat?", fragte Phillis grinsend.

„Er hat es mir gesagt – du wärst bestimmt überrascht, Phillis – immerhin bist du dank deines kleinen Verstandes immer überrascht – aber wir haben auch miteinander gesprochen."

„Kein Wunder, dass jeder gedacht hat, ihr beide würdet zusammenkommen", meinte Marty amüsiert.

„Es hat bestimmt alle eure Fantasien zerstört, als er Phillis  umgebracht hat und uns alle verraten hat – könnten wir uns jetzt bitte wieder konzentrieren? Dan-ke-schön!", sagte Houdini streng und funkelte Phillis und Marty streng an, bevor er einmal tief Luft holte und fortfuhr, „Als Sohn der Eris hat Pirro wahrscheinlich die Fähigkeit, andere Leute zum Streiten zu bringen. Er verbreitet Zwietracht, wohin auch immer er geht und aus eigener Erfahrung kann Phillis sagen, dass man sich nicht leicht dagegen wehren kann – besonders nicht, wenn man unvorbereitet ist."

„Warum benutzt du mich als Beispiel?", maulte Phillis beleidigt, „Und er hat mich nur beinahe umgebracht! Das sollten wir unbedingt beachten!"

„Er hat es häufiger bei dir gemacht – vielleicht bin ich immun gegen ihn, weil mein überlegener Verstand zu schwer zu manipulieren ist."

„Oder er wollte dich nicht beeinflussen, weil er auf dich steht", überlegte Marty.

„Marty, es ist ein unbestrittenes Axiom, dass du den Intellekt von einer Aga-Kröte besitzt, aber könntest du dann einfach die Klappe halten und die Leute mit mindestens einer halben Gehirnzelle sprechen lassen?", wies Houdini ihn genervt zurecht.

„Das versuche ich schon seit Jahren zu erreichen, aber er ist einfach nicht still", gestand Birget.

„Ich habe zwei Fragen", meldete sich Peter dazwischen, „1. Läuft das bei euch immer so und wenn ja, dann 2. Wie bekommt ihr überhaupt irgendetwas auf die Reihe?"

„Das fragen wir uns schon seit Jahren, aber irgendwie haben wir überlebt", antwortete Phillis schulternzuckend.

„Wir legen unser Schicksal also in die Hände von ein paar streitender Kinder", fluchte Moody leise.

„Zugegeben, wir sind jetzt nicht mehr wirklich Kinder –", wollte Laertes sie verteidigen, aber Houdini unterbrach ihn.

„Fahren wir einfach fort! Das ist nämlich euer großes Problem!", Houdini deutete mit einer ziemlich abweisenden Handbewegung auf die Zauberer, „Ihr denkt, das Alter bestimmt auch die Kompetenz."

„Das ist jetzt wahrscheinlich der Moment, an dem wir erfahren, warum wir diesen Vortrag von dem einzigen Minderjährigen im Raum hören?", fragte Fabian Prewett dazwischen.

„Dafür gibt es zahlreiche Gründe", schnaubte Houdini beinahe empört.

„Er hat unter anderem einen Kontrollzwang", warf Phillis schmunzelnd dazwischen, „Es ist schrecklich – immer muss er alles wissen und alles unter Kontrolle haben!"

„Phillis, könntest du bitte ebenfalls freundlicher Weise die Klappe halten?", fragte Houdini übertrieben höflich, seine Stimme triefte geradezu vor Sarkasmus, „Der wahre Grund ist nämlich, dass ich wohl die intelligenteste und kompetenteste Person im Raum bin."

„Ganz klar übertrieben", schnaubte Birget.

„Ehh...", machte Marty, „Vielleicht ein bisschen übertrieben, aber im Großen und Ganzen hat er eigentlich Recht..."

„Und es ist offiziell meine Prophezeiung, also habe ich wohl das Sagen bei diesem Auftrag", bestimmte Houdini und hob stolz den Kopf.

„Eine Prophezeiung?", wiederholte Moody und klang ungläubig, als er sich anklagend an Dumbledore wandte, „Du hast uns nicht gesagt, dass das alles hier auf Märchen aufbaut!"

„Niemand glaubt an diesen Wahrsager-Schrott", stimmte Gideon zu, „In Hogwarts habe ich einmal vorhergesehen, dass ich unglaublich reich werde – das einzige, das ich heute im Überfluss habe, sind eine Menge Probleme!"

„Wie habt ihr überhaupt so lange überlebt, wenn ihr andauernd so ignorant seid?", fragte Laertes fassungslos.

Honey, sei nicht so gemein zu ihnen – sie wissen es eben nicht besser", verteidigte Marty sie, es klang aber nicht wirklich positiv für die Zauberer.

„Wir haben zufällig Zugriff auf ein antikes, berühmtes Orakel, das Orakel von Delphi", erzählte Phillis, „Schon seit der Zeit der frühen Helden haben Leute dort ihre Fragen gestellt und eine Prophezeiung erhalten, die sie kryptisch vor der Zukunft gewarnt hat."

„Das Problem dabei war nur, dass es selbsterfüllende Prophezeiungen waren, was mehr oder weniger bedeutet –", fuhr Marty fort, aber Houdini unterbrach sie wieder.

„Wir können bestimmt später diese unnütze Geschichts- und Informationsstunde fortsetzen, ich würde mich im Moment lieber um die wirklich wichtigen Fakten beschäftigen! Danke!"

„Wenn es erst einmal um Prophezeiungen geht, kann man die Kinder des Apollo nicht zügeln", scherzte Laertes, „Zum Glück sind sie jetzt nur zu zweit!"

„Wir sollten Prophezeiungen ernst nehmen, solange Kinder des Gottes der Wahrsagerei unter uns sind", stimmte Dumbledore amüsiert zu, „Und diese Quelle an Vorhersagen ist etwas seriöser als jene, die ihr vielleicht in Hogwarts kennengelernt habt."

„Da kann ich nicht zustimmen", meldete sich Phillis wieder, „Bei meinen ZAGs habe ich in einer Kristallkugel eine Eule und einen Goldenen Apfel gesehen – die Symbole für Athene und Eris. Und den Sommer habe ich dann einen Auftrag mit Houdini und Pirro ausgeführt. Ihr habt alle einfach keine Ahnung, wie man –"

„Wir wollten uns eigentlich wieder konzentrieren", erinnerte Wesley sie.

Phillis verstummte, sah aber nicht zufrieden aus.

Einen Moment lang dachte Remus sich, dass er ihr ewig zuhören hätte können, wie sie über Wahrsagerei sprach, obwohl er selbst dieses Fach nicht gewählt hatte. Dann tadelte er sich selbst für diese Gedanken – nicht nur hatten sie im Moment anderes zu besprechen, Phillis und er waren auch gar kein Paar mehr, also wurde von ihm nicht einmal mehr verlangt, dass er Phillis zuhörte, warum sollte er das also noch tun?

„Die Prophezeiung, die ich vom Orakel erhalten habe, sagt uns leider nicht wirklich, was wir tun müssen", seufzte Houdini entnervt, „jedenfalls nichts, was wir nicht schon zuvor gewusst haben."

„Wie lautet diese Prophezeiung?", fragte Sturgis Podmore interessiert.

Sohn der Athene, zieht los, um Tort zu rächen –"

Weiter kam Houdini nicht, denn James fragte dazwischen: „Torte? Was für eine Torte?"

Tort", verbesserte Remus ihn, bevor Houdini die Chance dazu hatte (allein das war schon eine Leistung für sich), „Das ist ein altes Wort für Unrecht."

„Ganz genau", bestätigte Houdini, „Das sollte eigentlich Allgemeinwissen sein, es ist ein absolut gebräuchliches Wort, ich bin überrascht, wie viele noch nicht davon gehört haben! Wenigstens einer hier scheint halbwegs Verstand zu besitzen – vielleicht ist er ja doch nicht so schlimm, Phillis, für ihn besteht auf jeden Fall Hoffnung."

Remus und Phillis wurden beide knallrot, als Houdini ihre frühere Beziehung ansprach.

„Wenn ich nun ohne weitere dämliche Fragen fortfahren könnte: Jenen zu finden, der es wagte, die Freundschaft zu brechen. Blut von seinem Blut wird er zur Seite stehen. Nur gemeinsam wird es gelingen, die Saat der Zukunft zu sähen."

Kurz war es still.

„Und damit müsst ihr arbeiten?", fragte Peter ungläubig, „Das ist... ich verstehe kein Wort!"

„Irgendwie habe ich auch erwartet, dass die Anweisungen etwas klarer sind", gestand James, „aber stattdessen gibt dieses Orakel nur Rätsel? Das ist schlimmer als die Rätsel von diesem Türklopfer beim Ravenclaw-Gemeinschaftsraum!"

„Warum wolltet ihr in den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws?", fragte Lily streng.

James grinste nur unschuldig.

„Wenn ihr einfach nur euren Verstand einschalten würdet und für eine Sekunde nicht von dem leichtesten Weg ausgeht, werdet ihr erkennen, dass die Prophezeiung selbsterklärend ist", bemerkte Houdini abfällig, „Sie sagt ganz eindeutig, dass ich die Tat von Pirro rächen werde und dafür muss ich mich mit Albus und seinem Orden verbünden, um unsere Zukunft zu sichern."

„Oh, ja klar, jetzt sehe ich es auch", rief Sirius sarkastisch aus.

„Sag ich doch, dass es simpel ist", nickte Houdini zufrieden.

„Eine Zusammenarbeit zwischen uns und dem Orden ist wichtig", unterstrich Phillis noch einmal, „Ohne uns könnt ihr Voldemort –" Einige im Orden zuckte zusammen. „– nicht besiegen."

„Und vice versa", fuhr Houdini fort, „Ohne euch wird Pirro seine Macht weiter ausbauen."

„Bis er zu einem Problem für die Götter wird und die endlich auch ihre Ärsche erheben, um zu helfen", sagte Laertes. Draußen donnerte es, obwohl es eigentlich ein klarer Herbsttag war.

„Ihr verlangt von uns, dass wir euch vertrauen?", fragte Moody und lachte auf, „Wir kennen euch nicht und sollen euch blind vertrauen?"

„Oh, natürlich nicht", flötete Houdini sarkastisch, was ein ungewohnter Ton für ihn war und natürlich sah er noch immer genauso stoisch wie immer aus, was die ganze Situation nur noch verstörender machte, „Ihr habt Recht – geht einfach, wir schauen dann von guten Plätzen aus dabei zu, wie ihr versagt! C'est la vie!"

„Seit wann kann Houdini auch noch Mexikanisch?", fragte Birget leise.

„Das ist Französisch", korrigierte Marty sie.

„Die Worte des kleinen Jungen beunruhigen mich", gestand Bones, „Hören wir vielleicht doch lieber zu und entscheiden dann?"

„Außerdem vertraue ich ihnen", gestand Dumbledore und lächelte zu den Demigöttern, „Ich arbeite schon länger mit ihnen zusammen und sie haben schon ihre Leben für uns, die Zaubererwelt und Muggel riskiert."

„Sie haben mein Leben gerettet", erinnerte Sturgis sie.

„Und meines", fügte James hinzu.

„Für mich sind das genug Gründe, um sie aufzunehmen", stimmte Bones zu, „Alastor, bisher haben sie uns noch keinen Grund gegeben, ihnen zu misstrauen – aber das Gegenteil haben sie schon mehrmals bewiesen."

Moody sah nicht zufrieden aus, beschwerte sich aber nicht mehr laut (er grummelte nur noch immer vor sich hin).

„Dann ist es also beschlossen", bestimmte Dumbledore, „Von heute an sehen wir euch als Teil des Ordens und wir werden zusammenarbeiten, bis Voldemort und Pirro Navaja besiegt sind."

„Mögen die Götter uns beiseite stehen", murmelte Marty, „Das kann ja nur in einen Streit enden..."



Sie tauschten Informationen aus, aber die Zeit schien ihnen durch die Finger zu rinnen und schneller als erwartet war es draußen dunkel und sie hatten gefühlt noch nicht einmal die Hälfte von dem geteilt, was sie geplant hatten.

Trotzdem lösten sie das Treffen auf und wie auch bei normalen Treffen vom Orden gingen ein paar gleich nach Hause, während andere in Grüppchen zusammenstanden und sich noch unterhielten.

Remus beobachtete Lily und James dabei, wie sie die Notizen der Demigötter begutachteten und sie wohl mit ihren eigenen verglichen, während Sirius und Peter mit den Prewett-Zwillingen sprachen.

„Vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft, Miss Dolohow", bedankte Sturgis Podmore sich gerade bei Sara, Phillis' Mutter, die sie ganze Zeit über mit Kaffee, Tee, Wasser und Snacks versorgt hatte.

„Das macht doch keine Umstände", winkte Sara herzlich wie immer ab.

„Ich habe Ihren Bruder kennengelernt", gestand Sturgis, „Sie sind eindeutig angenehmere Gesellschaft."

„Das freut mich zu hören", lachte Sara, „Alles andere wäre eine Beleidigung gewesen!"

Phillis verschwand allein aus dem Wohnzimmer und Remus kämpfte einen Moment lang mit sich selbst, ob er sie in Ruhe lassen sollte oder ihr folgen konnte, entschied sich dann aber dafür, ihr nachzugehen.

Phillis war in die Küche gegangen und hantierte an der Kaffeemaschine herum – es war schon spät, aber offenbar wollte sie sich noch einen Kaffee gönnen.

Einen Moment lang beobachtete Remus sie einfach nur und fragte sich, was wäre, wenn sie nicht auseinander gegangen wären. Dann erinnerte er sich daran, dass es lächerlich war, sich „Was wäre wenn" zu fragen. Er sollte einfach die Realität akzeptieren.

„Die Tochter des Apollo also", sagte er und Phillis zuckte erschrocken zusammen, sodass sie beinahe die Dose mit dem Kaffeepulver fallenließ.

„Götter, Remus!", rief sie aus, als sie erkannte, wer es war, „Schleich dich doch nicht so an!"

„Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken", meinte Remus schnell, „Du... normalerweise bist du nicht so schreckhaft."

„Ich war mit den Gedanken woanders", gestand sie schulternzuckend, „Kann ich dir irgendwie helfen?"

Sie schaltete die Kaffeemaschine ein und räumte das Kaffeepulver weg, bevor sie sich umdrehte, die Arme vor der Brust verschränkte und Remus ihre ganze Aufmerksamkeit schenkte. Es war selten, dass Phillis sich wirklich nur auf eine Sache konzentrierte und umso unwohler fühlte Remus sich unter ihrem Blick, als sie nur für ihn ihre gewöhnlichen Eigenschaften änderte – oder er hatte sie einfach nie wirklich kennengelernt und eigentlich war Phillis ganz anders, als Remus immer geglaubt hatte.

„Keine Ahnung", gestand Remus leise, „Ich... ich bin einfach nur noch verwirrt..."

„So geht es vermutlich nicht nur dir", vermutete Phillis sanft, „Es ist alles ziemlich viel und alles sehr... komplex..."

„Ich verstehe auch nicht, warum du Schluss gemacht hast", brachte Remus irgendwie heraus, „Ich meine... alles war gut, oder nicht? Zuerst habe ich gedacht, es wäre, weil ich ein Werwolf bin–"

„Nein!", widersprach Phillis scharf, „Das darfst du nicht denken! Das hat mich nie interessiert!"

„Warum dann?", fragte Remus leicht verzweifelt und warf die Hände in die Luft, „Was ist passiert? Was habe ich gesagt? Erklär es mir doch einfach, Phillis!"

„Das... ich...", stammelte Phillis (noch etwas, das nicht häufig vorkam, „Ich... es ist besser so."

„Warum ist es besser?", fragte Remus scharf, „Und für wen? Für dich oder für mich?"

„Für dich natürlich!", rief Phillis aus.

„Das darfst du nicht entscheiden!", bestimmte Remus stur, „Lass mich selbst die Entscheidung treffen!"

„Wenn ich dir sage, dass ich dich einfach nur beschützen will – belässt du es dann dabei?", fragte Phillis kühl.

„Natürlich nicht!" Remus klang verzweifelt und frustriert zugleich. „Ich... ich mag dich wirklich, Phil."

„Ich mag dich auch wirklich, Remus", gestand Phillis wieder etwas leiser, „Deswegen können wir nicht zusammen sein."

„Das ergibt absolut keinen Sinn, du redest kryptischer als James!", seufzte Remus.

Phillis sagte nichts dazu und einen Moment lang hörte man nur die Gespräche aus dem Nebenraum und die Geräusche der Kaffeemaschine.

Remus beruhigte sich wieder etwas und obwohl er es nicht verstand, so wusste er irgendwie, dass er Phillis vielleicht etwas Abstand lassen sollte.

„Dein Vater ist also ein Gott?", fragte er sie und wechselte damit das Thema.

Phillis wirkte einen Moment lang überrascht von diesem plötzlichen Themenwechseln, sprang aber gerne auf diesen Zug auf und nickte. „Apollo."

„Gott des... warte...", überlegte Remus – er hatte irgendwann einmal gewusst, welcher Gott das war.

„Ha!", machte Phillis spöttisch, „Er ist der Gott von einer ganzen Menge: Musik, Heilkunst, Dichtkunst und Poesie, den Bogenschießens – heute auch Gott der Sonne und des Lichts."

„Er scheint dich perfekt zu beschreiben", fiel Remus auf, „Bogenschießen, Musik, Heilkunst... du bist sogar so warm wie Sonnenlicht."

„Meine Spezialität ist eindeutig Bogenschießen", grinste Phillis – etwas lockerer und selbstbewusster, als sie zuvor gewesen war und die Unterhaltung fühlte sich für Remus wieder wie früher an. Phillis machte eine Bewegung, als würde in mit einem Bogen schießen. „Ich bin die beste Bogenschützin im Camp – wahrscheinlich sogar besser als Marty, aber wir haben uns nie verglichen, Marty nimmt keine Waffen mehr in die Hand, wenn er es irgendwie vermeiden kann."

„Wow", machte Remus, „Und... dieser Typ, als wir uns unseren Irrwichten gestellt haben... das war wirklich –"

„Jepp, so sieht er aus", bestätigte Phillis, „Jedenfalls hat er so ausgesehen, als er mit mir gesprochen hat. Götter können ihre Form ändern und sogar an mehreren Orten gleichzeitig sein."

„Muss seltsam sein... zu wissen, dass dein Dad ein Gott ist", überlegte Remus.

„Am Anfang vielleicht", stimmte Phillis ihm zu, „aber jetzt ist es nur... eine einzige Enttäuschung..."

„Warum?", fragte Remus ungläubig, „Weil es allmächtige Wesen sind und das Leben trotzdem nicht perfekt ist?"

„Weil sie allmächtige Wesen sind, aber ich trotzdem aufgewachsen bin, ohne meinen Vater jemals wirklich kennengelernt zu haben", korrigierte Phillis ihn, „Weil... weil es allmächtige Wesen sind, aber sie ihre Kinder trotzdem vielen Gefahren aussetzen, sie uns sterben lassen und es sie offenbar überhaupt nicht kümmert, wie es uns geht. Weil... weil es schlimmer ist, einen Gott als Dad zu haben, als einen normalen Dad oder einen Zauberer... oder gar keinen. Ich habe mir häufig gewünscht, dass mein Dad einfach ein ganz normaler Tunichtgut war – das wünsche ich mir noch immer."

„Obwohl du dann nicht... du weißt schon", dieses Mal machte Remus eine Bewegung, als würde er mit einem Bogen schießen, „Besonders wärst?"

„Wer will denn schon wirklich besonders sein, wenn man auch einfach... normal sein kann?" Phillis zuckte mit den Schultern. „Ich weiß auch nicht... ich wäre immer lieber gut in der Schule gewesen, als... das hier... unsere Gehirne sind auf Altgriechisch eingestellt, deswegen die Legasthenie. Und wir sind dazu gemacht, auf Schlachtfeldern zu kämpfen, aber... dafür können wir nicht stillsitzen oder uns auf etwas so langweiliges wie Schule konzentrieren."

„Dann hätten wir uns aber nie kennengelernt", erinnerte Remus sie ernst.

Phillis schaute an ihm vorbei auf einen Punkt irgendwo weit hinter ihm. „Wäre vielleicht besser gewesen..."

Remus konnte nicht fassen, dass sie das wirklich gesagt hatte. Die Zeit mit Phillis war für ihn einfach nur unglaublich und wunderbar gewesen, er hatte sich mehrmals gefragt, ob es nur ein Traum gewesen war, aber Phillis schien das nicht zu denken und genauso, wie sie so häufig ihre Hausaufgaben vergessen hatte, hatte sie wohl auch Remus vergessen.

Vielleicht hatte Sirius ja doch Recht gehabt und sie hatte ihn nur ausgenutzt.

Was hatte Remus sich auch dabei gedacht – eine verdammte Halbgöttin würde niemals mit jemanden wie ihn zusammen sein wollen – nicht einmal, wenn er kein Werwolf wäre.

Er war einfach nur... normal. Ein normaler Zauberer und Phillis war alles, was er niemals sein würde.

Remus nickte steif, drehte sich um und ging, bevor er auch noch vor ihr zu weinen begann.

Er sah nicht, wie Phillis Tränen in die Augen traten, als er ging und selten hatte sie etwas mehr geschmerzt, als Remus zu verletzen.

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