Burying the Dead (das ist btw eine Star Wars Anspielung)

„Jetzt sag schon!", Marty stupste Phillis in die Seite, „Hast du einen Wunsch? Vielleicht auch nur eine Idee, die wir umsetzen können? Hättest du gerne Urlaub? Eine Pause? Vielleicht ein geplantes Date mit einem gewissen Typen, dessen Namen wir ja nicht erwähnen dürfen?"

Phillis sah ihren Bruder warnend an. „Nein! Wir haben heute wirklich keine Zeit dafür, oder?"

„Wir sind Demigötter – wenn wir uns Pausen nicht nehmen, dann bekommen wir sie auch nicht!", widersprach Marty ihr, „Ist doch egal, ob wir Zeit dafür haben oder nicht – wenn du darauf wartest, bis du das nächste Mal gut Zeit dafür hast, dann wirst du sehr lange warten. Vertrau mir – ich weiß, wovon ich spreche!"

„Er hat Recht", mischte Laertes sich nun auch ein, „Zu Weihnachten hast du dir mit Houdini auch eine Auszeit genommen – für mehrere Tage. Wir werden ein paar Stunden auch ohne dich zurechtkommen. Besonders an deinem Geburtstag!"

Phillis seufzte. „Ich überlege es mir, Leute, aber wir sollten uns jetzt wirklich auf das hier konzentrieren", erinnerte sie die beiden und deutete mit einer ausschweifenden Handbewegung auf ihre Umgebung.

Die „Umgebung" war eine Straße in einem kleinen Ort außerhalb von Dublin. Irgendetwas magisches war passiert und die Demigötter vermuteten, dass der Ursprung eigentlich aus ihrer Welt stammte, denn kein Muggel – oder eher Sterblicher – konnte sich daran erinnern, was passiert war.

Genau genommen konnte sich niemand mehr daran erinnern, dass diese Straße überhaupt existiert hatte, aber sie musste existiert haben, denn die Leichen der Bewohner waren überall verteilt.

Blutig, zerrissen, erschlagen, erstochen und anders verstümmelt lagen sie herum, als wäre es ein Schlachtfeld.

Die ganze Straße war von den Leichen gepflastert – Männer, Frauen und auch Kinder.

„Was ist hier passiert?", fragte Alice Longbottom absolut geschockt über das, was sie sahen, „Das... was kann so etwas getan haben?"

„Sie selbst", sagte Houdini, als wäre es nicht nur ganz offensichtlich, sondern auch absolut normal.

Alle Blicke der etwas größeren Gruppe aus allen Demigöttern und einigen aus dem Orden, sahen in seine Richtung, aber es brauchte eine verbale Erinnerung von Phillis, damit Houdini sich genauer erklärte. „Seht euch um – sie haben sich gegenseitig abgemetzelt. Dieser Mann da hinten hält die Axt, mit der diese Frau hier eindeutig ermordet worden ist – das erkennt man an der Größe und Tiefe ihrer Verletzungen. Und dieser Junge hier – den, den sie hier erhängt haben – diese Frau dort hat noch die Male vom Seil an ihren Händen, als sie –"

„Bitte", sagte Lily leise, voller Entsetzen, „ich... ich glaube, wir haben es verstanden... das ist... zu visuell für mich."

Houdini sah Lily emotionslos an und Phillis wusste einfach sofort, was in seinem Kopf vorging.

„Komm schon, Houdini", bot sie an und lockte ihn mit einer Handbewegung etwas weg von den anderen, „trennen wir uns lieber. Houdini kann mir den Ablauf erklären und ihr sucht nach Überlebenden."

Es war die Art, mit der Houdini mit so einem Blutbad umging – sich davon distanzieren, alles aus einer rationalen Sicht betrachten und dann die Toten nicht mehr als ehemalige lebendige Menschen sehen, sondern einfach als Gegenstände. Es war seine Art, damit umzugehen und Phillis verstand, dass andere diese Art vielleicht etwas skurril finden konnten, sich vielleicht sogar davor ekelten, aber Phillis fand einfach keinen Grund, warum sie Houdini erklären sollte, dass seine Art, damit umzugehen für andere unangenehm war.

Abstand würde in diesem Fall reichen.

„Sie sind wahrscheinlich wie Wilde aufeinander losgegangen", vermutete Houdini, „die Art und Weise, wie sie sich gegenseitig getötet haben – ich kann es nicht genau sagen, vielleicht weiß Marty da mehr, aber teilweise scheinen es auch Over-Kills gewesen zu sein. Der Typ da hinten ist so oft erstochen worden, erkennt man überhaupt noch, dass das einmal ein Körper gewesen ist?"

„Es scheint einen übernatürlichen Ursprung zu geben", sagte Phillis nachdenklich, „nicht nur, dass offenbar der Nebel wirkt und die Menschen wohl einfach vergessen haben, dass diese Menschen aus dieser Straße existiert haben... Das hier kann einfach nicht... einfach nur so passiert sein."

„Da stimme ich dir zu", murmelte Houdini und beugte sich über die Leiche von einer weiteren Frau, „So viel Wut... das kann nicht natürlich sein. Alle diese Leute – sie müssten so starke Gefühle für die anderen empfunden haben, aber das zugleich? Ich bezweifle, dass das statistisch wahrscheinlich ist."

„Sie bluten aus ihren Ohren", sagte Marty zu ihnen, als sich die Gruppen wieder trafen, „Vielleicht haben sie alle irgendwelche Hirnschäden erlitten, aber ich kann mir nicht erklären, wie."

„Vielleicht mit einer bestimmten Wellenlänge", überlegte Houdini, „aber davor hätte es eine Menge illegaler Experimente gegeben haben... Obwohl..." Nachdenklich sah er sich auf dem Schlachtfeld um. „Es könnte eine Art Testlauf gewesen sein – der Beginn von etwas größerem."

„Ich weiß zwar nicht, was genau hier passiert ist", gestand Marty, „aber ich weiß, wen wir danach fragen könnten."

„Das ist eine schreckliche Idee", meinte Laertes sofort, ohne dass jemand der anderen Anwesenden auch nur wusste, worum es ging.

„Wer weiß etwas darüber?", fragte Sirius, „Madam Pomfrey?"

„Ich... habe keine Ahnung, wer das ist, aber nein, die meine ich nicht", sagte Marty kopfschüttelnd, „Nein, die... derjenige, den ich meine, schuldet mir zufällig noch etwas –"

Warum schuldet er dir etwas?", fragte Laertes verstört dazwischen, aber Marty würde diese Frage nie beantworten.

„– aber wir brauchen trotzdem noch eine Menge Coke – gaaaaanz viel davon."

„Oh nein", murmelte Phillis müde – sie hatte verstanden und so auch die anderen Demigötter.

„Hey!", rief Wesley begeistert, „das ist eine wirklich gute Idee!"

„Überhaupt nicht!", rief Birget aus, „Wir wollen doch nicht, dass die auf uns aufmerksam werden!"

„Und ich hasse diesen Typen", meldete sich Houdini.

„Wenn Houdini ihn nicht mag, muss er ja sympathisch sein", bemerkte James amüsiert.

Sympathisch", ist jetzt nicht das Wort, das ich benutzt hätte", murmelte Laertes.

„Wie auch immer!", flötete Marty und ließ seine Autoschlüssel an einem Finger kreisen, „Laertes und ich gehen shoppen!"

„Vergesst nicht, dass wir auch noch eine Opferschale brauchen werden!", erinnerte Phillis sie.

Marty machte ein schlampiges Peace-Handzeichen in ihre Richtung, ohne sich umzudrehen, als sie schon zum Mini-Sonnenmobil gingen.

„Eine... Opferschale?", fragte Sirius nervös lachend, „Füttern wir jetzt Houdini?"

„Nein", seufzte Phillis, „Nein, wir beschwören einen Gott."



Keinem war zuvor bewusst gewesen, dass man Coke auch in Fässern kaufen konnte – vermutlich konnte man das auch nicht und Marty und Laertes waren einfach nur besonders.

Die kupferne „Opferschale" – eigentlich einer dieser Grille für wohl ziemlich große Gärten – war wirklich... groß. Genau genommen – das fand Laertes heraus – hatte sie den Durchmesser von einem Houdini, was für einen Menschen vielleicht nicht so groß war, aber für einen Grill dann schon eher.

Als sie inmitten der ganzen Leichen dann auch noch ein Feuer entzündeten, fühlte Phillis sich ins Camp zurückversetzt. Dieser Gedanke verstörte sie ein wenig, aber sie sah es regelrecht vor sich, wie sie gemeinsam Lagerfeuerlieder sangen und Marshmallows grillten.

Aber natürlich grillten sie keine Marshmallows, sondern die Coke, die Birget einfach ins Feuer schüttete – natürlich erlosch dieses nicht, obwohl das physikalisch eigentlich hätte sein sollen.

„Also...", fragte Remus und stellte sich neben Phillis, die im Moment nicht viel zu tun hatte – wenn es um die Kommunikation mit Göttern war, war Marty der Experte, er war mit so ziemlich jedem befreundet, „Macht ihr... das häufiger?"

„Ehh...", machte Phillis, „Im Camp verbrennen wir immer einen Teil von unserem Essen als ein Opfer an die Götter, unsere Eltern. Sie mögen wohl den Geruch oder so... und in Hogwarts hab ich das auch hin und wieder gemacht, wenn ich den Schutz von gewissen Göttern gebraucht habe... vielleicht... eventuell..."

Remus sah sie misstrauisch an. „Wann genau hast du ihren Schutz gebraucht?"

„Also...", Phillis räusperte sich, „Ich... habe eventuell... vor jedem Quidditch-Spiel an ein paar Götter geopfert, damit die Winde gut stehen?"

Remus sah sie genauso fassungslos und empört an, wie Phillis sich vorgestellt hatte, dass er sie ansehen würde.

„Das ist Betrug!", rief er aus, „Habt ihr deswegen die Spiele gewonnen?"

„Natürlich nicht!", nun war es Phillis, die empört klang, „Die anderen haben ja auch vom guten Wetter profitiert, oder nicht? Und nachdem ich es bei unserem letzten Spiel im fünften Jahr vergessen habe zu tun, hat der Donnergrollerversucht, mich vom Himmel zu holen! Ich würde also sagen, wir sind quitt!"

„Und welchen Gott wollt ihr jetzt... beschwören?", fragte Remus – das Wort „beschwören" schien nicht ganz richtig zu sein für das, was die Demigötter gerade machten.

„Witzig, dass du fragst – du kennst ihn nämlich", sagte Phillis, „wir wollen unseren Campdirektor um Rat fragen."

„Euer Campdiektor ist ein Gott?", fragte Remus überrascht.

„Lange Geschichte", winkte Phillis, „Eigentlich hat sein Vater ihn dazu verdammt, für ein paar Jahre auf uns aufzupassen... Es ist eigentlich eine Strafe."

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum ich überhaupt noch solche Fragen stelle", seufzte Remus, „ich bekomme von den Antworten immer nur Kopfschmerzen!"

Phillis grinste. „Deswegen liebst du mich doch."

„Auch wieder wahr."

Die beiden brauchten beinahe gleich lang, um zu verstehen, was sie gerade gesagt hatten.

„Also... ich meine das –"

„Ich habe damit nicht –"

„Ich wollte damit sagen –"

„Natürlich will ich damit nicht andeuten –"

Eine peinliche Stille entstand zwischen den beiden.

„Welchen... Gott wollt ihr genau danach fragen?", fragte Remus, verzweifelt nach einem anderen Thema suchend, „Ich meine... gibt es einen Experten für... so etwas?"

Mit so etwas meine Remus das Massaker um sie herum.

„Der Gott des Wahnsinns", erklärte Phillis, „Natürlich gibt es auch noch einen eigenen Gott für blutige Schlachten und so, aber Marty will wohl Dionysos um Rat fragen. Die beiden verstehen sich ziemlich gut – ich weiß selbst nicht, warum."

„Wahrscheinlich, weil ich ziemlich sympathisch bin, Philippa Downtown."

Phillis und Remus drehten sich erschrocken zu der Person um, die gesprochen hatte.

Dort stand Dionysos, Mr D. in seiner vollen... Pracht.

Phillis hatte das Bild von ihm eindeutig verdrängt – das Bild von einem Mann mittleren Alters im Hawaiihemd mit Leopardenmuster verdrängte man wohl lieber.

„Mr D.", seufzte Phillis müde.

„Kling nicht so enttäuscht, mich zu sehen – immerhin habt ihr mich gerufen!", beschwerte Mr D. sich, „Ich hoffe, es ist meine Zeit wert."

„Dionysos!" Marty drängte sich an allen anderen vorbei und umarmte Mr D. tatsächlich wie einen alten Freund und klopfte ihm auf den Rücken.

„Marty, ich hoffe, du hast einen guten Grund, mich zu rufen?" Mr D. schien noch nicht aufgefallen zu sein, dass sie von einem Haufen Leichen umzingelt waren.

Das ist ein Gott?", fragte Sirius leise – aber wohl nicht leise genug, denn Mr D. drehte sich zu ihm um und sah ihn warnend an.

Mr D. war vielleicht nicht sonderlich beeindruckend, immerhin sah er wie ein Alkoholiker aus (obwohl er schon seit Jahren keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt hatte), aber in seiner Nähe spürte man trotzdem, dass etwas einfach nicht mit ihm stimmte. Da war immer eine Macht, die ihn umgab, die einfach nur von einem Gott sein musste. Als würden sich in seiner Nähe alle Partikel zu bewegen anfangen – bei Sterblichen wohl noch mehr als bei Halbbluten.

Sirius spürte es jedenfalls – er schluckte nervös und wich Mr Ds Blick aus.

„Ich kenne Sie", erkannte Lily, „Sie... waren im Drei Besen!"

Nun erinnerte sich auch Remus daran, wie er diesen Mann auf der Weihnachtsfeier von Slughorn getroffen hatte, aber niemals hätte er sich vorstellen können, dass er in diesem Moment einen echten Gott vor sich hatte.

„Was ist hier passiert?", fragte Birget leicht gereizt.

„Geradeheraus und direkt – wie ihr Vater", schnaubte Mr D. abschätzig, sah sich aber trotzdem um, „Ein Gemetzel, würde ich sagen, Brunhilde. Ist das nicht dein Spezialgebiet?"

„Irgendetwas muss mit ihnen passiert sein", mischte Houdini sich ein, „Marty denkt wohl, als wäre Wahnsinn?"

„Es war nicht direkt Wahnsinn, Homonymie", antwortete Mr D ihm kryptisch.

„Das ist nicht einmal annähernd mein Name", bemerkte Houdini, „Ich. Heiße. Houdini!"

„Jaja, Hühnerpest", winkte Mr D gleichgültig ab.

„Was meinen Sie damit?", fragte Phillis verwirrt, „Wie kann etwas nicht direkt Wahnsinn sein?"

„Ist es schon Wahnsinn, wenn etwas nur eine von außen verursachte, kurz anhaltende Obsession ist?", fragte Mr D. rhetorisch zurück.

„Keine Ahnung", schnaubte Birget, „Sind nicht Sie der Experte hier?"

„Wahnsinn. Eine psychische Störung, die von Wahn und-Schrägstrich-oder Halluzinationen begleitet wird. Oder: großer Unsinn, sehr unvernünftiges, unsinniges Denken, Verhalten, Handeln. Oder: grenzenlose Unvernunft", zählte Houdini auf.

„Bist du eigentlich wirklich ein wandelndes Wörterbuch?", fragte Sirius ihn.

„Alles, was ich aufnehme, gebe ich nicht mehr her", sagte Houdini nur mit seinem typischen, emotionslosen Dasein.

„Das klärt aber noch nicht wirklich die Frage, oder?", fragte Phillis.

„Was ich damit sagen will, ist", seufzte Mr D, „dass ich hier nicht mehr zuständig wäre. Diese Leute waren vom Wahn getrieben, aber nur für eine kurze Zeit."

„War es ein Zauber?", fragte Lily.

„Nicht direkt."

Birget schrie frustriert auf. „Hören Sie mit diesen kryptischen Antworten auf – oder sind Sie eigentlich eine verkleidete Athene?"

Mr D sah sie empört an. „So bin ich das letzte Mal beleidigt worden, als mich jemand gefragt hat, ob ich eigentlich ein verkleideter Zeus bin!" Donnergrollen in der Ferne.

„Wenn wir einen Zauber als etwas definieren, das von einer Hexe oder Zauberer ausgeführt worden ist", überlegte Houdini, „wovon wir eindeutig ausgehen können, immerhin haben wir es mit Hexen und Zauberern zu tun, aber in der Welt der Götter gibt es auch Magie, die aber anders ist, also braucht es eine Unterscheidung..."

„Sehr gut, Humanität, du denkst wenigstens nach", lobte Mr D ihn, benutzte dabei aber seine Fähigkeit, selbst ein Kompliment wie eine spöttische Beleidigung klingen zu lassen.

Zum Glück war Houdini in seinem mit-sich-selbst-laut-reden-und-eigentlich-sein-Umfeld-um-sich-herum-vergessen-Modus (das manchmal zu einem Problem wird, weil Houdini trotzdem verlangt, dass man seinen meist mehr gemurmelten Selbstgesprächen zuhört (und manchmal auch das Wissen verlangt, das er nie laut ausgesprochen hat) und er auch teilweise in andere Sprachen wechselt, was das Mithalten nicht direkt erleichtert) und hielt Mr D. deswegen auch keinen Vortrag darüber, dass er nicht so spöttisch mit ihm reden sollte. „Also war es wohl ein Zauber, aber nicht von einer Hexe oder einem Zauberer, sondern von jemanden oder etwas aus der Welt der Götter..."

„Eigentlich logisch", überlegte Laertes, „Eris ist die Göttin der Zwietracht – sie könnte so etwas bestimmt machen."

„Eris ist nicht direkt für solche Auseinandersetzungen bekannt", widersprach Birget ihm, „Mein Dad macht so etwas – nicht Eris. Eris ist da hinterlistiger."

„Eris flüstert in die Ohren anderer und löst so Kriege aus – indirekter", stimmte Houdini ihr noch immer eher murmelnd zu und kratzte sich am Kinn, „aber was kann das dann?"

„Ich gebe euch einen Tipp", bot Mr D an und deutete mit je einer Hand auf Marty und Phillis, „Euer Dad kennt das Wesen, das das verursacht hat."

„Oh, schön", maulte Phillis, „Noch so ein Monster, das sich an uns rächen will wegen etwas, das Dad gemacht hat..."

„Phillis hat recht", nickte Marty, „das grenzt die Möglichkeiten nicht direkt ein."

„Die Götter fürchteten nicht viele Demigötter im Laufe der Zeit", erzählte Mr D und es klang absolut nicht themenbezogen, aber die Demigötter wussten, dass das einfach nur eine indirekte Art war, ihnen zu sagen, was passiert war – vermutlich konnte er es ihnen nicht direkt sagen, „aber einen... den fürchteten wir. Einen eurer Brüder – er hatte das Talent, so wunderbar zu spielen, dass er alle beinahe schon verzaubern konnte."

Marty und Phillis sahen sich alarmiert an.

„Natürlich hat es nach ihm noch andere gegeben, die dieses Talent beherrscht haben", fuhr Mr D fort.

„Ruth?", fragte Birget – sie klang irgendwie leiser und ruhiger als sonst.

„Nicht nur Kinder des Apollo", widersprach Mr D, „auch andere Wesen. Und einer von ihnen hat Apollo zu einem Wettstreit herausgefordert."

„Nie eine gute Idee", schnaubte Houdini.

„Ganz Recht so, Sohn der Athene", stimmte Mr D ihm zu, „dieses Wesen hat natürlich verloren und ist bestraft worden. Apollo hat ihn... gehäutet."

„Was?", fragte Sirius schrill.

„Oh scheiße", murmelte Marty und blickte wieder zu Phillis – sie beide wussten, von wem er sprach.

„Wie auch immer", Mr D klatschte einmal in die Hände – vorbei war die dramatische Geschichtenstunde, „kontaktiert mich nie wieder!"

Und nur den Geruch von Trauben hinterlassend verschwand er einfach so.

Es war noch einen Moment länger still.

„Von wem hat er gesprochen?", fragte Wesley.

„Von jemanden, der das Talent des Orpheus hat", sagte Marty mit Grabesstimme, „Sein Name ist Marsyas."

„Marsyas", wiederholte Houdini, „Ich habe von ihm gehört – Apollo hat ihn doch bei lebendigem Leib gehäutet, oder nicht?"

„Warum sollte er das tun?", fragte Lily entsetzt.

„Weil er ein Gott ist?", antwortete Laertes, als wäre es offensichtlich, „Wie auch immer – packen wir hier zusammen, hier gibt es für uns nichts mehr zu sehen. Es ist zu spät für diese Leute."

„Ich hole die Schaufeln", bot Birget an.

„Schaufeln?", fragte James, „Wozu?" Nicht nur James schien überrascht über diesen Vorschlag – auch die anderen Zauberer des Ordens waren es wohl.

Die Demigötter sahen sie verständnislos an.

„Da sind Leichen", erinnerte Marty sie, „Wir müssen sie ordentlich begraben, damit ihre Seele in Frieden in die Unterwelt eingehen können."

„Aber... warum müssen wir das tun?", fragte Sirius.

„Alle anderen haben sie vergessen", sagte Phillis ruhiger, „Die Leute dieser Stadt können sich nicht einmal mehr daran erinnern, dass es diese Straße hier gegeben hat. Niemand erinnert sich noch an sie – wer soll sie dann begraben?"

Darauf hatten sie dann keine Antwort mehr. Mit Magie hoben sie schneller Gräber aus und sie bestatteten jeden der Toten einzeln und Marty legte auch immer eine Münze für die Überfahrt dazu.

Sie waren einfach so vergessen worden, als hätte es sie nie gegeben. Umgeben von Fremden wurden sie begraben, damit sie nicht allein an der frischen Luft verrotteten und als das Phillis bewusst wurde, hatte sie einen Moment lang das Gefühl der Vergänglichkeit.

Sie wusste, dass sie irgendwann einmal sterben musste, aber sie nahm sich vor, dass sie nicht so sterben würde – nicht allein und nicht vergessen.

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