Die Demigötter bieten Pirro ein Kontrastprogramm an
Die Gruppe war auf dreizehn reduziert worden.
Manche waren verletzt worden, andere halfen denen, die verletzt worden waren.
Es war trotzdem noch eine relativ große Gruppe, die auf die Todesser zuging – aber nicht groß genug.
Sie waren auch nicht ganz unverletzt aus der Schlacht gekommen und Remus hatte einen wirklich schrägen Biss an seinem Zauberstab-Arm, aber er war nicht schlimm genug, um seine Freunde in Stich zu lassen, also schloss er sich der Gruppe an.
Die Todesser waren vielleicht zu fünfzehnt, wie Remus auf die Schnelle zählen konnte, was für sich schon ein Problem gewesen wäre, denn es bedeutete, dass der Orden in der Unterzahl war. Zusätzlich dazu war Voldemort persönlich unter ihnen.
Aber zum Glück hatten sie noch ihre Geheimwaffe dabei – in der Form eines dreizehnjährigen Jungen mit der nervigen Angewohnheit, immer das zu sagen, was ihm durch den Kopf ging und meist waren das Beleidigungen.
Noch nie war Remus so froh darüber gewesen, dass Houdini unter ihnen war.
Sie konnten sich den Todessern nähern, ohne Probleme. Beide Seiten hatten ihre Zauberstäbe kampfbereit erhoben, bereit, jederzeit zuzuschlagen, sollte es zu einem Kampf kommen. Unter den Reihen der Todesser war nur ein Junge mit schwarzen Haaren, der statt einem Zauberstab eine Art doppelte Harpune hielt und Remus wusste sofort, dass das Pirro Navaja sein musste.
„Ich bin mir noch nicht ganz sicher, was letztendlich euer Plan gewesen ist", sagte Houdini mit seinem typisch gelangweilten Ton, als sie nahe genug gekommen waren, „deswegen kann ich auch nicht wirklich sagen, ob euer Plan letztendlich funktioniert hat, aber vermutlich lehne ich mich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn ich die Vermutung äußere, dass absolut nichts funktioniert hat."
„So sehen wir uns wieder, Houdini." Es war absolut seltsam, Voldemort „Houdini" sagen zu hören. Es war auch seltsam, dass Voldemort offenbar vollkommen akzeptiert hatte, dass Houdini derjenige war, der im Moment bei ihnen das Sagen hatte. Es war auch seltsam, Voldemort mit einem Kind reden zu hören, als wären sie... vielleicht sogar ebenbürtig. Als würde sich Voldemort mit Dumbledore unterhalten.
„Von mir aus können wir den Teil gerne überspringen, in dem wir Drohungen und nervtötende Höflichkeiten austauschen", seufzte Houdini genervt, „Das verschwendet nur meine Zeit und meine Zeit ist zu kostbar, um mich zu lange mit dir zu unterhalten, können wir das ganze also endlich hinter uns bringen?"
„Du wagst es, so mit dem Dunklen Lord zu sprechen?", zischte einer der Todesser – eine Frau, der Stimme nach zu urteilen.
Houdini blickte ausdruckslos in die Richtung derjenigen, die gesprochen hatte. „Ja."
Voldemort ging nicht weiter darauf ein. Er hob seine Hand, um seine Gefolgsleute zum Schweigen zu bringen und redete weiter mit Houdini – es erinnerte Remus ein wenig daran, wie Erwachsene manchmal Kinder außen vor hielten, wenn sie Erwachsenen-Zeug miteinander redeten. „Ich sehe, Phillis Dolohow ist nicht unter euch.
Houdini zögerte bei seiner Antwort keinen Moment. „Sie ist tot."
Kurze Stille. Houdini hatte es wie immer gelangweilt und monoton gesagt, ohne jegliche Emotionen, aber trotzdem auf eine Art, bei der Remus einen Moment lang nicht sicher war, ob Houdini Phillis persönlich vor diesem Treffen umgebracht hatte, nur damit er ein Alibi für sie hatte. Auf eine verstörende Art und Weise klang das wie etwas, das Houdini tun würde.
„Unmöglich", zischte Voldemort, „Du lügst!"
Houdini hob unbeeindruckt eine Augenbraue. „Gut möglich. Wir sind nicht wirklich Freunde... oder Bekannte... und ich mag dich nicht sonderlich und wahrscheinlich beruht das auf Gegenseitigkeit. Ich bin also nicht dazu verpflichtet, die Wahrheit zu sagen."
„Sie lebt also – wo ist sie?", fragte Voldemort.
„Tot, das hab ich doch schon gesagt", schnaubte Houdini so genervt, als wäre es wahr, „Ich verstehe einfach nicht, warum Menschen nicht die einfache Fähigkeit besitzen, ein paar Sekunden lang konzentriert zuzuhören! Bei Birget verstehe ich es, sie ist eine Idiotin –"
„Hey!"
„– aber du hast doch vor, die Welt der Zauberer in eine Diktatur zu verwandeln, oder nicht? Wie willst du das schaffen, wenn du nicht einmal die Kapazitäten besitzt, um zwei Sekunden lang konzentriert zuzuhören und das Gesprochene auch aufzunehmen und zu speichern. Ich meine, wie schwer kann das sein? Ich kann doch nicht der einzige Mensch auf der Welt sein, der sich Sachen auch merken kann – ich weiß, für die meisten Anwesenden muss das eine komplett neue Erkenntnis sein! Was habe ich also gesagt?"
Houdini sah Voldemort herausfordernd an und dieser funkelte den Jungen so wütend an, Remus war sich sicher, aus seinen roten Augen würden bald Laserstrahlen schießen und er würde Houdini nur durch die Macht des Hasses grillen, so wie sie gerade davor die Inferi gegrillt hatten.
Es war still. Houdini und Voldemort sahen sich beide herausfordernd an – keiner von beiden schien nachgeben zu wollen.
„Muss ich es noch einmal wiederholen?", fragte Houdini und hob eine Augenbraue. Er klang so furchtbar abwertend, Remus fühlte einen Moment lang tatsächlich Mitleid Voldemort gegenüber. „Das wäre kaum ein Problem für mich – wirklich nervig, aber ich bin es schon gewohnt. Kaum jemand in meiner Umgebung schafft es, mir zu folgen – es ist eigentlich ein Wunder, wenn sie auch nur zwanzig Prozent von dem verstehen, was ich rede. Soll ich es noch einmal wiederholen?"
Nein!", zischte Voldemort voller Hass in der Stimme, „Ich habe es verstanden."
„Tatsächlich?", fragte Houdini und klang überrascht, „Was habe ich gesagt?"
„Phillis Dolohow ist tot", wiederholte Voldemort mit zusammengebissenen Zähnen, „deswegen ist sie nicht hier."
„Sehr gut", lobte Houdini ihn, als wäre Voldemort das Kind, das gerade etwas richtig gemacht hatte, „War ja nicht so schwer!"
„Meister, wir haben noch zwei gefunden!" eine kleinere Gruppe Todesser kam von hinten – bei ihnen waren Marty und Phillis.
Martys Arm war dick verbunden. Er schien zu schwitzen und war blass, aber ansonsten ging es ihm wohl gut – keine Anzeichen dafür, dass es für andere gefährlich wäre, in seiner Nähe zu sein – jedenfalls auf dem ersten Blick nicht.
Sie stellten Phillis und Marty zwischen die beiden Fronten, direkt vor Voldemort und Remus fiel auf, wie das Gras unter Martys Füßen vertrocknete. Es passierte langsam, aber trotzdem – es starb.
Voldemort sah Phillis tatsächlich ein wenig ungläubig an und richtete seinen hasserfüllten Blick dann auf Houdini. „Sie lebt also doch?"
„Natürlich lebt sie, ich habe dich angelogen", sagte Houdini, so selbstverständlich und gleichgültig, es war kaum noch auszuhalten. Remus war sich sicher, dass Voldemort Houdini gleich mit bloßen Händen erwürgen würde – etwas, das bestimmt schon viele Leute versucht hatten.
„Gibt es einen Grund, warum wir uns heute hier versammelt haben?", fragte Phillis – es war kein guter Moment, um wie Houdini zu sein, wie Remus fand, aber vermutlich sah die Situation im Moment nicht allzu gut für sie aus. You only live once war die Devise.
„Das einzig logische wäre es, uns jetzt sofort alle auszulöschen", schlug Houdini gelangweilt vor.
„Könntest du sie bitte nicht auf dumme Ideen bringen?", fragte Phillis mit einem kurzen Schulterblick nach hinten.
„Phillis, ich habe nie dumme Ideen", schnaubte Houdini empört, „und natürlich wäre es ziemlich intelligent, jetztgegen uns vorzugehen. Wir sind geschwächt, in der Unterzahl und klar im Nachteil. Wenn nicht jetzt, wann dann?"
„Morgen?", schlug Laertes vor.
„Übermorgen?", meldete sich Birget.
„Nie?", fragte Marty hoffnungsvoll, „Warum können wir nicht alle einfach Freunde sein?"
„Wir sollten es wirklich hinter uns bringen", meinte Pirro aus den Reihen der Todesser und trat etwas vor, „Sie reden und lenken ab, während sie sich einen Plan überlegen. Und sobald sie einen Plan haben, sind wir unterlegen."
„Vielleicht haben wir ja schon einen Plan", grinste Phillis, „Wir sind ziemlich gut darin, Pläne zu haben."
„Eigentlich nicht", meinte Laertes.
„Eine Plan haben wir eigentlich immer", korrigierte Wesley ihn, „wir setzen ihn dann nur nicht so um."
„Bevor wir sterben, habe ich noch eine Frage", sagte Houdini und richtete seinen gelangweilten Blick wieder auf Voldemort, „Was ist dein Ziel?"
Stille. „Warum sollte ich dir das verraten?", fragte Voldemort und Remus fand, er klang ein wenig wie ein trotziges Kind. Ihm fiel das wohl auch selbst auf, denn er funkelte Houdini wieder mörderisch an.
„Nun, ich habe Theorien", gestand Houdini, „Ich wüsste gerne, ob sie stimmen."
„Mein Verstand und meine Ziele sind viel zu komplex, als dass ein Kind wie du –"
„Du willst also unsterblich werden?", fragte Houdini und die Art und Weise, wie Voldemort verstummte, verriet ihn schon, „Was ist es? Willst du ein Gott werden? Oder einfach nur nicht sterben und der Unterwelt entkommen?"
„Oh", machte Marty, „auf einmal ergibt alles einen Sinn!"
„Ich verstehe es noch immer nicht", gestand Birget, „Was hat dieses Ziel bitte mit allem zu tun?"
„Hast du dich deswegen mit Eris verbündet?", fragte Phillis ungläubig an Voldemort gerichtet, „Hat sie dir Unsterblichkeit versprochen?"
„Das ist lächerlich", schnaubte Laertes, „Nicht einmal er wäre so dämlich, um zu glauben, dass das funktionieren würde!"
Voldemort sah ein wenig so aus, wie jemand nun einmal aussah, der gerade so von allen Seite kritisiert wurde. Stolz hob er den Kopf. „Was versteht ihr schon davon?"
„Eine ganze Menge", meinte Marty und runzelte die Stirn, „Wir kennen Götter – ich bin mit ein paar von ihnen befreundet. Außerdem lernen wir von deren Geschichten."
„Haltet die Klappe", schrie Pirro panisch, als würden sie gerade seinen Plan zunichte machen, „Töten wir sie!"
„Ich will das hören!", verlangte Voldemort und hob abweisend die Hand in Pirros Richtung, damit er verstummte und er sah die Demigötter beinahe schon neugierig an.
„Es gibt viele Wege, um unsterblich zu werden –", sagte Houdini.
„Sollten wir diese Wege wirklich verraten?", fragte Edgar Bones unsicher – Houdini ignorierte ihn.
„– zum einen könntest du einfach verflucht werden – wenn ein Gott dich verflucht und in ein Monster verwandelt, bist du mehr oder weniger unsterblich."
„Natürlich gibt es Nachteile", meldete sich Phillis, „Jedes Mal, wenn man stirbt, muss man die Hölle durchwandern – einmal quer durch den Tartarus. Und das kann Tage dauern, meist aber Jahre oder sogar Jahrhunderte. Die Frage ist also, ob das wirklich ein so guter Tausch für Unsterblichkeit ist."
„Streichen wir diese Möglichkeit also vorerst weg", meinte Houdini, „und sehen uns andere an. Manche Helden werden zu Götter erhoben – meist nach ihrem Tod. Herakles und so."
„Das fällt aber auch weg, nachdem die Götter nicht nur keinen Grund haben, dich zu einem Gott zu ernennen", sagte Phillis, „du bist auch kein Held. Eigentlich eher genau das Gegenteil."
„Eine weitere Methode wäre natürlich die Ariadne-Methode", schlug Marty vor, „du bringst einen Gott dazu, sich in dich zu verlieben und nach deinem Tod bettelt dieser Gott dann Zeus an, um dich zu einem Gott zu erheben. Das hat Mr D gemacht."
„Was aber das Problem an sich schon in der Methode hat", meldete sich Houdini, „nämlich, dass nur der König der Götter einen Sterblichen oder auch Demigott zu einem Gott ernennen kann – Zeus."
„Und Zeus mag dich nicht", gestand Phillis künstlich mitleidig.
„Eris hat dir also vielleicht Unsterblichkeit versprochen. Versprochen, dass du ein Gott wirst", fasste Houdini zusammen, „aber sie hat gar nicht die Ressourcen, um dieses Versprechen umzusetzen. Warum sind wir also hier?"
Stille. Remus konnte regelrecht die Zweifel in Voldemort spüren und wahrscheinlich war genau das Houdinis Plan gewesen. Selbst, wenn die Todesser wirklich beschließen sollten, sie jetzt sofort einfach umzubringen, so hatten sie doch auch etwas hinterlassen. Die Zweifel an der Sache, die Zweifel an Pirro und die Zweifel an der Göttin, die Voldemort unterstützte.
Dieselbe Göttin die sich plötzlich direkt vor ihnen manifestierte.
Remus hatte – seines Wissens – noch nie einen Gott gesehen, aber als sich plötzlich wie aus den Schatten heraus eine Frau bildete, wusste er einfach, dass da eine Göttin sein musste.
Sie war wunderschön mit bleicher Haut und pechschwarzen Haaren, aber gleichzeitig umgab sie eine Art Aura, die Remus geradezu anschrie, dass er sich von ihr fernhalten sollte. Sie war mehrere Meter weit entfernt und trotzdem hatte Remus das Bedürfnis, direkt zu ihr hin zu gehen und sie anzuschreien, mit ihr zu streiten. Und zeitgleich erinnerte er sich daran, wie James und Sirius in der Schule andauernd um seine Hausaufgaben gebeten hatten, immer in letzter Sekunde – nicht, weil sie keine Zeit dafür gehabt hätten, sondern weil sie eher keine Lust gehabt hatten. Und Remus erinnerte sich auch daran, wie Peter manchmal so unendlich langsam war und immer die dämlichsten Fragen im falschen Moment stellte. Und er erinnerte sich daran, wie Sirius Severus Snape in die Heulende Hütte gebracht hatte und Remus ihn beinahe umgebracht hätte, wäre da nicht James gewesen, das diese Katastrophe verhindert hätte. Aber ganz besonders erinnerte sich Remus daran, wie Phillis mit ihm Schluss gemacht hatte, ohne triftigen Grund.
Und da wusste Remus, dass das Eris war, die Göttin der Zwietracht und des Streites.
Die Todesser tuschelten aufgeregt untereinander und Pirro wurde ganz bleich – wenn Remus sich erinnerte, was das da seine Mutter. Aber Eris kümmerte sich nicht um Voldemort oder Pirro oder die Todesser, sondern wandte sich an Houdini.
„Du bist ziemlich gut darin, Zwietracht zu sähen", sagte Eris zu ihm.
Houdini sah sie einen Moment länger kalkulierend an. „Danke", sagte er dann schlicht.
Eris lächelte leicht. „Bist du sicher, dass du keiner der meinen bist?", fragte sie ihn.
„Ganz sicher", bestätigte Houdini tonlos.
„Nun gut", Eris klatschte einmal in die Hände und wandte sich zu Voldemort um. „Was ist hier los? Du zweifelst an mir?"
„Nimm es ihm nicht übel", sagte Houdini ruhig, „er zweifelt an dir aus ganz rationalen und logischen Gründen. Gegen meine Argumente hat kaum jemand eine Chance."
„Dann sollten wir diese Unterhaltung lieber nicht hier führen", schlug Eris vor mit einem kritischen Blick auf den Orden, „Wobei ich es lächerlich finde, dass du überhaupt auf dieses Kind hörst, nachdem er dich gerade davor angelogen hat. Offenbar hat er keine Ambitionen, dir die Wahrheit zu sagen – im Gegensatz zu mir."
„Oh, sie ist gut", lobte Houdini sie beinahe schon beeindruckt, „Nicht schlecht. Ich würde mir vermutlich tatsächlich Sorgen machen –"
„Wenn nicht?", fragte Pirro und alle blickten in seine Richtung, also erklärte er sich noch einmal genauer: „Bestimmt hat er einen Plan B und C – bis hin zu Z, wie ich ihn kenne. Und dann noch einen Plan A.2 und so weiter. Du würdest dir tatsächlich Sorgen machen, wenn nicht– was?"
Houdini antwortete ihm nicht. Stattdessen starrte er Pirro einen Moment lang an und sagte dann ruhig: „Schließ dich uns an, Pirro – es ist noch nicht zu spät."
Pirro lachte laut und etwas panisch auf. „Ich soll mich euch anschließen? Welchen Grund hätte ich dazu?"
„Vielleicht hat man dir das noch nie gesagt, Pirro", meldete sich zur Überraschung aller Birget mit ernsten Ton, „oder du hast es ihnen einfach nicht geglaubt, aber glaube mir – glaube uns, wenn ich dir sage, dass es nicht normal ist, Angst vor seinen Eltern zu haben."
„Es ist nicht normal, zusammen zu zucken, wenn sich deine Eltern zu ruckartig bewegen", fügte Laertes ebenso ernst hinzu.
„Es ist nicht normal, sie bei Laune halten zu wollen, damit sie dir nicht wehtun", sagte Birget.
„Es ist nicht normal, dass sie die wehtun", brachte Sirius heraus – Remus blickte in seine Richtung. Er war ganz bleich und allein die Erwähnung an solche Situationen schien ihn schon wieder dahin zurück zu bringen.
„Komm mit uns und wir beweisen es dir", schlug Phillis sanft vor.
Pirros Blick war einen Moment lang tatsächlich unsicher. Er blickte kurz zu Eris und dann wieder zurück zu Houdini. Und genauso, wie Remus gewusst hatte, dass Sirius in der Nähe seiner Eltern und in der Öffentlichkeit nie so rebellisch war, wie hinter den sicheren Mauern von Hogwarts, wusste er nun auch, dass Pirro sich nicht ihnen anschließen würde.
„Ihr seid zu naiv!", rief er – sein Ton sagte Remus, dass er mutiger wirken wollte, als er war, „Ich soll mich ergeben, damit ihr mich an die Götter ausliefern könnt?"
„Scheiß auf die Götter!", schrie Laertes wütend und sagte dann in einem ruhigeren Ton: „Entschuldige, Lady Eris."
Eris winkte ab. „Keine Ursache."
„Du hast es mit den Leuten zu tun, die schon seit Jahren auf der Abschussliste der Götter stehen und trotzdem noch leben", bemerkte Marty, „Wir wollen dir nur helfen, Pirro. Wenn du uns lässt."
„Ich brauche keine Hilfe", spuckte Pirro hasserfüllt aus, „Besonders nicht von euch!"
„Warum nicht?", redete Marty weiter auf ihn ein, „Hast du jemanden anderen, der nur das beste für dich will?"
„Ich habe beinahe Phillis umgebracht! Ihr wollt mich ebenso tot sehen!", brüllte Pirro panisch.
„Wenn du es nicht noch einmal versuchst, verzeihen wir dir", bot Marty lächelnd an, „Wir alle haben Fehler gemacht."
„Hör nicht auf sie, Pirro", sagte Eris zuckersüß lächelnd, „Merkst du nicht, wie sie dich manipulieren wollen?"
„Mein Vater ist der Gott der Wahrheit", erinnerte Marty sie, „Ich sage dir die Wahrheit, Pirro, wenn ich dir sage, dass wir eine Lösung finden werden. Versprochen."
Marty ging vorsichtig einen Schritt weiter, aber die Todesser, die Phillis und Marty geschnappt hatten, hielten ihn zurück, damit er sich nicht weiter Voldemort und Pirro nähern konnte.
„Pirro, ich werde dich nicht verletzen", versprach Marty und hob friedlich die Hände, „Ich habe seit Jahren niemanden mehr verletzt. Ich verletze niemanden – jedes Leben ist wertvoll."
Voldemort beschloss wohl in diesem Moment, dass er die Demigötter und ihre Worte einfach ignorieren wollte und er richtete seinen Zauberstab gegen Marty.
„Euer Heiler", sagte er kühl, „Ich kenne deine Kräfte."
„Nein, tust du nicht", sagte Marty ruhig und musterte den Zauberstab, „Ich rate grundsätzlich allen davon ab, mich zu verletzen – das endet selten gut."
„Ist das Betteln und Flehen?", fragte Voldemort beinahe sadistisch.
Marty seufzte. „Nein – ich will nur niemanden verletzen. Ich will euch nicht umbringen."
„Pirro", sagte Phillis zu ihm, alarmierte Stimme und mit einer stummen Warnung zwischen den Worten, „Hör auf ihn – foltere und töte jeden von uns, aber nicht Marty. Das endet nicht gut – für niemanden hier."
Pirro blickte zu seiner Mutter, wie um Zustimmung zu suchen, aber sie musterte Marty nur mit einer Art Begierde und Neugier – sie wollte wissen, was passieren würde und vermutlich hätte das Warnung genug für Pirro und Voldemort sein sollen, aber die beiden sahen es entweder nicht oder ignorierten es.
„Crucio!"
Jeder andere wäre vielleicht auf ihn zugesprungen und hätte Marty unterstützt, aber als Marty unter den Schmerzen schreiend zusammenbrach, wich Phillis von ihm zurück.
„Nein!", brüllte Laertes und wollte als einziger zu Marty, aber Birget hielt ihn zurück. „Nicht! Nimm lieber mich! Tu ihm nicht weh!"
Voldemort pausierte kurz. Marty schwitzte und umklammerte seinen Arm – der verletzte Arm. Zwischen seinen Fingern erkannte Remus eine schwarze, dickflüssig wirkende Substanz. Es war das Gift, vor dem sie gewarnt worden waren.
„Hör auf ihn", keuchte Marty, „Ich will niemanden verletzen."
„Bitte nicht", bat auch Phillis, klang aber nicht verzweifelt oder bettelnd, sondern ruhig, „Du bringst uns noch alle um!"
Voldemort wollte nicht hören. Wieder richtete er seinen Zauberstab gegen Marty und sie alle konnten nur dabei zusehen, wie er wieder schreiend zusammenbrach und sich unter den Schmerzen windete, dabei aber immer versuchte, das Gift unter Kontrolle zu behalten. Bis er es nicht mehr schaffte.
Er ließ seinen Arm los und sofort sickerte die Substanz wie Rauch zu Boden und breitete sich dort aus.
Es erwischte als erstes die Todesser, die ihn flankierten.
Die schwarze Flüssigkeit fand ihren Weg zu ihnen und schien wie Würmer ihre Kleidung hochzuklettern. Einer der beiden versuchte sie mit der Hand abzuwischen, aber sobald das Gift Hautkontakt hatte, nahm der Todesser es auf und seine Adern färbten sich seltsam schwarz, als er das Gift aufnahm.
Zuerst passierte nichts. Dann hustete er in seine Hand – und erblickte Blut. Dann wurde er kreidebleich, erstarrte und kippte dann einfach um.
Es war eine Krankheit, aber viel schneller zu ende, als es irgendeine Krankheit sein sollte.
Sobald der erste Todesser gestorben war, sah Eris Marty noch ein letztes Mal beeindruckt an, bevor sie einfach verschwand – ohne jegliche Spur von sich zu hinterlassen.
Auch der andere Todesser erfuhr ein ähnliches Ende, als das Gift unter sein Hosenbein kroch und er es über die Haut an seinem Bein aufnahm. Es dauerte vielleicht zwei Sekunden länger, aber mit demselben Ablauf. Wie in Zeitraffern starb er innerhalb von Momenten an eine Krankheit, die Remus so noch nie gesehen hatte.
Auf jeden Fall überraschte dieser Auftritt Voldemort genug, dass er aufhörte, Marty zu foltern.
Sobald Marty wieder frei von Schmerzen war, schloss er konzentriert die Augen und Remus sah dabei zu, wie jegliche schwarze Substanz wieder zu ihm zurückkehrte. Er nahm sie genauso über seine Haut auf, aber er starb nicht innerhalb von Sekunden. Ihm schien es gut zu gehen – jedenfalls so gut, wie es jemanden ging, der gerade gefoltert worden war.
„Vielleicht hättest du auf meine Warnung hören sollen", schlug Marty kühl vor und ging zum ersten Todesser, fühlte an seinem Hals nach dem Puls, schüttelte aber den Kopf. Marty richtete seinen Blick auf Voldemort. „Für wen hältst du dich eigentlich?"
Voldemort antwortete nicht. Er musterte Marty nur mit einem ähnlichen Blick, wie zuvor Eris.
Marty richtete sich stolz auf. „Ein Pfeil meines Vaters hat einmal ein Drittel der Menschheit ausgelöst. Ich mag vielleicht nur ein halber Gott sein, aber wie absolut unbedeutend ist deine Macht im Gegensatz zu der Macht der Götter? Und da bildest du dir ein, dich in diese Welt einmischen zu müssen?"
Voldemort antwortete noch immer nicht. Die Todesser hinter ihm wirkten nervös.
Marty ging zum zweiten Todesser und fühlte nach seinem Puls. Wieder nichts. „Sieh her!", Marty zeigte auf die Todesser am Boden – beide tot, „Als ich das letzte Mal gemordet habe, war das eine ganze Armee der mächtigsten Monster der Geschichte! Ich könnte mit der Pest selbst Götter niederstrecken und jetzt sind zwei der deinen tot! Verlasse die Welt der Götter, bevor es dich trifft!"
Aber Voldemort würde niemals aufgeben – Voldemort war niemand, der Macht einfach so aufgab.
Aber an diesem Tag gab er auf. Er disapparierte einfach und seine Gefolgsleute folgten seinem Beispiel.
Pirro warf noch einen letzten verstörten Blick auf Marty und dann zu den toten Todessern am Boden, bevor er mit einem anderen Todesser mit-disapparierte.
Nacheinander verschwanden sie und der Orden ließ es zu, stumm und ebenso betroffen von dem, was gerade passiert war, wie alle anderen.
Marty kniete sich neben einen der toten Todesser und nahm ihm sanft die Maske ab. Remus erkannte ihn nicht, aber das war auch nicht wichtig, denn als wäre er ein Freund gewesen, schloss Marty ihm die Augen und öffnete leicht seinen Mund, um – wie Remus erkannte – eine goldene Münze unter seine Zunge zu legen – Geld für den Fährmann.
„Marty", meinte Phillis leise.
„Ich bin Arzt", sagte Marty und klang verzweifelt. Er stand auf und wischte sich Tränen aus den Augen. „Ich bin Arzt, ich sollte niemanden umbringen!"
Er schloss auch noch die Augen des anderen Todesser und legte eine Münze in seinen Mund.
Wie seltsam es doch war, Marty in so einem Zustand zu sehen. Sonst immer ein wenig verspielt, locker und heiter – nun trauerte um das Leben, das er genommen hatte, obwohl es der Feind gewesen war und er keinen Einfluss darauf gehabt hatte.
Es war sehr komplex und Remus würde später nicht schlafen können, weil sich diese Bilder in seinen Kopf gebrannt hatten.
Es war das erste Mal gewesen, dass Remus verstanden hatte, dass sie sich in einem Krieg befanden und es gab nicht einfach nur Gut und Böse. Da war nur noch die Gegenwart und Entscheidungen, die jeder von ihnen traf.
Und Remus verstand, warum die Demigötter Pirro angeboten hatten, sich ihnen anzuschließen und Remus verstand, warum Pirro gezögert hatte und beinahe dieses Angebot angenommen hatte.
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